BGer 9C_119/2008 | |||
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BGer 9C_119/2008 vom 16.07.2008 | |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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9C_119/2008
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Urteil vom 16. Juli 2008
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II. sozialrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
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Bundesrichter Lustenberger, Kernen,
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Gerichtsschreiber Traub.
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Parteien
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J.________, Beschwerdeführer,
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vertreten durch Rechtsanwalt Stefan Galligani, Ruederstrasse 8, 5040 Schöftland,
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gegen
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IV-Stelle des Kantons Solothurn, Allmendweg 6, 4528 Zuchwil, Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Invalidenversicherung,
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Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn
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vom 23. November 2007.
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Sachverhalt:
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A.
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Der 1950 geborene J.________ war zwischen 1989 und April 2004 (Kündigung nach krankheitsbedingter langer Abwesenheit) als Produktionsmitarbeiter in einer Verpackungsfirma tätig. Im Jahr 2003 wurde er wegen eines sensomotorischen Halbseitensyndroms (Sensibilitätsstörung und motorische Schwäche in der linken Körperhälfte) dreimalig hospitalisiert. Am 4. August 2004 meldete er sich zum Leistungsbezug bei der Invalidenversicherung an. Die IV-Stelle des Kantons Solothurn holte unter anderem ein interdisziplinäres Gutachten der Medizinischen Abklärungsstation (MEDAS) am Spital X.________ vom 13. Juni 2006 ein. Mit Verfügung vom 16. November 2006 lehnte die IV-Stelle das Gesuch in Bezug auf die Ausrichtung einer Invalidenrente ab, weil kein leistungsbegründender Invaliditätsgrad (36 Prozent) bestehe.
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B.
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Das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn wies die dagegen erhobene Beschwerde ab, wobei es davon ausging, es sei ein Invaliditätsgrad von 39 Prozent gegeben (Entscheid vom 23. November 2007).
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C.
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J.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Rechtsbegehren, es sei, unter Aufhebung des kantonalen Beschwerdeentscheids, der Invaliditätsgrad neu zu berechnen. Das mit der Beschwerdeeingabe gestellte Gesuch um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege zieht er nachträglich zurück.
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Die IV-Stelle und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Stellungnahme.
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Erwägungen:
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1.
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Gegenstand des angefochtenen Entscheids ist die Frage, ob der Beschwerdeführer in rentenbegründendem Ausmass invalid sei (Art. 28 Abs. 2 IVG in Verbindung mit Art. 16 ATSG und Art. 28 Abs. 1 IVG). Der Beschwerdeführer macht geltend, die Bemessung des Invalideneinkommens durch die Vorinstanz werde seinen persönlichen Verhältnissen nicht gerecht. Aufgrund der Parteivorbringen bleibt letztinstanzlich allein noch zu prüfen, ob das kantonale Gericht in diesem Zusammenhang bei der Kürzung der statistisch ermittelten Lohnansätze (sog. leidensbedingter Abzug; BGE 129 V 472 E. 4.2.3 S. 481; 126 V 75) einen Rechtsfehler begangen habe (zum Rügeprinzip: BGE 119 V 347 E. 1a S. 349 mit Hinweis).
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Die Frage, ob eine Herabsetzung vorzunehmen sei, ist rechtlicher Natur; deren Bemessung ist dagegen Ermessensfrage, welche als solche nicht überprüfbar ist (Art. 95 und 97 BGG). Von der bundesgerichtlichen Kognition erfasst wird die Höhe des Abzuges nur im Hinblick auf Ermessensüberschreitung, -unterschreitung oder -missbrauch, allesamt Formen rechtsfehlerhafter Ermessensbetätigung (BGE 132 V 393 E. 3.3 in fine S. 399; Urteil 9C_382/2007 vom 13. November 2007, E. 4.1).
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2.
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2.1 Der im Zeitpunkt der Verwaltungsverfügung 56-jährige Beschwerdeführer leidet gemäss dem Gutachten der Medizinischen Abklärungsstation (MEDAS) am Spital X.________ vom 13. Juni 2006 im Wesentlichen an einem diskreten sensomotorischen Halbseitensyndrom links, an paroxysmalem Schwankschwindel und rezidivierenden Zephalgien, ausserdem an einem diskreten linksbetonten extrapyramidalmotorischen Syndrom. Funktionell führen diese Befunde nach gutachtlicher Einschätzung zu einer leichten motorischen Schwäche im linken Arm und im linken Bein. Wegen den gelegentlich auftretenden Schwindelanfällen "können keine Arbeiten an Maschinen mit sich bewegenden Teilen verrichtet werden"; auch müsse jederzeit die Möglichkeit bestehen, sich für wenige Minuten hinzusetzen. Die bisherige Arbeit sei deswegen nicht mehr möglich. Hingegen kann der Beschwerdeführer nach nicht bestrittener Auffassung der Sachverständigen leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne feinmotorische Anforderungen versehen, sofern diese auch nicht mit schwereren Hebe- oder Tragbelastungen oder mit der Notwendigkeit, längere Gehstrecken zurückzulegen, verbunden sind. Bezogen auf eine solche leidensangepasste Arbeit bestehe wegen gelegentlicher Schwindelanfälle und der diskret reduzierten Kraft der linken Extremitäten eine leicht, das heisst um "weniger als 20 %" verminderte Leistungsfähigkeit (bei vollzeitiger Präsenz). Dies entspricht der Stellungnahme des neurologischen Teilgutachters, der von einer vollständigen Arbeitsfähigkeit "bei einer Leistungsfähigkeit von über 80 %" ausging.
