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Informationen zum Dokument  BGer U 221/2005  Materielle Begründung
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BGer U 221/2005 vom 09.08.2007
 
Tribunale federale
 
U 221/05{T 7}
 
Urteil vom 9. August 2007
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
 
Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Schön,
 
Gerichtsschreiberin Hofer.
 
Parteien
 
B.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Kurt Meier, Langstrasse 4, 8004 Zürich,
 
gegen
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6002 Luzern, Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Unfallversicherung,
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 27. April 2005.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Der 1948 geborene B.________ war als Elektromonteur bei der S.________AG angestellt und damit bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen Berufs- und Nichtberufsunfall versichert. Am 1. Februar 1996 stürzte er beim Langlaufen und am 3. Juli 1996 erlitt er beim Umbau eines Verteilkastens einen Stromunfall. In der Folge wurde er in mehreren Institutionen und von verschiedenen Fachärzten stationär und ambulant medizinisch eingehend abgeklärt, wobei insbesondere in kardiologischer, angiologischer, pneumologischer, neurologischer und psychiatrischer Hinsicht umfangreiche Untersuchungen durchgeführt wurden. Die SUVA, welche ihre Haftung für den Unfall anerkannt hatte, für die Heilungskosten aufgekommen war und Taggelder ausgerichtet hatte, kam gestützt auf die medizinischen Unterlagen zum Schluss, es liege kein unfallbedingtes organisches Substrat für die geltend gemachten Beschwerden vor, weshalb diesbezüglich ab Ende Oktober 2003 kein Leistungsanspruch mehr bestehe. Hingegen anerkannte sie aufgrund der psychiatrischen Beurteilung von Frau Dr. med. H.________ von der SUVA-Versicherungsmedizin vom 5. August 2003, welche ihrerseits auf das Gutachten der Psychiatrischen Universitätsklinik A.________ vom 20. Juni 2000 abstellte, ihre weitergehende Leistungspflicht für die psychischen Unfallfolgen (undifferenzierte Somatisierungsstörung, hypochondrische Störung und Agoraphobie mit Panikattacken) und sprach B.________ mit Verfügung vom 19. November 2003 bei einer Erwerbsunfähigkeit aus psychischen Gründen von 100% mit Wirkung ab 1. November 2003 eine Komplementärrente zur Rente der Invalidenversicherung und bei einer psychisch bedingten Integritätseinbusse von 20% eine Integritätsentschädigung von Fr. 19'440.- zu. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 9. Februar 2004 fest. In der Begründung führte sie aus, für die Klärung der Frage der Dauerhaftigkeit und für die Bemessung der Höhe der Integritätsentschädigung wäre wichtig zu wissen, wie sich der psychische Zustand in den letzten Jahren entwickelt habe und welche Aussichten auf Heilung bestünden. Da der Versicherte nicht bereit sei, sich einer psychiatrischen Verlaufsuntersuchung zu unterziehen und auch mit der im Gutachten der Psychiatrischen Universitätsklinik A.________ vom 20. Juni 2000 vorgeschlagenen psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung nicht einverstanden sei, habe sie - in Übereinstimmung mit dem damaligen Rechtsvertreter des Versicherten - die psychische Problematik gestützt auf die bestehende Aktenlage beurteilt.
 
B.
 
Beschwerdeweise liess B.________ geltend machen, es sei eine kardiologische Untersuchung durchzuführen und ihm unter Berücksichtigung der unfallbedingten psychischen und somatischen Beeinträchtigungen eine Integritätsentschädigung basierend auf einer Integritätseinbusse von mindestens 80% zuzusprechen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern hiess die Beschwerde mit Entscheid vom 27. April 2005 teilweise gut, hob den Einspracheentscheid vom 9. Februar 2004 bezüglich der Integritätsentschädigung auf und wies die Sache im Sinne der Erwägungen an die SUVA zurück, damit sie das Mahn- und Bedenkzeitverfahren durchführe und über die Höhe der Integritätsentschädigung aus psychischen Gründen neu verfüge. Mit Bezug auf die geltend gemachte Integritätsentschädigung aus somatischen Gründen wies es die Beschwerde ab.
 
C.
 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt B.________ die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids beantragen. Es sei eine kardiologische Untersuchung durchzuführen, und es seien ihm die gesetzlichen Leistungen, insbesondere eine Integritätsentschädigung für den somatischen Befund zuzusprechen.
 
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung.
 
D.
 
