BGer 1A.104/2006 | |||
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BGer 1A.104/2006 vom 19.01.2007 | |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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1A.104/2006
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1P.292/2006 /ggs
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Urteil vom 19. Januar 2007
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I. Öffentlichrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Féraud, Präsident,
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Bundesrichter Aemisegger, Reeb,
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Gerichtsschreiberin Gerber.
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Parteien
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TDC Switzerland AG, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwältin Claudia Steiger,
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gegen
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1. A.________,
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2. B.________,
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3. C.________,
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4. D.________,
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5. E.________,
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6. F.________ und G.________,
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7. H.________,
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8. Einwohnergemeinde Erlinsbach, 5015 Erlinsbach, vertreten durch den Gemeinderat, Dorfplatz 1, 5015 Erlinsbach,
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Beschwerdegegner,
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Bau- und Justizdepartement des Kantons Solothurn, Werkhofstrasse 65, 4509 Solothurn,
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Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn, Amthaus I, Postfach 157, 4502 Solothurn,
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Verfahrensbeteiligte:
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I.________ AG,
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Gegenstand
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Baubewilligung (Erstellung einer Mobilfunkanlage auf dem Dach der Liegenschaft Aarauerstrasse 101),
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Verwaltungsgerichtsbeschwerde (1A.104/2006) und staatsrechtliche Beschwerde (1P.292/2006) gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 29. März 2006.
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Sachverhalt:
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A.
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Die Bau- und Werkkommission der Einwohnergemeinde Erlinsbach SO erteilte der TDC Switzerland AG am 23. September 2004 die Baubewilligung für die Errichtung einer Mobilfunkanlage, bestehend aus einem 6,8 m hohen Antennenmast und einem Gerätecontainer, auf dem Dach des Gebäudes Aarauerstrasse 101 (GB Nr. 2499; "I.________-Haus"). Die Bauparzelle liegt gemäss Zonenplan in der Kernzone, überlagert mit der Ortsbildschutzzone.
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Niedererlinsbach ist als Dorf im Anhang zur Verordnung vom 9. September 1981 über das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (VISOS; SR 451.12) als Objekt von nationaler Bedeutung verzeichnet. Der Standort der streitigen Mobilfunkanlage befindet sich im Gebiet 1 "Dorf" des ISOS-Objekts.
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B.
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Gegen die Baubewilligung erhoben die Einwohnergemeinde Erlinsbach und mehrere Private Beschwerde beim Bau- und Justizdepartement des Kantons Solothurn. Dieses wies die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat. Es bestätigte die Baubewilligung unter Auflagen und Bedingungen in Bezug auf den Gerätecontainer und die farbliche Gestaltung der Anlage; überdies sei nach der Inbetriebnahme der Anlage eine Abnahmemessung vorzunehmen.
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C.
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Daraufhin gelangten die Einwohnergemeinde und mehrere Privatpersonen mit Beschwerde ans Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn. Dieses führte am 21. März 2006 einen Augenschein mit Befragung der Parteien durch und hörte als Auskunftspersonen einen Experten des Amts für Umwelt sowie einen Fachmann für Ortsbildschutz an. Am 29. März 2006 hiess das Verwaltungsgericht die Beschwerden gut und hob den Entscheid des Bau- und Justizdepartements und die kommunale Baubewilligung auf.
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D.
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Gegen den verwaltungsgerichtlichen Entscheid erhebt die TDC Switzerland AG Verwaltungsgerichtsbeschwerde und staatsrechtliche Beschwerde ans Bundesgericht. Sie beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Beschwerde der Beschwerdegegner sei abzuweisen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung nach Einholung einer Begutachtung im Sinne vom Art. 7 des Bundesgesetzes vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG; SR 451) an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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E.
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Der Gemeinderat Erlinsbach, die privaten Beschwerdegegner und das Verwaltungsgericht beantragen, die Beschwerden seien abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Das Bau- und Justizdepartement schliesst auf Gutheissung der Beschwerden.
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F.
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Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) hat in Absprache mit dem Bundesamt für Kultur zu den in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen des Bundesrechts Stellung genommen. Beide Bundesämter sind der Auffassung, dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Einholung eines Gutachtens der Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK) nach Art. 7 NHG müsse stattgegeben werden. Den Beteiligten wurde Gelegenheit gegeben, sich dazu zu äussern.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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1.
