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Informationen zum Dokument  BGer C 241/2006  Materielle Begründung
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BGer C 241/2006 vom 11.01.2007
 
Tribunale federale
 
{T 7}
 
C 241/06
 
Urteil vom 11. Januar 2007
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
 
Bundesrichterin Leuzinger,
 
Bundesrichter Frésard,
 
Gerichtsschreiberin Schüpfer.
 
Parteien
 
H.________,
 
Beschwerdeführerin, vertreten durch die Fortuna Rechtsschutz-Versicherungs-Gesellschaft, Rechtsdienst,
 
gegen
 
Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA) des Kantons Aargau, Rain 53, 5000 Aarau,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Arbeitslosenversicherung,
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau
 
vom 22. August 2006.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Mit Verfügung vom 11. Januar 2005 stellte das Kantonale Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA) des Kantons Aargau die 1953 geborene H.________ wegen Nichtbefolgung einer Weisung für fünf Tage in der Anspruchsberechtigung ein, weil sie trotz Aufforderung mit am 16. Dezember 2004 versandter Post ohne entschuldbaren Grund dem Beratungsgespräch vom 20. Dezember 2004 ferngeblieben sei. Die dagegen erhobene Einsprache wies es am 25. April 2004 ab.
 
B.
 
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 22. August 2006 ab.
 
C.
 
H.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, in Aufhebung des kantonalen Entscheides sei von einer Einstellung in der Anspruchsberechtigung gänzlich abzusehen, eventualiter sei diese auf höchstens einen Einstellungstag zu reduzieren.
 
Das AWA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde und das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco), Direktion für Arbeitsmarkt / Arbeitslosenversicherung, verzichtet auf eine Vernehmlassung.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V [I 618/06] Erw. 1.2).
 
2.
 
2.1 Das kantonale Gericht hat die massgebenden Bestimmungen über die den Arbeitslosen obliegende Schadenminderungspflicht (Art. 17 Abs. 1 AVIG), insbesondere die Verpflichtung, auf Weisung des Arbeitsamtes an Besprechungen oder Orientierungsveranstaltungen teilzunehmen (Art. 17 Abs. 3 lit. b AVIG), den entsprechenden Einstellungstatbestand (Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG) und zur verschuldensabhängigen Dauer der Einstellung (Art. 30 Abs. 3 AVIG in Verbindung mit Art. 45 Abs. 2) zutreffend dargelegt. Ebenfalls richtig ist, dass Versicherte gemäss Art. 21 Abs. 1 AVIV sicherstellen müssen, in der Regel innert Tagesfrist von der zuständigen Amtsstelle erreicht werden zu können. Darauf wird verwiesen.
 
2.2 Wohl kommt den Beratungs- und Kontrollgesprächen eine wichtige Bedeutung zu. Davon hängt indessen nicht ab, ob und wie ein Fristversäumnis allenfalls zu ahnden ist (vgl. Gerhards, Kommentar zum Arbeitslosenversicherungsgesetz [AVIG], Bd. I, Bern 1988, N 29 zu Art. 30; Jacqueline Chopard, Die Einstellung in der Anspruchsberechtigung, Diss. Zürich 1998, S. 87 und 146). Nach der Rechtsprechung liegt ein mit einer Einstellung zu sanktionierendes Verhalten insbesondere dann vor, wenn ein Termin aus Gleichgültigkeit und Desinteresse verpasst wurde, nicht aber, wenn ein Versicherter den Termin irrtümlich oder zufolge einer Unaufmerksamkeit nicht eingehalten und durch sein übriges Verhalten gezeigt hat, dass er seine Pflichten als Arbeitsloser und Leistungsbezüger ernst nimmt (ARV 2000 Nr. 21 S. 103 f. Erw. 3a mit Hinweisen).
 
3.
 
Die Beschwerdeführerin wurde mit Schreiben vom 25. November 2004 schriftlich zu einem nächsten Beratungsgespräch auf den 16. Dezember 2004 um 13.30 Uhr eingeladen. Am Montag, den 13. Dezember 2004 erklärte sie ihrer Beraterin X.________ beim RAV mittels Fax, sie stehe seit kurzem in einem Teil-Arbeitsverhältnis als Verkäuferin in einem Quartier-Laden. Das dabei erzielte Einkommen sei als Zwischenverdienst anzusehen. Sie könne deswegen den Termin für das Beratungsgespräch am 16. Dezember 2004 nicht wahrnehmen. Als Ersatztermin stehe sie jeden Montag ab dem 20. Dezember 2004 ab 13.30 Uhr zur Verfügung. In der Folge wurde die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 16. Dezember 2004 auf den 20. Dezember 2004 um 14.30 Uhr für ein Beratungsgespräch vorgeladen. Es steht fest und ist unbestritten, dass sie diesem fernblieb. In einem Schreiben vom 23. Dezember 2004 machte die Beschwerdeführerin geltend, sie habe am Freitag, den 17. Dezember 2004 den ganzen Tag versucht, X.________ telefonisch zu erreichen, was ihr nicht gelungen sei. Um 7 Uhr morgens des 17. Dezember 2004 habe sie in ihrer Post (Postfach) kein Schreiben des RAV vorgefunden. Am 20. Dezember 2004 habe sie zum Zeitpunkt des Beratungstermins persönlich ein Bewerbungsdossier bei der Gemeinde Y.________ abgegeben, weshalb sie nicht beim RAV erschienen sei. Schliesslich macht sie im kantonalen Beschwerdeverfahren und auch letztinstanzlich geltend, sie habe die Mitteilung vom 16. Dezember 2004 zum Beratungsgespräch erst am 20. Dezember 2004 entgegennehmen können, weshalb es ihr nicht möglich gewesen sei, daran teilzunehmen. Etwas anderes sei nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nachzuweisen.
 
