BGer 2P_5/2007 | |||
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BGer 2P_5/2007 vom 22.02.2008 | |
Bundesgericht
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Tribunal fédéral
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Tribunale federale
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{T 0/2}
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2P.5/2007 / zga
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Urteil vom 22. Februar 2008
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II. öffentlich-rechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Merkli, Präsident,
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Bundesrichter Müller, Bundesrichterin Yersin, Bundesrichter Karlen,
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nebenamtlicher Bundesrichter Locher,
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Gerichtsschreiber Matter.
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Parteien
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X.________,
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Beschwerdeführer,
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vertreten durch Rechtsanwalt Dieter Steiger,
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gegen
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Steuerverwaltung des Kantons Luzern,
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Kantonales Steueramt Nidwalden,
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Beschwerdegegner.
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Gegenstand
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Art. 127 Abs. 3 BV (Doppelbesteuerung),
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Staatsrechtliche Beschwerde gegen die Einspracheentscheide und den Feststellungsentscheid der Steuerverwaltung des Kantons Luzern vom 30. November 2006 sowie gegen die Veranlagungsverfügung des Kantonalen Steueramtes Nidwalden vom 31. Januar 2003.
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Sachverhalt:
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A.
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X.________ (geb. 1981) hatte schon als Kind und später während seiner Lehre als Chemielaborant (1997 bis 2000) in der A.________ AG mitgeholfen, deren Gründer, Geschäftsführer und Alleinaktionär sein Vater Y.________ war. Die Gesellschaft bezweckt gemäss ihren Statuten insbesondere die Fabrikation, den Vertrieb und die Vertretung von chemisch-technischen Produkten aller Art. Sie befasst sich im Wesentlichen mit Reinigungsprodukten für Schienenfahrzeuge. Im Jahre 1997, nach Abschluss einer Lehre als kaufmännischer Angestellter, trat der älteste Sohn, Z.________ (geb. 1978), in die Firma ein und übernahm verschiedene Funktionen in der Verwaltung.
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Die A.________ AG, die ihre Bücher früher Ende September abgeschlossen hatte, beschloss am 29. September 2000, ihren Sitz von W.________ LU nach V.________ NW, U._______strasse, zu verlegen, was am 12. Oktober 2000 vollzogen wurde, nachdem die Gesellschaft dort bereits seit dem 1. Oktober 2000 eine 4 1/2-Zimmerwohnung gemietet hatte. Ebenfalls auf den 1. Oktober 2000 meldete sich X.________ an derselben Adresse an. Am 2. Oktober 2000 erwarb X.________ von seinem Vater sämtliche Aktien der A.________ AG für CHF 3,6 Mio., wobei CHF 1,2 Mio. als Schenkung erlassen und CHF 2,4 Mio. als Darlehen begründet wurden. Im 27. Dezember 2000 beschloss die aus X.________ bestehende Generalversammlung der Gesellschaft, eine Substanzdividende von CHF 2,15 Mio. an ihren neuen Alleinaktionär auszuschütten.
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Z.________ meldete sich am 1. November 2000 ebenfalls an der U._______strasse in V.________ an, gleich wie seine Schwester, T.________ (geb. 1983), am 20. Dezember 2001. Beide erhielten nach ihrem Wegzug aus W.________, am 24. Dezember 2000 bzw. am 24. Dezember 2001, je eine Schenkung von CHF 720'000.-- durch Übertragung von Kontokorrentguthaben von Y.________ bei der A.________ AG.
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B.
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Mit Verfügungen vom 8. Juni 2006 für die Staats- und Gemeindesteuer veranlagte die Steuerverwaltung des Kantons Luzern X.________ einerseits auf ein steuerbares Einkommen 1999/2000 von CHF 41'000.-- (Vermögen CHF 7'000.--), andererseits auf ausserordentliche, der Jahressteuer unterliegende Einkünfte 2000 in der Höhe von CHF 2'150'000.--. Gegen beide Verfügungen gerichtete Einsprachen, in welchen X.________ die Wohnsitzverlegung nach V.________ per 1. Oktober 2000 geltend machte, wurden mit zwei Entscheiden vom 30. November 2006 abgewiesen. Der Wegzug wurde bestritten und das Hauptsteuerdomizil von X.________ weiterhin in W.________ angenommen. Unter dem gleichen Datum erliess die Steuerverwaltung des Kantons Luzern einen Feststellungsentscheid betreffend unbeschränkte Steuerpflicht im Kanton Luzern ab der Steuerperiode 2001 "und fortfolgende".