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1.1 Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid, der sich u.a. auf die Verordnung vom 23. Dezember 1999 über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV; SR 814.710) und das NHG stützt, d.h. auf Bundesverwaltungsrecht. Dagegen steht die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht offen, soweit die Verletzung von Bundesrecht gerügt wird (Art. 97 ff. OG). Da alle anderen Sachurteilsvoraussetzungen vorliegen, ist auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde einzutreten.
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1.2 Im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde sind dagegen die Verfassungsrügen zu beurteilen, die im Zusammenhang mit der Anwendung der kommunalen Bestimmungen zum Ortsbildschutz der Gemeinde erhoben werden. Zwar weisen diese Rügen einen Zusammenhang mit den in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu beurteilenden Fragen der ungeschmälerten Erhaltung und grösstmöglichen Schonung des Ortsbilds von nationaler Bedeutung i.S.v. Art. 6 NHG auf. Den kommunalen Bestimmungen kommt jedoch selbständige Bedeutung zu; insbesondere können sie über den nach NHG gebotenen Schutz des Ortsbildes hinausgehen. Insofern erscheint es sachgerecht, die diesbezüglichen Rügen separat im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde zu behandeln.
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Auch auf die staatsrechtliche Beschwerde ist daher, vorbehältlich rechtsgenügend begründeter Rügen (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG), einzutreten.
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1.3 Das Verwaltungsgericht kam zum Ergebnis, die Wirkung der streitigen Anlage auf das Ortsbild sei bedeutend, weshalb die Mobilfunkanlage inmitten des geschützten Ortsbildes nicht bewilligt werden könne. Es stützte sich hierfür, wie die vorangehenden Erwägungen zeigen, sowohl auf die Bauvorschriften der Gemeinde zur Kern- und Ortsbildschutzzone als auch auf Art. 6 NHG. Dies hat zur Folge, dass der angefochtene Entscheid nur aufgehoben werden kann, wenn sich beide Begründungen als bundesrechtswidrig erweisen.
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Die Beschwerdeführerin macht geltend, das Verwaltungsgericht hätte zwingend ein Gutachten der ENHK gemäss Art. 7 NHG einholen müssen; diese Auffassung teilen auch das BAFU und das Bundesamt für Kultur. Die Frage kann jedoch offen bleiben, wenn das Verwaltungsgericht die Baubewilligung schon gestützt auf die kommunalen Bauvorschriften aufheben durfte.
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Deshalb ist zunächst im Rahmen der staatsrechtlichen Beschwerde zu prüfen, ob das Verwaltungsgericht verfassungsmässige Rechte der Beschwerdeführerin verletzte, als es die Beschwerde gestützt auf kommunales Recht guthiess. Nur wenn dies der Fall wäre, müsste noch geprüft werden, ob der angefochtene Entscheid gestützt auf die Bestimmungen des NHG geschützt werden kann.
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2.
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Im Zonenplan der Gemeinde vom 2. November 2001 (genehmigt am 6. April 2004) werden eine Kernzone, eine Ortsbildschutzzone sowie geschützte und erhaltenswerte Liegenschaften ausgewiesen. Das I.________-Haus liegt in der Kern- und in der Ortsbildschutzzone. Für diese Zonen enthält das Zonenreglement (ZR) folgende Bestimmungen:
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Kernzone K § 6
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1. Zweck
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Die Kernzone umfasst den Dorfbereich, welcher als Zentrum ausgebaut oder neu gebildet werden soll.
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Erhaltung, Nutzung und Verbesserung des historisch wertvollen Dorfkerns mit ortstypischen prägenden Bauten.
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2. Nutzung
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[...]
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3. Baumasse, Gestaltung
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Es gelten die Bestimmungen der Ortsbildschutzzone.
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4. Bauliche Erweiterungen
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[...]
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Ortsbildschutzzone § 7
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1. Zweck
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Die Ortsbildschutzzone dient dem Schutz traditioneller, architektonisch wertvoller Bauten und der sorgfältigen Einordnung von Um- und Neubauten.
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2. Baumasse
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[...]
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3. Gestaltung
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Sämtliche bauliche Massnahmen haben sich dem Zonenzweck unterzuordnen und sich namentlich hinsichtlich Proportion, Bauart, Stellung, Dachform, Materialien und farblicher Gestaltung in die bestehenden Strukturen einzuordnen.
