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Informationen zum Dokument  BGer 1P.837/2005  Materielle Begründung
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BGer 1P.837/2005 vom 31.01.2006
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
1P.837/2005 /ggs
 
Urteil vom 31. Januar 2006
 
I. Öffentlichrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Féraud, Präsident,
 
Bundesrichter Aemisegger, Aeschlimann,
 
Gerichtsschreiberin Gerber.
 
Parteien
 
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Alfred Haldimann,
 
gegen
 
Einwohnergemeinde Niedermuhlern, vertreten durch den Gemeinderat, 3087 Niedermuhlern,
 
Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern, Rechtsamt, Reiterstrasse 11, 3011 Bern,
 
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, Speichergasse 12, 3011 Bern.
 
Gegenstand
 
Gesamtbaubescheid; Auflage Knotengitterzaun,
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, vom 9. November 2005.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
X.________ ist Eigentümer der in der Landwirtschaftszone gelegenen Parzelle Niedermuhlern Gbbl. Nr. 334 mit dem Betrieb "Summermatthof Obertoffen". Anlässlich einer Baukontrolle stellte die Baukommission Niedermuhlern fest, dass X.________ u.a. einen Teich ohne die dafür erforderliche Bewilligung erstellt hatte. Daraufhin reichte X.________ ein nachträgliches Baugesuch für den Teich ein.
 
B.
 
Mit Gesamtbaubescheid vom 20. September 2000 erteilte der Regierungsstatthalter von Seftigen X.________ die Bewilligung zum Neubau eines Teichs mit den Hauptmassen 30 x 15 m und einer Tiefe von 1,50 m. Bestandteil des Gesamtbauentscheids bildeten eine Ausnahmebewilligung gemäss Art. 24 RPG, eine Gewässerschutzbewilligung, ein wasserbaupolizeilicher Amtsbericht des Oberingenieurkreises II sowie ein Amtsbericht des Fischereiinspektorats. Der Entscheid enthielt zudem folgende Nebenbestimmung:
 
"Der Teich ist mittels eines festen Zaunes (Knotengitterzaun) aus Gründen der Sicherheit vollständig einzufassen, so dass der Zugang für Kinder nicht möglich ist. Die Gemeinde Niedermuhlern lehnt jede Haftung ab."
 
C.
 
X.________ focht diesen Entscheid am 19. Oktober 2000 bei der Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern (BVE) an mit dem Antrag, die Auflage der Einzäunung des Teichs sei ersatzlos zu streichen. Die BVE holte bei der Schweizerischen Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu) einen Fachbericht ein und führte am 16. März 2001 unter Beteiligung des Verfassers dieses Fachberichts einen Augenschein durch. Am 28. November 2001 hiess die BVE die Beschwerde teilweise gut und formulierte die Nebenbestimmung neu wie folgt:
 
"Zwei Meter südlich des nördlichen Einlaufes ist eine Mulde von 2 m auf 2 m und 1.50 m Tiefe zu schaffen, sofern nicht bereits bestehend. Diese Stelle ist mit einem mindestens 1 m hohen Knotengitterzaun zu sichern. Der Knotengitterzaun muss eine Zugangsmöglichkeit für die Feuerwehr der Gemeinde bieten. Die restlichen Seiten des Teiches sind mit einer Seichtwasserzone von mindestens einem Meter Breite und höchstens 20 cm Wassertiefe zu versehen. Die Seichtwasserzone ist mit sauberem Wandkies mit wenig Feinanteilen zu erstellen. [...]"
 
D.
 
Dagegen erhob X.________ am 18. Dezember 2001 Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Bern, mit dem Antrag, die Auflage zur Schaffung einer Seichtwasserzone und eines Knotengitterzauns beim Feuerwehr-Zugang seien ersatzlos aufzuheben.
 
Das Verfahren wurde mehrfach wegen Vergleichsverhandlungen sistiert. Mit Schreiben vom 30. September 2004 machte X.________ geltend, die natürlichen Zuflüsse des Teiches hätten diesen so stark aufgeschüttet, dass an den Rändern die verlangte Seichtwasserzone bereits auf natürliche Art entstanden sei, weshalb sich das Verfahren erledigt habe.
 