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2.2 Das kantonale Gericht ist der Ansicht der IV-Stelle gefolgt, der in der Verwaltungsverfügung zugestandene Abzug von 15 Prozent sei zu hoch ausgefallen; angemessen sei eine Korrektur um 10 Prozent. Weder das Alter noch der Aufenthaltsstatus (Niederlassungsbewilligung C) wirkten sich lohnmindernd aus. Die ärztlich ausgewiesene Verminderung in der Leistungsfähigkeit könne bei der Bemessung des leidensbedingten Abzugs nicht noch einmal berücksichtigt werden, nachdem ihr bereits beim anrechenbaren Pensum Rechnung getragen worden sei. Massgebend sei hingegen der Umstand einer behinderungsbedingt erschwerten Eingliederung. Der von der IV-Stelle anerkannte Abzug über 15 Prozent erweise sich als zu hoch, weil nur das zuletzt genannte Merkmal sich lohnmindernd auswirke. Für eine angemessene Berücksichtigung allfälliger weiterer Umstände verbliebe so (mit Blick auf den rechtsprechungsgemäss maximalen Abzug von 25 Prozent) zu wenig Raum. Daher sei der leidensbedingte Abzug auf 10 Prozent zu veranschlagen. Das Invalideneinkommen belaufe sich auf Fr. 41'230.-. Aus einem Vergleich mit dem Valideneinkommen (hypothetisches Einkommen ohne Gesundheitsschaden) von Fr. 67'140.- resultiere ein Invaliditätsgrad von 39 Prozent.
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2.3 Es ist nicht zu erkennen, inwiefern das kantonale Gericht mit dieser Gesamteinschätzung der erwerblichen Auswirkung der einzelnen lohnwirksamen Faktoren (vgl. BGE 126 V 75 E. 5b/bb S. 80) die Grenzen seines Ermessens überschritten oder dieses missbraucht haben sollte.
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2.3.1 Die gesundheitlichen Einschränkungen sind ausreichend berücksichtigt, zumal die Leistungsfähigkeit nach gutachtlicher Einschätzung über 80 Prozent liegt (oben E. 2.1). Flössen sie zusätzlich in die Bemessung des leidensbedingten Abzugs ein, so ergäbe sich eine doppelte Anrechnung desselben Gesichtspunktes, wie die Vorinstanz zutreffend zu bedenken gegeben hat. Anders stellte sich die Rechtslage nur dann dar, wenn - über die Bezeichnung des massgebenden Beschäftigungspensums (von hier 80 Prozent) hinaus - zusätzlichen Einschränkungen (wie vermindertes Rendement pro Zeiteinheit wegen verlangsamter Arbeitsweise, Bedarf nach ausserordentlichen Pausen) Rechnung zu tragen oder wenn die funktionelle Einschränkung ihrer besonderen Natur nach nicht ohne weiteres mit den Anforderungen vereinbar wäre, wie sie sich aus den gewöhnlichen betrieblichen Abläufen ergeben. So verhält es sich hier aber nicht. Gerade auch die Schwindelanfälle, die sich im Schnitt während zwölf Minuten täglich leistungswirksam manifestieren sollen, sind in der von der Vorinstanz anerkannten Pensenreduktion ausreichend und damit abschliessend berücksichtigt.
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2.3.2 Dies bedeutet, dass der vorinstanzlich auf 10 Prozent veranschlagte Abzug vom Tabellenlohn nur die übrigen, nicht unmittelbar leidensbezogenen arbeitsmarktlichen Nachteile umfasst. Der Versicherte führt an, seine mangelnden Deutschkenntnisse liessen praktisch allein noch eine Tätigkeit im Baugewerbe zu. Es ist jedoch nicht ermessensmissbräuchlich anzunehmen, es gebe in einem ausgeglichenen Arbeitsmarkt (Art. 16 ATSG) ausreichend viele Arbeitsstellen in der industriellen Fertigung, auf welche der Beschwerdeführer verwiesen werden kann. Unter zeitgemässen Produktionsbedingungen werden viele Stellenprofile im sekundären Sektor den hier gegebenen medizinischen Anforderungen (kein Umgang mit schwereren Gewichten oder mit Maschinen mit Verletzungspotential, keine längeren Gehstrecken) gerecht, ohne dass sie deswegen mit höheren Erfordernissen bezüglich Ausbildung und Sprachkenntnissen verbunden wären.
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2.4 Nach dem Gesagten hält die Art und Weise, wie die Vorinstanz den Invaliditätsgrad festgelegt hat, der gesetzlichen Rechtskontrolle stand.
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3.
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Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2.
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Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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3.
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Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, der Ausgleichskasse des Kantons Solothurn und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
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Luzern, 16. Juli 2008
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Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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Meyer Traub
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