Mit Eingaben vom 4. Oktober und 17. November 2005, 7. Januar, 5. September und 12. Oktober 2006 sowie 17. Februar und 3. April 2007 reicht B.________ verschiedene medizinische Unterlagen ein, so unter anderem kardiologische Berichte des Spitals X.________ vom 5. September 2005 und des Spitals L.________ vom 8. November 2005, den Herz MRI-Befund des Universitätsspitals A.________ vom 21. August 2006 und die kardiologischen Berichte des Spitals L.________ vom 3. August 2006 und des Spitals X.________ vom 12. Februar 2007.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).
 
2.
 
Gemäss Rechtsprechung können nach Ablauf der Rechtsmittelfrist - ausser im Rahmen eines zweiten Schriftenwechsels - keine neuen Akten mehr eingebracht werden. Vorbehalten bleiben Aktenstücke, die neue erhebliche Tatsachen oder Beweismittel im Sinne von Art. 137 lit. b OG darstellen und als solche eine Revision des Gerichtsurteils rechtfertigen könnten (BGE 127 V 353 ff.). Nur unter diesem beschränkten Gesichtswinkel sind die von den Parteien nachgereichten Unterlagen allenfalls zu berücksichtigen. Die vom Beschwerdeführer aufgelegten Berichte und medizinischen Unterlagen erfüllen diese Voraussetzungen nicht. Die darin enthaltenen Tatsachen oder Beweismittel können, soweit sie für die im letztinstanzlichen Verfahren sich stellenden Fragen überhaupt relevant sind und die für die Beurteilung des Integritätsschadens massgebenden tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Einspracheentscheids vom 9. Februar 2004 betreffen (BGE 131 V 242 E. 2.1 S. 243; 121 V 362 E. 1b S. 366), nicht als "neu" qualifiziert werden.
 
3.
 
3.1 Die Vorinstanz hat die Bestimmungen über die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Integritätsentschädigung (Art. 24 UVG und Art. 36 Abs. 1 UVV, jeweils in der bis 31. Dezember 2003 gültig gewesenen Fassung) und die Grundsätze betreffend deren Abstufung nach der Schwere des Integritätsschadens (Art. 25 Abs. 1 UVG; Art. 36 Abs. 2 UVV und Anhang 3 zur UVV; BGE 124 V 29 E. 1b S. 32 mit Hinweisen) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.
 
3.2 Ob im hier zu beurteilenden Fall die Gesetzesfassungen vor oder nach Inkrafttreten der Änderungen des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung vom 21. März 2003 (4. IV-Revision; AS 2003 3837 ff.) Anwendung finden, kann offen bleiben, da die damit einhergegangenen Neuerungen - die ausdrückliche Anerkennung psychischer Integritätsschäden in Art. 24 Abs. 1 UVG und Art. 36 Abs. 1 und 3 UVV sowie in Anhang 3 zur UVV - bisheriger Rechtslage entsprechen (BGE 124 V 29 ff.; RKUV 2000 Nr. U 381 S. 252 E. 3, U 172/99; Urteil U 223/06 vom 8. Februar 2007).
 
4.
 
Streitig und zu prüfen ist letztinstanzlich einzig, ob dem Beschwerdeführer aufgrund der geltend gemachten Herzprobleme ein höherer Anspruch auf Integritätsentschädigung zusteht.
 
