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Informationen zum Dokument  BGer 2A.712/2006  Materielle Begründung
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BGer 2A.712/2006 vom 29.06.2007
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
2A.712/2006 /ble
 
Urteil vom 29. Juni 2007
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Merkli, Präsident,
 
Bundesrichter Wurzburger, Karlen,
 
Gerichtsschreiber Hugi Yar.
 
Parteien
 
X.________,
 
Beschwerdeführer,
 
vertreten durch Thomas Ulrich und Werner Hogrefe, Rechtsanwälte,
 
gegen
 
Eidgenössische Bankenkommission, Postfach, 3001 Bern.
 
Gegenstand
 
Unerlaubte Entgegennahme von Publikumseinlagen/ Konkurseröffnung und Werbeverbot,
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Verfügung der Eidgenössischen Bankenkommission vom 25. Oktober 2006.
 
Das Bundesgericht stellt fest und zieht in Erwägung:
 
1.
 
1.1 Die SFP AG Swiss Future Power (SFP AG) ist seit dem 14. Februar 2006 im Handelsregister des Kantons Zug eingetragen. Sie bezweckt den Vertrieb und die Vermarktung von Produkten aller Art, insbesondere von Ausbildungs- und Schulungsprozessen, die Erbringung von Dienstleistungen im Bereich der Vermögensplanung und -beratung sowie des Controllings. Als alleiniges und einzelzeichnungsberechtigtes Verwaltungsratsmitglied amtete vom 25. April 2006 bis zum 16. August 2006 X.________; in der Folge wurde er in dieser Funktion durch Y.________ abgelöst; als einzelzeichnungsberechtigter Geschäftsführer der SFP AG ist seit dem 16. August 2006 Z.________ tätig.
 
1.2 Am 4. September 2006 untersagte die Eidgenössische Bankenkommission (EBK) der SFP AG superprovisorisch jegliche Effektenhändlertätigkeit und Entgegennahme von Publikumseinlagen; zur genaueren Abklärung der Aktivitäten der Gesellschaft setzte sie zudem einen Untersuchungsbeauftragten ein (vgl. Art. 23quater des Bundesgesetzes vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen; Bankengesetz, BankG; SR 952.0 [Fassung vom 3. Oktober 2003]). Gestützt auf dessen Bericht vom 27. September 2006 stellt sie am 25. Oktober 2006 fest, dass die SFP AG tatsächlich gewerbsmässig Publikumseinlagen entgegengenommen bzw. sich hierzu öffentlich angepriesen und damit gegen das Bankengesetz verstossen habe; sie eröffnete deshalb ab dem 27. Oktober 2006 den bankenrechtlichen Konkurs über die Gesellschaft. Die EBK verbot X.________ unter Hinweis auf die entsprechenden Strafdrohungen, selbst oder über Dritte Publikumseinlagen gewerbsmässig entgegenzunehmen oder in Inseraten, Prospekten, Rundschreiben, elektronischen oder anderen Medien hierfür zu werben bzw. in der Schweiz einer unerlaubten Tätigkeit als Effektenhändler nachzugehen (Ziff. 10-12 des Dispositivs). Für den Fall der Verletzung dieser Auflagen ermächtigte sie ihr Sekretariat, die Ziffern 10 bis 12 des Dispositivs auf Kosten von X.________ zu veröffentlichen (Ziff. 13 des Dispositivs). Die Kosten für ihr Verfahren von Fr. 10'000.-- auferlegte sie der SFP AG, X.________ und Z.________ unter solidarischer Haftbarkeit (Ziff. 14 des Dispositivs).
 
1.3 X.________ hat am 27. November 2006 hiergegen Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht. Er beantragt, die angefochtene Ver-fügung "vollumfänglich" aufzuheben; eventuell seien zumindest deren Ziffern 10 bis 14 zu annullieren; subeventuell sei die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Bankenkommission beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne. X.________ hat an seinen Anträgen und Ausführungen festgehalten.
 
2.
 
