BGer 1P.516/2005 | |||
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BGer 1P.516/2005 vom 19.01.2006 | |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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1P.516/2005 /ggs
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Urteil vom 19. Januar 2006
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I. Öffentlichrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Féraud, Präsident,
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Bundesrichter Aemisegger, Fonjallaz,
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Gerichtsschreiber Steinmann.
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Parteien
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1. AX.________,
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2. BX.________,
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3. CX.________,
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4. DX.________,
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5. EX.________,
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Beschwerdeführer, alle vertreten durch Rechtsberater Martin Ilg,
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gegen
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Einwohnergemeinde Mellingen, vertreten durch den Gemeinderat, Grosse Kirchgasse 23, Postfach, 5507 Mellingen,
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weiterer Verfahrensbeteiligter:
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Departement Volkswirtschaft und Inneres, Justizabteilung, Bleichemattstrasse 1, 5000 Aarau.
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Gegenstand
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Art. 29 Abs. 2 BV (Einbürgerung),
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Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss der Einwohnergemeinde Mellingen vom 15. Juni 2005.
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Sachverhalt:
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A.
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Die Eheleute AX.________ und BX.________ stellten für sich und ihre Kinder FX.________, CX.________, DX.________ und EX.________ am 13./14. Dezember 2002 bei der Gemeinde Mellingen ein Einbürgerungsgesuch. Am 7. Januar 2004 legten die Eltern eine schriftliche Prüfung betreffend staatsbürgerlicher Kenntnisse ab.
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Gestützt auf diese Prüfung stellte der Gemeinderat von Mellingen am 13. Januar 2004 fest, dass die Eheleute die Anforderungen für eine Einbürgerung nicht erfüllten, und empfahl ihnen, das Gesuch zurzeit zurückzuziehen. Die Eheleute X.________ hielten an ihrem Gesuch fest. Im Anschluss an ein Gespräch mit dem Gemeinderat hielt dieser am 18. Oktober 2004 an seiner Auffassung fest, empfahl erneut den Rückzug des Einbürgerungsgesuches und stellte im Falle der Aufrechterhaltung in Aussicht, der Gemeindeversammlung einen Antrag in ablehnendem Sinne zu stellen; dem fügte er an, dass die minderjährigen Kinder ins Verfahren der Eltern einbezogen würden, dass aber auch die Möglichkeit bestehe, für sie ein separates Gesuch zu stellen. Die Eheleute X.________ hielten erneut an ihrem Ersuchen fest. Darauf beschloss der Gemeinderat am 15. November 2004, das Einbürgerungsgesuch der nächsten Einwohnergemeindeversammlung mit dem Antrag auf Ablehnung vorzulegen.
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B.
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Anlässlich der Einwohnergemeindeversammlung vom 15. Juni 2005 stellte der Gemeinderat den Antrag, das Einbürgerungsgesuch des Ehepaars X.________ und deren drei minderjährigen Kindern abzuweisen, und begründete dies im Einzelnen. Eine Diskussion fand nicht statt. Die Versammlung lehnte darauf das Einbürgerungsgesuch der Eheleute X.________ sowie ihrer minderjährigen Kinder ohne Gegenstimme ab. Hingegen hiess sie das selbständig gestellte Gesuch der volljährigen FX.________ gut.
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C.
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Diesen Beschluss der Einwohnergemeindeversammlung haben AX.________, BX.________ sowie die Kinder CX.________, DX.________ und EX.________ mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 22. August 2005 beim Bundesgericht angefochten. Sie beantragen die Aufhebung des Beschlusses und machen eine Verletzung von Art. 29 Abs. 2 BV wegen unzureichender Begründung geltend. Ferner haben sie darum ersucht, von der Bezahlung eines Kostenvorschusses befreit zu werden.
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Der Gemeinderat Mellingen beantragt die Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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1.
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Der angefochtene Beschluss der Einwohnergemeindeversammlung kann mit keinem kantonalen Rechtsmittel angefochten werden, stellt damit einen kantonal letztinstanzlichen Entscheid gemäss Art. 86 Abs. 1 OG dar und unterliegt somit direkt der staatsrechtlichen Beschwerde (vgl. § 16 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über das Kantons- und Gemeindebürgerrecht [KBüG]; nicht veröffentlichte E. 1.1 von BGE 131 I 18).
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Die Einwohnergemeindeversammlung hat ihren Beschluss am 15. Juni 2005 getroffen. Er ist den Beschwerdeführern am 20. Juni 2005 eröffnet worden. Ob er bereits vorher amtlich publiziert worden ist, wie von § 26 Abs. 2 des Gemeindegesetzes vorgeschrieben, kann offen bleiben (vgl. nicht veröffentlichte E. 1.2 von BGE 131 I 18).
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Die dem Bundegericht vorgelegte Vollmacht ist lediglich von AX.________, indessen nicht von BX.________ unterzeichnet. Ob die Beschwerde daher auch in ihrem Namen gültig eingereicht ist, kann unter Verzicht einer Fristansetzung für die Beibringung ihrer Vollmacht
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(Art. 29 Abs. 1 und Art. 30 Abs. 2 OG) ebenfalls offen bleiben. Als gesetzlicher Vertreter der minderjährigen Kinder kann AX.________ auch für diese Beschwerde führen. Der Rechtsvertreter ist gemäss Art. 29 OG zur Vertretung der Beschwerdeführer befugt.