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C.
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Am 31. Januar 2003 war X.________ bereits vom Kantonalen Steueramt Nidwalden für die Kantons- und Gemeindesteuern der Steuerperiode 2000 (vom 1. Oktober 2000 bis 31. Dezember 2000) auf ein steuerbares Einkommen von CHF 26'000.-- (zum Satze von CHF 2'252'400.--) veranlagt worden. Diese Verfügung blieb unangefochten und erwuchs in Rechtskraft. Für die Steuerperioden 2002, 2003 und 2004 ist X.________ im Kanton Nidwalden ebenfalls rechtskräftig eingeschätzt.
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D.
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Gegen die Einspracheentscheide und den Feststellungsentscheid der Steuerverwaltung des Kantons Luzern vom 30. November 2006 hat X.________ am 30. Dezember 2006 beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 127 Abs. 3 BV erhoben. Er beantragt, die besagten Entscheide aufzuheben. Es sei festzustellen, dass sich sein Hauptsteuerdomizil seit Oktober 2000 in V.________ befinde. Eventuell sei die Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung zurückzuweisen bzw. seien die im Kanton Nidwalden für die Steuerjahre 2000 und folgende bezahlten Steuern nebst Zinsen zurückzuerstatten.
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E.
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Die Steuerverwaltung des Kanton Luzern schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit sie sich gegen den Kanton Luzern richtet, und das kantonale Steueramt Nidwalden beantragt deren Gutheissung, indem es sich den Anträgen des Beschwerdeführers anschliesst.
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Erwägungen:
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1.
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1.1 Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (BGG; SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da die angefochtenen Verfügungen vorher ergangen sind, richtet sich das Verfahren noch nach dem Bundesgesetz vom 16. Dezember 1943 über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG; Art. 132 Abs. 1 BGG).
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1.2 Eine staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung des Verbots der interkantonalen Doppelbesteuerung (Art. 127 Abs. 3 BV) ist spätestens im Anschluss an die Geltendmachung des zweiten der einander ausschliessenden Steueransprüche zu erheben, wobei der kantonale Instanzenzug nicht ausgeschöpft zu werden braucht, aber gegenüber den angefochtenen Verfügungen die dreissigtägige Beschwerdefrist einzuhalten ist (Art. 86 Abs. 2 und Art. 89 Abs. 3 OG; vgl. BGE 131 I 145 E. 2.1 S. 147). Mit der Einführung des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG, SR 642.14) wurde Art. 86 Abs. 2 OG nicht aufgehoben, so dass trotz der neu vorgesehenen Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen der Kantone (Art. 73 StHG) die staatsrechtliche Beschwerde auf dem Gebiet der interkantonalen Doppelbesteuerung weiterhin zulässig ist. Dabei kann das Bundesgericht zusammen mit der Aufhebung des kantonalen Hoheitsakts auch Feststellungen treffen, den beteiligten Kantonen verbindliche Weisungen für die verfassungskonforme Steuerausscheidung erteilen oder die Rückerstattung ungerechtfertigt erhobener Steuern anordnen.
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Auf die staatsrechtliche Beschwerde, mit welcher sich der Beschwerdeführer über eine aktuelle Doppelbesteuerung beschwert, kann somit grundsätzlich eingetreten werden. Gegenüber dem Kanton Luzern gilt dies vorerst für die Anfechtung der Einspracheentscheide vom 30. November 2006 bezüglich der Steuerperioden 1999/2000 und 2001 A. Ohne Erschöpfung des kantonalen Instanzenzugs kann aber auch der am gleichen Tag ergangene Steuerdomizilentscheid direkt mit Doppelbesteuerungsbeschwerde beim Bundesgericht angefochten werden (vgl. BGE 131 I 145 E. 2.1 S. 147; 125 I 54 E. 1a S. 55, je mit Hinweisen), allerdings nur in Bezug auf die Feststellung des steuerrechtlichen Wohnsitzes per Ende 2000 bzw. 2001: Ein Domizilentscheid, der alle "fortfolgenden" Perioden mitumfasst, ist mangels Bestimmtheit unzulässig und insoweit unwirksam, weshalb in diesem Umfang an einer Anfechtung kein schutzwürdiges Interesse besteht und auf die Beschwerde nicht einzutreten ist.
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1.2.1 Gegenüber dem Kanton Nidwalden können die bereits rechtskräftigen Veranlagungen für die Staats- und Gemeindesteuern der Perioden 2000 und 2001 ebenfalls angefochten werden (vgl. BGE 131 I 145 E. 2.1 S. 145), nicht jedoch diejenigen der Jahre 2002, 2003 und 2004. Ebenfalls nicht einzutreten ist auf die Beschwerde insoweit, als nebst der Rückerstattung der bezahlten Steuern auch deren Verzinsung verlangt wird: Ein solcher Anspruch wäre nicht im Doppelbesteuerungsverbot begründet; er würde sich vielmehr nach dem kantonalen Recht richten und könnte vor dem Bundesgericht nur mit normaler staatsrechtlicher Beschwerde geltend gemacht werden, was aber die Ausschöpfung des kantonalen Instanzenzuges vorausgesetzt hätte (vgl. ASA 73, 420 E. 1.3).
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2.
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2.1 Eine gegen Art. 127 Abs. 3 BV verstossende Doppelbesteuerung liegt vor, wenn eine steuerpflichtige Person von zwei oder mehreren Kantonen für das gleiche Steuerobjekt und für die gleiche Zeit zu Steuern herangezogen wird (aktuelle Doppelbesteuerung) oder wenn ein Kanton in Verletzung der geltenden Kollisionsnormen seine Steuerhoheit überschreitet und eine Steuer erhebt, die einem anderen Kanton zusteht (virtuelle Doppelbesteuerung). Ausserdem darf ein Kanton eine steuerpflichtige Person grundsätzlich nicht deshalb stärker belasten, weil sie nicht im vollem Umfang seiner Steuerhoheit untersteht, sondern zufolge ihrer territorialen Beziehungen auch noch in einem anderen Kanton steuerpflichtig ist (Schlechterstellungsverbot, vgl. BGE 132 I 29 E. 2.1 S. 31 f.; 131 I 285 E. 2.1 S. 286; ASA 74, 684 E. 2.1; je mit Hinweisen).
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Im vorliegenden Fall wird das Hauptsteuerdomizil des Beschwerdeführers vom 1. Oktober 2000 an sowohl vom Kanton Nidwalden, wo er seither für mehrere Steuerperioden rechtskräftig eingeschätzt ist, als auch aufgrund der angefochtenen Einspracheverfügungen vom Kanton Luzern beansprucht; zudem betrachtet ihn der Kanton Luzern auch für die Steuerperiode 2001 als unbeschränkt steuerpflichtig. Daraus ergibt sich jedenfalls in den Steuerperioden 2000 und 2001 eine aktuelle Doppelbesteuerung.
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2.2 Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 127 Abs. 3 BV (bzw. Art. 46 Abs. 2 aBV) ist der steuerrechtliche Wohnsitz (Hauptsteuerdomizil) einer unselbständig erwerbenden Person derjenige Ort, wo sich die betreffende Person mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält (vgl. auch Art. 3 Abs. 2 StHG, Art. 3 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer [DBG, SR 642.11] und Art. 23 Abs. 1 ZGB) bzw. wo sich faktisch der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen befindet (vgl. BGE 125 I 54 E. 2 S. 56; 123 I 289 E. 2a S. 293; ASA 63, 836 E. 2a):
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2.2.1 Aus der Anknüpfung an den tatsächlichen Lebensmittelpunkt folgt, dass der fiktive bzw. formelle Wohnsitz gemäss Art. 24 Abs. 1 ZGB, wonach der einmal begründete Wohnsitz einer Person bis zum Erwerb eines neuen Wohnsitzes bestehen bleibt, im interkantonalen Verhältnis nicht anwendbar ist (im Gegensatz zur direkten Bundessteuer und zur internationalen Doppelbesteuerung, vgl. u.a. ASA 60 499 E. 3a, RDAF 2005 II 103 E. 2.1, StR 55/2000 509 E. 5a). Wenn der Wegziehende seine Verbindungen mit dem bisherigen Wohnsitz gelöst hat, ist er dort nicht mehr steuerpflichtig. Das frühere Domizil ist allerdings dann als fortbestehend zu betrachten, wenn der Nachweis der Wohnsitzverlegung nicht erbracht ist. Dabei genügt zur Begründung des neuen Wohnsitzes nicht der Wille zur Wohnsitzverlegung; er muss vielmehr in die Tat umgesetzt worden sein, d.h. der Pflichtige muss für die betreffende Zeit den Mittelpunkt seiner Lebensführung schon an den neuen Ort verlegt haben (vgl. BGE 108 Ia 252 E. 3b S. 254; ASA 54 228 E. 3b; RDAF 2005 II 103 E. 2.1 sowie Kurt Locher/Peter Locher, Das interkantonale Doppelbesteuerungsrecht, § 3, IA, 2b Nr. 4 u. 2c).
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2.2.2 Der Mittelpunkt der Lebensinteressen bestimmt sich nach der Gesamtheit der objektiven, äusseren Umstände, aus denen sich diese Interessen erkennen lassen, nicht nach den bloss erklärten Wünschen der steuerpflichtigen Person. Auf die gefühlsmässige Bevorzugung eines Ortes kommt es somit nicht an; der steuerrechtliche Wohnsitz ist insofern nicht frei wählbar (vgl. BGE 113 Ia 465 E. 3 S. 466; 123 I 289 E. 2b S. 294). Ebenso wenig kommt dem polizeilichen Domizil, wo die Schriften hinterlegt sind oder wo die politischen Rechte ausgeübt werden, entscheidende Bedeutung zu. Das sind bloss äussere Merkmale, die ein Indiz für den steuerrechtlichen Wohnsitz bilden können, wenn auch das übrige Verhalten der Person dafür spricht (vgl. BGE 108 Ia 252 E. 5a S. 255; 123 I 289 E. 2a S. 293 f.; ASA 63 836 E. 2a).
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2.2.3 Wenn sich eine Person abwechslungsweise an zwei Orten aufhält, ist für die Bestimmung des steuerrechtlichen Wohnsitzes darauf abzustellen, zu welchem Ort sie die stärkeren Beziehungen unterhält, was jeweils aufgrund der Gesamtheit der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen ist (vgl. BGE 101 Ia 557 E. 4a S. 559 f; 104 Ia 264 E. 2 S. 266; 123 I 289 E. 2b S. 294; 125 I E. 54 E. 2a S. 56).
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2.3 In Bezug auf die Beweisführung sind hier entgegen der Auffassung des Kantonalen Steueramtes Nidwalden nicht die spezifischen Grundsätze massgebend, die bei ledigen Wochenaufenthaltern gelten, handelt es sich doch beim Beschwerdeführer um keinen "Wochenaufenthalter". Vielmehr sind hier die allgemeinen Grundsätze massgebend, wonach der steuerrechtliche Wohnsitz als steuerbegründende Tatsache grundsätzlich von der Steuerbehörde nachzuweisen ist (vgl. Pra 2000 Nr. 7 S. 29 E. 3c). Allerdings kann der steuerpflichtigen Person der Gegenbeweis für die von ihr behauptete subjektive Steuerpflicht an einem neuen Ort auferlegt werden, wenn die von der Steuerbehörde angenommene bisherige subjektive Steuerpflicht als sehr wahrscheinlich gilt (vgl. schon ASA 39, 284 E. 3c). Diese ursprünglich für das internationale Verhältnis aufgestellte Regel ist nach der Praxis des Bundesgerichts auch im interkantonalen Verhältnis anwendbar (vgl. u.a. Urteil 2C_183/2007 E. 3.2).
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3.
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3.1 Streitig ist hier, ob der Beschwerdeführer tatsächlich auf den 1. Oktober 2000 seinen Wohnsitz von W.________ nach V.________ verlegt hat. Das hat ihm die Gemeindeverwaltung V.________ bescheinigt. Ab dem gleichen Datum läuft der Mietvertrag für die 4 1/2-Zimmer-Wohnung an der U._______strasse. Der Vertrag lautet zwar auf die A.________ AG. Wie die eingereichten Pläne belegen, verfügt die Wohnung aber über drei Schlafzimmer, eine Küche sowie ein Badezimmer und ist damit auch für eine private Nutzung geeignet. Noch im Oktober 2000 stattete der Beschwerdeführer die Wohnung mit - teils neu gekauften, teils aus W.________ hergebrachten - Möbeln aus. Kurz danach liess er einen Telefonanschluss einrichten, bestellte er eine Radioempfangkonzession und schloss er eine Hausratsversicherung ab. Weiter eröffnete er bei der Nidwaldner Kantonalbank in V.________ ein Bankkonto. Auch liess er sich einen auf den neuen Wohnsitz lautenden Führerausweis sowie Kontrollschilder des Kantons Nidwalden ausstellen. Er meldete sich anfangs 2001 bei der Feuerwehr V.________, wurde aber erst anfangs 2003 rekrutiert.
