BGer 5A_211/2007 | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
BGer 5A_211/2007 vom 16.08.2007 | |
Tribunale federale
| |
{T 0/2}
| |
5A_211/2007 /blb
| |
Urteil vom 16. August 2007
| |
II. zivilrechtliche Abteilung
| |
Besetzung
| |
Bundesrichter Raselli, Präsident,
| |
Bundesrichterin Nordmann, Bundesrichter Marazzi,
| |
Gerichtsschreiber Levante.
| |
Parteien
| |
X.________,
| |
Beschwerdeführerin,
| |
vertreten durch Rechtsanwalt Franz Dörig,
| |
gegen
| |
Y.________,
| |
Beschwerdegegnerin,
| |
vertreten durch Rechtsanwältin Ottilie Mattmann-Arnold.
| |
Gegenstand
| |
Persönlichkeitsschutz/Akteneinsicht,
| |
Beschwerde in Zivilsachen gegen den Entscheid
| |
des Obergerichts des Kantons Luzern, I. Kammer
| |
als Beschwerdeinstanz, vom 28. März 2007.
| |
Sachverhalt:
| |
A.
| |
A.a Vor dem Amtsgericht Willisau machte X.________ gegen Y.________ eine Klage wegen Persönlichkeitsverletzung anhängig. Mit der Klageantwort vom 2. Dezember 2004 reichte Y.________ die Belege 3 und 4 mit dem Hinweis ein, dass diese Unterlagen X.________ nicht integral zur Einsicht zu geben seien, da sie Aufzeichnungen über alle Lehrpersonen der Schule S.________ enthalten würden.
| |
A.b Am 15. Januar 2007 wandte sich der Rechtsvertreter von X.________ an das Amtsgericht und verlangte Einsicht in weitere Akten. Das Amtsgericht antwortete mit Schreiben vom 16. Januar 2007, dass die Akten vollständig zugestellt worden seien, und führte aus, dass die beklagtischen Belege 3 und 4 vertraulich seien und nicht herausgegeben würden; die weiter erwähnten Quittungen seien in den Buchhaltungsunterlagen und der als "Dossier X.________" bezeichnete Beleg 36 sei im Zusammenhang mit der Stellungnahme betreffend superprovisorische Massnahmen eingereicht und nach Abschluss jenes Verfahrens an die Rechtsvertreterin von Y.________ retourniert worden.
| |
B.
| |
X.________ gelangte mit Nichtigkeitsbeschwerde an das Obergericht des Kantons Luzern und verlangte im Wesentlichen die Aufhebung der prozessleitenden Verfügung des Amtsgerichts vom 16. Januar 2007, soweit nicht deren Nichtigkeit festzustellen sei; es seien ihr sämtliche Akten, einschliesslich die beklagtischen Belege 3 und 4, vollständig und uneingeschränkt zuzustellen. Mit Entscheid vom 28. März 2007 wies das Obergericht des Kantons Luzern, I. Kammer als Beschwerdeinstanz, die Nichtigkeitsbeschwerde ab, soweit darauf eingetreten wurde.
| |
C.
| |
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 9. Mai 2007 beantragt X.________ dem Bundesgericht die Aufhebung des angefochtenen Entscheides; eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Weiter ersucht sie um aufschiebende Wirkung.
| |
Weder Y.________ noch das Obergericht haben sich dem Gesuch um aufschiebende Wirkung widersetzt.
| |
Vernehmlassungen in der Sache sind nicht eingeholt worden.
| |
Mit Präsidialverfügung vom 31. Mai 2007 wurde der Beschwerde zur Aufrechterhaltung des bestehenden Zustandes während des bundesgerichtlichen Verfahrens aufschiebende Wirkung zuerkannt.
| |
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
| |
1.
| |
Angefochten ist ein kantonaler Entscheid betreffend Beweismittel im Rahmen eines Prozesses wegen Persönlichkeitsverletzung. Bei der Klage zum Schutz der Persönlichkeit vor widerrechtlicher Verletzung (Art. 28 ZGB) geht es um eine Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 BGG) nicht vermögensrechtlicher Natur (vgl. BGE 102 II 92 E. 1a S. 96). Bei Zwischenentscheiden folgt der Rechtsweg jenem der Hauptsache. Der angefochtene Entscheid unterliegt der Beschwerde in Zivilsachen.
| |
2.
