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Informationen zum Dokument  BGer 4A_437/2007  Materielle Begründung
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BGer 4A_437/2007 vom 05.02.2008
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
4A_437/2007 /len
 
Urteil vom 5. Februar 2008
 
I. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Corboz, Präsident,
 
Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch,
 
Bundesrichter Kolly,
 
Bundesrichterin Kiss,
 
Gerichtsschreiber Leemann.
 
Parteien
 
A.________,
 
Beschwerdeführerin,
 
vertreten durch Advokat Simon Rosenthaler,
 
gegen
 
X.________ Krankenversicherung,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Taggeldansprüche aus Versicherungsvertrag,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, vom 27. Juni 2007.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
A.a A.________ (Beschwerdeführerin) arbeitete von Februar 1985 bis 15. Oktober 2003 bei der Y.________ AG als Verkäuferin und Kassiererin. Da die Arbeitgeberin für ihre Arbeitnehmenden mit der X.________ Krankenversicherung (Beschwerdegegnerin) eine Kollektiv-Taggeldversicherung nach Versicherungsvertragsgesetz (VVG) abgeschlossen hatte, war die Beschwerdeführerin für das Risiko eines krankheitsbedingten Lohnausfalles nach Massgabe dieses Versicherungsvertrags versichert.
 
Am 15. Oktober 2003 wurde die Beschwerdeführerin wegen Verdachts auf Diebstahl am Arbeitsplatz verhaftet und mit Schreiben vom gleichen Tag wurde ihr gegenüber die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen. In der Folge bescheinigten ihr der Hausarzt Dr. med. B.________ ab dem 16. Oktober 2003 und Dr. med. C.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, ab dem 17. November 2003 eine vollständige Arbeitsunfähigkeit.
 
A.b Nachdem die frühere Arbeitgeberin die Arztzeugnisse an die Beschwerdegegnerin weitergeleitet hatte, teilte diese der Beschwerdeführerin - unter Hinweis auf die Umstände der am 15. Oktober 2003 erfolgten Kündigung - mit Schreiben vom 21. November 2003 mit, dass sie die beiden Bescheinigungen betreffend Arbeitsunfähigkeit nicht akzeptieren könne.
 
In der Folge bot die Beschwerdegegnerin mit Schreiben vom 1. Dezember 2003 den Übertritt in eine Einzel-Taggeldversicherung an, mit welcher der "bisherige Versicherungsumfang vollumfänglich gewahrt und ohne Vorbehalte [...] übernommen" werde. Diese Offerte nahm die Beschwerdeführerin mit schriftlicher Erklärung vom 3. Dezember 2003 an.
 
Die Beschwerdegegnerin erstattete der Beschwerdeführerin am 5. April 2004 die bezahlten Prämien in der Höhe von insgesamt Fr. 206.75 zurück und stellte der Beschwerdeführerin keine Prämien mehr in Rechnung.
 
A.c Mit Schreiben vom 16. März 2005 ersuchte die Beschwerdeführerin die Beschwerdegegnerin mit Hilfe ihres Rechtsvertreters um Ausrichtung von Krankentaggeldern. Nachdem auch die öffentliche Arbeitslosenkasse ihre Vermittlungsunfähigkeit zufolge Krankheit bestätigt habe, lasse sich die gegenteilige Auffassung der Beschwerdegegnerin nicht mehr aufrecht erhalten. Mit Schreiben vom 11. Mai 2005 verweigerte die Beschwerdegegnerin die Auszahlung der geforderten Krankentaggelder mit der Begründung, dass die Versicherungsdeckung in konkludentem und gegenseitigem Einvernehmen per 15. Oktober 2003 aufgehoben worden sei.
 
B.
 
Mit Eingabe vom 26. Juni 2006 klagte die Beschwerdeführerin beim Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, auf Zahlung von Fr. 68'595.45 zuzüglich Zins zu 5 % seit 9. November 2004.
 
Das Kantonsgericht Basel-Landschaft wies die Klage mit Urteil vom 27. Juni 2007 ab.
 
C.
 
Gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 27. Juni 2007 erhob die Beschwerdeführerin beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen. Sie beantragt die Aufhebung des Urteils des Kantonsgerichts vom 27. Juni 2007 sowie die Gutheissung der Klage im Umfang von Fr. 50'825.-- zuzüglich Zins zu 5 % seit 9. November 2004. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
 
Mit Verfügung vom 27. November 2007 wurde das Gesuch der Beschwerdeführerin um Erteilung der unentgeltlichen Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren gutgeheissen.
 