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All diese Indizien sprechen dafür, dass der Beschwerdeführer tatsächlich sein Hauptsteuerdomizil anfangs Oktober 2000 von W.________ nach V.________ verlegt hat. Von einem Scheindomizilwechsel kann hier nicht ausgegangen werden.
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3.2 Was der Kanton Luzern dagegen vorbringt, vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen:
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3.2.1 Gestützt auf Angaben der Gemeindebehörden von W.________ wird im Wesentlichen mit der Arbeitssituation des Beschwerdeführers argumentiert. Der Beschwerdeführer soll - wie auch sein Bruder Z.________ - täglich in W.________ arbeiten, da der Personenwagen mit NW-Kontrollschildern immer vor der Produktionsstätte der A.________ AG gesehen werde. Die beiden Brüder seien auch sonst regelmässig in W.________ anzutreffen, insbesondere auf der Post. Geschäftsreisen seien ausnahmslos von W.________ aus unternommen worden, wobei einzelne Billette konkret X.________ zugeordnet werden könnten. Weiter sei ein Englischkurs in der Nähe von W.________ und nicht in der Nähe von V.________ besucht worden.
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Solche Umstände erweisen sich indessen schon deshalb nicht als massgeblich, weil es hier - im Gegensatz zum Parallelverfahren 2P.6/2007 - nicht um die A.________ AG und deren Sitzverlegung geht, sondern um den privaten Wohnsitz des Beschwerdeführers. Dessen persönlicher Lebensmittelpunkt konnte sich sehr wohl in V.________ befinden, selbst wenn er sich (sozusagen) an jedem Werktag für seine Geschäftstätigkeit in W.________ befunden und auch seine Berufsreisen bzw. Weiterbildungsaktivitäten von dort aus unternommen haben sollte.
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3.2.2 Weiter macht der Kanton Luzern geltend, die Eltern von X.________ verfügten in W.________ über ein grosszügiges Einfamilienhaus, das über genügend Raum verfüge, um alle drei Kinder zu beherbergen. Demgegenüber seien die Platzverhältnisse in V.________ prekärer.
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Dem ist aber entgegenzuhalten, dass es im vorliegenden Verfahren nicht um den Wohnsitz der Geschwister des Beschwerdeführers geht. Inwiefern diese nun tatsächlich in V.________ oder weiter im elterlichen Einfamilienhaus wohn(t)en, ist nicht hier zu entscheiden. Der Beschwerdeführer hat jedenfalls rechtgenüglich nachgewiesen, dass die 4 1/2-Zimmer-Wohnung in V.________ nebst Geschäftszwecken mindestens noch den privaten Wohnbedürfnissen eines Einpersonen-Haushalts zu entsprechen vermag. Weiter hat er für die von ihm behauptete Verlegung seines Lebensmittelpunktes mehrere Indizien dargetan (vgl. oben E. 3.2.1), die einen rein fiktiven Domizilwechsel ausschliessen. Dagegen hat es der Kanton Luzern unterlassen, z.B. eine Polizeiuntersuchung durchzuführen, um festzustellen, ob der Beschwerdeführer seine Nächte (mehrheitlich) in der V.________er Wohnung oder im Haus seiner Eltern verbrachte. Mangels stichhaltiger Gegenbeweise muss davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer die Wohnung zumindest in genügendem Ausmass privat nutzte.
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3.2.3 Im Rahmen der erforderlichen Gesamtprüfung kann auch den sonst noch vom Kanton Luzern vorgebrachten Umständen (u.a. Telefonrechnungen des letzten Vierteljahres 2000, Wohnsitzwechsel während der letzten Wochen der Rekrutenschule, weitere Mitwirkung an sportlichen Tätigkeiten in W.________ bis ins Jahr 2003) keine entscheidende Bedeutung zukommen.
