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Informationen zum Dokument  BGer 8C_487/2007  Materielle Begründung
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BGer 8C_487/2007 vom 23.11.2007
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
8C_487/2007
 
Urteil vom 23. November 2007
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
 
Bundesrichterinnen Widmer, Leuzinger,
 
Gerichtsschreiber Jancar.
 
Parteien
 
W.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Dr. iur. Fredi Wittenwiler, Fraumünsterstrasse 9, 8001 Zürich,
 
gegen
 
Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich, Arbeitslosenversicherung, Stampfenbachstrasse 32, 8001 Zürich, Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Arbeitslosenversicherung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 11. Juli 2007.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Der 1978 geborene W.________ meldete sich am 17. November 2005 bei der Arbeitslosenversicherung zur Arbeitsvermittlung an und beantragte die Ausrichtung von Arbeitslosenentschädigung. Mit Verfügung vom 1. März 2006 stellte ihn das Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich (AWA) ab 29. November 2005 für die Dauer von 36 Tagen wegen Nichtbefolgung von Kontrollvorschriften/Weisungen in der Anspruchsberechtigung ein. Die dagegen erhobene Einsprache wies es mit Entscheid vom 12. Mai 2006 ab.
 
B.
 
Die hiegegen eingereichte Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 11. Juli 2007 ab.
 
C.
 
Mit Beschwerde beantragt der Versicherte die Aufhebung des kantonalen Entscheides und eventuell die Festlegung der Einstellungsdauer nach leichtem bzw. mittlerem Verschulden.
 
Das AWA und das Staatssekretariat für Wirtschaft verzichten auf eine Vernehmlassung.
 
Erwägungen:
 
1.
 
1.1 Weil die angefochtene Entscheidung nach dem Datum des Inkrafttretens des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG; SR 173.110), dem 1. Januar 2007 (AS 2006 1243), ergangen ist, untersteht die Beschwerde dem neuen Recht (Art. 132 Abs. 1 BGG).
 
1.2 Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG) und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; vgl. Botschaft zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 S. 4338).
 
2.
 
2.1 Die Vorinstanz hat die Bestimmungen über die - im Rahmen des allgemeinen Gebots der Schadenminderung (BGE 130 V 97 E. 3.2 S. 99) - bestehende Pflicht der versicherten Person zur Vermeidung oder Verkürzung der Arbeitslosigkeit (Art. 17 Abs. 1 Satz 1 AVIG), die Einstellung in der Anspruchsberechtigung wegen Nichtbefolgung der Kontrollvorschriften oder Weisungen der zuständigen Amtsstelle (Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG) sowie die vom Verschuldensgrad abhängige Dauer der Sanktion (Art. 30 Abs. 3 Satz 3 AVIG in Verbindung mit Art. 45 Abs. 2 AVIV) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.
 
2.2 Ist die neue Kognitionsregelung anwendbar (E. 1.1), ist aufgrund der Vorbringen in der Beschwerde zu prüfen, ob der angefochtene Gerichtsentscheid in der Anwendung der massgeblichen materiell- und beweisrechtlichen Grundlagen (E. 1.2) Bundesrecht verletzt (Art. 95 BGG), einschliesslich einer allfälligen rechtsfehlerhaften Tatsachenfeststellung (Art. 97 BGG). Hingegen hat eine freie Überprüfung des vorinstanzlichen Entscheides in tatsächlicher Hinsicht ebenso zu unterbleiben wie eine Prüfung der Ermessensbetätigung nach den Grundsätzen zur Angemessenheitskontrolle (BGE 126 V 75 E. 6 S. 81 mit Hinweisen). Auch besteht Bindung an die Parteianträge (BGE 8C_31/2007 vom 25. September 2007, E. 2.2).
 
3.
 
3.1 Anfechtungs- und Streitgegenstand bildet die Einstellung in der Anspruchsberechtigung wegen Nichtbefolgung der Weisungen der zuständigen Amtsstelle (Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG; BGE 131 V 164 E. 2.1). Als Rechtsfragen gelten die gesetzlichen und rechtsprechungsgemässen Regeln über die Einstellung in der Anspruchsberechtigung (Art. 30 AVIG). Zu prüfen ist hierbei insbesondere die falsche Rechtsanwendung (Seiler/von Werdt/Güngerich, Bundesgerichtsgesetz [BGG], Bern 2007, Art. 95 Rz. 9). Diese basiert auf einer grundsätzlich verbindlichen Sachverhaltsfeststellung. Schliesslich ist die Höhe der Einstellungsdauer eine typische Ermessensfrage, deren Beantwortung letztinstanzlicher Korrektur nur mehr dort zugänglich ist, wo das kantonale Gericht das Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt hat, also Ermessensüberschreitung, -missbrauch oder -unterschreitung vorliegt (erwähnter BGE 8C_31/2007, E. 3.1).
 