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- Dachformen: beidseitig gleich geneigte Satteldächer abgestimmt auf umgebende Gebäude und Ortsstruktur mit traditionellen, ortsüblichen Dachvorsprüngen.
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- Dachmaterialien der Hauptgebäude: naturrote, flache Tonziegel.
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- Lukarnen und einzelne Dachflächenfenster sind im Rahmen von § 64 KBV zulässig und dürfen 1/7 der Dachfläche nicht überschreiten.
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- Dacheinschnitte sind zulässig, wenn sie im Strassenraum nicht einsehbar sind.
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4. Besondere Bestimmungen
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Für die Beurteilung von Baugesuchen ist die Stellungnahme der Kantonalen Denkmalpflege einzuholen [...]
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5. Umgebung
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[...]
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6. Antennen und Sonnenkollektoren
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Parabolantennen sind gestattet, wenn sie nicht störend wirken.
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Sonnenkollektoren und Solarzellen sind soweit zulässig, als das Ortsbild nicht beeinträchtigt wird. Sie sollen in die Fassadengestaltung, in die Dachhaut oder in die Umgebung integriert werden und dürfen die Dachlandschaft sowie das Erscheinungsbild der Gebäude nicht stören.
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7. Ausnahmen
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Von den Gestaltungsvorschriften kann abgewichen werden, wenn dadurch eine im Interesse des Ortsbildes überzeugende Lösung realisiert werden kann.
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Die im Zonenplan bezeichneten geschützten Bauten sind auf Grund ihres architektonischen, kulturellen oder historischen Wertes durch Beschluss des Regierungsrats geschützt (§ 18 Abs. 1 ZR). Gewisse charakteristische Bauten, welchen vor allem als Bestandteil einer Häusergruppe oder einer Gebäudereihe im Ortsbild Bedeutung zukommt, werden im Zonenplan als erhaltenswert bezeichnet (§ 18 Abs. 4 ZR). Zu den geschützten Objekten gehören u.a. das Schulhaus, der Brunnen am Dorfplatz, das Gasthaus zum Löwen samt ehemaliger Scheune und die alte Schmiede, die sich alle an der Kreuzung Aarauerstrasse/ Hauptstrasse/Dorfplatz, vis-à-vis des I.________-Hauses, befinden. Als erhaltenswert ist u.a. die katholische Kirche am Dorfplatz eingestuft.
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3.
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Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung der Eigentumsgarantie (Art. 26 BV), des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 18 KV) und des Willkürverbots (Art. 9 BV). Das Verwaltungsgericht habe die angebliche Störwirkung der Antenne nicht ausreichend begründet. Überdies habe es versäumt, die für den Bau der Antenne sprechenden öffentlichen Interessen zu berücksichtigen und eine Interessenabwägung vorzunehmen.
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Die Aussage des Verwaltungsgerichts, ein Betrachter nehme gleichzeitig die geschützten Objekte als auch die strittige Antenne wahr, sei offensichtlich unrichtig und widerspreche den einlässlichen Feststellungen des Baudepartements. Die geschützten Gebäude befänden sich rückwärtig zur strittigen Anlage, so dass ein Betrachter seinen Blick von den Schutzobjekten abwenden müsse, um die fragliche Antenne sehen zu können. Die vom Verwaltungsgericht angeführten Betrachtungsrichtungen vom Dorfplatz, von der Hauptstrasse Richtung Osten bzw. von der Aarauerstrasse Richtung Norden hätten für sich keinen besonderen Schutzwert, da sich aus dieser Blickrichtung keine besondere räumliche Qualität erleben und keine Einzelschutzobjekte sehen liessen. Vielmehr werde das Ortsbild in diese Blickrichtung durch den Neubau Aarauerstrasse 101, einem lieblos errichteten Neubau, stark beeinträchtigt. Das Verwaltungsgericht begründe nicht, inwiefern diese bereits vorhandene Störung des Ortsbildes durch das streitige Projekt massgeblich verstärkt werde.
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Sowohl der kantonale Ortsbildschutzbeauftragte als auch die Baubewilligungsbehörde und das Baudepartement seien zum Ergebnis gekommen, dass die Antenne mit dem Ortsbild verträglich sei. Es sei willkürlich, wenn das Verwaltungsgericht ohne triftige Gründe von dieser Beurteilung abweiche.