Der vom Gericht beauftragte Experte der bfu hielt in seinem Fachbericht vom 20. Januar 2005 fest, dass das Ufer des Teichs auch heute noch keine Seichtwasserzone aufweise; die Uferböschung sei steil abfallend und nicht trittfest. Die Situation habe sich seit der ersten Begehung am 7. Februar 2001 und dem Augenschein vom 16. März 2001 nicht verändert. X.________ beantragte daraufhin die Fortsetzung des Verfahrens und hielt an seinen Anträgen fest.
 
Am 9. November 2005 hiess das Verwaltungsgericht die Beschwerde teilweise gut. Es hielt die Anordnung zur Schaffung einer Seichtwasserzone und einer Mulde für die Feuerwehr für unverhältnismässig und änderte die umstrittene Auflage wie folgt ab:
 
"Der Teich ist mittels eines festen Zauns (Knotengitterzaun) von mindestens 1 m Höhe vollständig einzufassen, so dass der Zugang für Kinder nicht möglich ist. Die Gemeinde lehnt jede Haftung ab."
 
E.
 
Gegen den verwaltungsgerichtlichen Entscheid erhebt X.________ staatsrechtliche Beschwerde ans Bundesgericht mit dem Antrag, das angefochtene Urteil sei insoweit aufzuheben, als es ihn verpflichte, seinen Teich mittels eines festen Knotengitterzauns von mindestens 1 m Höhe vollständig einzufassen. Überdies beantragt er die Gewährung der aufschiebenden Wirkung.
 
F.
 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern beantragt Abweisung der Beschwerde. Der Regierungsstatthalter von Seftigen bittet um eine beförderliche Erledigung der Beschwerde, ohne einen Antrag in der Sache zu stellen. Die BVE hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Der Gemeinderat Niedermuhlern verweist in seiner Vernehmlassung auf das angefochtene Urteil und die amtlichen Akten.
 
G.
 
Mit Schreiben vom 21. Januar 2006 äusserte sich der Beschwerdeführer zur Vernehmlassung des Verwaltungsgerichts. Er weist darauf hin, dass der Elektro-Viehzaun, der das gesamte Weidegrundstück abschirme, nicht erst bei Schaffung des Teichs errichtet worden sei, sondern schon seit 15 Jahren bestehe.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid, der in Abänderung einer baurechtlichen Nebenbestimmung den Beschwerdeführer zur Einzäunung seines Teichs verpflichtet.
 
Zwar liegt der fragliche Teich ausserhalb der Bauzone und wurde gestützt auf Art. 24 RPG bewilligt. Streitig ist jedoch nur die Einzäunungspflicht, die gestützt auf Art. 21 Abs. 1 des Berner Baugesetzes vom 9. Juni 1985 (BauG) und Art. 57 f. der Bauverordnung vom 6. März 1985 (BauV) angeordnet wurde. Diese Bestimmungen enthalten Anforderungen an die Sicherheit von Bauten und Anlagen, die generell gelten, unabhängig vom Standort innerhalb oder ausserhalb der Bauzone. Es handelt sich um selbständiges kantonales Baurecht, das keinen hinreichenden Zusammenhang mit den Art. 24 ff. RPG aufweist, um die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht zu eröffnen (André Jomini, in: Aemisegger/Kuttler/Moor/Ruch, RPG-Kommentar, N 16 in fine zu Art. 34 RPG). Für die Rüge, die angeordnete Sicherheitsmassnahme (Umzäunung) verletzte verfassungsmässige Rechte des Bauherrn, steht daher nur die staatsrechtliche Beschwerde zur Verfügung.
 
Der Beschwerdeführer ist als Eigentümer der Parzelle zur Beschwerde legitimiert. Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen vorliegen, ist auf die staatsrechtliche Beschwerde einzutreten.
 
2.
 
Der Beschwerdeführer rügt in erster Linie eine Verletzung der Eigentumsgarantie und des Verhältnismässigkeitsprinzips.
 
