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Informationen zum Dokument  BGer 2A.488/2006  Materielle Begründung
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BGer 2A.488/2006 vom 01.09.2006
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
2A.488/2006 /vje
 
Urteil vom 1. September 2006
 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Merkli, Präsident,
 
Bundesrichter Betschart, Hungerbühler,
 
Gerichtsschreiber Häberli.
 
Parteien
 
1. A.________ GmbH in Liq.,
 
2. B.________ AG in Liq.,
 
3. C.________ AG in Liq.,
 
4. D.________ AG,
 
5. E.________ AG in Liq.,
 
Beschwerdeführerinnen,
 
alle vertreten durch Wieser & Partner AG,
 
gegen
 
Eidgenössische Steuerverwaltung, Hauptabteilung Mehrwertsteuer, Schwarztorstrasse 50, 3003 Bern,
 
Eidgenössische Steuerrekurskommission,
 
avenue Tissot 8, 1006 Lausanne.
 
Gegenstand
 
Kostenvorschuss (Mehrwertsteuer),
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Zwischenentscheid der Eidgenössischen Steuerrekurskommission vom 4. August 2006.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
1.1 Die Eidgenössische Steuerverwaltung akzeptierte bei mehreren Unternehmen die im Rahmen von deren Mehrwertsteuerabrechnungen getätigten Vorsteuerabzüge nicht. Bei der A.________ GmbH in Liquidation betraf dies für die Zeitspanne vom 1. Oktober 2002 bis 31. März 2003 einen Betrag von 82'538 Franken (Einspracheentscheid vom 9. Mai 2006), bei der B.________ AG in Liquidation für die Zeitspanne vom 1. Juli bis 30. September 2001 einen solchen von 760'000 Franken (Einspracheentscheid vom 28. April 2006), bei der C.________ AG in Liquidation für die Zeitspanne vom 1. Januar bis 31. März 2003 einen solchen 43'995 Franken (Einspracheentscheid vom 28. April 2006) und bei der D.________ AG für das erste bzw. das vierte Quartal des Jahres 2002 Beträge von 2,28 Mio. bzw. 114'294 Franken (Einspracheentscheide vom 28. April 2006). Im Rahmen einer Umstellung der Abrechnungsart (nach vereinbarten statt nach vereinnahmten Entgelten) wurde zudem die E.________ AG in Liquidation von der Eidgenössischen Steuerverwaltung zur Bezahlung von Mehrwertsteuern in der Höhe von 22'800 Franken verpflichtet (Einspracheentscheid vom 28. April 2006, das vierte Quartal 2002 betreffend).
 
1.2 In der Folge gelangten die erwähnten Unternehmen - je vertreten durch die Wieser & Partner AG (St. Gallen) - an die Eidgenössische Steuerrekurskommission, wobei sie für das Beschwerdeverfahren je um Befreiung von der Kostenvorschusspflicht ersuchten. Die Eidgenössische Steuerrekurskommission wies diese Gesuche in einem einzigen Zwischenentscheid vom 4. August 2006 ab und bestimmte die geschuldeten Kostenvorschüsse wie folgt: 1'500 Franken für die A.________ GmbH in Liquidation, 5'000 Franken für die B.________ AG in Liquidation, 1'200 Franken für die C.________ AG in Liquidation, 7'000 und 2'000 Franken für die D.________ AG sowie 1'000 Franken für die E.________ AG in Liquidation.
 
2.
 
Am 25. August 2006 haben die A.________ GmbH in Liquidation, die B.________ AG in Liquidation, die C.________ AG in Liquidation, die D.________ AG und die E.________ AG in Liquidation gemeinsam hiegegen beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht. Sie beantragen je, den angefochtenen Zwischenentscheid aufzuheben und sie von der Kostenvorschusspflicht zu befreien, eventuell den von ihnen verlangten Kostenvorschuss um die Hälfte zu reduzieren. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist offensichtlich unbegründet und im vereinfachten Verfahren gemäss Art. 36a OG (summarische Begründung, Verzicht auf Einholung von Akten und Vernehmlassungen) abzuweisen:
 
3.
 
