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Informationen zum Dokument  BGer 2D_41/2008  Materielle Begründung
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BGer 2D_41/2008 vom 21.07.2008
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
2D_41/2008
 
Urteil vom 21. Juli 2008
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Hungerbühler, präsidierendes Mitglied,
 
Bundesrichter Karlen, Donzallaz,
 
Gerichtsschreiber Merz.
 
Parteien
 
A.________,
 
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwältin Claudia Zumtaugwald,
 
gegen
 
Fremdenpolizei des Kantons Schwyz,
 
Steistegstrasse 13, 6430 Schwyz,
 
Regierungsrat des Kantons Schwyz,
 
Bahnhofstrasse 9, 6430 Schwyz.
 
Gegenstand
 
Aufenthaltsbewilligung (Wiedererwägung),
 
Verfassungsbeschwerde gegen den Entscheid
 
des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz
 
vom 21. Februar 2008.
 
Erwägungen:
 
1.
 
1.1 Die Mazedonierin A.________ (geb. 1973) erhielt nach der Heirat mit B.________, der aus dem ehemaligen Jugoslawien stammt, eine Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz. Am **. ** 1994 gebar sie den Sohn C.________. Dieser wurde bei der Scheidung der Ehe am 3. Mai 2002 ihr zugeteilt. Am 24. Juni 2002 heiratete sie den Serben D.________, der in der Schweiz erfolglos Gesuche um Asyl und Aufenthaltsbewilligung stellte und im September 2003 das Land wieder verliess.
 
Die Fremdenpolizei des Kantons Schwyz verweigerte am 20. April 2005 A.________ und ihrem Sohn C.________ die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung und setzte ihnen eine Ausreisefrist bis am 14. November 2005. In der Begründung dieses Entscheids wurde auf die wiederholte Straffälligkeit von A.________, ihre Arbeitslosigkeit und den Umstand verwiesen, dass ihr neuer Ehemann in Serbien lebe. Ausserdem sei aufgrund seines noch geringen Alters die Ausreise auch für den Sohn C.________ zumutbar.
 
Am 5. Oktober 2006 übertrug die Vormundschaftsbehörde X.________ die elterliche Sorge über C.________ beiden Eltern gemeinsam; die Obhut wurde dem Vater zugeteilt. A.________ wurde am 4. Januar 2007 nach Mazedonien ausgeschafft.
 
1.2 A.________ ersuchte am 12. April 2007 vom Ausland wiedererwägungsweise um Erteilung der Aufenthaltsbewilligung. Die Fremdenpolizei wies das neue Gesuch am 11. Juli 2007 ab. Die dagegen erhobenen Beschwerden beim Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz blieben ohne Erfolg.
 
1.3 A.________ beantragt dem Bundesgericht mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde vom 23. April 2008, den in dieser Sache zuletzt ergangenen Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 21. Februar 2008 aufzuheben und die Fremdenpolizei anzuweisen, auf das Wiedererwägungsgesuch einzutreten. Eventuell sei der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung zurückzuweisen.
 
1.4 Der Regierungsrat stellt Antrag auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Das Verwaltungsgericht sowie die kantonale Fremdenpolizei haben auf eine Vernehmlassung verzichtet.
 
2.
 
Streitgegenstand bildet die Frage, ob die kantonalen Behörden es mangels neuer erheblicher Tatsachen ablehnen durften, auf das von der Beschwerdeführerin am 12. April 2007 gestellte neue Gesuch um Erteilung der Aufenthaltsbewilligung einzutreten (vgl. zum bundesrechtlichen Anspruch auf Wiedererwägung: BGE 124 II 1 E. 3a S. 6; 120 Ib 42 E. 2b S. 46 f.). Vor Bundesgericht ist dabei allein noch umstritten, ob der Umstand, dass die Vormundschaftsbehörde X.________ das Sorgerecht über C.________ am 10. Oktober 2006 der Beschwerdeführerin und ihrem früheren Ehemann B.________ gemeinsam übertrug, eine Tatsache darstellt, die im Blick auf die Erteilung der Aufenthaltsbewilligung wesentlich ist. Die Vorinstanz verneint das. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin verletzt diese Beurteilung das Willkürverbot und den Grundsatz von Treu und Glauben (Art. 9 BV) sowie ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV).
 
3.
 
3.1 Bei der Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung am 20. April 2005 wurde berücksichtigt, dass die elterliche Sorge über den Sohn C.________ der Beschwerdeführerin zugeteilt war und es für den damals 11-jährigen Knaben zumutbar erschien, der Mutter nach Serbien zu folgen. Mit der Einräumung des gemeinsamen Sorgerechts und der Zuweisung der Obhut über C.________ an den Vater ist eine neue Situation entstanden.
 
Die Vorinstanz hält diese neue Tatsache jedoch unter ausländerrechtlichen Gesichtspunkten nicht für erheblich, da die Neuregelung des Sorgerechts und der Obhut in Kenntnis der rechtskräftig verfügten Wegweisung der Beschwerdeführerin erfolgt sei. Zur Wahrnehmung des Sorgerechts sei auch nicht erforderlich, dass sich die Beschwerdeführerin ständig in der Schweiz aufhalte; vielmehr könne sie dieses auch vom Ausland aus wahrnehmen. Die Neuregelung des Sorgerechts und der Obhutszuteilung seien deshalb nicht geeignet, an der am 20. April 2005 verfügten Verweigerung der Aufenthaltsbewilligung etwas zu ändern.
 
