BGer 2D_6/2008 | |||
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BGer 2D_6/2008 vom 01.07.2008 | |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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2D_6/2008/ble
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Urteil vom 1. Juli 2008
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II. öffentlich-rechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Merkli, Präsident,
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Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
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Gerichtsschreiber Häberli.
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Parteien
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X.________,
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Beschwerdeführerin,
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vertreten durch Christina Jenzer,
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gegen
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Steuerverwaltung des Kantons Bern.
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Gegenstand
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Erlass der Kantons- und Gemeindesteuern 2006,
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subsidiäre Verfassungsbeschwerde gegen den Erlassentscheid der Steuerverwaltung des Kantons Bern vom 10. Dezember 2007.
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Sachverhalt:
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A.
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X.________, welche für das Jahr 2006 noch Kantons- und Gemeindesteuern in der Höhe von 3'774.10 Franken schuldete, ersuchte die Steuerverwaltung des Kantons Bern um Gewährung eines Steuererlasses. Ihr Gesuch wurde teilweise gutgeheissen und die Steuerforderung um 3'000.05 auf 774.05 Franken reduziert (Verfügung vom 10. Dezember 2007).
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B.
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Am 8. Januar 2008 hat X.________ gegen diesen Entscheid, soweit ihr Erlassgesuch abgewiesen wurde, subsidiäre Verfassungsbeschwerde beim Bundesgericht eingereicht. Sie beanstandet vorab, dass ihr - anders als in den Vorjahren - nur ein Teilerlass gewährt worden sei, obschon sich ihre finanziellen Verhältnisse im Vergleich zu den früheren Jahren nicht verändert hätten. Weiter rügt sie, dass der Entscheid "jeder Begründung entbehrt".
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C.
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Die Steuerverwaltung des Kantons Bern schliesst in ihrer Vernehmlassung vom 15. Mai 2008 auf Abweisung der Beschwerde.
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Erwägungen:
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1.
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1.1 Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid (vgl. Art. 240 Abs. 5 des Berner Steuergesetzes vom 21. Mai 2000 [StG/BE]), der sich auf kantonales Recht stützt und gegen den auf Bundesebene nur die subsidiäre Verfassungsbeschwerde offen steht (vgl. Art. 83 lit. m und Art. 113 BGG). Weil die Berner Steuerpflichtigen bei Vorliegen gewisser Voraussetzungen über einen Rechtsanspruch auf Steuererlass verfügen (vgl. Art. 240 Abs. 1 StG/BE in Verbindung mit Art. 35 Abs. 1 und Art. 42 der kantonalen Bezugsverordnung vom 18. Oktober 2000 [BEZV]), wird die Beschwerdeführerin durch den - zumindest teilweise - abschlägigen Erlassentscheid in rechtlich geschützten Interessen betroffen und ist sie insoweit zur subsidiären Verfassungsbeschwerde legitimiert (vgl. Urteil 2D_40/2007 vom 25. Mai 2007 i.S. J.). Angesichts der zweijährigen Übergangsfrist gemäss Art. 130 Abs. 3 BGG kann gegen einen derartigen Erlassentscheid zur Zeit noch unmittelbar die subsidiäre Verfassungsbeschwerde erhoben werden, auch wenn es sich bei der Steuerverwaltung des Kantons Bern nicht um eine zulässige Vorinstanz des Bundesgerichts nach Art. 114 in Verbindung mit Art. 86 Abs. 2 BGG handelt (vgl. Urteil 2D_40/2007 vom 25. Mai 2007 i.S. J.).
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1.2 Mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde kann einzig die Verletzung verfassungsmässiger Rechte geltend gemacht werden (Art. 116 BGG), wobei hiefür das sog. Rügeprinzip gilt (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BBl 2001 4344). Dieses verlangt, dass der Beschwerdeführer in seiner Eingabe dartut, welche verfassungsmässigen Rechte inwiefern durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind; das Bundesgericht untersucht nicht von sich aus, ob der angefochtene kantonale Entscheid verfassungsmässig ist, sondern prüft nur rechtsgenügend vorgebrachte, klar erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen (BGE 110 Ia 1 E. 2 S. 3 f.; 119 Ia 197 E. 1d S. 201). Vorliegend ist fraglich, ob diese Begründungsanforderungen erfüllt sind, soweit die Beschwerde sich gegen die (materielle) Verweigerung eines vollständigen Steuererlasses richtet, zumal sich die Beschwerdeführerin nicht ausdrücklich auf das insoweit allein in Frage kommende Willkürverbot (Art. 9 BV; vgl. BGE 127 I 60 E. 5a S. 70) beruft. Letztlich kann jedoch offen bleiben, wie es sich damit verhält, weil jedenfalls die (formelle) Rüge durchdringt, mangels einer Begründung des Erlassentscheids sei der Anspruch der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) verletzt worden; diese Rüge ist - unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich auch bei der Vertreterin der Beschwerdeführerin um eine juristische Laiin handelt - rechtsgenüglich erhoben worden.
