BGer 2C_450/2008 | |||
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BGer 2C_450/2008 vom 01.07.2008 | |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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2C_450/2008/ble
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Urteil vom 1. Juli 2008
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II. öffentlich-rechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Merkli, Präsident,
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Bundesrichter Hungerbühler, Karlen,
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Gerichtsschreiber Feller.
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Parteien
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X.________,
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Beschwerdeführer,
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vertreten durch Rechtsanwalt Alex R. Le Soldat,
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gegen
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Migrationsamt des Kantons Thurgau,
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Departement für Justiz und Sicherheit
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des Kantons Thurgau.
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Gegenstand
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Ausweisung,
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Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 30. April 2008.
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Erwägungen:
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1.
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Am 15. November 2007 wies das Migrationsamt des Kantons Thurgau X.________ für die Dauer von fünf Jahren aus der Schweiz aus. Dieser erhob am 6. Dezember 2007 Rekurs ans Departement für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau. Das Departement verfügte am 10. Dezember 2007, dass X.________ bis zu einem anderslautenden Entscheid im Kanton Thurgau verbleiben könne; zugleich forderte es ihn unter Hinweis auf die Säumnisfolgen auf, innert 20 Tagen einen Kostenvorschuss von Fr. 900.-- zu leisten. Die Verfügung wurde am 11. Dezember 2007 von der Kanzlei des Vertreters von X.________ entgegengenommen.
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Da der Kostenvorschuss bis dahin nicht geleistet worden war, trat das Departement für Justiz und Sicherheit am 14. Februar 2008 wegen Fehlens einer Prozessvoraussetzung auf den Rekurs nicht ein. Nachdem am 28. Februar 2008 ein Gesuch um Wiederherstellung der Frist zur Leistung des Kostenvorschusses gestellt worden war, teilte das Departement dem Rechtsvertreter von X.________ mit Schreiben vom 3. März 2008 mit, dass das Rekursverfahren mit dem Nichteintretensentscheid vom 14. Februar 2008 abgeschlossen worden sei, dieser aber beim Verwaltungsgericht angefochten werden könne; eine Wiederherstellung der Frist sei ausgeschlossen, da kein Hinderungsgrund die Fristwahrung verunmöglicht habe. Am 6. März 2008 erhob X.________ Beschwerde ans Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau; er focht sowohl den Nichteintretensentscheid vom 14. Februar 2008 als auch das Schreiben vom 3. März 2008 (Nichteintreten auf das Wiederherstellungsbegehren) an. Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde am 30. April 2008 ab.
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Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 17. Juni (Postaufgabe 18. Juni) 2008 beantragt X.________ dem Bundesgericht, der Entscheid des Verwaltungsgerichts aufzuheben und es sei ihm in Aufhebung der Verfügung des Migrationsamtes vom 15. November 2007 die Niederlassungsbewilligung für den Kanton Thurgau zu verlängern und von einer Ausweisung abzusehen, eventuell sei die Sache zur neuen Beurteilung an das Verwaltungsgericht, subeventuell an das Departement für Justiz und Sicherheit zurückzuweisen.
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Es ist weder ein Schriftenwechsel noch sind andere Instruktionsmassnahmen angeordnet worden.
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2.
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2.1 Gegenstand des angefochtenen Entscheids ist allein die Frage, ob das Departement für Justiz und Sicherheit Fristwiederherstellung zur Bezahlung des Kostenvorschusses hätte gewähren und auf den Rekurs gegen die Ausweisungsverfügung hätte eintreten müssen. Der auf die materielle ausländerrechtliche Frage abzielende Antrag ist mithin nicht zulässig.
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2.2 Das Verwaltungsgericht stützt seinen Entscheid auf §§ 79 und 26 des Thurgauer Gesetzes vom 23. Februar 1981 über die Verwaltungsrechtspflege (VRG). Gemäss § 79 VRG kann die Behörde einen Kostenvorschuss verlangen (Abs. 1); wird der Vorschuss trotz Hinweis auf die Säumnisfolgen nicht geleistet, kann das Verfahren abgeschrieben werden oder die beantragte Amtshandlung unterbleiben, sofern nicht öffentliche Interessen entgegenstehen (Abs. 2). § 26 VRG bestimmt, dass eine versäumte Frist auf begründetes Gesuch wiederhergestellt werden kann, wenn den Säumigen oder seinen Vertreter kein Verschulden trifft; solche Gründe sind innert 14 Tagen seit Wegfall des Grundes einzureichen, der die Einhaltung der Frist verhindert hat.
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2.3
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2.3.1 Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer korrekt und unter Hinweis auf die Säumnisfolgen zur Leistung des Kostenvorschusses eingeladen worden ist und er der Aufforderung innert Frist nicht Folge geleistet hat. Streitig ist einzig, ob das zum Verpassen der Frist führende Verhalten entschuldbar war. Der Beschwerdeführer macht geltend, für die Säumnis könnten weder er noch sein Rechtsvertreter verantwortlich gemacht werden; sie beruhe auf einem Verhalten der Sekretärin des Rechtsvertreters, die hierfür einen entschuldbaren Grund habe.