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Diese Rügen sind im Folgenden zu prüfen. Soweit die Beschwerdeführerin dagegen geltend macht, es bestünden diverse andere störende Bauten und Anlagen, "insb. die Signalisation eingangs Dorfplatz, Betriebe der Grundversorgung etc.", die das Verwaltungsgericht bei seinem Entscheid hätte berücksichtigen müssen, genügen diese Ausführungen den Anforderungen an die Beschwerdebegründung gemäss Art. 90 Abs. 1 lit. b OG nicht: Weder erläutert die Beschwerdeführerin substantiiert, welche Bauten und Anlagen inwiefern das Ortsbild stören, noch legt sie dar, inwiefern es der Gemeinde möglich wäre, die Strassensignalisation auf andere Weise zu gestalten oder zu platzieren.
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4.
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Das Verwaltungsgericht stellte aufgrund seines Augenscheins fest, dass die Antennenanlage von allen Seiten her gut sichtbar sei. Der Betrachter auf dem Dorfplatz, auf der Aarauerstrasse und der Hauptstrasse nehme sowohl die geschützten Objekte als auch die Antennenanlage wahr. Das traditionelle Ortsbild werde zwar auch durch das "I.________-Haus" als Ganzes gestört; die an einem gut einsehbaren Standort angebrachte Antenne mit Gerätecontainer wirke sich aber zusätzlich negativ auf das Ortsbild aus. Die Bauvorschriften der Gemeinde liessen jedoch keine Verschlechterung zu. Am Augenschein sei glaubwürdig berichtet worden, dass die Gemeinde diese Vorschriften streng befolge. Das Bundesgericht habe in einem neueren Entscheid festgehalten, dass eine Antenne auch in einem im ISOS inventarisierten Dorf bewilligt werden könne, "lorsque l'impact visuel du la silhouette du site est restreint". Im vorliegenden Fall sei die Wirkung der Anlage auf das Ortsbild bedeutend. Sie könne deshalb inmitten des geschützten Ortsbildes nicht bewilligt werden.
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4.1 Diese Begründung des Verwaltungsgerichts ist zwar knapp, lässt aber erkennen, auf welche Überlegungen sich das Gericht für seinen Entscheid im Wesentlichen stützt: Ausschlaggebend war für das Verwaltungsgericht, dass die Antenne mit Gerätecontainer aus vielen Richtungen - genannt werden insbesondere der Dorfplatz, die Aarauerstrasse und die Hauptstrasse - zusammen mit den geschützten Objekten wahrgenommen und als störend empfunden werde; damit werde die bereits vorhandene Beeinträchtigung des Ortsbildes durch das I.________-Haus noch verstärkt. Dies genügt den verfassungsrechtlichen Minimalanforderungen an eine ausreichende Begründung, und ermöglichte der Beschwerdeführerin die sachgerechte Anfechtung des Entscheids.
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4.2 Die Sachverhaltsfeststellung des Verwaltungsgerichts, wonach von verschiedenen Standorten im Dorf aus sowohl die geschützten Objekte als auch die Antenne wahrgenommen werden könnten, ist nicht offensichtlich unrichtig und damit willkürlich, wie sich aus den in den Akten liegenden und den von den Parteien eingereichten Fotos ergibt:
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So kann etwa ein Betrachter, der hinter dem Brunnen am Dorfplatz steht, gleichzeitig das Schutzobjekt "Alte Schmiede" und das I.________-Haus samt Antenne sehen; noch weiter südwestlich rückt das I.________-Haus mit Antenne zwischen die Alte Schmiede und das ebenfalls geschützte Schulhaus. Auch von der Aarauerstrasse ist die Antenne ab der Dorfeinfahrt sichtbar, da sie über die Dächer der übrigen Häuser hinausragt. Dies gilt uneingeschränkt für das südliche Trottoir der Aarauerstrasse, während die Antennen für den Betrachter auf dem nördlichen Trottoir von den Häuserfassaden verdeckt werden; von der Fahrbahn aus ist nur der obere Teil der Antenne einsehbar (vgl. Feststellung am Augenschein des Departements, Protokoll Ziff. 4a). Von der Aarauerstrasse aus ist auch der Dorfplatz sichtbar; der Blick wird vor allem durch die Dorfkirche geprägt. Schliesslich ist auch von der Hauptstrasse aus sowohl die Antenne samt Gerätecontainer einsehbar (vgl. Feststellung am Departementsaugenschein, Protokoll Ziff. 4d); gleichzeitig sieht der Betrachter hinter dem I.________-Haus die Schutzobjekte "Löwen" und "Alte Schmiede". Dies gilt jedenfalls für den Betrachter auf der westlichen Strassenseite, während die Antenne auf der gegenüberliegenden Strassenseite von den Häuserfassaden verdeckt wird.