Die Beschwerdegegnerin beantragt in ihrer Stellungnahme die Abweisung der Beschwerde, eventualiter die Rückweisung zur Neubeurteilung an die Vorinstanz.
 
Erwägungen:
 
1.
 
1.1 Die Beschwerde in Zivilsachen kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 mit Hinweisen). Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (zur Publikation vorgesehenes Urteil 4A_155/2007 vom 9. Oktober 2007, E. 1.2; BGE 133 II 249 E. 1.4.1).
 
1.2 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Überdies muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein (Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).
 
2.
 
Umstritten ist vorliegend, ob der im Dezember 2003 zwischen den Parteien rechtswirksam zustande gekommene Vertrag über eine Einzel-Taggeldversicherung konkludent, und zwar rückwirkend per 15. Oktober 2003, aufgehoben wurde.
 
2.1 Die Vorinstanz ist angesichts der gesamten Umstände von einer konkludent zustande gekommenen Aufhebungsvereinbarung im Sinne von Art. 115 OR ausgegangen und hat den Anspruch auf Leistung von Taggeldern mangels vertraglicher Grundlage abgelehnt. Die Vorinstanz erwog dazu, dass die Beschwerdeführerin aufgrund der Rückerstattung der Prämien sowie des Verzichts auf weitere Rechnungsstellung für die Versicherungsprämien davon ausgehen musste, dass die Beschwerdegegnerin nicht mehr nur die Arbeitsunfähigkeit in Zweifel zog, sondern grundsätzlich den Bestand des Vertragsverhältnisses in Frage stellte. Da ein solcher Umstand auch bei einer geschäftsunkundigen Person Fragen aufwerfen müsse, hätte sie nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr veranlasst sein müssen, die Beschwerdegegnerin nach den Gründen dafür zu fragen. Da diese Nachfrage ausgeblieben und die Beschwerdeführerin in dieser Angelegenheit gemäss Vollmacht vom 23. Januar 2004 offensichtlich frühzeitig anwaltlich beraten worden sei, habe die Beschwerdegegnerin davon ausgehen dürfen, dass die Beschwerdeführerin von ihrem Willen zur rückwirkenden Aufhebung des Versicherungsvertrags Kenntnis hatte. Ausschlaggebend sei aber, dass die Beschwerdegegnerin aus dem bis im März 2005 andauernden Schweigen der Beschwerdeführerin darauf vertrauen durfte, dass diese mit ihrem Aufhebungsangebot einverstanden war.
 
2.2 Die Beschwerdeführerin bestreitet das Zustandekommen eines gültigen Aufhebungsvertrags, da kein Fall vorliege, in dem gemäss Art. 6 OR nach den Umständen eine ausdrückliche Annahmeerklärung nicht zu erwarten sei. Zudem stehe vorliegend neben der rückwirkenden Vertragsaufhebung ein Verzicht auf sämtliche (wenn auch bestrittene) Versicherungsansprüche aus dem Ereignis vom 15. Oktober 2003 in Frage, der nicht leichthin anzunehmen sei. Die Umstände sprechen nach Ansicht der Beschwerdeführerin dafür, dass eine derartige Offerte zur Vertragsaufhebung, soweit eine solche überhaupt vorliege, nur durch ausdrückliche Erklärung angenommen werden könne. Die unterlassene Geltendmachung von Rechten während längerer Zeit dürfe nicht als Verzicht gewertet werden, weshalb der Hinweis der Vorinstanz, die Beschwerdeführerin habe bis im März 2005 geschwiegen und damit zu erkennen gegeben, dass sie das Aufhebungsangebot akzeptiere, fehl gehe.
 
2.3 Die Beschwerdegegnerin bringt vor, die formfreie Aufhebung des Versicherungsvertrags zwischen den Parteien sei zulässig und gültig zustande gekommen. Das Verhalten der Beschwerdegegnerin (wie etwa die Rückerstattung der bereits bezahlten Prämien sowie das Ausbleiben einer Fakturierung weiterer Prämien) lasse nur den Schluss zu, die Beschwerdegegnerin habe ihrer Versicherten die rückwirkende Aufhebung des Versicherungsvertrags offeriert.
 