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2.
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Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs als persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht verlangt, dass die Behörde die Vorbringen des Betroffenen auch tatsächlich hört, sorgfältig und ernsthaft prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt. Daraus folgt die grundsätzliche Pflicht der Behörde, ihren Entscheid zu begründen. Der Bürger soll wissen, warum die Behörde entgegen seinem Antrag entschieden hat, weshalb die Begründung des Entscheids so abgefasst sein muss, dass der Betroffene ihn gegebenenfalls sachgerecht anfechten kann. Dies ist nur dann möglich, wenn sowohl er wie auch die Rechtsmittelinstanz sich über die Tragweite des Entscheids ein Bild machen können. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde leiten liess und auf welche sich ihr Entscheid stützt. Demgegenüber ist nicht erforderlich, dass sich Letztere ausdrücklich mit jeder tatbeständlichen Behauptung und jedem rechtlichen Einwand des Rechtsuchenden auseinandersetzt. Vielmehr kann sie sich auf die für ihren Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte beschränken und in der Begründung bloss diejenigen Argumente aufführen, die tatsächlich ihrem Entscheid zugrunde liegen (BGE 126 I 97 E. 2b 102 f.).
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3.
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Die angefochtene Verfügung der Steuerverwaltung des Kantons Bern enthält bloss eine tabellarische Aufstellung der offenen Steuerforderungen von Kanton, Gemeinde und Kirche, von denen alsdann je die erlassenen Teilbeträge in Abzug gebracht werden. Ausserdem wird der Saldo gezogen und das Fälligkeitsdatum für die Restbeträge sowie die Zahlungsfrist festgesetzt. Abgesehen von der Rechtsmittelbelehrung enthält die Verfügung jedoch keine weiteren Informationen mehr. Insbesondere fehlt jegliche Begründung für den gefällten Entscheid: Es wird weder dargelegt, wie die erlassenen Teilbeträge bestimmt wurden, noch, weshalb der Beschwerdeführerin - anders als in früheren Jahren - kein gänzlicher Steuererlass gewährt wurde. Es ist offensichtlich, dass die Beschwerdeführerin sich bei diesen Gegebenheiten über die Tragweite des Entscheids keine Rechenschaft geben und diesen deshalb nicht sachgerecht anfechten konnte; sie musste sich vielmehr in Spekulationen über die Beweggründe der Steuerverwaltung ergehen. Weil Letztere die Begründungspflicht, welche sie als verfügende Behörde trifft, missachtet hat, ist der angefochtene Entscheid wegen Verletzung von Art. 29 Abs. 2 BV aufzuheben. Zwar hat die Steuerverwaltung in der Vernehmlassung, welche sie im bundesgerichtlichen Verfahren eingereicht hat, nunmehr erklärt, auf welche rechtlichen Überlegungen sie den Erlassentscheid gestützt hat. Eine Heilung der festgestellten Gehörsverletzung kommt jedoch mit Blick auf die wesentlich engere Kognition des Bundesgerichts, welche im Verfahren der subsidiären Verfassungsbeschwerde auf die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten beschränkt ist (vgl. Art. 116 BGG), zum Vornherein nicht in Frage (vgl. BGE 132 V 387 E. 5.1 S. 390; 126 I 68 E. 2 S. 72).
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4.
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Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist nach dem Gesagten gutzuheissen, soweit darauf einzutreten ist, und der angefochtene Erlassentscheid ist aufzuheben.
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Weil die Steuerverwaltung Vermögensinteressen verfolgt hat, wird der Kanton Bern kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Abs. 4 BGG e contrario). Er hat zudem die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen (Art. 68 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist, und der Erlassentscheid der Steuerverwaltung des Kantons Bern vom 10. Dezember 2007 wird aufgehoben.
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2.
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Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Kanton Bern auferlegt.
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3.
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Der Kanton Bern hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 500.-- zu entschädigen.
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4.
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Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin und der Steuerverwaltung des Kantons Bern schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 1. Juli 2008
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Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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Merkli Häberli
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