Der angefochtene Entscheid der Bankenkommission und das beim Bundesgericht hiergegen eingereichte Rechtsmittel stammen aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 17. Juli 2005 über das Bundesgericht (BGG; SR 173.110, AS 2006 1205 ff.); die Eingabe des Beschwerdeführers ist deshalb als Verwaltungsgerichtsbeschwerde entgegenzunehmen und nach den Regeln des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1943 über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG) zu erledigen (vgl. Art. 132 Abs. 1 BGG). Dies kann im vereinfachten Verfahren nach Art. 36a OG geschehen, da sie sich als offensichtlich unbegründet bzw. unzulässig erweist:
 
2.1
 
2.1.1 Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind die Organe einer durch die Bankenkommission in Liquidation oder Konkurs versetzten Gesellschaft trotz Entzugs bzw. Dahinfallens ihrer Vertretungsbefugnis berechtigt, den entsprechenden Entscheid für die Gesellschaft mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anzufechten; sie sind hingegen regelmässig nicht befugt, dies auch in ihrem eigenen Namen zu tun (BGE 132 II 382 E. 1.1 S. 385; 131 II 306 E. 1.2 S. 311, je mit weiteren Hinweisen; ausdrücklich bestätigt in dem dem vorliegenden ähnlichen Fall 2A.721/2006 vom 19. März 2007, E. 2.1). Der Beschwerdeführer war weder zum Zeitpunkt der Einsetzung des Untersuchungsbeauftragten (4. September 2006) noch bei Erlass der angefochtenen Verfügung (25. Oktober 2006) Organ der SFP AG; auch heute kann er für diese nicht mehr handeln, weshalb er nicht legitimiert ist, den Entscheid der EBK in deren Namen anzufechten. Die für die Gesellschaft handlungsberechtigten Personen haben ihrerseits hiervon abgesehen. Auf die Beschwerde ist deshalb nicht einzutreten, soweit der angefochtene Entscheid ausschliesslich die SFP AG betrifft.
 
2.1.2 Der Beschwerdeführer ist unmittelbarer Adressat der Ziffern 10 bis 14 des Dispositivs der angefochtenen Verfügung. Er ist dadurch persönlich berührt, sodass er - allenfalls diesbezüglich in eigenem Namen - Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen kann (vgl. Art. 103 lit. a OG). Bei den ihn betreffenden Anordnungen handelt es sich indessen weitgehend um blosse Reflexwirkungen der unangefochten gebliebenen Massnahmen gegenüber der SFP AG selber bzw. um Wiederholungen des generell geltenden gesetzlichen Verbots, ohne Bewilligung der EBK einer unterstellungspflichtigen Aktivität nachzugehen; es erscheint deshalb fraglich, ob und wieweit der Beschwerdeführer ein schutzwürdiges Interesse daran hat, dass die entsprechenden Punkte geprüft werden. Die Frage kann dahingestellt bleiben; der angefochtene Entscheid erweist sich so oder anders nicht als bundesrechtswidrig.
 
2.2
 
2.2.1 Natürlichen und juristischen Personen, die nicht dem Bankengesetz unterstehen, ist es untersagt, gewerbsmässig Publikumseinlagen entgegenzunehmen (Art. 1 Abs. 2 BankG). Das entsprechende bankenmässige Passivgeschäft besteht darin, dass ein Unternehmen gewerbsmässig Verpflichtungen gegenüber Dritten eingeht, d.h. selber zum Rückzahlungsschuldner der entsprechenden Leistungen wird. Als Einlagen gelten alle Verbindlichkeiten, die unter keine der Ausnahmen von Art. 3a der Verordnung vom 17. Mai 1972 über die Banken und Sparkassen (BankV; SR 952.02) fallen (vgl. BGE 132 II 382 E. 6.3.1 S. 391 mit Hinweisen). Gewerbsmässig handelt, wer dauernd mehr als 20 Publikumseinlagen entgegennimmt (Art. 3a Abs. 2 BankV) oder sich öffentlich zur Entgegennahme von Publikumseinlagen empfiehlt, selbst wenn daraus weniger als 20 Einlagen resultieren (Art. 3 Abs. 1 BankV; BGE 131 II 306 E. 3.2.1). Bestehen hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine bewilligungspflichtige Geschäftstätigkeit vorliegen könnte, ist die EBK befugt und verpflichtet, die zur weiteren Abklärung erforderlichen Informationen einzuholen und die nötigen Anordnungen zu treffen (Art. 23ter Abs. 1 BankG; BGE 131 II 306 E. 3.1.2 mit Hinweisen). Liegt eine Überschuldung vor, ist sie gehalten, die Liquidation nach den Sonderregeln des Bankenkonkurses (Art. 33 ff. BankG in der Fassung vom 10. Oktober 2003) zu verfügen; diese gelten auch für Betriebe, die unerlaubt einer bewilligungspflichtigen (Banken-)Tätigkeit nachgehen und überschuldet oder dauernd zahlungsunfähig sind (BGE 132 II 382 E. 4.2; 131 II 306 E. 4 S. 319 ff.).
 