3.2 Ermessensmissbrauch ist gegeben, wenn die Behörde zwar im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens bleibt, sich aber von unsachlichen, dem Zweck der massgebenden Vorschriften fremden Erwägungen leiten lässt oder allgemeine Rechtsprinzipien, wie das Verbot von Willkür und von rechtsungleicher Behandlung, das Gebot von Treu und Glauben sowie den Grundsatz der Verhältnismässigkeit verletzt (BGE 123 V 150 E. 2 S. 152 mit Hinweisen). Dagegen liegt Ermessensüberschreitung vor, wenn die Behörde Ermessen walten lässt, wo ihr das Gesetz keines einräumt, oder wo sie statt zweier zulässiger Lösungen eine dritte wählt. In diesem Zusammenhang ist auch die Ermessensunterschreitung bedeutsam, die darin besteht, dass die entscheidende Behörde sich als gebunden betrachtet, obschon sie nach Gesetz berechtigt wäre, nach Ermessen zu handeln, oder dass sie auf Ermessensausübung ganz oder teilweise von vornherein verzichtet (BGE 116 V 307 E. 2 S. 310; BGE 8C_179/2007 vom 25. September 2007, E. 2.2).
 
4.
 
4.1 Am 28. November 2005 wies das Regionale Arbeitsvermittlungszentrum X.________ den Beschwerdeführer an, sich bei der Firma Y.________ als Call Center Agent zu bewerben. Unbestritten ist, dass er den auf Mitte Dezember 2005 vereinbarten Vorstellungstermin bei dieser Firma wegen Verschlafens nicht wahrnahm. Die Vorinstanz hat gestützt hierauf zutreffend erkannt, dass der Versicherte damit seiner Schadenminderungspflicht in fahrlässiger Weise nicht nachkam und die Verantwortung für das Nichzustandekommen des Vorstellungsgesprächs trägt, weshalb er zu Recht gestützt auf Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG in der Anspruchsberechtigung eingestellt wurde.
 
Die im unteren Bereich des schweren Verschuldens (Art. 45 Abs. 2 lit. c AVIV) auf 36 Tage festgesetzte Einstellung in der Anspruchsberechtigung ist nicht zu beanstanden, da nicht gesagt werden kann, die Vorinstanz habe ihr Ermessen missbraucht, unter- oder überschritten. Es liegt ein schweres Verschulden vor, da das Verhalten des Versicherten - Verschlafen vor einem Bewerbungsgespräch - nicht zu entschuldigen ist (BGE 130 V 125).
 
4.2 Sämtliche Einwendungen des Beschwerdeführers vermögen an diesem Ergebnis nichts zu ändern.
 
Er macht geltend, ob ihn die Firma Y.________ überhaupt eingestellt hätte, hänge nicht nur von seinem persönlichen Erscheinen ab. Im Vordergrund stehe bei einer Selektion bekanntlich die Eignung, die ihm bei einem späteren Bewerbungsgespräch für die gleiche Stelle bei einer anderen Filiale der Firma Y.________ abgesprochen worden sei. Diese Frage ist indessen nicht entscheidend. Denn für die Erfüllung des Einstellungstatbestandes reicht es aus, dass der Beschwerdeführer durch sein Verhalten (Verschlafen) mitursächlich dazu beigetragen hat, dass es nicht zum Abschluss eines Arbeitsvertrages kam (in BGE 130 V 125 nicht veröffentlichte E. 1, zitiert in SVR 2004 ALV Nr. 11 S. 31, C 162/02; ARV 1999 Nr. 33 S. 193 E. 2; vgl. auch Urteil C 181/00 vom 12. März 2001, E. 2b). Nichts zu seinen Gunsten ableiten kann der Versicherte aus dem Argument, die Firma Y.________ habe keine Terminverschiebung gewähren wollen, obwohl er ihr 20 Minuten vor dem vereinbarten Bewerbungstermin telefonisch mitgeteilt habe, er könne diesen nicht einhalten.
 
Nicht gefolgt werden kann dem Vorbringen des Versicherten, die vorinstanzliche Feststellung, er sei mit dem Nichterscheinen zum Vorstellungsgespräch seiner Schadenminderungspflicht nicht nachgekommen, sei willkürlich, da sie seine übrigen Anstrengungen zur Schadenminderung durch Erzielung von Zwischenverdienst seit November 2005 missachte.
 
Weiter wendet der Versicherte ein, es habe sich um ein einmaliges Missgeschick gehandelt, weshalb es ihm nicht als schweres Verschulden angelastet werden könne. Er habe vor und nach dem "verpatzten" Bewerbungsgespräch sämtliche Kontrollvorschriften und Weisungen der zuständigen Amtsstelle ordentlich befolgt. Wenn schon wäre ein leichtes Verschulden anzunehmen und die Einstellungsdauer entsprechend zu reduzieren. Dieser Einwand ist nicht stichhaltig. Entgegen der Auffassung des Versicherten kann in der Einstellungsdauer von 36 Tagen weder eine Ermessensüberschreitung noch eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit erblickt werden (vgl. E. 3.2 hievor). Nichts zu seinen Gunsten ableiten kann er aus dem Urteil C 207/05 vom 31. Oktober 2006, in dem eine Einstellungsdauer von 31 Tagen (schweres Verschulden) gegenüber einem Versicherten ausgesprochen wurde, der vom Arbeitgeber entlassen worden war, weil er trotz dreier schriftlichen Mahnungen mehrmals zu spät zur Arbeit erschienen war. Aus diesem Urteil kann nicht geschlossen werden, das einmalige Verschlafen des Beschwerdeführers dürfe nicht als schweres Verschulden taxiert werden.
 
5.
 
Da die Beschwerde offensichtlich unbegründet ist, wird sie im Verfahren Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG erledigt. Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 62 BGG). Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer als der unterliegenden Partei aufzuerlegen (Art. 66 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Staatssekretariat für Wirtschaft schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 23. November 2007
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
Ursprung Jancar
 
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