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Informationen zum Dokument  BGer I 964/2006  Materielle Begründung
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BGer I 964/2006 vom 07.11.2007
 
Tribunale federale
 
{T 7}
 
I 964/06
 
Urteil vom 7. November 2007
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
 
Bundesrichterin Widmer, Leuzinger,
 
Gerichtsschreiberin Kopp Käch.
 
Parteien
 
M.________, 1953, Beschwerdeführerin,
 
vertreten durch Rechtsanwältin Marina Kreutzmann, Bellerivestrasse 59, 8008 Zürich,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung,
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich
 
vom 19. September 2006.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Die 1953 geborene M.________ arbeitete von 1981 bis 2004 als Textilarbeiterin bei der S._______ AG, wo ihr infolge Betriebsschliessung per 31. Oktober 2004 gekündigt worden ist. Am 5. Juli 2004 meldete sie sich unter Hinweis auf Arthrose in Schulter und Arm bei der Invalidenversicherung zum Rentenbezug an. Nach Abklärung der medizinischen und erwerblichen Verhältnisse verneinte die IV-Stelle des Kantons Zürich mit Verfügung vom 28. September 2004 einen Rentenanspruch. Im Rahmen des Einspracheverfahrens liess sie die Versicherte durch Dr. med. L.________, Spezialarzt FMH für Chirurgie und Neurochirurgie, begutachten. Mit Einspracheentscheid vom 3. August 2005 wurde M.________ in teilweiser Gutheissung der Einsprache befristet ab 1. August bis 30. November 2004 eine halbe Rente zugesprochen.
 
B.
 
Die hiegegen erhobene Beschwerde, mit welcher M.________ die Rückweisung der Sache zu weiteren medizinischen Abklärungen beantragen liess, hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 19. September 2006 teilweise gut und stellte fest, dass die Versicherte ab 1. Juni bis 30. November 2004 einen Anspruch auf eine halbe Rente hat.
 
C.
 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt M.________ die Zusprechung einer unbefristeten ganzen, eventualiter einer halben Rente ab 1. Juni 2004, subeventualiter die Rückweisung der Sache zu weiteren medizinischen Abklärungen beantragen. Gleichzeitig ersucht sie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege (Prozessführung und Verbeiständung).
 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Damit wurden das Eidgenössische Versicherungsgericht und das Bundesgericht in Lausanne zu einem einheitlichen Bundesgericht (an zwei Standorten) zusammengefügt (Seiler/von Werdt/Güngerich, Bundesgerichtsgesetz [BGG], Bern 2007, S. 10 Rz. 75) und es wurden die Organisation und das Verfahren des obersten Gerichts umfassend neu geregelt. Dieses Gesetz ist auf die nach seinem Inkrafttreten eingeleiteten Verfahren des Bundesgerichts anwendbar, auf ein Beschwerdeverfahren jedoch nur dann, wenn auch der angefochtene Entscheid nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ergangen ist (Art. 132 Abs. 1 BGG). Da der kantonale Gerichtsentscheid vor dem 1. Januar 2007 erlassen wurde, richtet sich das Verfahren nach dem bis 31. Dezember 2006 in Kraft gestandenen Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG) vom 16. Dezember 1943 (vgl. BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).
 
2.
 
2.1 Der angefochtene Entscheid betrifft Leistungen der Invalidenversicherung. Das Bundesgericht prüft daher nur, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzte, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 Abs. 2 OG [in der Fassung gemäss Ziff. III des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Änderung des IVG, in Kraft ab 1. Juli 2006] in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG).
 
2.2 Mit Blick auf diese neue Kognitionsregelung für die Invalidenversicherung ist aufgrund der Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu prüfen, ob der angefochtene Gerichtsentscheid in der Anwendung der massgeblichen materiell- und beweisrechtlichen Grundlagen Bundesrecht verletzt (Art. 104 lit. a OG), einschliesslich einer allfälligen rechtsfehlerhaften Tatsachenfeststellung (Art. 105 Abs. 2 OG). Hingegen hat eine freie Überprüfung des vorinstanzlichen Entscheides in tatsächlicher Hinsicht (aArt. 132 lit. b OG) ebenso zu unterbleiben wie eine Prüfung der Ermessensbetätigung (aArt. 132 lit. a OG) nach den Grundsätzen zur Angemessenheitskontrolle (BGE 126 V 75 E. 6 S. 81 mit Hinweisen). Auch besteht (entgegen aArt. 132 lit. c OG) Bindung an die Parteianträge, handelt es sich doch nicht um eine Abgabestreitigkeit (Art. 114 Abs. 1 OG; zum Ganzen: BGE 132 V 393 E. 2.2 S. 396).
 
3.
 
Streitig und zu prüfen ist, ob die Beschwerdeführerin Anspruch auf eine höhere als die vorinstanzlich ab 1. Juni 2004 zugesprochene halbe Invalidenrente hat, ob der Anspruch auf eine Invalidenrente über den 30. November 2004 hinaus besteht und ob die medizinischen Unterlagen eine rechtsgenügliche Entscheidungsgrundlage zur Beurteilung dieser Fragen darstellen. Die diesbezüglich massgebenden gesetzlichen Bestimmungen und Grundsätze über den Invaliditätsbegriff (Art. 8 ATSG in Verbindung mit Art. 4 IVG), die Voraussetzungen und den Umfang des Anspruchs auf eine Invalidenrente (Art. 28 Abs. 1 IVG) sowie die Invaliditätsbemessung mittels Einkommensvergleich (Art. 16 ATSG in Verbindung mit Art. 28 Abs. 2 IVG) sind im Einspracheentscheid vom 3. August 2005 zutreffend dargelegt worden. Darauf kann mit der Vorinstanz verwiesen werden. Richtig sind auch die Ausführungen über die Aufgabe des Arztes oder der Ärztin im Rahmen der Invaliditätsbemessung (BGE 125 V 256 E. 4 S. 261 mit Hinweisen).
 
