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Informationen zum Dokument  BGer I 249/2006  Materielle Begründung
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BGer I 249/2006 vom 02.08.2007
 
Tribunale federale
 
{T 7}
 
I 249/06
 
Urteil vom 2. August 2007
 
II. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
 
Bundesrichter Lustenberger, Borella, Kernen, Seiler,
 
Gerichtsschreiber Nussbaumer.
 
Parteien
 
Unfallversicherung Stadt Zürich, Stadelhoferstrasse 33, 8001 Zürich, Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung,
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Beschluss des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich
 
vom 27. Januar 2006.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
K.________ (geboren 1973) bezog seit Oktober 1998 wegen den Folgen eines Reitunfalles eine ganze Invalidenrente der Invalidenversicherung. Die Unfallversicherung Stadt Zürich richtete ihr dazu eine Komplementärrente aus. Im Rahmen eines Revisionsverfahrens setzte die IV-Stelle des Kantons Zürich mit Verfügung vom 26. Mai 2005 die ganze Invalidenrente mit Wirkung ab 1. Juli 2005 auf eine Viertelsrente herab. Hiegegen erhoben sowohl K.________ wie auch die Unfallversicherung Stadt Zürich Einsprache. Mit Entscheid vom 22. November 2005 wies die IV-Stelle die Einsprache der Versicherten ab, ebenfalls diejenige der Unfallversicherung Stadt Zürich, soweit darauf einzutreten war.
 
B.
 
Auf die hiegegen von der Unfallversicherung Stadt Zürich erhobene Beschwerde trat das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 27. Januar 2006 nicht ein.
 
C.
 
Die Unfallversicherung Stadt Zürich führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides seien die Verfügung vom 26. Mai 2005 und der Einspracheentscheid vom 22. November 2005 der IV-Stelle des Kantons Zürich aufzuheben und der Versicherten weiterhin eine ganze Invalidenrente auszurichten. Eventuell seien der Invaliditätsgrad auf 71 % oder zumindest auf über 50 % festzusetzen und die entsprechenden Renten auszurichten. Subeventuell sei die Sache zwecks Neubeurteilung an das kantonale Gericht zurückzuweisen.
 
Die IV-Stelle des Kantons Zürich schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
1.1 Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).
 
1.2 Da es sich beim angefochtenen Nichteintretensentscheid nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, hat das Bundesgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in der bis Ende Juni 2006 gültig gewesenen und hier anwendbaren Fassung in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG; BGE 130 V 560 E. 1 S. 561).
 
2.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde richtet sich gegen den vorinstanzlichen Nichteintretensentscheid. Das Bundesgericht hat daher einzig zu prüfen, ob das kantonale Gericht zu Recht auf die Beschwerde der Unfallversicherung Stadt Zürich gegen den Einspracheentscheid vom 22. November 2005 nicht eingetreten ist, worin die IV-Stelle des Kantons Zürich - in Bestätigung ihrer Verfügung vom 26. Mai 2005 - den bisherigen Anspruch der Versicherten auf eine ganze Invalidenrente revisionsweise auf eine Viertels-Invalidenrente herabgesetzt hat. Nicht eingetreten werden kann hingegen zum Vornherein auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde, insoweit sie die materielle Beurteilung der revisionsweisen Rentenherabsetzung und die Zusprechung einer Rente auf der Grundlage eines Invaliditätsgrades von 71 %, zumindest von über 50 %, beantragt (BGE 132 V 74 E. 1.1 S. 76 mit Hinweis).
 
3.
 
