BGer 2C_756/2007 | |||
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BGer 2C_756/2007 vom 13.02.2008 | |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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2C_756/2007/ble
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Urteil vom 13. Februar 2008
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II. öffentlich-rechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Merkli, Präsident,
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Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
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Gerichtsschreiber Klopfenstein.
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Parteien
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X.________,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Fremdenpolizei des Kantons Schwyz,
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Regierungsrat des Kantons Schwyz.
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Gegenstand
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Aufenthaltsbewilligung / Ausweisung,
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Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz, Kammer III, vom 30. Oktober 2007.
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Sachverhalt:
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A.
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Der aus dem Kosovo stammende X.________ (geb. 1981) heiratete am 21. August 2001 in der Heimat seine in der Schweiz niederlassungsberechtigte Landsfrau Y.________ (geb. 1982), reiste am 11. Februar 2002 im Rahmen des Familiennachzugs zu ihr ein und erhielt eine Aufenthaltsbewilligung. Das Ehepaar hat eine gemeinsame Tochter (geb. 2005).
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B.
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Am 5. Juni 2004 verursachten X.________ und ein anderer Fahrzeuglenker bei A.________ einen schweren Verkehrsunfall, bei welchem dieser letztere Fahrzeuglenker, dessen Mitfahrer und der Fahrer eines korrekt entgegenkommenden Wagens ums Leben kamen. Das zweitinstanzlich urteilende Kantonsgericht St. Gallen erwog mit rechtskräftigem Urteil vom 5. September 2006 zum Unfallhergang, die Verursacher hätten sich ein "Duell" bzw. eine "halsbrecherische Parallelfahrt" auf der Strasse geliefert. Das Kantonsgericht bestätigte gegenüber X.________ den erstinstanzlichen Schuldspruch und insbesondere die Freiheitsstrafe von sechs Jahren Zuchthaus wegen u.a. mehrfacher (eventual-)vorsätzlicher Tötung.
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Noch während des beim Kantonsgericht hängigen Rechtsmittelverfahrens, am 20. Mai 2006, war X.________ erneut als Autoraser aufgefallen: In B.________ lenkte er einen Personenwagen mit 127 km/h statt der erlaubten 80 km/h. Beide Delikte hatten Führerausweisentzüge von insgesamt 10 Monaten zur Folge.
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C.
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Mit Verfügung vom 1. Mai 2007 stellte die Fremdenpolizei des Kantons Schwyz fest, der Anspruch von X.________ auf Erteilung der Niederlassungsbewilligung sei erloschen. Gleichzeitig verweigerte die Fremdenpolizei die Verlängerung der noch bis zum 10. Februar 2007 gültig gewesenen Aufenthaltsbewilligung des Betroffenen und wies diesen auf den Tag der Haftentlassung aus der Schweiz aus.
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Eine hiegegen erhobene Beschwerde beim Regierungsrat des Kantons Schwyz blieb erfolglos, und am 30. Oktober 2007 (Versand des Urteils am 21. November 2007) wies das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz die gegen den regierungsrätlichen Beschluss vom 7. August 2007 gerichtete Beschwerde ebenfalls ab.
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D.
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Mit Eingabe vom 20. Dezember 2007 führt X.________ Beschwerde (in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) beim Bundesgericht mit dem Antrag, den "Wegweisungsentscheid" (recte: das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz vom 30. Oktober 2007) aufzuheben. Eventuell sei das bundesgerichtliche Verfahren bis zum Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen über die beantragte "Wiederaufnahme des Verfahrens wegen mehrfacher eventualvorsätzlicher Tötung" zu sistieren. Gleichzeitig wird um unentgeltliche Rechtspflege ersucht.
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Mit Verfügung vom 8. Januar 2008 hat der Abteilungspräsident der Beschwerde - antragsgemäss - aufschiebende Wirkung erteilt.
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Die kantonalen Akten sind eingeholt, ein Schriftenwechsel ist nicht durchgeführt worden. Das Urteil ergeht im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 BGG; es wird summarisch begründet (Art. 109 Abs. 3 BGG).
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Erwägungen:
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1.
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Am 1. Januar 2008 ist das Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG, SR 142.20) in Kraft getreten. Massgebend für die materielle Beurteilung bleibt vorliegend aber, in analoger Anwendung von Art. 126 Abs. 1 AuG, grundsätzlich das bisherige Recht. Die hier zu beurteilende Streitsache richtet sich damit noch nach dem inzwischen aufgehobenen Bundesgesetz vom 26. Mai 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG) und seinen Ausführungserlassen. Das Verfahren richtet sich dagegen nach dem neuen Recht (Art. 126 Abs. 2 AuG).
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2.
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2.1 Gegen die verfügte Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung ist - da der Beschwerdeführer als Ehemann einer Niedergelassenen gestützt auf Art. 17 Abs. 2 ANAG und Art. 8 EMRK einen grundsätzlichen Anspruch darauf hat - die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig, ebenso gegen die mit dieser Massnahme verbundene förmliche Ausweisung (Art. 83 lit. c Ziff. 1 BGG e contrario).
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2.2 Die Ansprüche des Ausländers aus Art. 17 Abs. 2 ANAG erlöschen, wenn er gegen die öffentliche Ordnung verstossen hat; er kann aus der Schweiz oder aus einem Kanton ausgewiesen werden, wenn er wegen eines Vergehens oder Verbrechens gerichtlich bestraft wurde (Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG). Dieser Ausweisungsgrund ist vorliegend erfüllt (vgl. vorne "B."). Die blosse Ankündigung bzw. Einleitung eines Revisionsverfahrens vermag hieran nichts zu ändern, so lange der Revisionsrichter die Vollziehbarkeit des Urteils nicht aufschiebt; es ist dem Beschwerdeführer gegebenenfalls zuzumuten, sein Revisionsverfahren vom Ausland her zu führen. Aus demselben Grund besteht kein Anlass, das vorliegende Verfahren zu sistieren.
