BGer 8C_246/2008 | |||
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BGer 8C_246/2008 vom 23.07.2008 | |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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8C_246/2008
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Urteil vom 23. Juli 2008
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I. sozialrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Ursprung, Präsident,
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Bundesrichter Lustenberger, Bundesrichterin Leuzinger,
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Gerichtsschreiberin Berger Götz.
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Parteien
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S.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Beratungsstelle für Ausländer, Schützengasse 7, 8001 Zürich,
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gegen
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IV-Stelle des Kantons Thurgau, St. Gallerstrasse 13, 8500 Frauenfeld, Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Invalidenversicherung,
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Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 20. Februar 2008.
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Sachverhalt:
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A.
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Die 1959 geborene S.________ war seit 24. Mai 1994 als Betriebsmitarbeiterin für die Firma X.________ tätig. Am 15. März 2006 meldete sie sich bei der Invalidenversicherung zum Bezug von Leistungen an. Nach Abklärung der beruflich-erwerblichen und der gesundheitlichen Situation sowie nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens sprach ihr die IV-Stelle des Kantons Thurgau für die Zeit vom 1. Mai 2006 bis 31. Januar 2007 eine befristete ganze Invalidenrente, basierend auf einem Invaliditätsgrad von 100 %, zu (Verfügung vom 29. August 2007).
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B.
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Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau ab (Entscheid vom 20. Februar 2008).
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C.
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S.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und sinngemäss beantragen, es sei ihr eine unbefristete ganze Invalidenrente zuzusprechen. Ferner lässt sie um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ersuchen.
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Mit Verfügung vom 5. Juni 2008 weist das Bundesgericht das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ab und fordert S.________ zur Bezahlung eines Kostenvorschusses auf, den diese innert Frist bezahlt.
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Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.
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D.
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Am 9. Juli 2008 hat S.________ einen Bericht des Medizinischen Zentrums D.________ vom 13. Juni 2008 nachreichen lassen.
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Erwägungen:
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1.
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1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. zur auch unter der Herrschaft des BGG gültigen Abgrenzung von Tat- und Rechtsfragen im Bereich der Invaliditätsbemessung [Art. 16 ATSG] für die Ermittlung des Invaliditätsgrades nach Art. 28 Abs. 1 IVG: BGE 132 V 393). Eine unvollständige Sachverhaltsfeststellung stellt eine vom Bundesgericht ebenfalls zu korrigierende Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 lit. a BGG dar (Seiler/von Werdt/Güngerich, Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, Bern 2007, N. 24 zu Art. 97 BGG).
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1.2 Im Rahmen der Invaliditätsbemessung betrifft die Feststellung des Gesundheitsschadens, d.h. die Befunderhebung und die gestützt darauf gestellte Diagnose, ebenso eine Tatfrage wie die aufgrund von medizinischen Untersuchungen gerichtlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 398). Demgegenüber charakterisieren sich auf der beruflich-erwerblichen Stufe der Invaliditätsbemessung als Rechtsfragen die gesetzlichen und rechtsprechungsgemässen Regeln über die Durchführung des Einkommensvergleichs (BGE 130 V 343 E. 3.4 S. 348 f., 128 V 29 E. 1 S. 30 f., 104 V 135 E. 2a und b S. 136 f.), einschliesslich derjenigen über die Anwendung der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung des Bundesamtes für Statistik (LSE; BGE 129 V 472 E. 4.2.1 S. 475 f., 126 V 75 E. 3b S. 76 f., 124 V 321 E. 3b/aa S. 322 f.). Die Bestimmung der beiden für den Einkommensvergleich erforderlichen hypothetischen Vergleichseinkommen stellt sich als Tatfrage dar, soweit sie auf konkreter Beweiswürdigung beruht, hingegen als Rechtsfrage, soweit sich der Entscheid nach der allgemeinen Lebenserfahrung richtet. Letzteres betrifft etwa die Frage, ob Tabellenlöhne anwendbar sind, welches die massgebliche Tabelle ist und ob ein behinderungsbedingt oder anderweitig begründeter Leidensabzug vorzunehmen sei (BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399).
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2.
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Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen und von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum Invaliditätsbegriff (Art. 4 Abs. 1 IVG in Verbindung mit Art. 8 ATSG), zum Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 IVG in der bis Ende 2007 gültig gewesenen Fassung), zur Bemessung des Invaliditätsgrades bei erwerbstätigen Versicherten (Einkommensvergleichsmethode [Art. 28 Abs. 2 IVG in der bis Ende 2007 in Kraft gestandenen Fassung in Verbindung mit Art. 16 ATSG; BGE 104 V 135 E. 2a und b S. 136 f.]), zum Beweiswert und zur Beweiswürdigung medizinischer Berichte und Gutachten (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352) sowie zur Revision von Invalidenrenten bei wesentlicher Änderung der tatsächlichen Verhältnisse (Art. 1 Abs. 1 IVG in Verbindung mit Art. 17 Abs. 1 ATSG) richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen.