Weiter führt die Beschwerdegegnerin aus, im Verhalten der Beschwerdeführerin sei der Zustimmungswille zur rückwirkenden Vertragsaufhebung zweifellos dokumentiert. Wäre die Beschwerdeführerin vom weiteren Bestand des Versicherungsvertrags ausgegangen, so hätte sie ihre bereits vorher geltend gemachten Taggeldansprüche zweifellos unmittelbar weiterverfolgt und nicht zehn Monate zugewartet. Mit diesen Ausführungen weicht die Beschwerdegegnerin von den - für das Bundesgericht verbindlichen (Art. 105 Abs. 1 BGG) - Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz ab, ohne substantiiert darzulegen, inwiefern die Voraussetzungen einer Ausnahme gemäss Art. 105 Abs. 2 BGG gegeben sind (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.3; 133 III 350 E. 1.3, 393 E. 7.1, 462 E. 2.4). Soweit die Beschwerdegegnerin einen tatsächlichen Willen der Beschwerdeführerin zur Vertragsaufhebung geltend machen will, kann sie daher nicht gehört werden.
 
2.4 Da kein übereinstimmender tatsächlicher Wille der Parteien zur Vertragsaufhebung festgestellt werden konnte, sind die vertragsbezogenen Willenserklärungen nach dem Vertrauensgrundsatz so auszulegen, wie sie vom Empfänger nach Treu und Glauben verstanden werden durften und mussten. Vorliegend stehen weder in Bezug auf die Offerte der Beschwerdegegnerin zur Vertragsaufhebung noch hinsichtlich deren Annahme durch die Beschwerdeführerin ausdrückliche Erklärungen in Frage. Die Parteierklärungen sind nach dem gesamten Zusammenhang auszulegen, in dem sie stehen sowie nach den Umständen, die ihnen vorausgegangen und unter denen sie abgegeben worden sind (vgl. BGE 132 III 24 E. 4 S. 28; 131 III 280 E. 3.1; 130 III 417 E. 3.2, je mit Hinweisen). Dabei entscheidet der Vertrauensgrundsatz auch darüber, ob überhaupt eine Willenserklärung vorliegt (Gauch/Schluep/Schmid/Rey, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Bd. I, 8. Aufl., Zürich 2003, Rz. 208; Alfred Koller, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Bd. I, Bern 2006, § 3 N. 184; vgl. BGE 120 II 197 E. 2b/bb S. 200; 116 II 695 E. 2b S. 696). Zu welchem Ergebnis eine solche Auslegung führt, ist eine Frage der Rechtsanwendung, über die das Bundesgericht frei entscheidet, wobei es an die Feststellungen des kantonalen Gerichts über die Umstände des Vertragsschlusses und das Wissen der Vertragsparteien gebunden ist (BGE 132 III 24 E. 4 S. 28, 268 E. 2.3.2, 626 E. 3.1, je mit Hinweisen).
 