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Die Ausweisung soll aber nur verfügt werden, wenn die nach Art. 11 Abs. 3 ANAG gebotene Interessenabwägung diese Massnahme als angemessen, d.h. als verhältnismässig (vgl. BGE 125 II 521 E. 2a S. 523) erscheinen lässt. Dabei sind namentlich die Schwere des Verschuldens des Ausländers, die Dauer der Anwesenheit sowie die dem Betroffenen und seiner Familie drohenden Nachteile zu berücksichtigen (vgl. Art. 16 Abs. 3 der Vollziehungsverordnung vom 1. März 1949 zum Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer [ANAV]; BGE 129 II 215 E. 3 und 4 S. 216 ff.; 125 II 105 ff.).
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2.3 Ausgangspunkt für die Interessenabwägung gemäss Art. 11 Abs. 3 ANAG ist das Verschulden des Ausländers. Dieses findet vorab im vom Strafrichter verhängten Strafmass seinen Ausdruck. Dabei sind umso strengere Anforderungen an die Schwere des strafrechtlichen Verschuldens zu stellen, je länger ein Ausländer in der Schweiz gelebt hat. Aber selbst bei in der Schweiz geborenen Ausländern der "zweiten Generation" ist die Ausweisung zulässig, wenn der Ausländer besonders schwere Gewalt-, Sexual- oder Betäubungsmitteldelikte begangen oder wiederholt schwer delinquiert hat. Unter Berücksichtigung aller entscheidenden Umstände kann schon eine einzige Verurteilung wegen einer besonders schwer wiegenden Straftat zur Ausweisung führen (zum Ganzen: BGE 130 II 176 E. 4.2-4.4 S. 185 ff.; 129 II 215 E. 3.2 S. 216 f.).
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3.
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3.1 Das Verwaltungsgericht hat im Wesentlichen erwogen, das Verschulden des Beschwerdeführers am Verkehrsunfall vom 5. Juni 2004 wiege schwer. Die erneute massive Geschwindigkeitsübertretung am 20. Mai 2006 - im Wissen um die erstinstanzliche Verurteilung wegen des Unfalls mit Todesfolge - zeuge sodann von "einem fehlenden Willen und einer fehlenden Fähigkeit, sich in die im Gaststaat geltende Ordnung einzufügen" (S. 8 des angefochtenen Entscheides). Die Ausweisung erweise sich auch als verhältnismässig: Die Zweisprachigkeit des Beschwerdeführers und die hier erworbenen Berufskenntnisse als Textilmitarbeiter bzw. Eisenleger würden es diesem ermöglichen, in seiner Heimat, wo seine Eltern und vier Schwestern lebten, beruflich leichter Fuss zu fassen, zumal sein beruflicher Leumund "in Ordnung" sei (S. 9 des angefochtenen Entscheides). Seiner Ehefrau und dem gemeinsamen Kind sei es zuzumuten, ihm in die Heimat zu folgen, zumal die Ehefrau nach wie vor über "enge Verbindungen zu ihren kulturellen Wurzeln" verfüge (S. 10 des angefochtenen Entscheides).
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3.2 Diese tatsächlichen Feststellungen und die von der Vorinstanz daraus gezogenen rechtlichen Schlussfolgerungen lassen sich nicht beanstanden: Das gegen den Beschwerdeführer verhängte Strafmass liegt weit über dem Richtwert, welcher nach der - für ausländische Ehegatten von Schweizern geltenden - so genannten Zweijahresregel (dazu BGE 110 Ib 201, 130 II 176 E. 4.1 S. 185) für den Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung massgebend wäre. Keine 24 Monate nach dem Verkehrsunfall mit drei Todesopfern ist der Beschwerdeführer zudem wiederum als Autoraser aufgefallen. Entsprechend gross ist daher das öffentliche Interesse, ihn von der Schweiz fernzuhalten. Andererseits ist er, der als Erwachsener in die Schweiz gekommen ist und erst relativ kurze Zeit hier lebt, kein "Ausländer der zweiten Generation", der nur bei besonders gravierender Delinquenz ausgewiesen werden dürfte (vorne E. 2.3). Der Beschwerdeführer ist mit den Verhältnissen in seiner Heimat nach wie vor vertraut, und die Rückkehr in den Kosovo ist grundsätzlich auch der ebenfalls von dort stammenden, in der Schweiz niederlassungsberechtigten Ehefrau und dem sich noch in einem anpassungsfähigen Alter befindenden gemeinsamen Kind zumutbar. In der Beschwerdeschrift wird nichts vorgebracht, was die Bundesrechtskonformität der Ausweisung des Beschwerdeführers (welche ex lege auch die Aufenthaltsbewilligung zum Erlöschen bringt, vgl. Art. 9 Abs. 1 lit. d ANAG) in Frage stellen könnte. Seine Bereitschaft, inskünftig auf einen Führerausweis der Kategorie B zu verzichten, ändert nichts.
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4.
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Die Beschwerde ist als offensichtlich unbegründet abzuweisen (Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG). Bei diesem Ausgang sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens vom Beschwerdeführer zu tragen (Art. 65 und 66 BGG). Seinem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege kann wegen Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels nicht entsprochen werden (Art. 64 Abs. 1 BGG). Der wirtschaftlichen Lage des Beschwerdeführers wird bei der Bemessung der Gerichtskosten Rechnung getragen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2.
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Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen,
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3.
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Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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4.
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Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, Kammer III, und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 13. Februar 2008
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Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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Merkli Klopfenstein
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