2.2.2 Die SFP AG hat potentiellen Kunden mit einem "Vertrag über die Reservierung einer Beteiligung" die Möglichkeit angeboten, einen Anspruch auf den Kauf von Beteiligungsrechten an der noch zu gründenden Smart Fund AG zu erwerben. Nach Genehmigung des Emissionsprospektes habe der Investor "die freie Wahl, die avisierte Beteiligung zu zeichnen und nach Verrechnung der Reservierungskosten und dem Agio den Differenzbetrag zur Zeichnungssumme und ggf. des Agios zu zahlen oder sich nicht zu beteiligen, wodurch die Reservierungskosten ersatzlos verfallen und von der Gesellschaft nicht zu erstatten" seien; die Reservationsgebühr werde hingegen zurückerstattet, wenn die "Beteiligungen" an der Smart Fund AG nicht fristgerecht geliefert werden könnten. Die SFP AG hat - auch unter Berücksichtigung der Mehrfacheinzahlungen, welche teilweise für Dritte erfolgten - von 21 Kunden Gelder im Gesamtwert von Fr. 72'500.-- entgegengenommen und zumindest an zwei Informationsveranstaltungen im Mai 2006 in der Schweiz hierfür geworben; insgesamt soll sie nach eigenen Angaben an diesen Anlässen ein Ziel von 10'000 Anlegern angestrebt haben.
 
2.2.3 Die Smart Fund AG bestand zu diesem Zeitpunkt nicht und wurde offenbar erst am 20. September 2006 durch Umfirmierung geschaffen. Ein Grossteil der Einzahlungen wurde jeweils nur wenige Tage nach ihrem Eingang von den Konten der SFP AG als Provisionen abgezogen und zur Deckung der allgemeinen Unkosten verwendet. Gemäss der "Strukturliste für die Swiss Future Power AG" vom 7. September 2006 hatte die SFP AG zu diesem Zeitpunkt 82 "Kunden", wovon 80 auch als mögliche Geschäftspartner und Provisionsbezüger registiert waren, was den Schluss des Untersuchungsbeauftragten begründete, dass es sich bei den Aktivitäten der SFP AG um ein Schneeballsystem handeln könnte. So oder anders war die Tätigkeit finanzmarktrechtlich bewilligungspflichtig, da materiell weder eine Ausnahme nach Art. 3a Abs. 3 lit. a (Gegenleistung aus Vertrag über Eigentum, Dienst- oder Sicherheitsleistung) noch eine solche nach Art. 3a Abs. 3 lit. c (Habensaldi auf Kundenkonti) BankV vorlag. Die EBK musste deshalb den bankenrechtlichen Konkurs über die überschuldete SFP AG eröffnen, da die Voraussetzungen für eine nachträgliche Bewilligungserteilung offensichtlich nicht gegeben waren.
 
2.2.4 Was der Beschwerdeführer hiergegen einwendet, überzeugt nicht: Soweit er geltend macht, nichts von den Aktivitäten der Gesellschaft gewusst zu haben und nur aus Gefälligkeit als Verwaltungsrat aktiv geworden zu sein, verkennt er, dass er in dieser Funktion trotzdem gewisse Verantwortungen wahrzunehmen und in deren Rahmen insbesondere abzuklären hatte, welchen Tätigkeiten die SFP AG tatsächlich nachging (vgl. Art. 716a OR). Abgesehen davon, dass es sich bei der SFP AG um eine schweizerische Gesellschaft handelte, haben nachgewiesenermassen Informationsveranstaltungen bezüglich der umstrittenen Reservierungsvereinbarungen bereits im Mai 2006 in der Schweiz stattgefunden, womit die schweizerische Finanzmarktaufsicht betroffen und die Zuständigkeit der Bankenkommission gegeben war, auch wenn gemäss den Ausführungen des Beschwerdeführers die Anlagemöglichkeit für den deutschen Markt und dortige Investoren gedacht war (vgl. BGE 130 II 351 E. 6.1; 124 IV 73 ff.). Für alles Weitere kann auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Entscheid und in der Vernehmlassung der Bankenkommission verwiesen werden (Art. 36a Abs. 3 OG).
 
3.
 
Dem Verfahrensausgang entsprechend wird der unterliegende Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 i.V.m. Art. 153 und Art. 153a OG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 159 OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht
 
im Verfahren nach Art. 36a OG:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 8'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und der Eidgenössischen Bankenkommission schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 29. Juni 2007
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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