2.4.1 Die Vorinstanz hielt zunächst zutreffend dafür, dass die Beschwerdeführerin die Prämienrückzahlung nicht ohne weiteres als Offerte zur Aufhebung des Einzel-Taggeldversicherungsvertrags vom 3. Dezember 2003 interpretieren musste. Die Erwägung der Vorinstanz, wonach die Rückerstattung der gesamten bereits erbrachten Prämien in Kombination mit dem Ausbleiben weiterer Prämienrechnungen bei der Beschwerdeführerin Fragen hätte aufwerfen müssen und sie nach Treu und Glauben veranlasst gewesen wäre, bei der Beschwerdegegnerin nach den Gründen dafür zu fragen, reicht jedoch nicht aus, um von einer Offerte der Beschwerdegegnerin zur rückwirkenden Vertragsaufhebung gestützt auf das Vertrauensprinzip auszugehen. Vielmehr weist der Umstand, dass auch nach Auffassung der Vorinstanz eine Nachfrage angezeigt war, darauf hin, dass das Erklärungsverhalten der Beschwerdegegnerin aus Sicht der Beschwerdeführerin keineswegs eindeutig sein musste und nach Treu und Glauben nicht als ein entsprechendes Angebot zu verstehen war (vgl. Ernst Kramer, Berner Kommentar, N. 11 zu Art. 1 OR; Koller, a.a.O., § 3 N. 160, 179). Mit der Erwägung, die Beschwerdegegnerin habe aufgrund der ausgebliebenen Nachfrage und der Tatsache, dass die Beschwerdeführerin frühzeitig anwaltlich beraten wurde, von deren Kenntnis ihres Willens zur rückwirkenden Aufhebung des Versicherungsvertrags ausgehen dürfen, verkennt die Vorinstanz die Bedeutung des Vertrauensprinzips. Bei der Frage des Bestehens einer Offerte zur Vertragsauflösung steht nämlich zunächst das Erklärungsverhalten der Beschwerdegegnerin in Frage und es ist demnach zu ermitteln, wie die Empfängerin - somit die Beschwerdeführerin - das Verhalten der Beschwerdegegnerin im damaligen Zeitpunkt und unter Würdigung aller ihr erkennbaren Umstände in guten Treuen verstehen durfte und musste (Gauch/Schluep/Schmid/Rey, a.a.O., Rz. 209; Eugen Bucher, Basler Kommentar, N. 6 zu Art. 1 OR; Ingeborg Schwenzer, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 4. Aufl., Bern 2006, Rz. 27.41). Entscheidend für die Frage, ob ein Angebot im Rechtssinne vorliegt, ist somit der Empfängerhorizont (BGE 116 II 695 E. 2b S. 696 f.; Kramer, a.a.O., N. 102 zu Art. 1 OR; Gauch/Schluep/Schmid/Rey, a.a.O., Rz. 216; Koller, a.a.O., § 3 N. 175). Folglich lässt sich aus der Erwägung, dass die Beschwerdegegnerin davon ausgehen durfte, dass die Beschwerdeführerin von ihrem Willen zur rückwirkenden Aufhebung des Versicherungsvertrags Kenntnis hatte, entgegen der Vorinstanz nicht auf eine rechtsgenügende Äusserung dieses Willens gestützt auf den Vertrauensgrundsatz schliessen.
 
Die Frage, ob die erfolgte Rückerstattung der bereits erbrachten Prämien in Kombination mit dem Ausbleiben weiterer Prämienrechnungen nach Treu und Glauben als Angebot zur rückwirkenden Vertragsaufhebung per 15. Oktober 2003 hätte verstanden werden müssen, kann jedoch offen bleiben, da vorliegend eine stillschweigende Annahme einer solchen Offerte jedenfalls zu verneinen ist.
 
2.4.2 Der Vorinstanz ist nicht zu folgen, soweit sie dafür hielt, dass die Beschwerdegegnerin aus dem bis im März 2005 andauernden Schweigen der Beschwerdeführerin darauf vertrauen durfte, dass diese mit dem Aufhebungsangebot einverstanden war. Die Vorinstanz verkennt insbesondere, dass mit einer rückwirkenden Vertragsaufhebung ein Verzicht auf sämtliche bereits entstandenen Versicherungsansprüche aufgrund der behaupteten Arbeitsunfähigkeit der Beschwerdeführerin einhergeht.
 
Ein Vertrag gilt bei Ausbleiben einer Ablehnung dann als abgeschlossen, wenn wegen der besonderen Natur des Geschäfts oder nach den Umständen eine ausdrückliche Annahme nicht zu erwarten ist (Art. 6 OR). Während im Regelfall Stillschweigen auf ein Angebot dessen Ablehnung bedeutet, konkretisiert die erwähnte Bestimmung den Vertrauensgrundsatz. Auch ein Aufhebungsvertrag nach Art. 115 OR kann grundsätzlich konkludent zustande kommen. Vorausgesetzt ist dabei, dass das Verhalten der Gläubigerin nach der allgemeinen Lebenserfahrung und Verkehrsanschauung den Schluss auf einen Verzichtswillen begründet erscheinen lässt (Aepli, Zürcher Kommentar, N. 30 zu Art. 115 OR). Nach der Rechtsprechung bedarf der Schulderlass den klar zum Ausdruck gebrachten Willen auf einen endgültigen Verzicht, womit nicht leichthin auf einen solchen Willen geschlossen werden darf (BGE 109 II 327 E. 2b S. 329; Urteil 4C.55/2007 vom 26. April 2007, E. 4.2; 4C.363/2001 vom 7. Juli 2003, E. 3). So genügt etwa weder die gelegentliche Nichtausübung eines Rechts (BGE 59 II 264 E. 8 S. 303) noch die Nichtgeltendmachung einer Forderung während längerer Zeit ohne zusätzliche besondere Umstände, die zum bloss passiven Verhalten des Gläubigers hinzutreten (BGE 54 II 197 E. 3 S. 202; Urteil 4C.363/2001 vom 7. Juli 2003, E. 3; Aepli, Zürcher Kommentar, N. 36 ff. zu Art. 115 OR mit weiteren Hinweisen). Diese Grundsätze gelten auch für den Versicherungsvertrag nach VVG (SR 221.229.1; vgl. Art. 100 Abs. 1 VVG), dessen Aufhebung gemäss Art. 115 OR grundsätzlich ebenfalls formlos möglich ist (vgl. Gerhard Stoessel, Basler Kommentar, N. 11 vor Art. 1-3 VVG; Alfred Maurer, Schweizerisches Privatversicherungsrecht, 3. Aufl., Bern 1995, S. 230).
 
