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Informationen zum Dokument  BGer 1P.145/2006  Materielle Begründung
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BGer 1P.145/2006 vom 22.05.2006
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
1P.145/2006 /ggs
 
Urteil vom 22. Mai 2006
 
I. Öffentlichrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Féraud, Präsident,
 
Bundesrichter Aemisegger, Aeschlimann,
 
Gerichtsschreiberin Gerber.
 
Parteien
 
- X.________,
 
- Ehepaar Y.________,
 
Beschwerdeführer, alle vertreten durch Advokat
 
Andreas Waldmann,
 
gegen
 
Baukonsortium Z.________, Beschwerdegegner, vertreten durch Advokat Roman Zeller,
 
Einwohnergemeinde Bottmingen, Schulstrasse 1, 4103 Bottmingen,
 
Baurekurskommission des Kantons
 
Basel-Landschaft, Rheinstrasse 29, Postfach, 4410 Liestal,
 
Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht, Poststrasse 3, Postfach 635, 4410 Liestal.
 
Gegenstand
 
Baugesuch,
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht, vom
 
16. November 2005.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Am 10. Dezember 2003 reichte das Baukonsortium Z.________ beim Bauinspektorat des Kantons Basel-Landschaft (BIT) ein Baugesuch für die Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit Autoeinstellhalle auf der Parzelle Nr. 3021 des Grundbuchs der Gemeinde Bottmingen an der Joachimsackerstrasse ein. Gegen das Bauvorhaben erhoben mehrere Anwohner Einsprache. Am 28. Juni 2004 wies das BIT die Einsprachen ab.
 
B.
 
Dagegen erhoben X.________ sowie das Ehepaar Y.________ Beschwerde an die Baurekurskommission des Kantons Basel-Landschaft. Diese wies die Beschwerden am 16. Dezember 2004 ab.
 
C.
 
Gegen den Entscheid der Baurekurskommission gelangten X.________ sowie das Ehepaar Y.________ mit Beschwerde an das Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsgericht. Dieses führte am 19. Oktober 2005 eine Parteiverhandlung durch und holte anschliessend verschiedene Unterlagen, namentlich zur Zulässigkeit der vorgesehenen Dachform, ein. Am 16. November 2005 wies das Kantonsgericht die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat.
 
D.
 
Gegen den kantonsgerichtlichen Entscheid erheben X.________ sowie das Ehepaar Y.________ staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht. Sie beantragen, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Sache sei zur Neuentscheidung an das Kantonsgericht zurückzuweisen. Zudem ersuchen sie um Gewährung der aufschiebenden Wirkung.
 
E.
 
Das Baukonsortium Z.________ (im Folgenden: der Beschwerdegegner) beantragt Abweisung der Beschwerde. Die Gemeinde Bottmingen verweist auf ihre vorinstanzlichen Stellungnahmen. Das Kantonsgericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.
 
F.
 
Am 7. April 2006 wurde der staatsrechtlichen Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt.
 
G.
 
Mit Verfügung vom 26. April 2006 stellte der Instruktionsrichter fest, dass die Baubewilligung noch nicht erteilt worden sei; es stelle sich deshalb die Frage, ob es sich beim angefochtenen Urteil um einen Endentscheid handle. Den Beteiligten wurde Gelegenheit gegeben, hierzu Stellung zu nehmen.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid über Einsprachen gegen ein Bauvorhaben innerhalb der Bauzone, der sich ausschliesslich auf kantonales und kommunales Baurecht stützt. Dagegen steht nur die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte der Bürger offen (Art. 34 Abs. 3 RPG; Art. 84 Abs. 1 lit. a, Abs. 2 und Art. 86 OG).
 
1.1 Mit staatsrechtlicher Beschwerde können Endentscheide angefochten werden; Zwischenentscheide sind nur ausnahmsweise selbständig anfechtbar, namentlich wenn sie einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 87 Abs. 2 und 3 OG). Ein Endentscheid ist jeder Entscheid, der ein Verfahren vorbehältlich der Weiterziehung an eine höhere Instanz abschliesst, sei es durch einen Entscheid in der Sache selbst, sei es aus prozessualen Gründen. Als Zwischenentscheid gelten jene Entscheide, die das Verfahren nicht abschliessen, sondern bloss einen Schritt auf dem Weg zum Endentscheid darstellen (BGE 128 I 3 E. 1b S. 7; 122 I 39 E. 1a/aa S. 41).
 