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3.
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3.1 Im Lichte der in Erwägung 1.2 hiervor erwähnten kognitionsrechtlichen Grundsätze über die Abgrenzung von Tat- und Rechtsfragen im Bereich der Invaliditätsbemessung ergibt sich, dass die Vorinstanz in pflichtgemässer Würdigung der gesamten medizinischen Aktenlage und insbesondere gestützt auf das Gutachten der MEDAS vom 20. Februar 2007 mit nachvollziehbarer Begründung erkannt hat, die Beschwerdeführerin sei nach Ablauf des Wartejahres vom 1. Mai 2006 bis zum Untersuchungszeitpunkt durch die MEDAS-Gutachter im Januar 2007 zu 100 % arbeitsunfähig gewesen. Ab Februar 2007 sei von einer 35 %igen Arbeitsunfähigkeit auszugehen. Da die Invaliditätsbemessung unter Beachtung einer 35 %igen Arbeitsunfähigkeit zu keinem rentenbegründenden Invaliditätsgrad mehr führe, habe die IV-Stelle die ganze Rente zu Recht befristet.
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3.2 Die Vorbringen der Beschwerdeführerin sind nicht geeignet, die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung als mangelhaft im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG erscheinen zu lassen. Auch unter Berücksichtigung der ohnehin ausserhalb des gerichtlichen Prüfungszeitraumes (BGE 121 V 362 E. 1b S. 366) liegenden Berichte des Dr. med. A.________, Facharzt für Neurologie FMH, vom 7. September 2007, des Dr. med. B.________, Spezialarzt für Chirurgie, Wirbelsäulenleiden, Schleudertrauma und orthopädische Traumatologie FMH, vom 5. November 2007 und 15. März 2008 sowie des Medizinischen Zentrums D.________ vom 28. November 2007 und 13. Juni 2008 sind die Feststellungen des kantonalen Gerichts nicht offensichtlich unrichtig. Deshalb kann dahingestellt bleiben, ob die Nachreichung der Stellungnahme des Medizinischen Zentrums D.________ vom 13. Juni 2008 im letztinstanzlichen Verfahren überhaupt in prozessual zulässiger Weise erfolgt ist. Inwiefern die Arztberichte des Dr. med. E.________, Facharzt für Innere Medizin FMH, speziell Rheumatologie, vom 20. März 2006 und der Psychiatrischen Dienste Y.________ vom 11. Juli 2006 die Erwägungen im angefochtenen Gerichtsentscheid als offensichtlich unrichtig oder als sonst wie Bundesrecht verletzend erscheinen lassen sollen (Art. 95 lit. a und Art. 97 Abs. 1 BGG), wird in der Beschwerde nicht einmal ansatzweise dargelegt. Sämtliche in der Beschwerde ans Bundesgericht erhobenen Einwendungen vermögen, soweit sie überhaupt mit einer Begründung versehen sind, an der vorinstanzlichen Betrachtungsweise nichts zu ändern.
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4.
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Bei einer Verbesserung der Erwerbsfähigkeit ist nach Art. 88a Abs. 1 IVV die anspruchsbeeinflussende Änderung im Hinblick auf die Herabsetzung oder Aufhebung der Leistung von dem Zeitpunkt an zu berücksichtigen, in dem angenommen werden kann, dass sie voraussichtlich längere Zeit dauern wird. Sie ist in jedem Fall zu berücksichtigen, nachdem sie ohne wesentliche Unterbrechung drei Monate angedauert hat und voraussichtlich weiterhin andauern wird.
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Nachdem Verwaltung und kantonales Gericht die anspruchsbeeinflussende Änderung des Sachverhalts mit Blick auf die Untersuchungen durch die MEDAS-Gutachter vom 22. und 24. Januar 2007 auf den 25. Januar 2007 (IV-Stelle) bzw. auf Ende Januar 2007 (kantonales Gericht) datierten, besteht der Rentenanspruch in Anwendung der zitierten Verordnungsbestimmung noch bis zum 30. April 2007 und nicht nur, wie von den Vorinstanzen angenommen, bis Ende Januar 2007.
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5.
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Der teilweise obsiegenden Beschwerdeführerin (E. 4 hiervor) steht für das Verfahren vor Bundesgericht eine reduzierte Parteientschädigung zu (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Die Gerichtskosten werden den Parteien anteilsmässig auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 20. Februar 2008 und die Verfügung der IV-Stelle des Kantons Thurgau vom 29. August 2007 werden dahingehend abgeändert, dass die Beschwerdeführerin Anspruch auf eine ganze Invalidenrente bis Ende April 2007 hat. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
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2.
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Von den Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin Fr. 400.- und der Beschwerdegegnerin Fr. 100.- auferlegt.
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3.
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Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 200.- zu entschädigen.
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4.
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Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau zurückgewiesen.
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5.
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Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau, der Ausgleichskasse Ostschweizer Handel, St. Gallen, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
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Luzern, 23. Juli 2008
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Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
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Ursprung Berger Götz
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