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Informationen zum Dokument  BGer 7B.8/2006  Materielle Begründung
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BGer 7B.8/2006 vom 06.03.2006
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
7B.8/2006 /blb
 
Urteil vom 6. März 2006
 
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
 
Bundesrichter Meyer, Marazzi,
 
Gerichtsschreiber Levante.
 
Parteien
 
X.________,
 
Beschwerdeführer,
 
vertreten durch Fürsprecher Urs Maurer und Martin Winterberger,
 
gegen
 
Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, als obere kantonale Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen, Postfach, 8023 Zürich.
 
Gegenstand
 
Betreibung auf Sicherheitsleistung; Pfändungsankündigung,
 
SchKG-Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen vom 6. Januar 2006 (NR050088/U).
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Mit Zahlungsbefehl des Betreibungsamtes Stäfa vom 21. Oktober 2004 leitete Y.________ gegen X.________ die Betreibung (Nr. xxxx) auf Sicherheitsleistung für den Betrag von 3 Mio. Franken ein. X.________ erhob Rechtsvorschlag. Der Einzelrichter im summarischen Verfahren des Bezirks Meilen erteilte mit Verfügung vom 4. April 2005 die provisorische Rechtsöffnung. Die gegen den Rechtsöffnungsentscheid erhobene kantonale Nichtigkeitsbeschwerde sowie die hiergegen erhobene staatsrechtliche Beschwerde wurden abgewiesen (Urteil 5P.196/2005 vom 24. Oktober 2005). In der Folge stellte Y.________ das Fortsetzungsbegehen und verlangte die provisorische Pfändung. Am 31. Oktober 2005 kündigte das Betreibungsamt X.________ die provisorische Pfändung auf den 4. November 2005 an. Die nach der Rechtsöffnung von X.________ erhobene Aberkennungsklage ist beim Bezirksgericht Meilen hängig.
 
B.
 
X.________ erhob gegen die Ankündigung der provisorischen Pfändung vom 31. Oktober 2005 Beschwerde. Er machte unter anderem geltend, bei der Betreibung auf Sicherheitsleistung sei keine provisorische Pfändung möglich. Das Bezirksgericht Meilen als untere Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen wies die Beschwerde mit Beschluss vom 15. November 2005 ab, soweit darauf eingetreten wurde. Hiergegen gelangte X.________ an das Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen, welche die Beschwerde mit Beschluss vom 6. Januar 2006 abwies.
 
C.
 
X.________ hat den Beschluss der oberen Aufsichtsbehörde mit Beschwerdeschrift vom 11. Januar 2006 (rechtzeitig) an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts weitergezogen und beantragt, der angefochtene Beschluss sowie die Pfändungsankündigung vom 31. Oktober 2005 seien aufzuheben. Weiter verlangt er aufschiebende Wirkung.
 
Die obere Aufsichtsbehörde hat anlässlich der Aktenüberweisung auf Gegenbemerkungen (Art. 80 OG) verzichtet. Der Beschwerdegegner Y.________ beantragt mit Eingabe vom 23. Januar 2006 die Abweisung der Beschwerde und die Entziehung der aufschiebenden Wirkung. Das Betreibungsamt hat sich nicht vernehmen lassen.
 
D.
 
Mit Präsidialverfügungen vom 17./26. Januar 2006 wurde der Beschwerde aufschiebende Wirkung insoweit erteilt, dass eine Ergänzungspfändung einstweilen zu unterbleiben hat.
 
Die Kammer zieht in Erwägung:
 
1.
 
Der Beschwerdeführer beantragt, dass die provisorische Pfändung vom 2. Dezember 2005 bzw. die Ergänzungspfändung sowie die Anzeige betreffend Widerspruchsverfahren vom 5. Dezember 2005 aufzuheben seien. Diese Anträge sind unzulässig. Der Beschwerdeführer übergeht, dass Gegenstand des angefochtenen Beschlusses - der einzig Anfechtungsobjekt der Beschwerde gemäss Art. 19 SchKG sein kann - der erstinstanzliche Beschluss betreffend die Pfändungsankündigung vom 31. Oktober 2005 ist. Soweit der Beschwerdeführer die Aufhebung des Beschlusses der oberen kantonalen Aufsichtsbehörde vom 6. Januar 2006 und der Pfändungsankündigung vom 31. Oktober 2005 verlangt, ist die Beschwerde zulässig.
 
2.
 