Vorliegend durfte die Beschwerdegegnerin aus dem bis im März 2005 andauernden Schweigen der Beschwerdeführerin nach erfolgter Rückerstattung der bereits erbrachten Vertragsleistungen sowie der fehlenden Reaktion auf das Ausbleiben weiterer Prämienrechnungen entgegen der Vorinstanz nicht auf deren Willen zur rückwirkenden Aufhebung des Einzel-Taggeldversicherungsvertrags schliessen. Nachdem sich die versicherte Gefahr (d.h. die Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit) zu jenem Zeitpunkt nach Ansicht der Beschwerdeführerin - für die Beschwerdegegnerin ersichtlich - bereits verwirklicht hatte, und sich damit die dem Versicherungsvertrag zugrunde liegende Risikoverteilung zu ihren Gunsten ausgewirkt hatte, liess sich aus ihrem blossen passiven Verhalten bzw. dem knapp ein Jahr dauernden Zuwarten nach Treu und Glauben kein genügend klarer Wille für die Zustimmung zur rückwirkenden Vertragsaufhebung unter Verlust sämtlicher allfällig entstandener Versicherungsansprüche ableiten.
 
3.
 
Das Urteil der Vorinstanz hält demnach einer Überprüfung nicht stand. Über den Hauptantrag der Beschwerdeführerin auf Zusprechung von Fr. 50'825.-- zuzüglich Zins zu 5 % seit 9. November 2004 (Ziffer 1 der Beschwerde) kann jedoch nicht entschieden werden, da die dafür erforderlichen tatsächlichen Feststellungen fehlen. Entsprechend ist die Beschwerde in Zivilsachen teilweise gutzuheissen, das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 27. Juni 2007 aufzuheben und die Sache gestützt auf Art. 107 Abs. 2 BGG zur Sachverhaltsergänzung und zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Vorinstanz hat somit die Voraussetzungen für die von der Beschwerdeführerin gestützt auf den Einzel-Taggeldversicherungsvertrag geltend gemachten Taggeldansprüche zu prüfen.
 
Angesichts des offenen Ausgangs des kantonalen Verfahrens sind praxisgemäss die Gerichtskosten den Parteien zur Hälfte aufzuerlegen und die Parteikosten für das bundesgerichtliche Verfahren wettzuschlagen. Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ist der Gerichtskostenanteil der Beschwerdeführerin auf die Gerichtskasse zu nehmen (Art. 64 Abs. 1 und 4 BGG). Auch das Honorar des Rechtsbeistands der Beschwerdeführerin geht auf die Gerichtskasse (Art. 64 Abs. 2 und 4 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen, das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, vom 27. Juni 2007 wird aufgehoben und die Sache zur Sachverhaltsergänzung und zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden den Parteien je zur Hälfte auferlegt, wobei die Beschwerdeführerin zufolge Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege von der Bezahlung ihres Anteils befreit wird.
 
3.
 
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
 
4.
 
Advokat Simon Rosenthaler, Liestal, wird aus der Bundesgerichtskasse ein Honorar von Fr. 3'000.-- ausgerichtet.
 
5.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 5. Februar 2008
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
Corboz Leemann
 
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