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2.
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Die Beschwerdeführer machen nicht geltend, dass sie nach dem Gesetz über das Kantons- und Gemeindebürgerrecht (KBüG) einen Anspruch auf Einbürgerung haben. Für die Bejahung ihrer Legitimation müssen sie daher in unmittelbar durch die Bundesverfassung geschützten Interessen betroffen sein. Dies trifft hinsichtlich der Rüge zu, der Beschluss der Einwohnergemeindeversammlung enthalte keinerlei Begründung und verletze daher Art. 29 Abs. 2 BV (BGE 129 I 217 E. 1.4 S. 222, 131 I 18). An der Legitimation fehlt es indessen, wenn lediglich geltend gemacht wird, die Begründung sei unvollständig, zu wenig differenziert oder materiell unzutreffend (BGE 129 I 217 E. 1.4 S. 222).
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3.
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Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung unterliegen ablehnende Einbürgerungsentscheide der Begründungspflicht. Es gibt allerdings keine feste Praxis, wie dieser Pflicht bei Einbürgerungsbeschlüssen der Gemeindeversammlung nachzukommen ist. Problematisch sind vor allem diejenigen Gemeindeversammlungsbeschlüsse, die von der Empfehlung des Gemeinderats oder einer vorberatenden Kommission abweichen. Bestätigt die Gemeindeversammlung einen ablehnenden Antrag des Gemeinderats, kann in der Regel - sofern abweichende Voten nicht etwas Anderes nahe legen - davon ausgegangen werden, dass die Gemeindeversammlung dem Antrag und seiner Begründung zustimmt (BGE 131 I 18 E. 3.1 S. 20, mit Hinweisen).
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Im vorliegenden Fall hat der Gemeinderat die Abweisung des Einbürgerungsgesuches des Ehepaars X.________ beantragt und dies sowohl in der Einladung zur Gemeindeversammlung wie auch in der Gemeindeversammlung begründet. Er führte insbesondere aus, dass sich sowohl bei der schriftlichen Prüfung als auch im Gespräch ergeben habe, dass diese unsere Sprache nicht verstehen und auch nicht sprechen. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer lag das Gewicht nicht auf den Antworten in der schriftlichen Prüfung.
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Bei dieser Sachlage liegt klar eine Begründung des Gemeinderates vor, die sich die Gemeindeversammlung offenbar zu eigen gemacht hat. Mangels Diskussion ist nicht ersichtlich, dass die Begründung des Gemeinderates von der Gemeindeversammlung verworfen worden wäre. Damit genügt der Einwohnergemeindeversammlungsbeschluss den Anforderungen von Art. 29 Abs. 2 BV. Soweit die Beschwerdeführer sinngemäss geltend machen, die Begründung sei nicht haltbar, kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden (oben E. 2).
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4.
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Ferner rügen die Beschwerdeführer, dass der Beschluss der Einwohnergemeindeversammlung in Bezug auf die Kinder keine Begründung enthalte und daher in dieser Hinsicht vor Art. 29 Abs. 2 BV nicht standhalte. Diese Rüge ist grundsätzlich zulässig (vgl. BGE 131 I 18).
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Aufgrund des Antrages und der Erläuterungen des Gemeinderates ergibt sich, dass ausschliesslich die Ablehnung des Gesuches der Eltern begründet worden ist. Es wird nicht dargelegt, dass auch die unmündigen Kinder die (sprachlichen) Anforderungen nicht erfüllen würden.
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Dieses Vorgehen ist indes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn ein die Kinder einschliessendes gemeinsames Einbürgerungsgesuch gestellt worden ist (vgl. BGE 131 I 18 E. 3.3 S. 21 f.). Nach § 10 Abs. 1 KBüG erstrecken sich Einbürgerungen in der Regel auf die unmündigen Kinder der Gesuchsteller. Dass die Kinder und insbesondere CX.________ ein eigenständiges Gesuch gestellt haben, behaupten die Beschwerdeführer zwar, findet in den Akten indessen keine Stütze. Das Einbürgerungsgesuch ist vielmehr gemeinsam für die ganze Familie gestellt worden. Der Gemeinderat erklärte den Beschwerdeführern am 18. Oktober 2004, dass die minderjährigen Kinder ins Verfahren der Eltern einbezogen würden, und er wies darauf hin, dass diese ein separates Gesuch stellen könnten. Die Beschwerdeführer legen nicht dar, dass sie tatsächlich ein derartiges separates Einbürgerungsgesuch gestellt hätten.
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Damit verstösst der angefochtene Beschluss der Einwohnergemeindeversammlung auch in dieser Hinsicht nicht gegen Art. 29 Abs. 2 BV.
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5.
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Demnach ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
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Die Beschwerdeführer haben um Befreiung von der Bezahlung eines Kostenvorschusses ersucht. Soweit sie damit sinngemäss auch ein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege stellen, ist es wegen der Aussichtslosigkeit der Beschwerde abzuweisen. In Anbetracht der konkreten Verhältnisse mag es sich rechtfertigen, von einer Gerichtsgebühr abzusehen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2.
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Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird abgewiesen.
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3.
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Es werden keine Kosten erhoben.
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4.
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Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Einwohnergemeinde Mellingen sowie dem Departement Volkswirtschaft und Inneres, Justizabteilung, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 19. Januar 2006
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Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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