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2.3.2 Von vornherein offensichtlich unbegründet ist die Beschwerde, soweit der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers sich für ein allfälliges Verschulden seiner Sekretärin exkulpieren will. Nach konstanter Rechtsprechung zu Art. 35 des auf den 1. Januar 2007 durch das Bundesgerichtsgesetz abgelösten Bundesrechtspflegegesetzes vom 16. Dezember 1943 (OG) sind die fehlerhaften Handlungen der Hilfsperson des Rechtsanwalts diesem in jedem Fall zuzurechnen, ohne dass diesbezüglich eine Exkulpationsmöglichkeit bestünde (BGE 114 Ib 67 E. 2 und 3 S. 69 ff.). Warum die sich an dieser Praxis orientierende Auslegung und Anwendung einer kantonalen Fristwiederherstellungsbestimmung gegen Bundesrecht verstossen sollte, ist nicht ersichtlich.
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2.3.3 Der Beschwerdeführer hat vor Verwaltungsgericht ausführlich den Tagesablauf vom 11. Dezember 2007 in der Kanzlei seines Vertreters geschildert. Die Anwaltssekretärin soll gegen Mittag, als die Post u.a. mit der Kostenvorschussverfügung vom 10. Dezember 2007 angeliefert wurde, allein in der Kanzlei gewesen sein; da sie fiebrig und unpässlich war, Hals- und Kopfschmerzen hatte und sich nicht richtig konzentrieren konnte, wollte sie die Behandlung der eingegangenen Post auf später verschieben und sich darauf beschränken, diese mit dem Eingangsstempel zu versehen; offenbar habe sie dann die nicht bearbeitete Verfügung vom 10. Dezember 2007 aus Versehen in ein falsches Dossier gelegt. Der Beschwerdeführer schliesst aus der Tatsache, dass die Sekretärin eine zuverlässige Arbeitskraft sei, dass einzig deren Krankheit zur Falschablage und damit zum Verpassen der Zahlungsfrist habe führen können.
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Wie der Beschwerdeführer einräumt, hat das Verwaltungsgericht vollumfänglich auf diesen Sachverhalt abgestellt, was sich übrigens aus E. 3b seines Entscheids (S. 8 und 9) ergibt. Welche weiteren konkreten Beweismassnahmen erforderlich gewesen wären, zeigt er denn auch nicht auf; so fällt etwa die nachträgliche Beschaffung eines Arztzeugnisses offensichtlich ausser Betracht. Das Verwaltungsgericht hat aus den vom Beschwerdeführer geschilderten Vorgängen geschlossen, dass die Säumnis auf ein unentschuldbares Versehen bzw. auf Nachlässigkeit oder mangelnde Sorgfalt zurückzuführen sei (E. 3c).
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Krankheit kann ein unverschuldetes, zur Wiederherstellung der Frist führendes Hindernis sein. Die Erkrankung muss aber derart sein, dass es der betroffenen Person verunmöglicht ist, so zu handeln, dass die Frist gewahrt werden kann. Erforderlich ist eine gewichtige Beeinträchtigung der Gesundheit (BGE 119 II 86; 112 V 255), eine "klare Schuldlosigkeit" (Urteil 1P.123/2005 vom 14. Juni 2005, publ. in ZBl 107/2006 S. 390); selbst eine schwere Grippe genügt in der Regel nicht. Vorliegend war die Anwaltssekretärin zwar fiebrig und deswegen sicherlich in ihrer Konzentrationsfähigkeit eingeschränkt. Eine schwerwiegendere Einschränkung ihrer Handlungsfähigkeit vermag der Beschwerdeführer nicht darzutun. Immerhin war die Sekretärin in der Lage, ihren Gesundheitszustand einzuschätzen und entsprechend die Arbeit umzuorganisieren; trotzdem geriet die Kostenvorschussverfügung in ein falsches Dossier, wobei es sich um eine Unachtsamkeit, ein gewöhnliches Versehen handelt. Aus diesem Versehen will der Beschwerdeführer auf eine das Verschulden ausschliessende Gesundheitsbeeinträchtigung schliessen. Es erscheint naheliegend, dass das Verwaltungsgericht diesen reinen Zirkelschluss verwarf; erst recht liegt darin keine Willkür.
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2.3.4 Beruht das Verpassen der Zahlungsfrist mithin auf einem blossen Versehen, das nicht als unverschuldetes Hindernis betrachtet werden kann, hält die Abweisung des Fristwiederherstellungsgesuchs vor dem Willkürverbot und auch vor dem Verhältnismässigkeitsgebot stand; es ist zudem nicht ersichtlich, inwiefern der angefochtene Entscheid Art. 29 BV verletzte. Eine Behörde ist unter keinem Titel verpflichtet, auf ein Rechtsmittel einzutreten, wenn eine Verfahrensvoraussetzung, wie sie die Leistung des Kostenvorschusses darstellt, nicht erfüllt wird, selbst wenn dies für die Partei schwerwiegende Folgen hat.
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2.4 Die offensichtlich unbegründete Beschwerde (Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG) ist im vereinfachten Verfahren abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
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Mit diesem Urteil wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.
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2.5 Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten (Art. 65 BGG) dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2.
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Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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3.
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Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Migrationsamt, dem Departement für Justiz und Sicherheit und dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 1. Juli 2008
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Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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Merkli Feller
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