2.1 Gemäss Art. 26 Abs. 1 BV ist das Eigentum gewährleistet. Ein Eingriff in die Eigentumsgarantie bedarf einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage. Zudem muss er durch ein öffentliches Interesse gerechtfertigt und verhältnismässig sein (Art. 36 BV). Handelt es sich, wie im vorliegenden Fall, nur um eine leichte Beschränkung der Eigentumsgarantie, prüft das Bundesgericht die Anwendung und Auslegung des massgebenden kantonalen Gesetzesrechts nur unter dem Blickwinkel des Willkürverbots (ständige Rechtsprechung; vgl. zuletzt BGE 130 I 360 E. 14.2 S. 362 mit Hinweisen). Frei prüft das Bundesgericht dagegen, ob die Einschränkung im öffentlichen Interesse liegt und verhältnismässig ist.
 
2.2 Art. 21 Abs. 1 BauG bestimmt, dass Bauten und Anlagen so zu betreiben und zu unterhalten sind, dass weder Personen noch Sachen gefährdet werden. Diese Anforderungen werden durch die Art. 57 f. BauV präzisiert. Danach sind bei der Erstellung von Bauten und Anlagen die anerkannten Regeln der Baukunde einzuhalten; Personen und Sachen dürfen weder durch den Bauvorgang noch durch den Bestand oder Betrieb von Bauten und Anlagen gefährdet werden (Art. 57 Abs. 1 BauV). Treppen, Galerien, Balkone, Brüstungen und andere begehbare Flächen sind mit ausreichenden Geländern oder anderen genügenden Schutzvorrichtungen zu versehen, soweit eine Absturzgefahr für Personen besteht (Art. 58 Abs. 1 BauV).
 
2.3 Das Verwaltungsgericht hielt im angefochtenen Entscheid fest, die Vorschriften der Art. 57 ff. BauV bezweckten das Vermeiden von Gefahrensituationen. Im Lichte dieses Schutzzweckes seien Schutzvorrichtungen an Bauten und Anlagen zu verlangen, wenn letztere eine Gefährdung von Leib und Leben darstellen können (angefochtener Entscheid E. 4.2 S. 14). Konstruktiv bedingte Werkmängel i.S.v. Art. 58 OR sollten möglichst ex ante ausgeschlossen werden. Eine Baute oder Anlage dürfe deshalb im Lichte von Art. 57 ff. BauG dann nicht bewilligt werden, wenn mit hinlänglicher Wahrscheinlichkeit angenommen werden müsse, dass sie sich - beim zu erwartenden Gebrauch und bei ordentlichem Unterhalt - als werkmängelbehaftet i.S.v. Art. 58 OR herausstellen könnte. Letzteres sei u.a. dann der Fall, wenn die nach den Umständen erforderlichen Schutzmassnahmen nicht ergriffen worden seien (angefochtener Entscheid E. 4.4 S. 15 f.).
 
Im vorliegenden Fall ging das Verwaltungsgericht, gestützt auf die Fachberichte des bfu und die Feststellungen der BVE, davon aus, dass der Teich in völlig ungesichertem Zustand eine konkrete Gefahrenquelle mit nicht zu vernachlässigender Unfallwahrscheinlichkeit darstellen würde, weshalb Schutzmassnahmen grundsätzlich anzuordnen seien.
 
Die BVE hatte festgehalten, die Gefahr des Teichs liege vor allem in den steilen, instabilen und damit unsicheren Ufern mit unvermitteltem Übergang in tiefes Wasser. Der Teich liege auf halber Höhe des Längenbergs, etwas abgesenkt zwischen zwei Flurstrassen, von denen die eine auch als Wanderweg diene. Wegen seiner Lage könne der Teich von diesem Weg aus erst aus kurzer Distanz wahrgenommen werden. Eltern könnten ihre Kinder deshalb nicht rechtzeitig auf die Gefahr aufmerksam machen oder andere Sicherheitsmassnahmen treffen. Gestützt auf diese Feststellungen bejahte das Verwaltungsgericht eine "Absturzgefahr" i.S.v. Art. 58 Abs. 1 BauV (angefochtener Entscheid E. 4.2 S. 14).
 