3.1 Gemäss Art. 63 Abs. 4 VwVG ist die Eidgenössische Steuerrekurskommission grundsätzlich gehalten, vom Beschwerdeführer einen Kostenvorschuss in der Höhe der mutmasslichen Verfahrenskosten zu erheben. Sie kann nur dann ganz oder teilweise auf einen Vorschuss verzichten, "wenn besondere Gründe vorliegen" (Satz 3), wobei die speziellen Gegebenheiten in Bezug auf die Leistung des Kostenvorschusses an und für sich darzutun sind und einen Verzicht auf dessen Erhebung angezeigt erscheinen lassen müssen (vgl. Urteil 2A.536/ 2005 vom 16. September 2005, E. 3). Weil der Bedürftige gegebenenfalls Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege hat (vgl. Art. 65 VwVG), stellt die Prozessarmut für natürliche Personen zum Vornherein keinen "besonderer Grund" im Sinne von Art. 63 Abs. 4 VwVG dar. Nichts anderes gilt insoweit für juristische Personen, auch wenn diesen grundsätzlich keine unentgeltliche Rechtspflege gewährt werden kann (vgl. BGE 126 V 42 E. 4 S. 47; 119 Ia 337 E. 4b S. 339; 116 II 651 E. 2 S. 652 ff.). Andernfalls kämen zahlungsunfähige juristische Personen über den Umweg der Befreiung von der Vorschusspflicht faktisch in den Genuss eines "kostenlosen" Verfahrens, was die einschlägige Rechtsprechung zur unentgeltlichen Rechtspflege gerade zu verhindern sucht; sie wären im Falle eines Unterliegens regelmässig nicht in der Lage, der Verpflichtung zur Bezahlung der Verfahrenskosten nachzukommen (vgl. Art. 63 Abs. 1 VwVG).
 
3.2 Die Rechtsprechung erachtet einen Verzicht auf den Kostenvorschuss insbesondere dann angezeigt, wenn der Beschwerdeführer aus irgendeinem Grund die Verfahrenskosten selbst dann nicht zu tragen hätte, wenn er unterliegen sollte (vgl. etwa Art. 63 Abs. 2 VwVG). Erwähnt wird weiter der Fall, dass der Rechtsuchende zwar über Vermögen verfügt (und deshalb keinen Anspruch auf Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege hat; vgl. Art. 65 Abs. 1 VwVG), ihm aber die Bezahlung eines (beträchtlichen) Kostenvorschusses mangels Liquidität Schwierigkeiten bereiten würde (Urteil 2A.536/2005 vom 16. September 2005, E. 3). Mit diesen Beispielen ist der hier zu beurteilende Sachverhalt nicht vergleichbar: Die Beschwerdeführerinnen 1-3 und 5 befinden sich in Liquidation, wobei alle vier Konkursverfahren mangels Aktiven eingestellt worden sind; in der Beschwerdeschrift führen sie zudem selber aus, "über keinerlei finanzielle Mittel mehr [zu] verfügen" und blosse "inhaltsleere Rechtsgebilde" darzustellen. Es liegt mithin auf der Hand, dass sie, sollten sie im Verfahren vor der Eidgenössischen Steuerrekurskommission unterliegen, die Verfahrenskosten nicht zu bezahlen vermöchten. Bezüglich der Beschwerdeführerin 4 ist nichts anderes dargetan; diese bringt im Gegenteil selber vor, eine massive Überschuldung und den Konkurs nur aufgrund eines bedeutenden Forderungsverzichts der Aktionäre vermieden haben zu können.
 
3.3 Schliesslich ist nicht ersichtlich, inwieweit die Vorinstanz bezüglich der Höhe der verfügten Kostenvorschüsse Bundesrecht verletzt haben könnte (vgl. Art. 104 OG). In Anbetracht der nicht unbedeutenden Streitwerte sind diese - gerade mit Blick auf die finanzielle Lage der Beschwerdeführerinnen - äusserst massvoll festgesetzt worden. Ein teilweiser Verzicht auf den Kostenvorschuss, wie ihn die Beschwerdeführerinnen je im Eventualantrag verlangen, fällt ebenfalls ausser Betracht, weil er gemäss ausdrücklicher gesetzlicher Regelung nur unter den gleichen Voraussetzungen zulässig ist wie ein gänzlicher Verzicht (vgl. Art. 63 Abs. 4 Satz 3 VwVG).
 
4.
 
Bei diesem Verfahrensausgang werden die Beschwerdeführerinnen kostenpflichtig (vgl. Art. 156 OG), wobei ihrer finanziellen Situation bei der Bemessung der Gerichtsgebühr Rechnung zu tragen ist (vgl. Art. 153a OG). Eine Parteientschädigung ist nicht auszurichten (Art. 159 OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht
 
im Verfahren nach Art. 36a OG:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird zu je einem Fünftel, d.h. mit je Fr. 300.-- den Beschwerdeführerinnen auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführerinnen, der Eidgenössischen Steuerverwaltung und der Eidgenössischen Steuerrekurskommission schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 1. September 2006
 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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