4.
 
4.1 Zunächst sind sich die Parteien uneinig, ob die am 16. Dezember 2004 verschickte Vorladung zum Beratungsgespräch mittels A-Post oder B-Post versandt wurde. Unzweifelhaft ist dabei, dass die Sendung des RAV mit A-Post bezeichnet und auch entsprechend frankiert war. Die überwiegende Wahrscheinlichkeit spricht daher für eine entsprechende Beförderung durch die Schweizerische Post. Die von der Beschwerdeführerin dagegen vorgebrachten Argumente können daran keine begründeten Zweifel erwecken. Auch wenn die Sendung vom 16. Dezember 2004 nicht gleichentags, sondern erst am Freitag, den 17. Dezember 2004 hatte verarbeitet werden können, war sie dennoch als A-Post bezeichnet, weshalb der Brief auch samstags zugestellt worden wäre.
 
4.2 Vorliegend kann jedoch offen bleiben, ob das Schreiben am Freitag, den 17., Samstag, den 18. oder Montag, den 20. Dezember 2004 ins Postfach der Beschwerdeführerin gelegt wurde. Entgegen der Darstellung in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde hat sie der RAV-Beraterin mit ihrer Fax-Sendung vom 13. Dezember 2004 ausdrücklich den Montag, 20. Dezember 2004 ab 13.30 Uhr als Ersatztermin für das abgesagte Beratungsgespräch offeriert. Auffallend ist dabei, dass dieser Terminvorschlag zwar in dem von der Beschwerdegegnerin aufgelegten Fax enthalten ist, das erst letztinstanzlich vorgelegte und als Beweisstück offerierte Schreiben vom "13.12.04" diesen Passus hingegen nicht mehr enthält. Es ist eine andere Fassung, welche den Standpunkt der Beschwerdeführerin nachträglich zu belegen versuchen soll, was aber offensichtlich nicht gelingen kann. Damit steht fest, dass mit dem Termin für ein Beratungsgespräch vom 20. Dezember 2004 um 14.30 Uhr einem Wunsch der Versicherten entsprochen worden war. Sie hätte daher spätestens auch am Montagmorgen, an welchem sie nicht arbeitete, das Postfach leeren müssen. Es war ihr grundsätzlich möglich an diesem Termin auf dem RAV zu erscheinen. Ihr Bewerbungsdossier für eine Stelle bei der Gemeindeverwaltung hätte sie ohne Mühe auch vor oder nach dem Beratungsgespräch abgeben können. Schliesslich entspricht auch die Darstellung in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, nach Empfang der Vorladung habe sie sich sofort bei der zuständigen RAV-Mitarbeiterin X.________ gemeldet, nicht den Tatsachen. Sie wandte sich vielmehr erst mit Fax vom 23. Dezember 2004 an die zuständige Stelle. Dieses Verhalten drückt eine Gleichgültigkeit und ein Desinteresse hinsichtlich den eigenen Obliegenheiten gegenüber der Arbeitslosenversicherung aus. Spätere andere Darstellungen möglicher Gründe für das Fernbleiben vom angesetzten Beratungstermin vermögen daran nichts zu ändern, weshalb die Einstellung in der Anspruchsberechtigung zu Recht erfolgte.
 
4.3 Dem Fehlverhalten der Beschwerdeführerin ist mit der verfügten, einem leichten Verschulden entsprechenden Einstellung von 5 Tagen angemessen Rechnung getragen worden. Die von Verwaltung und Vorinstanz vertretene Rechtsfolge ist daher auch bezüglich des Einstellmasses im Rahmen der Angemessenheitskontrolle (Art. 132 OG) nicht zu beanstanden. Was die Beschwerdeführerin dagegen vorbringt, vermag nicht zu überzeugen.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau, der Öffentlichen Arbeitslosenkasse des Kantons Aargau und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt.
 
Luzern, 11. Januar 2007
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
 
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