| |
Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen, wobei diese (vorbehältlich von hier nicht massgebenden Ausnahmen) obere kantonale Gerichte sein müssen (Art. 75 Abs. 1 und 2 BGG). Das Obergericht hat im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde das Schreiben des Amtsgerichts vom 16. Januar 2007 als angefochtene prozessleitende Verfügung behandelt, jedoch am Ende der Erwägungen offen gelassen, ob das betreffende Schreiben des Amtsgerichts nur ein Hinweis auf den schon an der Verhandlung vom 6. Dezember 2006 eröffneten Beweisentscheid sei. Mit jenem mündlich eröffneten Beweisentscheid verfügte die Amtsgerichtspräsidentin, dass die aufgelegten Urkunden zu den Akten genommen werden und der Beschwerdeführerin das Einsichtsrecht in die beklagtischen Belege 3 und 4 im Sinne von § 61 Abs. 2 und § 142 Abs. 1 ZPO/LU verweigert wird. Die beiden Bestimmungen der ZPO/LU regeln die Einschränkung des Akteneinsichtsrechts bzw. die Schutzmassnahmen bei der Beweiserhebung wegen schutzwürdiger Interessen einer Partei oder Dritter. Ob sich die vorliegende Beschwerde gegen den Beweisentscheid des Amtsgerichts vom 6. Dezember 2006 richtet (und gegebenenfalls die Voraussetzungen gemäss Art. 75 Abs. 1 und 2 BGG nicht erfüllen würde), braucht nicht weiter erörtert werden. Die Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts ist - wie sich aus dem Folgenden ergibt - ohnehin unzulässig.
| |
3.
| |
Der angefochtene Entscheid, mit welchem das Obergericht über die Einsichtnahme in Beweismittel entschieden hat, schliesst das Verfahren nicht ab (vgl. Art. 90 BGG), sondern stellt einen Zwischenentscheid gemäss Art. 93 BGG dar. Gegen Zwischenentscheide ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (lit. a), oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b).
| |
3.1 Nach der Rechtsprechung, welche zu Art. 87 Abs. 2 OG ergangen und für Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG massgebend ist, haben Beweisverfügungen als Zwischenentscheide grundsätzlich keinen nicht wieder gutzumachenden rechtlichen Nachteil zur Folge (vgl. BGE 99 Ia 437 E. 1 S. 438). Ausnahmen können bestehen, wenn z.B. ein Beweismittel, dessen Existenz gefährdet ist, verweigert wird, oder wenn bei Abnahme eines Beweismittels Geheimhaltungsinteressen auf dem Spiel stehen (vgl. Walter Kälin, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, 2. Aufl. Bern 1994, S. 343 Fn 135).
| |
3.2 Die Beschwerdeführerin erblickt (einzig) in der Verweigerung der Einsicht in die Belege 3 und 4 einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil, da sie sich ohne diese Einsicht nicht hinreichend verteidigen könne. Das Vorbringen geht fehl. Die Beschwerdeführerin legt damit nicht dar, inwiefern ein nicht wieder gutzumachender rechtlicher Nachteil vorliege, der durch einen für sie günstigen Endentscheid nicht behoben werden kann (vgl. BGE 117 Ia 247 E. 3 S. 249, 251 E. 1b S. 254; Kälin, a.a.O, S. 342). Der Hinweis, dass sie selbst bei Obsiegen im Prozess die betreffenden Belege nie zu Gesicht bekommen werde und diese ihr möglicherweise bei Stellenbewerbungen nicht wieder gutzumachende Nachteile bereiten könnten, ist unbehelflich. Damit wird kein Nachteil behauptet, der nachträglich nicht mehr heilbar ist und aus diesem Grund die sofortige Anfechtbarkeit des Beweisbeschlusses erfordert.
| |
3.3 Die Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass es einen rechtlichen Nachteil bedeute, wenn sie ihre Vorbringen zu den Belegen 3 und 4 allenfalls erst im Appellationsverfahren und nicht schon im erstinstanzlichen Verfahren vorbringen könne, gehen ins Leere. Für den nicht wieder gutzumachenden rechtlichen Nachteil gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ist nicht die Anzahl der Instanzen massgebend, sondern die Frage, ob ein allenfalls mangelhafter Zwischenentscheid im Anschluss an den Endentscheid durch einen günstigen Rechtsmittelentscheid nicht mehr behoben werde könnte (vgl. BGE 117 Ia 251 E. 1b S. 254). Die Beschwerdeführerin hält selber fest, dass ein allenfalls mangelhafter Zwischenentscheid (d.h. eine zu Unrecht verweigerte Einsicht) zusammen mit dem Endentscheid angefochten und bereits im kantonalen Appellationsverfahren behoben werden kann.
| |
3.4 Nach dem Dargelegten ist die Voraussetzung von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG nicht gegeben. Im Weiteren legt die Beschwerdeführerin nicht dar, inwiefern die zweite (alternative) Voraussetzung gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG erfüllt sei, welche die Beschwerde gegen Zwischenentscheide erlauben würde.
| |
4.
| |
Aus diesen Gründen erweist sich die Beschwerde als unzulässig und kann darauf nicht eingetreten werden. Bei diesem Ausgang trägt die Beschwerdeführerin die Verfahrenskosten (Art. 65 Abs. 3 lit. a, Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zu sprechen, da keine Vernehmlassung eingeholt worden ist und der Beschwerdegegnerin keine Kosten entstanden sind (Art. 68 BGG).
| |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
| |
1.
| |
Auf die Beschwerde in Zivilsachen wird nicht eingetreten.
| |
2.
| |
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.
| |
3.
| |
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, I. Kammer als Beschwerdeinstanz, schriftlich mitgeteilt.
| |
Lausanne, 16. August 2007
| |
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
| |
des Schweizerischen Bundesgerichts
| |
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
| |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |