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Informationen zum Dokument  BGer 2C_422/2007  Materielle Begründung
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BGer 2C_422/2007 vom 19.02.2008
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
2C_422/2007
 
Urteil vom 19. Februar 2008
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Merkli, Präsident,
 
Bundesrichter Hungerbühler, Karlen,
 
Gerichtsschreiber Küng.
 
Parteien
 
X.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
1. Jagdgesellschaft Hochwacht,
 
Schönenbühlstrasse 28, 5430 Wettingen,
 
2. Gemeinderat Leuggern, 5316 Leuggern,
 
3. Gemeinderat Full-Reuenthal, 5324 Full-Reuenthal,
 
Beschwerdegegner,
 
4. Departement Bau, Verkehr und Umwelt, Abteilung Wald, Sektion Jagd und Fischerei,
 
Entfelderstrasse 22, 5001 Aarau.
 
5. Bezirksjagdkommission Zurzach,
 
Schrägweg 24, 5727 Oberkulm,
 
Gegenstand
 
Art. 13 Abs. 2 JSG (Entschädigung von Wildschweinschaden)
 
Beschwerde gegen das Urteil der Kantonalen Jagdkommission vom 19. April 2007.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Am 15. April 2005 wurde auf den Parzellen "A.________" in Leuggern und "B.________" in Full-Reuenthal, auf denen X.________ Weizen angebaut hatte, ein Wildschweinschaden festgestellt. Der Schadenexperte bezifferte die Schäden auf Fr. 902.-- bzw. auf Fr. 205.--. Die Felder waren nicht umzäunt und wiesen an einer Stelle einen Waldabstand von lediglich fünf bzw. sechs Meter auf. Aus diesen beiden Gründen kürzten die kantonalen Instanzen die Entschädigung des Wildschweinschadens um 60 %, d.h. um Fr. 541.20 bzw. Fr. 123.--. Die Kantonale Jagdkommission wies am 19. April 2007 die von X.________ gegen diese Reduktion ergriffene Beschwerde ab.
 
B.
 
X.________ beantragt dem Bundesgericht mit Beschwerde, den Entscheid der Kantonalen Jagdkommission vom 19. April 2007 aufzuheben. Weiter stellt er verschiedene Feststellungsbegehren.
 
Die Jagdgesellschaft Hochwacht, die Bezirksjagdkommission Zurzach, das Departement Bau, Verkehr und Umwelt des Kantons Aargau sowie die Gemeinde Full-Reuenthal haben sich nicht vernehmen lassen.
 
Die Gemeinde Leuggern und die Kantonale Jagdkommission haben auf eine Stellungnahme verzichtet.
 
Das ebenfalls zur Vernehmlassung eingeladene Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation ist der Ansicht, dass der angefochtene Entscheid das den kantonalen Behörden zustehende Ermessen nicht überschreite und kein Bundesrecht verletze.
 
Erwägungen:
 
1.
 
1.1 Der Beschwerdeführer stellt neben dem Antrag auf Aufhebung des Urteils der Kantonalen Jagdkommission drei Feststellungsbegehren. Aus der Begründung ergibt sich jedoch, dass er nicht bloss die von ihm beantragten Feststellungen anstrebt, sondern sich gegen die Kürzung der Entschädigung für die erlittenen Schwarzwildschäden wendet.
 
1.2 Soweit die Begehren auch Fragen betreffen, die nicht Gegenstand des angefochtenen Entscheids bilden, ist darauf nicht einzutreten.
 
1.3 Das Gleiche gilt für die erhobene Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs. Das verfassungsrechtliche Anhörungsrecht gilt nicht beim Erlass von verwaltungsinternen Richtlinien.
 
2.
 
2.1 Die Vorinstanz gelangt zum Schluss, dass der Beschwerdeführer bei den umstrittenen Schadenfällen nicht alle ihm zumutbaren Massnahmen getroffen habe, um deren Eintritt zu verhindern. Sie reduziert aus diesem Grund die zugesprochenen Entschädigungen.
 
2.2 Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, die von ihm verlangten Vorkehrungen bewirkten für ihn in doppelter Hinsicht ein unzumutbares Sonderopfer. Einerseits müsse er die Kosten der Einzäunung selber tragen und anderseits führe die Einhaltung eines Waldabstands zu einem Ertragsausfall.
 
Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Die kritisierten Präventionsmassnahmen betreffen alle Bauern von Land mit Waldanstoss bzw. mit besonderer Gefährdung für Schwarzwildschaden in gleicher Weise. Es werden dem Beschwerdeführer keine besonderen Pflichten auferlegt, die für andere Eigentümer von Land in vergleichbarer Lage nicht gälten. Von einem Sonderopfer und einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung kann unter diesen Umständen nicht gesprochen werden. Wer für die Bewirtschaftung ungünstig gelegenes Land hat, muss die sich daraus ergebenden Nachteile tragen. Es fragt sich daher allein, ob bei Nichteinhaltung eines Waldabstands und Unterlassung einer Einzäunung nach den massgeblichen Gesetzesbestimmungen die Vergütung für erlittenen Schwarzwildschaden herabgesetzt werden kann.
 
3.
 
3.1 Das Bundesrecht schreibt vor, dass der Schaden, den jagdbare Tiere an Wald, landwirtschaftlichen Kulturen und Nutztieren anrichten, angemessen entschädigt wird (Art. 13 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 20. Juni 1986 über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel [Jagdgesetz, JSG; SR 922.0]). Die nähere Regelung der Entschädigungspflicht obliegt den Kantonen. Allerdings legt das Bundesrecht dafür einen Rahmen fest. Danach ist eine Entschädigung nur zu leisten, wenn es sich nicht um Bagatellschaden handelt und die zumutbaren Massnahmen zur Verhütung von Wildschaden getroffen worden sind. Aufwendungen für Verhütungsmassnahmen können bei der Entschädigung von Wildschaden berücksichtigt werden (Art. 13 Abs. 2 JSG).
 
Diese Ordnung bezweckt, die früher sehr unterschiedlichen kantonalen Regelungen der Wildschäden etwas zu vereinheitlichen. Ihr liegt der Gedanke zugrunde, dass Verhüten besser ist als Vergüten. Deshalb verlangt Art. 13 Abs. 2 JSG, dass Entschädigungen nur ausgerichtet werden, wenn die zumutbaren Massnahmen gegen Wildschäden getroffen wurden. Im Übrigen verzichtete der Bundesgesetzgeber auf eine detaillierte Regelung, weil er das Problem der Wildschäden für äusserst komplex hielt. Er verwies darauf, dass die Meinungen von Förstern, Landwirten, Naturschützern und Jägern darüber oft auseinander gehen, welche Schäden als tragbar zu erachten sind, und dass sich diese Kreise in dieser Frage immer wieder neu einen Kompromiss erarbeiten müssen (Botschaft des Bundesrats zu einem Bundesgesetz über die Jagd und den Schutz der wildlebenden Säugetiere und Vögel vom 27. April 1983, BBl 1983 II 1211). Die Kantone können bei der näheren Regelung der Entschädigungspflicht der besonderen Situation auf ihrem Territorium Rechnung tragen.
 
3.2 Im Kanton Aargau reduzieren sich die Schadenersatzleistungen für Wildschaden, wenn die Grundbesitzer geeignete, zumutbare Massnahmen nicht getroffen haben (§ 45 Abs. 1 des kantonalen Jagdgesetzes vom 25. Februar 1969). Diese kantonale Regelung entspricht Art. 13 Abs. 2 JSG.
 
4.
 
4.1 Der Beschwerdeführer hält die Einhaltung eines Waldabstands und die Einzäunung seines Landes nicht für zumutbare Präventionsmassnahmen im Sinne von Art. 13 Abs. 2 JSG.
 
4.2 Die Vorinstanz erklärt, dass die Einhaltung eines Waldabstands in doppelter Hinsicht der Schadensprävention diene. Einerseits werde für das Schwarzwild dadurch ein Hindernis beim Verlassen des Deckung bietenden Walds geschaffen; anderseits vereinfache der freie Korridor die Bejagung des Wilds. Diese Beurteilung findet eine Stütze in der vom Service romand de vulgarisation agricole, Lausanne, in Zusammenarbeit mit der nationalen Arbeitsgruppe "Wildschwein und Landwirtschaft" des Bundesamtes für Umwelt, Wald und Landschaft herausgegebenen "Praxishilfe Wildschweinmanagement" (1. Aufl. 2004). Darin wird festgehalten, dass entlang von Waldrändern wenn möglich ein mindestens 20 Meter breiter Landstreifen anzulegen sei, um die Ansitzjagd zu erleichtern, und dass darin lediglich niedrige Kulturen angebaut werden sollten, um den Wildschweinen keinen Unterschlupf zu gewähren. Wohl trifft es zu, dass mit dieser Massnahme allein Wildschweinschäden nicht ohne weiteres verhindert werden können. In der genannten Praxishilfe wird aber auch betont, dass es kein Wundermittel gebe und deshalb verschiedene - mehr oder weniger taugliche - Massnahmen kombiniert werden müssten.
 
Das fragliche Land des Beschwerdeführers liegt in einem Gebiet, in dem Wildschweine häufig Schäden verursachen. Ausserdem zählt nach der erwähnten Praxishilfe der von ihm angebaute Weizen im Milchreifestadium zu den durch Schwarzwild besonders gefährdeten Kulturen. Unter diesen Umständen ist es nicht zu beanstanden, wenn die kantonalen Behörden erhöhte Vorsichtsmassnahmen verlangen, wozu nach dem Ausgeführten auch die Einhaltung eines Waldabstands gezählt werden kann.
 
4.3 Ähnliche Erwägungen gelten hinsichtlich der Einzäunungspflicht. Es ist zwar anerkannt, dass Zäune allein Schäden nicht verhindern können, weil die Wildschweine lernfähig sind und mit der Zeit selbst Elektrozäune zu durchbrechen vermögen. Nach der "Praxishilfe Wildschweinmanagement" sollen Getreidekulturen nur ausnahmsweise eingezäunt werden, da sonst die Gefahr besteht, dass die Wildschweine auf andere, uneingezäunte Kulturen ausweichen. Allerdings wird die Einzäunung zur Schadensprävention bei Parzellen empfohlen, die sich wie die betroffenen Felder des Beschwerdeführers an besonders kritischen Stellen befinden und bei denen wiederholt Schäden aufgetreten sind. Selbst wenn die Einzäunung namentlich auch wegen des damit verbundenen Aufwands für den Landwirt problematisch ist, erscheint sie jedoch so lange als zumutbar, als die Gefahr von Schäden besonders gross ist.
 
4.4 Dem Beschwerdeführer ist allerdings darin zuzustimmen, dass die kantonalen Behörden verpflichtet sind, verstärkte Massnahmen zur Verhütung von Wildschäden zu treffen, um die Schadensgefährdung seines Landes zu senken (Art. 12 Abs. 1 JSG). Dabei bildet die konsequente Bejagung das beste Mittel, um die Wildschäden auf einem akzeptablen Niveau zu halten. Nach § 12 Abs. 2 des kantonalen Jagdgesetzes haben die Jagdpächter die Aufgabe, die nötigen Abschüsse vorzunehmen, um übermässige Wildschäden zu verhindern. Der Beschwerdeführer weist selber auf die im Kanton Aargau in dieser Hinsicht laufenden Bestrebungen hin. Die Regulierung des Wildschweinbestands ist nicht kurzfristig zu erreichen und bedarf eines koordinierten Vorgehens.
 
4.5 Es widerspricht Art. 13 Abs. 2 JSG nicht, wenn den Landwirten an Orten mit erhöhter Gefahr von Wildschäden besondere Vorsichtsmassnahmen zugemutet werden. Der angefochtene Entscheid verletzt daher kein Bundesrecht.
 
5.
 
Die Beschwerde erweist sich aus diesen Erwägungen als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang sind die Kosten des Verfahrens vor Bundesgericht dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdegegner haben mangels erheblicher Auslagen keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Kantonalen Jagdkommission und dem Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 19. Februar 2008
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
Merkli Küng
 
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