3.1 Erlässt ein Versicherungsträger eine Verfügung, welche die Leistungspflicht eines anderen Trägers berührt, so hat er laut Art. 49 Abs. 4 ATSG auch ihm die Verfügung zu eröffnen. Dieser kann die gleichen Rechtsmittel ergreifen wie die versicherte Person. Hiezu hat das Eidgenössische Versicherungsgericht entschieden (BGE 132 V 1, 131 V 362), dass der Unfallversicherer - wie zuvor schon in Fällen, in welchen das ATSG noch nicht zur Anwendung gelangte (AHI 2004 S. 181 [Urteil vom 13. Januar 2004, I 564/02]) - auch unter der Herrschaft des ATSG (insbesondere Art. 49 Abs. 4 ATSG) an die Invaliditätsbemessung der Invalidenversicherung nicht gebunden ist. Entsprechend fehlt es dem Unfallversicherer am "Berührtsein" im Sinne von Art. 49 Abs. 4 ATSG, weshalb dieser nicht zur Einsprache gegen die Verfügung oder zur Beschwerde gegen den Einspracheentscheid der IV-Stelle über den Rentenanspruch als solchen oder den Invaliditätsgrad berechtigt ist; ebenso fehlt dem Unfallversicherer die Berechtigung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht gegen Entscheide kantonaler Gerichte in Streitigkeiten um eine Rente der Invalidenversicherung (BGE 131 V 362 E. 2, insbesondere E. 2.2 S. 365 ff.). Damit hat sich das Eidgenössische Versicherungsgericht im Ergebnis einer früher schon in der Doktrin verschiedentlich vertretenen Meinung angeschlossen, wonach ein "Berührtsein" nicht angenommen werden kann, soweit nicht eine eigentliche Bindung an den durch einen anderen Sozialversicherungsträger getroffenen Entscheid besteht, sondern bloss eine Obliegenheit, dessen bereits vorliegenden rechtskräftigen Entscheid mitzuberücksichtigen (vgl. Kieser, ATSG-Kommentar, N 30 zu Art. 49 in fine mit entsprechenden Hinweisen auf Literatur und Rechtsprechung; Jürg Scheidegger, Die Koordination der Invaliditätsschätzungen der verschiedenen Sozialversicherungszweige, in: Schaffhauser/Schlauri [Hrsg.], Aktuelle Rechtsfragen der Sozialversicherungspraxis, St. Gallen 2001, S. 101, wo ebenfalls enge Bindung der Unfallversicherung an eine rechtskräftige Invaliditätsschätzung der Invalidenversicherung angenommen wird; einlässlich zum Ganzen: Meyer, Die Teilnahme am vorinstanzlichen Verfahren als Voraussetzung der Rechtsmittellegitimation, in: Schaffhauser/Schlauri [Hrsg.], Sozialversicherungsrechtstagung 2004, St. Gallen 2004, S. 14 ff. und insbesondere S. 28 ff.).
 