2.1 Die obere Aufsichtsbehörde hat im Wesentlichen erwogen, dass entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers keine rechtsmissbräuchliche bzw. nichtige Betreibung vorliege, und dass in der Betreibung auf Sicherheitsleistung nach Erteilung der provisorischen Rechtsöffnung die provisorische Pfändung gemäss Art. 83 Abs. 1 SchKG möglich sei. Die Betreibung auf Sicherheitsleistung sei lediglich eine Betreibung mit besonderem Ziel (Sicherheitsleistung, nicht Zahlung), unterscheide sich im Verfahren aber nicht von der Betreibung auf Geldzahlung, so dass das Betreibungsamt in der fraglichen Betreibung dem Beschwerdeführer am 31. Oktober 2005 zu Recht die provisorische Pfändung angekündigt habe.
 
2.2 Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, sowohl die provisorische Pfändung als auch die Betreibung auf Sicherheitsleistung würden die Sicherstellung des Gläubigers bezwecken. Bei der Betreibung auf Sicherheitsleistung könne die Sicherstellung erst nach der rechtskräftigen Abweisung der Aberkennungsklage durchgesetzt werden, da sonst das Resultat des Aberkennungsprozesses vorweggenommen würde und der Schuldner quasi in die Rolle des Rückforderungsklägers versetzt würde, der sich um die Rückgängigmachung dieser Massnahme bemühen müsse. Der Beschwerdeführer schliesst daraus, dass Art. 83 SchKG eine Lücke enthalte, die mittels teleologischer Reduktion zu füllen sei: Die provisorische Pfändung solle nur bei der Betreibung auf Geldzahlung möglich sein, nicht aber in der Betreibung auf Sicherheitsleistung.
 
3.
 
Gemäss Art. 83 Abs. 1 SchKG kann der Gläubiger, welchem die provisorische Rechtsöffnung erteilt worden ist, nach Ablauf der Zahlungsfrist die provisorische Pfändung verlangen, wenn der Schuldner der Betreibung auf Pfändung unterliegt. Im konkreten Fall ist unstrittig, dass dem Beschwerdegegner in der von ihm angehobenen Betreibung auf Sicherheitsleistung rechtskräftig die provisorische Rechtsöffnung erteilt worden ist und dass er rechtzeitig die provisorische Pfändung verlangt hat. Umstritten ist hingegen, ob in der laufenden Betreibung auf Sicherheitsleistung das Betreibungsamt dem Beschwerdeführer die provisorische Pfändung ankündigen durfte, während die vom Beschwerdeführer gegen die Rechtsöffnung erhobene Aberkennungsklage gemäss Art. 83 Abs. 2 SchKG hängig ist.
 
3.1 Die Betreibung auf Sicherheitsleistung ist keine besondere Art der Betreibung, sondern eine ordentliche Betreibung mit einem besonderen Zweck: Es geht um die Sicherstellung der Vollstreckung einer Leistung des Betriebenen, welche nicht den Betreibenden direkt befriedigen soll, sondern ihm die Erfüllung einer Verpflichtung sichern soll, die ihm zugute kommt (BGE 129 III 193 E. 2.1 S. 194).
 
Gemäss Art. 38 Abs. 1 SchKG werden auf dem Wege der Schuldbetreibung die Zwangsvollstreckungen durchgeführt, welche auf eine Sicherheitsleistung gerichtet sind. Das Verfahren ist dasselbe wie bei der Betreibung auf eine Geldzahlung, ausser dass die Fortsetzung der Betreibung auf dem Wege der Pfändung erfolgt (Art. 43 Ziff. 3 SchKG; Ausnahme von der Konkursbetreibung) und dass der Verwertungserlös nicht dem Betreibenden auszuzahlen ist, sondern hinterlegt werden muss (Art. 9 SchKG), so dass er dem Gläubiger zur Verfügung steht, wenn er die Begründetheit der sichergestellten Forderung dartut (BGE 129 III 193 E. 2.2 S. 194; 110 III 1 E. 2b S. 3).
 
3.2 Die obere Aufsichtsbehörde ist - entsprechend dem dargelegten Grundsatz - davon ausgegangen, dass das Verfahren dasselbe wie bei der Betreibung auf Geldzahlung sei. Sie hat gefolgert, dass in der hier laufenden Betreibung auf Sicherheitsleistung nach Erteilung der provisorischen Rechtsöffnung während des Aberkennungsprozesses die provisorische Pfändung angeordnet werden könne. Die Einwände des Beschwerdeführers, wonach die vorinstanzliche Auffassung mit dem Sinn und Zweck der Bestimmungen über die Betreibung auf Sicherheitsleistung nicht vereinbar sei, sind unbegründet.
 