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4.3 Wie die Fotos belegen, beeinträchtigt bereits das I.________-Haus das schützenswerte Ortsbild beträchtlich. Dennoch kann die Auffassung des Verwaltungsgerichts und der Gemeinde, wonach diese Störwirkung durch die daraufgesetzte Antenne mit Gerätecontainer noch verstärkt werde, nicht als willkürlich betrachtet werden.
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Die Antennenanlage überragt die Dächer der übrigen Bauten im Dorfzentrum. Auf den Fotos ist lediglich das Baugespann zu sehen, das den Antennenmast (ohne Blitzschutz) durch ein Metallrohr simuliert. Dieses Rohr ist tatsächlich mit einem Fahnenmast vergleichbar (so der kantonale Ortsbildschutzbeauftragte am Augenschein des Verwaltungsgerichts); nach Montage der Antennen wird die Anlage jedoch massiver wirken (vgl. Baupläne und Fotomontage in den Eingabe vom 9. November 2005) und als Fremdkörper im Ortsbild erscheinen, zumal sich bisher auf den Dächern im Dorf keinerlei Antennen - weder für Mobilfunk noch für den Fernsehempfang - befinden. Insofern ist es nicht willkürlich anzunehmen, die Antennenanlage ordne sich nicht in die bestehenden Strukturen ein, wie dies § 7 Abs. 3 ZR vorschreibt.
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Die Störwirkung des I.________-Hauses, das mit einer Höhe von 14 m und 4 Geschossen ohnehin schon die in der Kernzone zugelassenen Ausmasse (2 Geschosse; maximale Gebäudehöhe 7.5 m) sprengt, wird durch die daraufgesetzte Antennenanlage samt Gerätecontainer jedenfalls nicht vermindert. Vielmehr wird die visuelle Dominanz dieses Gebäudes und sein Charakter als "Solitär" im traditionellen Ortsbild noch verstärkt. Insofern ist es nicht willkürlich, in der Errichtung der Antennenanlage keinen Beitrag zur Erhaltung und Verbesserung des historisch wertvollen Dorfkerns i.S.v. § 6 Abs. 1 ZR zu sehen, sondern eine Verschlechterung der bestehenden Situation.
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Die Situation ist vergleichbar derjenigen im Fall Aubonne (Entscheid 1P.778/2005 vom 31. März 2006), wo das kantonale Verwaltungsgericht zum Ergebnis gelangt war, dass die Schornstein-Attrappen, in denen die Antennen versteckt werden sollten, den "aspect incongru" der Standortbaute, die bereits per se inästhetisch und schlecht integriert sei, noch verstärken würden. Wenn schon der bestehende Zustand den Zielen des Ortsbildschutzes unvollständig Rechnung trage, dürfe die Situation nicht noch durch das Hinzufügen von Dachaufbauten verschlechtert werden, welche die Sichtbarkeit und die Störwirkung der Standortbaute noch verstärken würden. Das Bundesgericht schützte diese Erwägungen als willkürfrei. Es sei zulässig, bei einer Baute, welche die im Zonenreglement erlaubten Baumasse bei Weitem überschreite, einen strengen Massstab anzulegen und der Ästhetikklausel und den Zielen des Ortsbildschutzes erhöhte Bedeutung beizumessen (E. 3 S. 6).
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4.4 Zwar trifft es zu, dass der kantonale Beauftragte für Denkmalschutz die Auffassung vertrat, der "Sündenfall" sei bereits in den 60er-Jahren, beim Bau des I.________-Hauses, begangen worden, und der nunmehr geplanten Sendeanlage komme vor diesem Hintergrund kaum mehr Bedeutung zu. Auch die Bau- und Werkkommission der Gemeinde erteilte die Baubewilligung, ging also von der Vereinbarkeit der Antennenanlage mit den Ortsbildschutzbestimmungen der Gemeinde aus. Dieser Entscheid wurde vom Bau- und Justizdepartement des Kantons geschützt.