4.
 
Die Beschwerdeführerin beanstandet die vorinstanzliche Beweiswürdigung sowie die unrichtige und unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes.
 
4.1 Bei der Frage, ob ein ärztliches Gutachten den rechtlichen Anforderungen genügt, handelt es sich um eine Rechtsfrage (BGE 132 V 393 E. 4.1 S. 400), die vom Gericht frei zu prüfen ist. Das Gutachten des Dr. med. L.________ vom 14. Februar 2005, auf welches das kantonale Gericht im Wesentlichen abstellt, ist umfassend, berücksichtigt sowohl die geklagten Beschwerden als auch die Vorakten, ist in der Begründung seiner Schlussfolgerung einleuchtend und entspricht somit den Erfordernissen der Rechtsprechung (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352 mit Hinweis). Der Arzt hat die Patientin selber untersucht, liefert eine eigene Einschätzung der Situation, setzt sich mit Einwendungen der Beschwerdeführerin bezüglich bestimmter Aussagen anderer Ärzte schlüssig auseinander und beantwortet in nachvollziehbarer Weise die Fragen der IV-Stelle. Das kantonale Gericht hat einlässlich und überzeugend dargelegt, dass das Gutachten des Dr. med. L.________ hinsichtlich Diagnosestellung im Wesentlichen mit den andern medizinischen Berichten übereinstimmt und auch bezüglich Einschätzung der Arbeitsfähigkeit keine Widersprüche bestehen, weshalb darauf abgestellt werden kann. Das Zeugnis der Hausärztin Dr. med. V.________ vom 15. Mai 2006, in welchem der Verdacht auf eine seit einigen Monaten bestehende Fibromyalgie geäussert wurde, vermag daran nichts zu ändern. Wie die Vorinstanz zu Recht ausgeführt hat, bezieht es sich nicht auf die massgebende Periode bis zum Einspracheentscheid vom 3. August 2005. Zudem ist nicht zu beanstanden, dass das kantonale Gericht der Erfahrungstatsache Rechnung trug, wonach Hausärzte und Hausärztinnen im Zweifelsfall auf Grund ihrer Vertrauensstellung eher zu Gunsten ihrer Patientinnen und Patienten aussagen (BGE 125 V 351 E. 3b/cc S. 353).
 
4.2 Die Frage des Gesundheitsschadens sowie einer allfällig daraus resultierenden Arbeitsunfähigkeit hingegen stellt eine Entscheidung über eine Tatfrage dar. Wenn das kantonale Gericht in sorgfältiger Würdigung der vorliegenden Arztberichte zum Ergebnis gelangt, bei der Beschwerdeführerin habe ab 30. Juni 2003 bis und mit Januar 2004 eine umfassende Arbeitsunfähigkeit, anschliessend bis August 2004 eine 50%ige Arbeitsunfähigkeit und ab September 2004 keine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit mehr bestanden, handelt es sich dabei um eine Feststellung tatsächlicher Natur, welche im Rahmen der eingeschränkten Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts (E. 2) weder als offensichtlich unrichtig noch als unvollständig zu bezeichnen ist. Insbesondere hat die Vorinstanz nicht gegen den Untersuchungsgrundsatz (Art. 61 lit. c ATSG) verstossen bzw. den rechtserheblichen Sachverhalt in Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften erstellt. Das kantonale Gericht hat vielmehr alle vorliegenden Berichte gewürdigt und überzeugend dargelegt, weshalb sie dem einen und nicht dem andern Bericht gefolgt ist.
 
4.3 Entgegen der Vorbringen der Beschwerdeführerin ist die vorinstanzliche Feststellung, der medizinische Sachverhalt sei genügend abgeklärt, nicht offensichtlich unrichtig oder unvollständig. Auch für die letztinstanzlich subeventualiter beantragte Rückweisung zur Durchführung weiterer medizinischer Abklärungen besteht unter diesen Umständen kein Raum.
 
4.4 Die Festlegung der erwerblichen Auswirkungen der gesundheitlichen Beeinträchtigung sodann wird weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht beanstandet. Es besteht kein Anlass für eine nähere Prüfung von Amtes wegen (BGE 125 V 413 E. 1b und 2c S. 415 ff.).
 
4.5 Nach Gesagtem ist die Zusprechung einer halben Rente ab 1. Juni bis 30. November 2004 rechtens.
 
5.
 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 134 OG in der Fassung vom 16. Dezember 2005, in Kraft seit 1. Juli 2006).
 
Dem Begehren um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung (Art. 152 Abs. 1 und 2 OG) kann entsprochen werden, weil die Bedürftigkeit auf Grund der eingereichten Unterlagen zu bejahen ist, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht als aussichtslos erscheint und die Vertretung durch einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin geboten war (BGE 125 V 371 E. 5b S. 372 mit Hinweisen). Die Beschwerdeführerin wird indessen darauf aufmerksam gemacht, dass sie gemäss Art. 152 Abs. 3 OG der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu im Stande ist.
 
erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege werden sie einstweilen auf die Gerichtskasse genommen.
 
3.
 
Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird Rechtsanwältin Marina Kreutzmann, Zürich, für das Verfahren vor dem Bundesgericht aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) ausgerichtet.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, der Ausgleichskasse Zürcher Arbeitgeber und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt.
 
Luzern, 7. November 2007
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
 
i.V. Widmer Kopp Käch
 
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