4.1 Das kantonale Gericht hat in einlässlicher Würdigung der medizinischen Unterlagen, insbesondere gestützt auf die Herzkatheteruntersuchung des Dr. med. W.________ vom 7. März 1997, die kardiologische Untersuchung des Universitätsspitals Z.________ gemäss Bericht vom 14. August 1997, die CT-Untersuchung des Thorax durch Dr. med. M.________ vom 6. Januar 1998, den Austrittsbericht des Rehabilitationszentrums E.________ für Herz- und Kreislaufkrankheiten vom 27. Juli 1998, die Untersuchungsberichte und ärztlichen Beurteilungen des Dr. med. J.________ von der Abteilung Arbeitsmedizin der SUVA vom 18. Februar 1998, 17. August 2000, 3. Juli 2002 und 6. November 2002, den Bericht des Dr. med. T.________ vom 6. September 2000 über die Myokardperfusionsszintigraphie, den angiologischen Untersuchungsbericht des PD Dr. med. U.________ vom 10. September 2001, den Bericht des Herzkreislaufzentrums Kardiologie DIM des Universitätsspitals Z.________ vom 28. Februar 2002 und den radiologischen Befundbericht des Universitätsspitals Z.________ vom 31. Mai 2002 bezüglich Herz-MRI überzeugend dargelegt, dass keine Herzkrankheit vorliegt, die geltend gemachten Beschwerden des Versicherten nicht kardialer Natur sind und diesbezüglich keine Befunde erhoben werden konnten, die auf den Stromunfall vom Juli 1996 zurückzuführen wären. Des Weitern hat es erwogen, den Akten liessen sich keine Hinweise dafür entnehmen, dass das Herz-MRI vom 15. Mai 2002, welches normal grosse linke und rechte Herzhöhlen mit normaler systolischer Funktion zeigte, nicht fachgemäss durchgeführt worden wäre. Dabei stützte sich die Vorinstanz insbesondere auf die Berichte des Dr. med. W.________ vom 12. Mai 2004, wonach die Herzkammergrössen im oberen Normbereich lagen, des Dr. med. T.________ vom 27. Mai 2004 über das Echodopplersonogramm und den vom Beschwerdeführer aufgelegten Bericht des Kardiologen Prof. Dr. med. R.________ vom 21. Dezember 2004. Angesichts der umfangreichen Abklärungen verschiedener Fachärzte, welche keine relevanten somatischen Befunde zu Tage gebracht hatten, wies das kantonale Gericht das Gesuch um ergänzende kardiologische Abklärungen ab und verneinte einen Anspruch auf Erhöhung der Integritätsentschädigung aus somatischen Gründen.
 
4.2 Was der Beschwerdeführer gegen den vorinstanzlichen Entscheid vorbringt, rechtfertigt keine andere Betrachtungsweise. Er beschränkt sich im Wesentlichen auf das Wiederholen von bereits im kantonalen Verfahren vorgebrachten Einwendungen, ohne sich indessen mit der ausführlichen Begründung des vorinstanzlichen Entscheids auseinanderzusetzen. Soweit er Ungereimtheiten und Versäumnisse bei der Abklärung des medizinischen Sachverhalts geltend macht, kann ihm nicht gefolgt werden. Insbesondere wurden an verschiedenen Institutionen Doppler-Echokardiographien durchgeführt, welche jedoch nie einen den Normbereich überschreitenden oder gar behandlungsbedürftigen Befund am Herzen aufzeigten. Daran vermag auch der aufgelegte Bericht des Dr. med. I.________ vom 27. August 1998 nichts zu ändern, zumal Dr. med. W.________ bei der Untersuchung vom 12. Mai 2004 den rechten Vorhof als in der Norm liegend bezeichnete. Die Echokardiographie vom 2. September 2005 ergab einen leicht dilatierten linken und rechten Vorhof. Laut Bericht der Klinik und Poliklinik für Kardiologie des Spitals X.________ vom 5. September 2005 besteht zwischen den vergrösserten Vorhöfen und dem Stromunfall kein Kausalzusammenhang. Vielmehr sei der Befund altersbedingt und ohne eigentlichen Krankheitswert. Dass beim MRI-Untersuch des Herzens vom 15. Mai 2002 keine Kontrastmittel verwendet wurden, gibt entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung nicht Anlass zu weiteren Abklärungen, zumal das MRI vom 21. August 2006 unter Verwendung von Kontrastmitteln eine global unauffällige Herzfunktion mit regelrechter Kontraktilität des rechten und linken Ventrikels, ohne umschriebene Hypokinesien und keinen Hinweis auf Dysplasie des rechten Ventrikels ergab. Die Ärzte des Spitals X.________ verneinten im Bericht vom 12. Februar 2007 das Vorliegen von Zeichen einer Rechtsherzinsuffizienz. Da auf umfassenden Abklärungen beruhende medizinische Einschätzungen vorliegen, welche sich in keiner Art und Weise widersprechen, konnte die Vorinstanz in antizipierter Beweiswürdigung von weiteren Abklärungen absehen. Ergänzender Sachverhaltsabklärungen bedarf es angesichts der schlüssigen medizinischen Aktenlage auch im letztinstanzlichen Verfahren nicht, da hieraus mit Bezug auf die geltend gemachte somatisch bedingte Integritätseinbusse keine zusätzlichen relevanten Ergebnisse zu erwarten sind. Dem Antrag auf eine kardiologische Untersuchung ist daher nicht stattzugeben und der vorinstanzliche Entscheid ist zu bestätigen.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt.
 
Luzern, 9. August 2007
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
 
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