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3.2.4 Wesentlich für den Rechtsstandpunkt des Kantons Luzern ist - soweit ersichtlich - Folgendes: Die dem Beschwerdeführer ausgeschüttete Substanzdividende von CHF 2,15 Mio. war bei der Staats- und Gemeindesteuer nur im Kanton Luzern, nicht aber - unter der Geltung der hier noch anwendbaren altrechtlichen Regelung - im Kanton Nidwalden steuerbar. Die Luzerner Behörden sind nun der Auffassung, dass die Sitzverlegung der A.________ AG, die Abtretung sämtlicher Aktien an den Beschwerdeführer, dessen Wohnsitzverlegung und schliesslich die Substanzausschüttung unter altem Nidwaldner Recht nur dazu gedient hätten, ein Steuerschlupfloch auszunützen. Dieses Unbehagen ist an sich verständlich, aber dann nicht stichhaltig, wenn die Wohnsitzverlegung nicht bloss fiktiv erfolgt, sondern nach der Gesamtheit der Umstände eine tatsächliche Veränderung des Lebensmittelpunktes anzunehmen ist. Das scheint hier in genügendem Ausmass erfolgt zu sein. Die verfassungsmässig gewährleistete Niederlassungsfreiheit (Art. 24 BV) ermöglicht es jedem Steuerpflichtigen, frei zu entscheiden, wo er seinen Wohnsitz nehmen will. Dabei ist es ihm unbenommen, seine Wahl auch nach den Steuerverhältnissen und im Hinblick auf die Erzielung von Steuereinsparungen zu treffen. Beabsichtigt er ernstlich, dauernd an dem von ihm gewählten Ort zu bleiben, und betätigt er diesen Willen durch tatsächlichen Aufenthalt, so ist es unerheblich, welche Überlegungen seiner Absicht zugrunde liegen; eine an sich erlaubte freie Gestaltung kann nicht mit Rücksicht auf die Beweggründe des Gestaltenden als unerlaubt bezeichnet werden. Die (zwar nur implizit erhobene) Einrede der Steuerumgehung kann daher einer Wohnsitzverlegung, die tatsächlich vollzogen ist, nicht entgegengehalten werden (vgl. in diesem Sinne schon ASA 28, 179 E. 5b; 40, 524 E. 2).
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3.3 Gesamthaft muss somit davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer tatsächlich seinen Wohnsitz auf den 1. Oktober 2000 von W.________ nach V.________ verlegt hat. Dafür hat er mehrere Indizien vorgebracht, die einen effektiven Domizilwechsel in genügendem Ausmass belegen können. Im Zweifel muss zwar das Fortbestehen des vorherigen Wohnsitzes angenommen werden (vgl. oben E. 2.2.1). Indessen hat der Kanton Luzern es unterlassen, den genannten Indizien schlüssige Gegenbeweise entgegenzuhalten; sein hier streitiger Besteuerungsanspruch gegenüber dem Beschwerdeführer lässt sich somit mit Art. 127 Abs. 3 BV nicht vereinbaren.
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4.
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Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde gegenüber dem Kanton Luzern als begründet, soweit darauf einzutreten ist. Die Einsprache-Entscheide 1999/2000 und 2001 A der Steuerverwaltung des Kantons Luzern und der Feststellungsentscheid betreffend unbeschränkte Steuerpflicht im Kanton Luzern ab der Steuerperiode 2001, alle vom 30. November 2006, sind aufzuheben. Soweit sich die Beschwerde gegen den Kanton Nidwalden richtet und darauf eingetreten werden kann, ist sie abzuweisen.
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5.
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Bei diesem Verfahrensausgang werden die bundesgerichtlichen Kosten dem Kanton Luzern, der Vermögensinteressen wahrnimmt, auferlegt (Art. 156 Abs. 1 und 2 OG in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG). Dieser hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 159 OG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die staatsrechtliche Beschwerde gegen den Kanton Luzern wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist. Die Einsprache-Entscheide 1999/2000 und 2001 A der Steuerverwaltung des Kantons Luzern vom 30. November 2006 werden aufgehoben; desgleichen wird der Feststellungsentscheid betreffend unbeschränkte Steuerpflicht im Kanton Luzern ab der Steuerperiode 2001 aufgehoben.
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2.
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Die staatsrechtliche Beschwerde gegenüber dem Kanton Nidwalden wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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3.
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Die Gerichtsgebühr von Fr. 5'000.-- wird dem Kanton Luzern auferlegt.
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4.
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Der Kanton Luzern hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 5'000.-- auszurichten.
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5.
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Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Steuerverwaltung des Kantons Luzern und dem Kantonalen Steueramt Nidwalden schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 22. Februar 2008
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Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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Merkli Matter
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