Zusätzlich wies das Verwaltungsgericht darauf hin, dass der Teich auch von älteren, selbständigeren Kindern der Umgebung, die ohne Eltern zu Fuss oder mit dem Fahrrad unterwegs seien, entdeckt werden könnte; die Distanzen zu den umliegenden Weilern und Dörfern seien nicht derart, dass dies ausgeschlossen werden könnte. Durch seine Lage und seiner Entfernung (80 m) vom nächstgelegenen Wohnhaus erwecke der Teich den Eindruck einer der Öffentlichkeit gewidmeten Anlage. Dies könne Kinder dazu verleiten, am oder im Teich zu spielen. Bei einem Unfall könne nicht in kürzester Zeit Hilfe erwartet werden. Hinzukomme das Risiko des Zufrierens des Teichs im Winter bzw. der dadurch entstehenden einbruchgefährdeten Eisdecke. Die Anziehungskraft eines im Winter gefrorenen Teichs auf Kinder und Jugendliche sei nicht zu unterschätzen (angefochtener Entscheid E. 4.3 S. 14 f.).
 
2.4 Der Beschwerdeführer macht geltend, die Annahme des Verwaltungsgerichts, er würde im Falle des Ertrinkens eines Kindes im Teich werkeigentümerhaftpflichtig, wenn der Teich nicht eingezäunt wäre, stehe im Widerspruch zum Entscheid BGE 130 III 736. Darin habe das Bundesgericht die Werkeigentümerhaftung für einen unabgeschrankten Industriekanal verneint, obwohl dieser, mit steiler Böschung und fliessendem Wasser, in unmittelbarer Nähe von Mehrfamilienhäusern vorbeigeführt habe. Dann aber könne erst recht für den Teich des Beschwerdeführers keine Abschrankungspflicht bestehen, einem kleinen, stehenden Gewässer in einem ländlichen Gebiet, in dem keine Kleinkinder wohnten, und das erst noch durch einen für Kinder undurchdringlichen Elektrozaun abgeschrankt sei.
 
2.5 Im vorliegenden Verfahren ist jedoch - anders als im Verfahren BGE 130 III 736 - nicht über die obligationenrechtliche Haftung des Beschwerdeführers im Falle eines Unfalls am Teich zu entscheiden; zu prüfen ist lediglich, ob die Anwendung und Auslegung des kantonalen Rechts und die in diesem Zusammenhang erfolgten Erwägungen zum Werkmangel, willkürlich sind.
 
Willkür liegt nach der Rechtsprechung nicht schon dann vor, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder sogar vorzuziehen wäre. Das Bundesgericht weicht vom Entscheid der kantonalen Instanz nur ab, wenn dieser offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 125 I 166 E. 2a S. 168; 125 II 10 E. 3a S. 15, 129 E. 5b S. 134; je mit Hinweisen).
 
Nach der Rechtsprechung werden vom Werkeigentümer besondere Vorkehren zur Verhinderung zweckwidrigen Verhaltens durch Kinder verlangt, wenn das Werk Kinder zu einer bestimmungswidrigen Benützung verleitet (BGE 130 III 736 E. 1.5 und 1.6 S. 744 f. mit Hinweisen). Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, der Teich könne, in ungesichertem Zustand, aufgrund seiner Lage und Beschaffenheit Kinder zum Spielen oder im Winter zum Schlittern verleiten. Darin liegt ein wesentlicher Unterschied zwischen dem vorliegenden Teich und den in BGE 130 III 736 zu beurteilenden Werken (Industriekanal bzw. Zufahrtsstrasse). Dort ereignete sich der Unfall nicht beim Spielen am Wasser, sondern beim Befahren der Strasse mit einem Dreirad, weil das Kind versehentlich von der Strasse abkam und in den Kanal fiel.
 
Insofern überzeugt auch das Argument des Beschwerdeführers nicht, dass, wenn überhaupt, der Flurweg und nicht der Teich gesichert werden müsse: Im vorliegenden Fall besteht - anders als bei der Zufahrtsstrasse im Fall BGE 130 III 736 - keine Gefahr, beim Begehen oder Befahren des Flurwegs abzugleiten und in den Teich zu fallen. Die Gefahr geht vielmehr vom Teich selbst und seinen steilen, instabilen Ufern aus.
 
