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Informationen zum Dokument  BGer 2P.62/2006  Materielle Begründung
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BGer 2P.62/2006 vom 08.03.2006
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
2P.62/2006 /vje
 
Urteil vom 8. März 2006
 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Merkli, Präsident,
 
Bundesrichter Betschart, Hungerbühler,
 
Gerichtsschreiber Feller.
 
Parteien
 
X.________,
 
Y.________,
 
Beschwerdeführer, vertreten durch Herr Dr. X.________,
 
gegen
 
Ausgleichskasse des Kantons Bern, Abteilung
 
Beiträge und Zulagen, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern,
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern,
 
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, Speichergasse 12, 3011 Bern.
 
Gegenstand
 
Schadenersatz,
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 5. Januar 2006 und die Urteile des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, vom 12. Juli 2005.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Y.________ und X.________ waren Verwaltungsräte bei der aus der S.________ AG hervorgegangenen T.________ AG mit Sitz in A.________. Am 10. Oktober 2001 wurde über die Gesellschaft der Konkurs eröffnet. Mit Verfügungen vom 8. August 2003 verpflichtete die Ausgleichskasse des Kantons Bern die beiden Verwaltungsräte zur Bezahlung von Schadenersatz für nicht bezahlte Beiträge der Sozialversicherung (betreffend AHV, IV, Arbeitslosenversicherung, Erwerbsersatz sowie Beiträge gemäss kantonalem Kinderzulagengesetz) in der Höhe von insgesamt Fr. 194'145.55. Gegen diese Verfügungen erhobene Einsprachen wies die Ausgleichskasse ab. Mit zwei Urteilen vom 12. Juli 2005 wies die Sozialversicherungsrechtliche Abteilung des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern die gegen die Einspracheentscheide erhobenen Beschwerden ab. Gegen diese Urteile gelangten Y.________ und X.________ mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 27. September 2005 an das Eidgenössische Versicherungsgericht. Dieses trat am 5. Januar 2006 auf die Beschwerde in dem Umfang nicht ein, als die Schadenersatzforderung sich auf entgangene Beiträge an die kantonale Familienausgleichskasse bezog. Soweit eine Schadenersatzforderung kraft Bundesrechts streitig war, wies es die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab.
 
Mit als Eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde bezeichnetem Schreiben vom 23. Februar (Postaufgabe 24. Februar) 2006 beantragen X.________ und Y.________ dem Schweizerischen Bundesgericht, das Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 5. Januar 2006 aufzuheben und die Urteile des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 12. Juli 2005 aufzuheben, allenfalls zu "adaptieren".
 
2.
 
2.1 Das Eidgenössische Versicherungsgericht beurteilt Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen auf Bundesrecht gestützte Verfügungen auf dem Gebiete der Sozialversicherung (Art. 128 OG). Ebenso wie das Schweizerische Bundesgericht abschliessend über Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen auf Bundesrecht gestützte Verfügungen in anderen Rechtsgebieten urteilt, entscheidet das Eidgenössische Versicherungsgericht in seinem Zuständigkeitsbereich endgültig (letztinstanzlich, s. Art. 128 OG). Gegen seine Urteile steht kein Rechtsmittel an eine andere Bundesbehörde offen, insbesondere keine Eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde an das Schweizerische Bundesgericht. Über die Schadenersatzforderung für ausstehende bundesrechtliche Sozialversicherungsbeiträge ist rechtskräftig entschieden. Soweit die Beschwerde vom 23./24. Februar 2006 sich gegen das Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts richtet, ist darauf nicht einzutreten.
 
2.2 Nicht entschieden hat das Eidgenössische Versicherungsgericht über die Frage der Schadenersatzpflicht für ausstehende Beiträge bei den Kinderzulagen. Dafür ist kantonales Recht massgeblich, sodass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht offen stand; vielmehr hätten die Urteile des kantonalen Verwaltungsgerichts diesbezüglich mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden müssen (Art. 84 OG). Diese hätte grundsätzlich innert 30 Tagen erhoben werden müssen (Art. 89 Abs. 1 OG). Ob die Beschwerdeführer von der rechtzeitigen diesbezüglichen Beschwerdeerhebung darum abgehalten worden sind, weil das Verwaltungsgericht in der Rechtsmittelbelehrung (an sich zutreffenderweise) nur das ordentliche Rechtsmittel der Verwaltungsgerichtsbeschwerde erwähnte, und ob aus diesem Grunde die Rechtsschrift vom 23. Februar 2006 noch als rechtzeitige staatsrechtliche Beschwerde gegen die verwaltungsgerichtlichen Urteile entgegenzunehmen wäre, kann offen bleiben. Diese Rechtsschrift ist im Wesentlichen appellatorischer Natur, ohne dass näher aufgezeigt würde, inwiefern das Verwaltungsgericht im Ergebnis verfassungsmässige Rechte der Beschwerdeführer verletzt haben sollte (vgl. Art. 90 Abs. 1 OG). Die einzige ausdrücklich erhobene Rüge staatsrechtlicher Natur (Verletzung des rechtlichen Gehörs) betrifft die Schadenersatzforderung im Bereich der AHV; für entsprechende Rügen war allein das Eidgenössische Versicherungsgericht zuständig. Im Übrigen kommen für Schadenersatzforderungen betreffend die Kinderzulagen sinngemäss die gleichen Regeln zur Anwendung wie für den bundesrechtlichen Rechtsstreit (vgl. Art. 32 Abs. 2 des bernischen Gesetzes vom 5. März 1961 über die Kinderzulagen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer [KZG], mit Hinweis auf Art. 52 AHVG). Nachdem zu diesem Rechtsstreit (mit weit höherem Streitwert) das Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vorliegt, welches auf Verwaltungsgerichtsbeschwerde hin (insbesondere zur Frage der Verjährung und Verwirkung und zur Verantwortlichkeit der Verwaltungsräte) mit umfassenderer Kognition entschieden hat, als sie dem Bundesgericht im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde zustehen würde, fiele eine Gutheissung der staatsrechtlichen Beschwerde ohnehin ausser Betracht.
 
2.3 Auf die Beschwerde vom 23./24. Februar 2006 kann nach dem Gesagten unter keinem Titel eingetreten werden.
 
2.4 Entsprechend dem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten den Beschwerdeführern aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG). Sie haben die Gerichtsgebühr je zur Hälfte unter Solidarhaft zu tragen.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht
 
im Verfahren nach Art. 36a OG:
 
1.
 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird den Beschwerdeführern unter Solidarhaft auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Ausgleichskasse und dem Verwaltungsgericht, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, des Kantons Bern sowie dem Eidgenössischen Versicherungsgericht schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 8. März 2006
 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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