BGer 6S.444/2004 | |||
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BGer 6S.444/2004 vom 14.03.2006 | |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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6S.444/2004/bri
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Urteil vom 14. März 2006
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Kassationshof
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Besetzung
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Bundesrichter Schneider, Präsident,
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Bundesrichter Wiprächtiger, Karlen,
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Gerichtsschreiber Borner.
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Parteien
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R.________,
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Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Beat Hauri,
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gegen
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Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Postfach, 8090 Zürich.
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Gegenstand
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Strafzumessung (Art. 63 StGB),
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Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Geschworenengerichts des Kantons Zürich vom 25. August 2004.
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Sachverhalt:
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A.
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Das Geschworenengericht des Kantons Zürich sprach R.________ am 18. Dezember 2003 des mehrfachen Mordes, des mehrfachen Raubes und der versuchten Nötigung schuldig. Zugleich ordnete es seine psychiatrische Begutachtung an.
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Im Verlaufe der gutachterlichen Untersuchungen und an der Fortsetzung der Hauptverhandlung gestand R.________, im Juni 1999 A.________ zunächst gefesselt und dann mit einer Vielzahl von Messerstichen umgebracht zu haben, nachdem dieser nach misslungenem Geschlechtsverkehr nur 50 statt der vereinbarten 300 Franken habe bezahlen wollen. Ausserdem gestand er, im Januar 2000 E.________, den er zuvor ebenfalls gefesselt hatte, mit einem Kissen erstickt zu haben. Dieser habe in seiner Wohnung das Entgelt nicht wie üblich vor dem Geschlechtsverkehr auf den Tisch gelegt, weshalb es zu einer Auseinandersetzung gekommen war. Danach stach er mit einem Messer auf das bereits erstickte Opfer ein.
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Am 25. August 2004 bestrafte das Geschworenengericht R.________ mit einer lebenslänglichen Zuchthausstrafe und verwies ihn für die Dauer von 15 Jahren aus dem Gebiet der Schweiz.
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B.
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Das Kassationsgericht des Kantons Zürich wies am 7. Oktober 2005 eine kantonale Nichtigkeitsbeschwerde des Verurteilten ab.
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C.
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R.________ erhebt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde und beantragt, das Urteil des Geschworenengerichts sei im Strafpunkt aufzuheben.
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Das Geschworenengericht verzichtet auf eine Stellungnahme zur Beschwerde.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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1.
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Der Beschwerdeführer rügt allein, dass die Vorinstanz eine lebenslängliche Zuchthausstrafe ausspricht, obwohl sie eine Verletzung des Beschleunigungsgebots feststellt.
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Nach dem angefochtenen Entscheid erhielt die Bezirksanwaltschaft im Dezember 1999 Kenntnis davon, dass in der Wohnung des 1. Opfers Blut gefunden worden war, das dem Beschwerdeführer zuzuordnen sei. Gleichwohl erfolgte seine Verhaftung erst am 5. Dezember 2001. Die Vorinstanz hält fest, dass für jede der beiden Mordtaten als Einsatzstrafe eine lebenslängliche Zuchthausstrafe auszusprechen wäre. Die dadurch vorzunehmende massive Strafschärfung nach Art. 68 Ziff. 1 Abs. 1 StGB vermöge die Strafminderungsgründe der Alkoholisierung und der Verletzung des Beschleunigungsgebots ohne weiteres zu kompensieren, weshalb eine lebenslängliche Zuchthausstrafe auszufällen sei.
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Nach Ansicht des Beschwerdeführers darf die Strafreduktion, die sich aus der Verletzung des Beschleunigungsgebots ergibt, nicht wie andere Minderungs- und Milderungsgründe mit Erhöhungsgründen aufgewogen werden. Aus diesem Grund hätte die Vorinstanz nicht eine lebenslängliche Zuchthausstrafe aussprechen dürfen.
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2.
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Der Beschwerdeführer übersieht die bundesgerichtliche Rechtsprechung nicht, wonach sich Straferhöhungs- und -reduktionsgründe kompensieren können und deshalb auch bei Vorliegen eines Strafmilderungsgrunds die Höchststrafe ausgesprochen werden kann, wenn dieser durch einen entsprechenden Erhöhungsgrund aufgewogen wird (BGE 116 IV 300 E. 2c S. 303 ff.). Für seine Auffassung, dass eine Strafreduktion wegen Verletzung des Beschleunigungsgebots nicht kompensationsfähig sei, bringt er keine schlüssigen Gründe vor. Sein Einwand, eine Verletzung dieses Verfassungsgrundsatzes müsse effektiv sein, d.h. tatsächlich eine Wirkung zeitigen, was bei einer Kompensation nicht der Fall sei, geht fehl. Die Wirksamkeit zeigt sich in diesem Fall ja gerade in der Tatsache der Aufrechnung. Läge kein Reduktionsgrund wegen Verfahrensverzögerung vor, könnte die Kompensation nicht stattfinden. Dass Strafreduktionsgründe in gewissen Konstellationen nicht zur Festsetzung einer tieferen Strafe führen als im Fall ihres Fehlens, ist nicht eine Folge ihrer mangelnden Wirksamkeit, sondern - wie das Bundesgericht bereits dargelegt hat (BGE 116 IV 300 E. 2c/dd S. 305) - unvermeidliche Konsequenz des Umstands, dass der Gesetzgeber eine absolute Höchststrafe vorsieht. Würde die Strafe vorliegend wegen der Verfahrensverzögerung reduziert, wäre der Beschwerdeführer bei der Strafzumessung besser gestellt als der Täter, der für einen einzigen Mord mit lebenslänglichem Zuchthaus bestraft wird, obwohl das Verschulden des Beschwerdeführers wegen des zweifachen Mordes und der versuchten Nötigung - auch unter Berücksichtigung der Verfahrensverzögerung - deutlich schwerer wiegt.
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Selbst wenn die Auswirkungen der Verfahrensverzögerung etwas schwerer zu gewichten wären, wie dies der Beschwerdeführer behauptet, vermöchte dies die Strafschärfung wegen des zweiten Mordes und der versuchten Nötigung nicht zu kompensieren. Das angefochtene Urteil steht daher mit dem Bundesrecht und mit Art. 6 Ziff. 1 EMRK im Einklang.
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3.
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Aus diesen Gründen ist die Nichtigkeitsbeschwerde abzuweisen.
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Angesichts der Höhe der ausgesprochenen Strafe und des Umstands, dass sie im Kanton nicht auf ihre Vereinbarkeit mit dem Bundesrecht überprüft werden konnte, ist praxisgemäss dem Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege zu entsprechen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
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2.
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Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen.
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3.
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Es werden keine Kosten erhoben.
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4.
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Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers wird für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- aus der Bundesgerichtskasse entschädigt.
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5.
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Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich und dem Geschworenengericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 14. März 2006
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Im Namen des Kassationshofes
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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