1.1.1 Das Baubewilligungsverfahren ist in den §§ 124 ff. des Raumplanungs- und Baugesetzes des Kantons Basel-Landschaft vom 8. Januar 1998 (RBG) und den §§ 86 ff. der dazugehörigen Verordnung vom 27. Oktober 1998 (RBV) geregelt. Danach ist das Baugesuch bei der Baubewilligungsbehörde einzureichen (§ 124 Abs. 1 RBG). Gesuche, die offensichtlich gegen zwingende öffentlichrechtliche Bestimmungen verstossen, werden ohne Publikation und Auflage abgewiesen (§ 124 Abs. 4 RBG). Weist ein Baugesuch keine derartigen Mängel auf, wird es im Amtsblatt veröffentlicht und in der betroffenen Gemeinde während zehn Tagen öffentlich aufgelegt (§ 126 Abs. 1 RBG). Wer gegen ein Bauvorhaben Einwendungen hat, kann Einsprache erheben (§ 127 Abs. 1 RBG). Der Gemeinderat ist verpflichtet, Einsprache zu erheben, wenn Bau- und Planungsvorschriften verletzt sind (§ 127 Abs. 3 RBG). Die Baubewilligungsbehörde entscheidet über das Baugesuch sowie über die eingegangenen Einsprachen spätestens innert drei Monaten (§ 128 Abs. 5 RBG). Die Baubewilligung wird gemäss § 129 Abs. 1 RBG erteilt, wenn das Bauvorhaben den gesetzlichen Bestimmungen entspricht und über die Einsprachen öffentlichrechtlicher Natur rechtskräftig entschieden worden ist. Mit den Abbruch- oder Bauarbeiten darf erst begonnen werden, wenn die rechtskräftige Baubewilligung oder eine Teilbaubewilligung vorliegt (§ 130 RBG).
 
1.1.2 Sowohl die Beschwerdeführer als auch das Kantonsgericht Basel-Landschaft und das BIT vertreten die Auffassung, der Entscheid des Verwaltungsgerichts über die Einsprachen sei ein Endentscheid, auch wenn die Baubewilligung noch nicht erteilt worden sei.
 
Das Kantonsgericht hebt in seiner Stellungnahme hervor, dass die Baubewilligungsbehörde über das Baugesuch und über die Einsprachen zusammen entscheide. Die Baubewilligung werde im Kanton Basel-Landschaft erst nach dem rechtskräftigen Abschluss des Baubewilligungsverfahrens erteilt und sei selbst nicht mehr anfechtbar. Anfechtungsobjekt für die staatsrechtliche Beschwerde sei deshalb nicht die Baubewilligung, sondern der kantonal letztinstanzliche Entscheid des Kantonsgerichts, mit dem die Baurechtskonformität des umstrittenen Bauprojekts bestätigt und die Einsprachen abgewiesen würden. Dieser Entscheid sei als Endentscheid zu qualifizieren.
 
Auch das BIT betont, dass die Baubewilligung nicht mehr mit der Begründung angefochten werden könne, das Baugesuch entspreche den massgeblichen öffentlichrechtlichen Bestimmungen nicht und sei nicht bewilligungsfähig; dies müsse im vorgängigen Einspracheverfahren geltend gemacht werden. Die Baubewilligung könne allenfalls noch bezüglich Nebenbestimmungen wie Auflagen und Bedingungen angefochten werden (vgl. § 133 Abs. 1 RBG). Sofern jedoch im Einspracheverfahren erhobene Einsprachen Auswirkungen auf die Baubewilligung hätten, würden diesbezügliche Auflagen oder Bedingungen bereits vorgängig im Einspracheentscheid abgehandelt.
 