Die Zumutbarkeit einer Abschrankung der Zufahrtsstrasse wurde in BGE 130 III 736 (E. 2.2.2 S. 747) im Hinblick auf die daraus folgende Verpflichtung der Gemeinde verneint, ihr ganzes Strassennetz mit Zäunen und anderen Abschrankungen zu versehen, wo es an einem offenen Gewässer vorbeiführt. Auch unter diesem Blickwinkel liegt der vorliegende Fall anders, geht es doch um die Umzäunung eines isolierten Teichs.
 
Schliesslich ist zu bedenken, dass im öffentlichen Baurecht die Gefahrenabwehr im Vordergrund steht: Zweck der Art. 57 ff. BauV ist das Vermeiden von Gefahrensituationen. Insofern erscheint es nicht willkürlich, zumutbare Schutzvorrichtungen zur Verhinderung einer erkennbaren Unfallgefahr zu verlangen, unabhängig von einer allfälligen zivilrechtlichen Haftpflicht des Eigentümers.
 
Der vom Beschwerdeführer erwähnte Elektrozaun ist als mögliches milderes Mittel bei der Verhältnismässigkeitsprüfung zu berücksichtigen. Bei der Frage, ob überhaupt eine Abschrankung des Teichs in der Baubewilligung angeordnet werden darf, spielt dagegen die Frage, ob bereits - auf freiwilliger Basis - ein Zaun vorhanden ist und wie dieser beschaffen ist (Elektrozaun oder Knotengitterzaun) keine Rolle.
 
2.6 Nach dem Gesagten konnten die kantonalen Instanzen die Auflage ohne Willkür auf Art. 21 BauG und Art. 57 f. BauV stützen.
 
3.
 
Die Pflicht zur Umzäunung des Teichs soll Unfälle von Kindern verhindern, die tödlich verlaufen (Ertrinken) oder zu schweren Hirnschäden führen können. Dies ist ein gewichtiges öffentliches Interesse, das grundsätzlich Beschränkungen des Eigentums rechtfertigt. Näher zu prüfen ist die Verhältnismässigkeit der Massnahme.
 
3.1 Gemäss dem Fachbericht der bfu stellt die Umzäunung in der Regel die wirksamste Massnahme dar, um Wasseranlagen und Feuchtbiotope zu sichern. Die Geeignetheit dieser Schutzvorrichtung zur Verhinderung von Unfällen wird auch vom Beschwerdeführer nicht bestritten.
 
3.2 Dieser macht jedoch geltend, der Teich sei bereits durch einen Elektrozaun mit fünf übereinander liegenden Drähten gesichert, der für Kinder undurchdringlich sei. Der Zaun schirme den Teich auf zwei Seiten vollständig ab; auf der dritten Teichseite, der an ein Weidegrundstück grenze, bestehe zwar keine Teichabschrankung; dagegen sei das Weidegrundstück seinerseits durch einen Elektrozaun abgeschrankt, so dass Kleinkinder dieses Grundstück nicht betreten könnten, um von dort aus zu dem Teich zu gelangen. Der Elektrozaun sei permanent installiert und sei auch im Winter, wenn sich kein Vieh auf der Weide befinde, in Betrieb.
 
3.2.1 Letztere Behauptung stellt allerdings ein Novum dar, das im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde nicht berücksichtigt werden kann: Am Augenschein hatte der Experte der bfu darauf hingewiesen, dass der Strom abgestellt bleibe, wenn die Tiere nicht auf der Weide seien. Dem widersprach der Beschwerdeführer weder beim Augenschein, noch in seinen anschliessenden Stellungnahmen an die BVE und an das Verwaltungsgericht. Erst in seiner Beschwerde an das Bundesgericht hat er vorgebracht, die Elektrozäune - auch um das Weidegrundstück - stünden permanent unter Strom.
 
3.2.2 Sodann hat der Beschwerdeführer stets betont, die Erstellung des Elektrozauns sei freiwillig und ohne jegliche Anerkennung einer Rechtspflicht geschehen. Er beantragte in allen kantonalen Instanzen die "ersatzlose" Aufhebung der Baubewilligungsauflage, ohne, zumindest eventualiter, zu beantragen, ihm sei die Umzäunung des Teichs mit einem Elektrozaun zur Auflage zu machen. Es ist jedoch offensichtlich, dass die nur freiwillige Umzäunung des Teichs, die vom Eigentümer jederzeit wieder rückgängig gemacht werden kann, keine wirksame Sicherungsmassnahme darstellt.
 