3.2.1 Der Beschwerdeführer verkennt zunächst die Wirkung der provisorischen Rechtsöffnung, welche dem Beschwerdegegner erteilt worden ist. Wird dem Gläubiger provisorische Rechtsöffnung erteilt, verdient er angesichts der Wahrscheinlichkeit seines Anspruchs einen gewissen Schutz (BGE 102 III 6 E. 2a S. 8 unten; 122 III 36 E. 2 S. 38), unabhängig davon, ob der Anspruch auf Geldzahlung oder Sicherheitsleistung gerichtet ist. Deshalb kann er als sichernde Massnahme die provisorische Pfändung (Art. 83 Abs. 1 SchKG) verlangen (BGE 128 III 383 E. 3 S. 386). Dass für Ansprüche auf Sicherheitsleistung die provisorische Pfändung verlangt werden kann, wird denn auch in der Lehre bestätigt (Staehelin, in: Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, N. 3 zu Art. 83 SchKG).
 
3.2.2 Weiter verkennt der Beschwerdeführer die Wirkung der provisorischen Pfändung. Er übergeht, dass der betreibende Gläubiger mit der blossen provisorischen Pfändung durch den Pfändungsbeschlag, soweit Deckung vorhanden ist, für seine Forderung - auf Geldzahlung oder (wie hier) auf Sicherheitsleistung - lediglich einstweilen gesichert wird (vgl. BGE 29 I 101 E. 1 S. 103; 128 III 383 E. 3 S. 386; Fritzsche/Walder, Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht, Bd. I, 3. Aufl. 1984, § 20 Rz. 18). Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist der auf Sicherheitsleistung betreibende Beschwerdegegner mit der provisorischen Pfändung nicht am Ziel der Betreibung. Wird die hängige Klage des Beschwerdeführers auf Aberkennung gutgeheissen, so bleibt der Rechtsvorschlag bestehen und die provisorische Pfändung fällt eo ipso dahin (BGE 76 III 2 E. 1 S. 2). Nur im Falle der Abweisung der Aberkennungsklage wird die provisorische Pfändung definitiv (Art. 83 Abs. 3 SchKG) und kann der Gläubiger die Verwertung verlangen (Art. 118 SchKG). Der Unterschied zwischen der Betreibung auf Geldzahlung und jener auf Sicherheitsleistung tritt dann im Schlussergebnis zutage, indem der Verwertungserlös nicht an den auf Sicherheit betreibenden Gläubiger ausbezahlt wird, sondern für diesen als Sicherheit für die geschuldete Geldzahlung hinterlegt wird (BGE 129 III 193 E. 2.2 S. 194; vgl. Gilliéron, Poursuite pour dettes, faillite et concordat, 4. Aufl. 2005, S. 27 Rz. 172 und Rz. 174).
 
3.2.3 Schliesslich beruft sich der Beschwerdegegner vergeblich auf die Entstehungsgeschichte des Gesetzes. Aus dem Auszug aus dem Protokoll der ständerätlichen Kommission betreffend die Vorberatung des bundesrätlichen Entwurfs eines Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs geht vielmehr hervor, dass die Befehle auf Sicherstellung des Gläubigers im Übrigen "in ihren Wirkungen und rücksichtlich des gesamten Verfahrens den Zahlungsbefehlen und deren Folgen gleichgestellt sind" (BBl. 1886 III S. 667). Der weiteren Entstehungsgeschichte des Gesetzes lässt sich nichts entnehmen, was Sinn und Zweck der provisorischen Pfändung mit dem besonderen Zweck der Betreibung auf Sicherheitsleistung als unvereinbar erscheinen lässt. Der vom Beschwerdeführer zitierte Autor hält im Übrigen ausdrücklich fest, dass die Fortsetzung der Betreibung auf Sicherheitsleistung völlig normal wie bei der Betreibung auf Geldzahlung durchgeführt wird (Carlo Kockel, Die Betreibung auf Sicherheitsleistung nach dem schweizerischen Schuldbetreibungs- und Konkursrecht, Diss. 1931, S. 60).
 
3.3 Nach dem Dargelegten ist nicht zu beanstanden, wenn die obere Aufsichtsbehörde betreffend die Zulässigkeit der Ankündigung der provisorischen Pfändung in der vorliegenden Betreibung auf Sicherheitsleistung keinen Unterschied zum Verfahren in der Betreibung auf eine Geldzahlung gesehen hat. Die Vorinstanz hat die Pfändungsankündigung des Betreibungsamtes vom 31. Oktober 2005 zu Recht geschützt. Die Beschwerde ist demnach abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
 
4.
 
Das Beschwerdeverfahren ist grundsätzlich kostenlos (Art. 20a Abs. 1 SchKG), und es darf keine Parteientschädigung zugesprochen werden (Art. 62 Abs. 2 GebV SchKG).
 
Demnach erkennt die Kammer:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Beschwerdegegner (Y.________, vertreten durch Rechtsanwalt Philipp Känzig), dem Betreibungsamt Stäfa und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 6. März 2006
 
Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:
 
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