Die Beschwerdeführer weisen darauf hin, dass sie den kantonalen Rechtsmittelweg vollständig beschritten hätten; gegen die Baubewilligung stehe ihnen kein Rechtsmittel mehr zur Verfügung. Die Erteilung der Baubewilligung sei nach der Erledigung des Einspracheverfahrens eine blosse Formalität. Das Verfahren sei im Kanton Basel-Landschaft bewusst so ausgestaltet worden, dass die Auseinandersetzung zwischen dem Baugesuchsteller und den Einsprechern rechtskräftig entschieden sein müsse, bevor die Baubewilligung erteilt werde, denn sobald diese vorliege, dürfe mit den Bauarbeiten begonnen werden.
 
1.1.3 Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass im Einspracheverfahren nicht nur über die geltend gemachten Einsprachen, sondern auch über "das Baugesuch" (§ 128 Abs. 5 RBG) entschieden wird. Schon im Einspracheverfahren wird somit geprüft, ob das Baugesuch den massgeblichen öffentlichen Bestimmungen entspricht. Mit rechtskräftigem Abschluss des Einspracheverfahrens ist deshalb rechtskräftig über die Bewilligungsfähigkeit des Baugesuchs entschieden.
 
Die Baubewilligung wird nach dem Baselbieter System erst erteilt, wenn keine Rechtsstreitigkeiten über die Bewilligungsfähigkeit eines Baugesuchs mehr hängig sind und deshalb mit den Bauarbeiten begonnen werden darf. Der Baubewilligung kommt damit praktisch die Funktion einer Baufreigabe zu. Es entspricht der Logik dieses Systems, die Baubewilligung erst nach dem bundesgerichtlichen Entscheid über die staatsrechtliche Beschwerde der Nachbarn zu erteilen. Dies setzt voraus, dass das Bundesgericht auf derartige Beschwerden eintritt, noch bevor die Baubewilligung erteilt worden ist.
 
Aus diesen Gründen ist der angefochtene Entscheid des Kantonsgerichts als Endentscheid anzusehen, der das Baugesuchsverfahren abschliesst, auch wenn die Baubewilligung noch nicht vorliegt.
 
1.2 Zu prüfen ist weiter die Legitimation der Beschwerdeführer, die eine Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV) geltend machen.
 
Nach ständiger Rechtsprechung verschafft das allgemeine Willkürverbot, das bei jeder staatlichen Verwaltungstätigkeit zu beachten ist, für sich allein dem Betroffenen keine geschützte Rechtsstellung im Sinne von Art. 88 OG. Die Legitimation zur Willkürrüge besteht erst dann, wenn der angefochtene Entscheid den Beschwerdeführer in seiner Rechtsstellung berührt und damit in seine rechtlich geschützten Interessen eingreift. Dies trifft bloss zu, wenn die willkürliche Anwendung einer Norm gerügt wird, welche dem Beschwerdeführer einen Rechtsanspruch einräumt oder den Schutz seiner beeinträchtigten Interessen bezweckt (BGE 126 I 81 E. 2 ff. mit Hinweisen zur Praxis zu Art. 4 aBV).
 
Eigentümer benachbarter Grundstücke sind praxisgemäss befugt, die Erteilung einer Baubewilligung anzufechten, wenn sie die Verletzung von Bauvorschriften geltend machen, die ausser den Interessen der Allgemeinheit auch oder in erster Linie dem Schutz der Nachbarn dienen. Zusätzlich müssen sie dartun, dass sie sich im Schutzbereich der Vorschriften befinden und durch die behaupteten widerrechtlichen Auswirkungen der Bauten betroffen werden (BGE 127 I 44 E. 2d S. 47; 118 Ia 232 E. 1a S. 234 mit Hinweisen).
 
1.2.1 Bestimmungen über die Geschosszahl ordnen das Mass der zulässigen Ausnützung eines Grundstücks. Ihnen kommt nach der Rechtsprechung auch eine nachbarschützende Funktion zu (BGE 117 Ia 18 E. 2b S. 20). Die Beschwerdeführer befinden sich als Eigentümer von Parzellen, die sich unmittelbar neben bzw. in Sichtweite des Baugrundstücks befinden, im Schutzbereich dieser Bestimmungen und sind daher zur Rüge der willkürlichen Rechtsanwendung befugt.
 