3.2.3 Schliesslich ist zu berücksichtigen, dass der Teich nicht von vornherein mit einem fünfdrahtigen Elektrozaun abgesichert war: Mit Schreiben vom 4. Mai 2001 bat der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers um Ergänzung des Protokolls des Augenscheins vom 16. März 2001 in dem Sinne, dass der Beschwerdeführer nicht nur auf den bestehenden elektrischen Zaun aufmerksam gemacht habe, sondern auch darauf, dass dieser Zaun auf 4 bis 5 Drähte erweitert werden könne, um das Durchbrechen von Kindern zu verhindern. Dies sei in der Zwischenzeit (also nach dem Augenschein) bereits geschehen.
 
Auch in seinen Schlussbemerkungen vom 24. August 2001 betonte der Beschwerdeführer, er habe "in der Zwischenzeit" einen fünffachen Elektrozaun auf der Seite des Teiches gegenüber der Strasse erstellt, der praktisch undurchdringlich sei. Ein Zugang zum fraglichen Teich sei daher heute nur noch von der Weide her möglich, die indessen ebenfalls durch einen dreifachen Elektro-Weidezaun eingefriedigt sei. Diese Massnahme bedeute selbstverständlich kein Eingeständnis, dass die frühere Situation nicht rechtmässig gewesen wäre.
 
Aus diesen Eingaben geht klar hervor, dass der Beschwerdeführer zumindest den Zaun um den Teich (im Gegensatz möglicherweise zu demjenigen um das Weidegrundstück) erst nachträglich, während der Hängigkeit des Baubeschwerdeverfahrens, erstellt hat.
 
Die Situation ist deshalb mit derjenigen im Bundesgerichtsentscheid 1A.74/2005 vom 4. November 2005 (E. 3.2.1) vergleichbar: Dort hatten die Beschwerdeführer nach Erlass der erstinstanzlichen Sanierungsverfügung, während des Beschwerdeverfahrens vor dem Regierungsrat, am sanierungsbedürftigen Schiessstand bauliche Lärmschutzmassnahmen getroffen, die den von der Direktion angeordneten Massnahmen nicht entsprachen. Das Bundesgericht entschied, dass sie die rechtlichen Folgen und allfälligen finanziellen Konsequenzen dieses eigenmächtigen, mit Treu und Glauben schwer vereinbaren Handelns selbst zu tragen hätten, und der Einwand, angesichts der Kosten für die bereits getroffenen Vorkehren seien die behördlich angeordneten Massnahmen zu teuer, grundsätzlich nicht zu hören sei.
 
Auch im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer, in dem er einen anderen als den angeordneten Zaun um den Teich installierte, bewusst das Risiko auf sich genommen, ihn bei Bestätigung des angefochtenen Entscheids ersetzen zu müssen.
 
3.3 Auf die Ausführungen der bfu, wonach im vorliegenden Fall von der vollständigen Umzäunung des Teichs abgesehen werden könnte, wenn stattdessen Seichtwasserzonen am Rande des Teichs geschaffen würden, kann sich der Beschwerdeführer nicht berufen, nachdem er die von der BVE angeordnete Auflage, Seichtwasserzonen zu schaffen, erfolgreich angefochten hat und diese Massnahme weiterhin ablehnt.
 
3.4 Zur Verhältnismässigkeit im engeren Sinne macht der Beschwerdeführer keine Ausführungen. Insbesondere legt er nicht dar, welche Nachteile die Umzäunung des Teichs für ihn hat und weshalb die damit verbundenen Kosten - die er nicht beziffert - unzumutbar seien und ausser Verhältnis zu den möglichen Schadensfolgen eines Unfalls am Teich stünden.
 
4.
 
Schliesslich macht der Beschwerdeführer geltend, die angefochtene Auflage widerspreche dem Gleichbehandlungsverbot, weil es zahlreiche andere Teiche und kleine Seen im Kanton gebe, die weder umzäunt noch sonst gegen den Zutritt von Kleinkindern abgeschirmt seien, obwohl sie von Familien mit Kleinkindern frequentiert würden und - im Gegensatz zum Teich des Beschwerdeführers - der Öffentlichkeit gewidmet seien.
 