3.2 Diese Überlegungen treffen auf die im vorliegenden Fall zu beurteilende Konstellation indessen nicht zu. Es steht aufgrund der Akten fest, dass der Beschwerde führende Unfallversicherer aus dem gleichen Invaliditätsfall heraus eine als Komplementärrente (Art. 20 UVG) festgelegte Invalidenrente erbringt. Ferner hat die IV-Stelle den Invaliditätsgrad der Versicherten, welche nunmehr verheiratet und Mutter eines Kindes ist, im Revisionsverfahren neu anstelle der allgemeinen Einkommensvergleichsmethode nach der gemischten Methode ermittelt. Dieser Methodenwechsel durch die Beschwerdegegnerin stellt keinen Revisionsgrund im Sinne von Art. 22 Abs. 1 UVG (vgl. nunmehr Art. 17 Abs. 1 ATSG) und Art. 33 Abs. 2 UVV dar (BGE 119 V 475; RKUV 2004 Nr. U 516 S. 424; Jean-Maurice Frésard/Margit Moser-Szeless, L'assurance-accidents obligatoire, in: Ulrich Meyer [Hrsg.], Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Bd. XIV: Soziale Sicherheit, 2. Aufl., Basel 2007, S. 912 Rz. 217). Die Beschwerdebefugnis des Unfallversicherers leitet sich bei diesen rechtlichen Begebenheiten nicht aus dem Invaliditätsgrad - welcher uv- und iv-seitig bei unfallbedingter Invalidität gleich hoch sein sollte - ab, sondern - im Unterschied zu BGE 131 V 362 - aus der koordinationsrechtlichen Auswirkung einer Änderung des Invaliditätsgrades und damit der Rentenhöhe auf die laufende Komplementärrente. So macht die Beschwerdeführerin geltend, wegen der Rentenherabsetzung der Invalidenversicherung müsse sie jährliche Mehrleistungen von Fr. 28'661.40 erbringen. Im Schrifttum wird denn auch - selbst wenn nur im Zusammenhang mit der Hinterlassenenrente nach Art. 31 Abs. 4 UVG - das Komplementärrentenverhältnis als Berührtsein im Sinne von Art. 49 Abs. 4 ATSG angeführt (Frésard/Moser-Szeless, a.a.O., S. 1027 Rz. 694; Kieser, a.a.O., N 31 zu Art. 49). Wie aus den Materialien einwandfrei hervorgeht, bildete Art. 49 Abs. 4 ATSG ursprünglich eine koordinationsrechtliche Vorschrift im Bereich der intersystemischen Koordination (Thomas Gächter, Grundlegende Prinzipien des Koordinationsrechts, in: Schaffhauser/ Kieser [Hrsg.] Sozialversicherungsrechtliche Leistungskoordination, St. Gallen 2006, S. 55; Kieser, a.a.O., N 26 zu Art. 49; ders., Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts [ATSG], in: Ulrich Meyer [Hrsg.], Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Bd. XIV: Soziale Sicherheit, 2. Aufl., Basel 2007, S. 289 Rz. 165). Die Komplementärrentenberechtigung nach Art. 20 und Art. 31 Abs. 4 UVG ist gerade ein solches Mittel intersystemischer Koordination. Wenn daher der Unfallversicherer, welcher eine Komplementärrente erbringt, aus einer Herabsetzung des Invaliditätsgrades durch die IV-Stelle und damit durch eine Verminderung des anzurechnenden Rentenbetrages eine Mehrbelastung erwarten muss, liegt ein Berührtsein im Sinne von Art. 49 Abs. 4 ATSG in optima forma vor. Der Umfang seiner Leistungspflicht wird direkt und unmittelbar vom Entscheid des andern Sozialversicherers betroffen (Frésard/Moser-Szeless, a.a.O., S. 1027 Rz. 694). Die umstrittene Frage, ob die Beschwerde führende Unfallversicherung Stadt Zürich im Sinne von Art. 49 Abs. 4 ATSG in ihrer Leistungspflicht berührt und demgemäss zur Beschwerde nach Art. 56 ff. ATSG berechtigt sei, ist demzufolge zu bejahen.
 
4.
 
Ausgangsgemäss hat die IV-Stelle des Kantons Zürich als unterliegende Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 134 OG e contrario in der bis Ende Juni 2006 geltenden Fassung).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der angefochtene vorinstanzliche Nichteintretensbeschluss vom 27. Januar 2006 aufgehoben und die Sache an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich zurückgewiesen wird, damit es, nach Prüfung der weiteren Prozessvoraussetzungen, über die Beschwerde der Unfallversicherung Stadt Zürich vom 6. Januar 2006 gegen den Einspracheentscheid der IV-Stelle des Kantons Zürich vom 22. November 2005 in Sachen K.________ materiell entscheide.
 
2.
 
Die Gerichtskosten in Höhe von Fr. 500.- werden der IV-Stelle des Kantons Zürich auferlegt.
 
3.
 
Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 500.- wird der Beschwerdeführerin zurückerstattet.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, dem Bundesamt für Sozialversicherungen und K.________ zugestellt.
 
Luzern, 2. August 2007
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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