In diesem Zusammenhang können sie auch geltend machen, das Kantonsgericht sei ohne sachlichen Grund, unter Verletzung des Rechtsgleichheitsgebots (Art. 8 BV), von seiner eigenen Rechtsprechung abgewichen und habe sich mit den Argumenten der Beschwerdeführer unter Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) nicht genügend auseinandergesetzt.
 
1.2.2 Soweit die Beschwerdeführer dagegen die willkürliche Anwendung der allgemeinen Ästhetikklausel des Zonenreglements der Gemeinde Bottmingen rügen, sind sie nicht zur Beschwerde legitimiert, da derartige Bestimmungen nur dem Schutz öffentlicher Interessen dienen (BGE 118 Ia 232 E. 1b S. 235 mit Hinweisen; vgl. zuletzt Entscheide 1P.46/2005 vom 21. März 2005 E. 1.1, publ. in SJ 2005 I S. 490; 1P.325/2000 vom 7. Juli 2000 E. 1c/cc, publ. in RDAF 2000 I S. 450).
 
1.3 Zu prüfen ist schliesslich, inwiefern noch ein aktuelles praktisches Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids besteht.
 
Unstreitig hat der Beschwerdegegner ein zweites Baugesuch (Nr. 1701/ 2004) eingereicht, das sich im Wesentlichen nur in der Dachform vom ersten Gesuch unterscheidet (Mansarden- statt Bogendach). Die dagegen gerichteten Einsprachen wies das BIT am 16. Februar 2004 ab. Derzeit ist ein Beschwerdeverfahren vor dem Kantonsgericht hängig.
 
Der Beschwerdegegner hat allerdings nie auf die Realisierung des vorliegend streitigen Bauvorhabens verzichtet; im Gegenteil: Im kantonalen Verfahren hat er ausgeführt, dass er nach wie vor beabsichtige, in erster Linie das erste Baugesuch (Nr. 0002/2004) auszuführen. Insofern besteht weiterhin ein aktuelles Interesse an der Beschwerdeführung.
 
1.4 Nach dem Gesagten ist - vorbehältlich rechtsgenügender Rügen (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG) - auf die Beschwerde einzutreten, soweit die willkürliche und rechtsungleiche Anwendung von Bestimmungen über die Geschosszahl sowie die Verletzung des rechtlichen Gehörs gerügt werden.
 
2.
 
Die Parzelle Nr. 3021 befindet sich in der zweigeschossigen Wohnzone (W2a). Die kommunalen und kantonalen Instanzen nahmen an, das Bauprojekt weise zwei Vollgeschosse und ein Dachgeschoss unter einem Bogendach mit wenigen Flachdachbereichen auf.
 
2.1 Die Beschwerdeführer sind dagegen der Auffassung, das Bauvolumen unter dem zurückgesetzten Bogendach sei als drittes Vollgeschoss bzw. als überdimensionierte und deshalb unzulässige Dachaufbaute zu qualifizieren: Ein Aufbau auf einem Flachdach, der mehr als 60% der Fläche der darunter liegenden Vollgeschosse abdecke und deshalb nicht mehr als Dachaufbau bewilligt werden könne, dürfe nur bewilligt werden, wenn er die Anforderungen an ein Attikageschoss erfülle. Dies sei vorliegend nicht der Fall, weil der Aufbau nicht um das Mass der Höhe, sondern nur um ca. einen Meter von der Fassade zurückversetzt sei.
 
Die vom Gericht in E. 6b/ee (recte: ff) gegebene Begründung, es handle sich nicht um eine Attikaaufbaute, weil keine umlaufende Terrasse vorhanden sei, sei widersprüchlich und willkürlich: Missachte eine Dachaufbaute eine zentrale Vorschrift für Attikaaufbauten, nämlich die Rückversetzung um das Mass der Höhe, so müsse sie als Vollgeschoss gerechnet werden. Dies habe das Kantonsgericht in seinen Urteilen vom 25. Oktober 2000 und vom 18. April 2001 (Basellandschaftliche Verwaltungsgerichtsentscheide 2000 S. 119 ff., insbes. S. 123, und 2001, S. 71 ff., insbes. S. 75) zutreffend entschieden. Im angefochtenen Entscheid weiche das Kantonsgericht ohne sachlichen Grund und ohne vernünftige Begründung von seiner bisherigen Praxis ab; dies verletze das Rechtsgleichheitsgebot.
 
