BGer 6B_55/2008 | |||
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BGer 6B_55/2008 vom 14.04.2008 | |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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6B_55/2008 /hum
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Urteil vom 14. April 2008
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Strafrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Schneider, Präsident,
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Bundesrichter Zünd, Mathys,
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Gerichtsschreiberin Arquint Hill.
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Parteien
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X.________,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Amt für Justizvollzug des Kantons Zürich, Amtsleitung, Feldstrasse 42, 8090 Zürich,
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Beschwerdegegner.
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Gegenstand
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Strafvollzug, Recht auf Spaziergang,
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Beschwerde gegen die Verfügung der Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich vom 16. Januar 2008.
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Sachverhalt:
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A.
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X.________ befindet sich in der Strafanstalt A.________ im Straf- bzw. Verwahrungsvollzug. Am 10. Juli 2007 beschwerte er sich bei der Anstaltsdirektion über den ihm zugeteilten Coiffeurtermin. Er machte geltend, die in der Strafanstalt A.________ praktizierte Regelung, wonach Gefangene den monatlichen Besuch beim Coiffeur in die Mittagspause legen müssten, verletze ihr Recht auf eine Stunde Spazieren im Freien. Die Anstaltsdirektion beurteilte X.________s Anliegen am 16. Juli 2007 mittels interner Mitteilung abschlägig. Seine dagegen erhobene Beschwerde wies das Amt für Justizvollzug am 7. September 2007 ab. Mit Schreiben vom 12. September 2007 gelangte X.________ an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, welches auf die bei ihm eingereichte Beschwerde nicht eintrat und diese der Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich zur Behandlung als Rekurs überwies. Die Direktion wies den Rekurs in der Folge mit Verfügung vom 16. Januar 2008 ab.
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B.
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X.________ wendet sich mit Beschwerde an das Bundesgericht. Er beantragt, das gegen § 107 der Justizvollzugsverordnung des Kantons Zürich verstossende Coiffeur-System der Strafanstalt A.________ sei sofort aufzuheben und die Strafanstalt sei zu verpflichten, den Gefangenen den monatlichen Coiffeurbesuch und das Recht auf eine Stunde Hofgang im Freien zu garantieren. Ferner ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege und um eine kleine Entschädigung für Porto, Papier und Tinte.
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C.
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Das Amt für Justizvollzug hat mit Eingabe vom 26. März 2008 auf eine Vernehmlassung verzichtet. Die Direktion der Justiz und des Inneren des Kantons Zürich beantragt am 27. März 2008 die Abweisung der Beschwerde.
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Erwägungen:
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1.
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Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen kantonal letztinstanzlichen Entscheid über den Vollzug einer Massnahme, gegen den die Beschwerde in Strafsachen gegeben ist (Art. 78 Abs. 2 lit. b, Art. 80 Abs. 1 BGG). Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet einzig die Frage, ob die in der Strafanstalt A.________ geübte Coiffeurbesuchsregelung gegen das Recht der Strafgefangenen auf eine Stunde Aufenthalt im Freien verstösst. Soweit die Ausführungen des Beschwerdeführers nicht sachbezogen sind, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.
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2.
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Im Rahmen des Grundrechtsschutzes von Strafgefangenen steht - neben dem Anspruch auf willkürfreie Behandlung - das Grundrecht auf persönliche Freiheit im Vordergrund. Dieses schützt nicht bloss das Recht auf freie Bewegung und körperliche Unversehrtheit, sondern alle elementaren Erscheinungsformen der Persönlichkeitsentfaltung. Die Freiheitsrechte Strafgefangener dürfen dabei nur so weit beschränkt werden, als es zur Gewährleistung des Haftzwecks und zur Aufrechterhaltung eines ordnungsgemässen Gefängnisbetriebs erforderlich ist (BGE 124 I 203 E. 2b).
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Konkretisiert wird das Recht auf persönliche Freiheit im Recht der Strafgefangenen auf den Spaziergang, d.h. auf regelmässige Bewegungsmöglichkeiten im Freien. Insbesondere auf der Grundlage der Europäischen Strafvollzugsgrundsätze bzw. der Mindestgrundsätze für die Behandlung von Strafgefangenen (Empfehlung Nr. R [87] 3, Ziff. 86, Entschliessung [73] 5, Ziff. 20 [1]), die als Minimum einen täglichen Spaziergang von einer Stunde Dauer bzw. geeignete Bewegung im Freien postulieren, ist gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung heute davon auszugehen, dass Gefangene täglich Anspruch auf einen mindestens einstündigen Aufenthalt im Freien haben (BGE 122 I 222 E. 4; 122 II 49 E. 5a). Dies entspricht § 107 der kantonalen Justizvollzugsverordnung (JVV/ZH) vom 6. Dezember 2006.
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3.
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Nach dem Dafürhalten des Beschwerdeführers verletzt die in der Strafanstalt A.________ praktizierte Regelung, dass Gefangene ihren Besuch beim Coiffeur auf die Mittagspause legen müssten, das ihnen zustehende Recht auf eine Stunde Spaziergang im Freien. Im angefochtenen Entscheid der Justizdirektion wird hierzu ausdrücklich festgehalten, dass die Gefangenen auch die Möglichkeit hätten, den Coiffeurtermin auf Gesuch hin von der Anstaltsleitung auf einen Samstag legen zu lassen. An diesem Tag betrage die Mittagspause zwei Stunden und 40 Minuten. Wegen dieser längeren Pausenzeit sei ein Besuch beim Coiffeur deshalb auch ohne Beschränkung der Stunde Aufenthalt im Freien möglich. Zwar rügt der Beschwerdeführer diese im angefochtenen Entscheid getroffenen Feststellungen als offensichtlich falsch, doch bleibt er für diesen Vorwurf eine substantiierte Begründung schuldig, weshalb darauf nicht einzutreten ist (Art. 106 Abs. 2 OG; BGE 133 IV 286 E. 1). Von der Möglichkeit, sich die Haare auch an Samstagen während der Pause von über zwei Stunden schneiden lassen zu können, ist vorliegend deshalb auszugehen. Inwieweit bei dieser Sachlage das Recht auf den täglichen, mindestens einstündigen Spaziergang im Freien verletzt sein könnte, wird in der Beschwerde nicht dargetan, und solches ist auch nicht ersichtlich, zumal dem Beschwerdeführer aufgrund der längeren Mittagspause an Samstagen auch nach einem allfälligen Coiffeurbesuch an diesem Tag in jedem Fall eine Pausenzeit von deutlich mehr als einer Stunde verbliebe. Die übrigen als verletzt angerufenen Bestimmungen der Bundesverfassung (Art. 7 und 8 BV) haben im vorliegenden Zusammenhang keine über das bereits Dargelegte hinausgehende selbständige Bedeutung. Die Beschwerde ist demnach abzuweisen, soweit darauf überhaupt eingetreten werden kann.
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4.
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Wegen Aussichtslosigkeit der vorliegenden Beschwerde kann dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege nicht entsprochen werden (Art. 64 Abs. 1 BGG). Ausnahmsweise ist jedoch auf eine Kostenauflage zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2.
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Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
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3.
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Es werden keine Kosten erhoben.
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4.
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Dieses Urteil wird den Parteien und der Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 14. April 2008
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Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
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Schneider Arquint Hill
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