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Die Tatsache, dass das Verwaltungsgericht zu einem anderen Ergebnis gelangte als die Vorinstanzen, begründet für sich allein keine Willkür. Allerdings steht der Gemeinde bei der Auslegung und Handhabung von Ästhetikklauseln regelmässig ein besonderer Ermessensspielraum zu, der im Rechtsmittelverfahren zu beachten ist. Dies hat zur Folge, dass sich das Verwaltungsgericht bei der Überprüfung solcher Ermessensentscheide Zurückhaltung auferlegen und diese respektieren muss, wenn sie nachvollziehbar sind, d.h. auf einer vertretbaren Würdigung der massgebenden Sachumstände beruhen (vgl. Entscheid 1P.678/2004 vom 21. Juni 2005 E. 3 und 4, publ. in ZBl 107/2006 S. 430).
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Im vorliegenden Fall hat jedoch der Gemeinderat von Erlinsbach Beschwerde gegen den Entscheid der Bau- und Werkkommission erhoben. In ihrer Beschwerde an das Verwaltungsgericht machte die Gemeinde selbst geltend, die Baubewilligung widerspreche den Bauvorschriften der Gemeinde; diese Auffassung vertritt sie auch vor Bundesgericht. Steht damit Gemeindeorgan gegen Gemeindeorgan, musste sich das Verwaltungsgericht keine besondere Zurückhaltung bei der Überprüfung des angefochtenen Entscheids auferlegen. Ihm kann daher keine Verletzung der Gemeindeautonomie und keine Willkür vorgeworfen werden, wenn es der Auffassung des Gemeinderates folgte und die Vereinbarkeit der Mobilfunkanlage mit den kommunalen Ortsbildschutzbestimmungen verneinte.
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4.5 Im Ergebnis konnte das Verwaltungsgericht ohne Willkür annehmen, die streitige Antennenanlage widerspreche §§ 6 und 7 ZR.
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5.
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Die Beschwerdeführerin wirft dem Verwaltungsgericht sodann vor, es habe die für die Errichtung der Mobilfunkanlage sprechenden öffentlichen und privaten Interessen nicht berücksichtigt, namentlich das Interesse an qualitativ hochstehenden Mobilfunkdiensten und einem funktionierenden Wettbewerb zwischen den Mobilfunkanbietern.
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Das Bundesgericht hat bereits im Entscheid 1P.778/2005 vom 31. März 2006 (E. 3 S. 6) dargelegt, dass das öffentliche Interesse an einer optimalen Versorgung mit Mobilfunkdiensten grundsätzlich keine Abweichung von den kommunalen Bauvorschriften rechtfertigt. Im Übrigen wird von der Beschwerdeführerin nicht dargetan und ist auch nicht ersichtlich, weshalb die Versorgung von Erlinsbach und Umgebung nicht von einem anderen Standort aus, ausserhalb der Kern- und Ortsbildschutzzone, erfolgen könnte. Aus diesem Grund liegt auch kein unverhältnismässiger Eingriff in die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie oder die Wirtschaftsfreiheit vor.
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6.
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Nach dem Gesagten erweist sich die staatsrechtliche Beschwerde als unbegründet, soweit darauf einzutreten ist. Nachdem die auf kommunales Baurecht gestützte Begründung des Verwaltungsgerichts rechtmässig ist, muss die zweite, auf das NHG gestützte Begründung nicht mehr geprüft werden. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit als gegenstandslos abzuschreiben.
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Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten (Art. 156 OG). Da die Beschwerdegegner nicht anwaltlich vertreten sind, haben sie praxisgemäss keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2.
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Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird als gegenstandslos abgeschrieben.
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3.
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Die Gerichtsgebühr von Fr. 4'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.
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4.
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Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
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5.
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Dieses Urteil wird den Parteien, dem Bau- und Justizdepartement und dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn sowie der I.________ AG, dem Bundesamt für Umwelt und dem Bundesamt für Kultur schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 19. Januar 2007
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Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
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