Die Argumentation des angefochtenen Entscheids, wonach es sich um eine besondere Dachform handle, entleere die Vorschriften über Attikaaufbauten völlig ihres Sinnes, weil dann jeder noch so gross geartete Aufbau auf einem Flachdach als "Dachform" bewilligt werden könnte.
 
2.2 Gemäss dem geltenden Zonenreglement Siedlung der Gemeinde Bottmingen vom 9. April 1992 (Zonenreglement) ist die Dachform in der Zone W2a frei wählbar; Minimalbestimmungen über die Neigung der Dächer oder die Kniestockhöhe fehlen.
 
Daraus folgerte das Kantonsgericht, dass neben den klassischen Dachformen auch eher exotische Formen zulässig seien, wie beispielsweise Kuppel-, Tonnen- oder Bogendächer. Zulässig seien auch Mischformen, z.B. Kombinationen von Flachdächern mit geneigten oder gewölbten Dächern. Entscheide sich ein Bauherr für die Verkleinerung eines Daches innerhalb des Gebäudeprofils und mit zulässiger Dachform, werde das Dach nicht plötzlich zu einem Dachaufbau.
 
Im vorliegenden Fall habe der Gemeinderat die allseitige Rücksetzung des Daches um mindestens 80 cm von den Fassadenfluchten verlangt, da das ursprüngliche Projekt mit Rücksprüngen von nur 30 bzw. 40 cm beinahe die Fläche der darunter liegenden Vollgeschosse erreicht hätte. Im jetzigen Bauprojekt komme das Dach allseitig um rund einen Meter hinter den Fassadenfluchten zu liegen. Sowohl das ursprünglich geplante Dach als auch das jetzt projektierte Dach lägen innerhalb des gemäss Normblatt ZR 6/63 der kantonalen ZonenreglementsnormalienSiedlung zulässigen Rhombus für Dachgeschosse.
 
Hätte somit schon das ursprünglich geplante Bogendach bewilligt werden müssen, so dürfe die - auf Wunsch der Gemeinde erfolgte - Verkleinerung des Daches durch Rückversetzung des Dachansatzes nicht dazu führen, dass dieses nunmehr den Vorschriften über Dachaufbauten unterstellt oder gar als Vollgeschoss qualifiziert und deswegen die Bewilligung verweigert werde. Andernfalls würde ein kleineres, die Nachbarschaft und insbesondere das Quartier- und Ortsbild viel weniger prägendes Bauvorhaben mit einem Male strengeren Planungsvorschriften unterliegen als ein mit grösserem Raumvolumen ausgestattetes Projekt.
 
Das Kantonsgericht kam deshalb zum Ergebnis, das von der Fassade zurückversetzte Bogendach sei eine zulässige Dachform, mit der Folge, dass das darunter befindliche Bauvolumen als Dachgeschoss und nicht als Dachaufbaute oder als Vollgeschoss zu qualifizieren sei.
 
2.3 Mit diesen Erwägungen des Kantonsgerichts setzen sich die Beschwerdeführer nicht näher auseinander. Sie bestreiten auch die Prämisse des Kantonsgerichts, wonach ein bis zu den Fassaden reichendes Bogendach hätte bewilligt werden müssen, nicht. Ihre Kritik beschränkt sich im Wesentlichen auf den Vorwurf, die besonderen Vorschriften über Attikaaufbauten seien umgangen worden. Es erscheint bereits fraglich, ob diese Begründung den Anforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG genügt (vgl. dazu BGE 110 Ia 1 E. 2a S. 3/4; 117 Ia 10 E. 4b S. 12). Die Frage kann jedoch offen bleiben, weil sich die Willkürrüge jedenfalls als unbegründet erweist.
 