4.1 Das Verwaltungsgericht hat in seinem Entscheid zum Ausdruck gebracht, dass der Verzicht auf die Einzäunung oder die Einfriedung von künstlich geschaffenen und damit baubewilligungspflichtigen Anlagen (Teiche, Biotope, etc.) unrechtmässig wäre, falls diese mit dem Teich des Beschwerdeführers vergleichbar seien, d.h. aufgrund ihrer Lage und Beschaffenheit ebenfalls den Eindruck der öffentlichen Widmung erwecken, in gut zugänglicher Lage an einem Fussweg liegen und vergleichbare Oberflächendimensionen und Tiefenverhältnisse aufweisen. Der Beschwerdeführer habe aber weder nachgewiesen, dass tatsächlich Vergleichsobjekte dieser Art bestehen, noch dass diese von der BVE ohne Schutzvorkehren bewilligt worden seien und die BVE eine solche Praxis weiterzuführen gedenke. Unter diesen Umständen seien die Voraussetzungen für eine Gleichbehandlung im Unrecht nicht erfüllt.
 
4.2 Diese Erwägungen lassen keinen Verstoss gegen Verfassungsrechte erkennen. Der Beschwerdeführer macht denn auch nicht geltend, es bestehe ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht, sondern vertritt die Auffassung, dass es sich bei allen uneingezäunten künstlichen Wasserflächen um rechtmässige Objekte handle; hierfür beruft er sich vor allem auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in BGE 130 III 736.
 
Bereits oben (E. 2.5) wurde dargelegt, dass Unterschiede zwischen dem vorliegenden Fall und dem Fall BGE 130 III 736 ff. bestehen. Erst Recht kann aus dem Entscheid nicht abgeleitet werden, dass sämtliche ohne Abschrankungen bewilligten, künstlich angelegten Wasserflächen baurechtlich zulässig seien:
 
Im zitierten Bundesgerichtsurteil ging es um die zivilrechtliche Haftung für die Schadenfolgen eines bestimmten, bereits eingetretenen Unfalls. Diese Haftungsfrage war aufgrund der Umstände des konkreten Falles zu entscheiden, unter Berücksichtigung der Anträge der Parteien, dem Unfallhergang und den örtlichen Verhältnissen. Dabei anerkennt das Bundesgericht praxisgemäss einen Beurteilungsspielraum des Sachrichters bei der Frage, ob die örtlichen Verhältnisse einen höheren Sicherheitsstandard erfordert hätten (vgl. dazu BGE 130 III 193 E. 2.3 S. 197). Schon aus diesem Grund ist Vorsicht bei generellen Schlüssen auf andere Werke geboten.
 
Zwar ist für die Beurteilung, ob ein Werkmangel i.S.v. Art. 58 OR vorliegt, auch von Bedeutung, ob verwaltungsrechtliche Vorschriften über Anlage und Unterhalt verletzt worden sind (BGE 130 III 736 E. 1.4 S. 743 mit Hinweisen). Daraus darf jedoch nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass baupolizeiliche Auflagen unzulässig sind, sofern zivilrechtlich kein Werkmangel vorliegt: Die Kantone sind im Bereich des Baurechts autonom und dürfen, innerhalb der verfassungsrechtlichen Schranken, die sich insbesondere aus der Eigentumsgarantie und dem Verhältnismässigkeitsprinzip ergeben, die ihnen geboten erscheinenden Schutzvorrichtungen anordnen, ohne dabei an die Rechtsprechung der Zivilgerichte zum Werkmangel gebunden zu sein.
 
5.
 
Die staatsrechtliche Beschwerde ist somit abzuweisen. Der Antrag auf Gewährung der aufschiebenden Wirkung ist mit Vorliegen des Entscheids in der Hauptsache gegenstandslos geworden. Nachdem die vom Verwaltungsgericht gesetzte Frist erst am 30. April 2006 abläuft, besteht auch keine Notwendigkeit, diese Frist zu verlängern.
 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten und hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 156 und 159 OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
 
4.
 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Einwohnergemeinde Niedermuhlern, der Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion und dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 31. Januar 2006
 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
 
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