3.2 Nach der Rechtsprechung hat der Ausländer, der gegenüber seinem in der Schweiz lebenden Kind lediglich über ein Besuchsrecht verfügt, nur dann gestützt auf Art. 8 EMRK einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, wenn einerseits zwischen ihm und seinem Kind in wirtschaftlicher und affektiver Hinsicht eine besonders enge Beziehung besteht, die sich vom Ausland aus nicht mehr aufrechterhalten liesse, und wenn anderseits das bisherige Verhalten des Ausländers zu keinerlei Klagen Anlass gegeben hat (BGE 120 Ib 1 E. 3c S. 5, 22 E. 4 S. 24 ff.; Urteil des Bundesgerichts 2A.562/2006 vom 16. Februar 2007, E. 3.4.1 mit weiteren Hinweisen). Wie aus dem angefochtenen Urteil hervorgeht, sind beide Voraussetzungen offensichtlich nicht erfüllt. Die Beschwerdeführerin behauptet denn auch selber nicht, sie habe nach Art. 8 EMRK einen Anspruch auf eine Bewilligungserteilung; sie macht vielmehr vor allem geltend, sie könne ihr Sorgerecht vom Ausland aus nicht wirksam wahrnehmen, was im Aufenthaltsbewilligungsverfahren berücksichtigt werden müsse. Die Vorinstanz verweist indessen zu Recht darauf, dass die Beschwerdeführerin in Kenntnis ihrer rechtskräftigen Wegweisung bei der Vormundschaftsbehörde das gemeinsame Sorgerecht beantragte; deshalb erscheint es widersprüchlich, wenn sie nun die Konsequenzen nicht akzeptieren will. Ausserdem legt die Beschwerdeführerin nicht näher dar, wieso es ihr nicht möglich sein sollte, das gemeinsame Sorgerecht vom Ausland aus wahrzunehmen. Es ist jedenfalls nicht willkürlich, wenn die Vorinstanz unter den gegebenen Umständen im gemeinsamen Sorgerecht keinen erheblichen Umstand erblickt, der die zuständige Behörde verpflichten würde, auf das neue Gesuch um eine Aufenthaltsbewilligung einzutreten. Da die Beschwerdeführerin nur zur Rüge der formellen Rechtsverweigerung legitimiert ist (vgl. Art. 83 lit. c Ziff. 2 und 5 BGG; BGE 133 I 185 E. 6.2 S. 198 f.), ist an dieser Stelle die Rechtmässigkeit der Bewilligungsverweigerung nicht zu überprüfen.
 
3.3 Die weiteren Rügen, welche die Beschwerdeführerin erhebt, gehen ebenfalls fehl. Die Begründung des angefochtenen Entscheids genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen ohne weiteres (vgl. BGE 133 III 439 E. 3.3 S. 445; 112 Ia 107 E. 2b S. 109 f.). Ausserdem verpflichtet der Grundsatz des Vertrauensschutzes die Behörden nicht, in einem weiteren als dem bereits dargestellten Umfang auf erneut gestellte Gesuche um Aufenthaltsbewilligung einzutreten.
 
4.
 
Die Beschwerdeführerin rügt ebenfalls, dass ihr im vorinstanzlichen Verfahren die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege verweigert wurde. Sie zeigt indessen nicht auf, inwiefern der angefochtene Entscheid in dieser Hinsicht kantonales Recht verfassungswidrig anwenden oder die Garantie von Art. 29 Abs. 3 BV verletzen sollte. Vielmehr beschränkt sie sich auf pauschale Vorwürfe an die Vorinstanz und auf die blosse Behauptung, dass ihr Standpunkt nicht aussichtslos war. Die Rechtsschrift genügt daher in diesem Punkt den Begründungsanforderungen gemäss Art. 42 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 106 Abs. 2 BGG nicht. Auf die Rüge ist demnach nicht einzutreten.
 
5.
 
Aus diesen Erwägungen erweist sich die Beschwerde in dem Umfang, in dem auf sie einzutreten ist, als offensichtlich unbegründet, weswegen sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG behandelt werden kann.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist auch für das bundesgerichtliche Verfahren wegen Aussichtslosigkeit der gestellten Begehren abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG; BGE 128 I 225 E. 2.5.3 S. 236). Denn ein Erfolg des Rechtsmittels musste angesichts der dargestellten Rechtsprechung und des teilweise widersprüchlichen Verhaltens der Beschwerdeführerin wesentlich weniger wahrscheinlich erscheinen als der Verlust des Prozesses. Entsprechend dem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen, wobei deren finanziellen Verhältnissen Rechnung zu tragen ist (Art. 65 Abs. 2 und Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen werden nicht geschuldet (vgl. Art. 68 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung wird abgewiesen.
 
3.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
4.
 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Fremdenpolizei, dem Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 21. Juli 2008
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber:
 
Hungerbühler Merz
 
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