Die Beschwerdeführer lassen bei ihrer Kritik ausser Acht, dass das Zonenreglement (unter bestimmten Voraussetzungen) nicht nur Dachaufbauten, sondern auch Dachgeschosse, d.h. unter dem Dach liegende Bauteile, zulässt, die nicht als Vollgeschosse zählen. Handelt es sich beim streitigen Bauelement um ein Dach bzw. eine zulässige Dachform, so liegt ein Dachgeschoss vor, und die Vorschriften über Dachaufbauten, zu denen auch Attikageschosse gehören, kommen von vornherein nicht zur Anwendung.
 
Dies kann dazu führen, dass bestimmte Bauten als Dachgeschosse zulässig sind, die als Attikageschoss nicht bewilligt werden könnten. Dies ist jedoch die Konsequenz der von der Gemeinde freigegebenen Dachform, die dem Bauherrn einen grossen Gestaltungsspielraum einräumt.
 
Es ist den Beschwerdeführern einzuräumen, dass die Unterscheidung zwischen einer Aufbaute auf einem Flachdach einerseits und einer besonderen Dachform mit Flachdachanteil andererseits nicht leicht ist. Die Argumentation des Kantonsgerichts, wonach ein verkleinertes (weil zurückversetztes) Dach bewilligungsfähig sein müsse, wenn auch ein grösseres, direkt an der Fassade ansetzendes Dach, ohne Flachanteil, bewilligt werden müsste, kann jedoch nicht als willkürlich bezeichnet werden (zur Willkürdefinition vgl. BGE 125 I 166 E. 2a S. 168; 125 II 10 E. 3a S. 15, 129 E. 5b S. 134; je mit Hinweisen).
 
Sie erlaubt auch eine Unterscheidung zwischen besonderen Dachformen und Attikageschossen, soweit letztere - wie es die Regel ist - senkrechte Fassaden aufweisen: Würden die Fassaden der Attikaaufbaute bis zur Fassadenflucht der darunterliegenden Vollgeschosse vorgezogen, so läge klarerweise ein zusätzliches Vollgeschoss mit Flachdach und keine eigenständige Dachform vor, weil den senkrechten Fassaden keine Bedachungsfunktion zukommt.
 
2.4 Das Kantonsgericht hat sich in E. 6b/ee [recte ff] S. 9 kurz mit der Frage befasst, ob auch Aufbauten ohne senkrechte Fassaden als Attikageschosse bewilligt werden könnten. Nachdem es sich klarerweise um ein obiter dictum handelt, braucht auf die von den Beschwerdeführern an dieser Erwägung geübte Kritik nicht eingegangen zu werden. Zu weiteren Ausführungen war das Kantonsgericht nicht verpflichtet, nachdem es willkürfrei entschieden hatte, es liege ein Dachgeschoss und keine Dachaufbaute vor. Insofern erweist sich auch die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) als unbegründet.
 
2.5 Die von den Beschwerdeführern zitierten Kantonsgerichtsentscheide betreffen nicht die Abgrenzung zwischen Dachgeschossen und -aufbauten, sondern die Abgrenzung zwischen Dachaufbauten (insbesondere Attikageschossen) und Vollgeschossen. Zu beurteilen waren damals Dachaufbauten mit senkrechten Fassaden, weshalb sich die Frage, ob sie als besondere Dachformen qualifiziert werden könnten, von vornherein nicht stellte (vgl. oben, E. 2.3 a.E.). Die Beschwerdeführer legen auch nicht dar, inwiefern die Rechtslage vergleichbar war, d.h. auch bei den damaligen Bauvorhaben die Dachform frei gewählt werden durfte. Mangels Vergleichbarkeit der Sach- und Rechtslage ist keine Verletzung des Rechtsgleichheitsgebots (Art. 8 BV) ersichtlich.
 
3.
 
Nach dem Gesagten erweist sich die staatsrechtliche Beschwerde als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens werden die Beschwerdeführer gebühren- und entschädigungspflichtig (Art. 156 und 159 OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird den Beschwerdeführern auferlegt.
 
3.
 
Die Beschwerdeführer haben den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Einwohnergemeinde Bottmingen, der Baurekurskommission und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 22. Mai 2006
 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
 
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