BGer 8C_248/2007 | |||
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BGer 8C_248/2007 vom 04.08.2008 | |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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8C_248/2007
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Urteil vom 4. August 2008
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I. sozialrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Ursprung, Präsident,
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Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Frésard,
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Gerichtsschreiberin Hofer.
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Parteien
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Y.________,
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Beschwerdeführer, vertreten durch Advokat
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Dr. Axel Delvoigt, Grellingerstrasse 60, 4052 Basel,
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gegen
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Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Unfallversicherung,
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Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, vom 7. Februar 2007.
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Sachverhalt:
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A.
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Der 1950 geborene Y.________ war seit 1993 als Taxichauffeur tätig und in dieser Eigenschaft bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen die Folgen von Berufs- und Nichtberufsunfall versichert. Als er am 10. Juni 2001 seinen Personenwagen vor einer Signalanlage zum Stillstand brachte, bemerkte dies der nachfolgende Wagenlenker offenbar zu spät und fuhr auf das Heck seines Fahrzeugs auf, wodurch dieses in das vor ihm stehende Auto geschoben wurde. Die gleichentags konsultierten Ärzte der chirurgischen Notfallstation des Kantonsspitals L.________ diagnostizierten gemäss Bericht vom 10. Juni 2001 eine Distorsion der Halswirbelsäule (HWS), ohne röntgenologisch nachweisbare, frische ossäre Läsion und ohne Auffälligkeiten der oberen Extremitäten und der Hirnnerven. Dem Hausarzt Dr. med. R.________ gab der Versicherte gemäss Bericht vom 13. Juni 2001 an, er leide an ständigen Kopfschmerzen, ohne Konzentrations- und Visusstörungen oder Schwindel. Zudem bestand eine Schmerzzone in den Segmenten C2 bis C4 rechts mit entsprechenden paravertebralen Muskelpunkten und occipitalem Ansatzschmerz. Dr. med. M.________, welchem der Versicherte zur rheumatologischen Beurteilung zugewiesen worden war, diagnostizierte laut Bericht vom 4. Juli 2001 ein posttraumatisches multisegmentales Zervikovertebralsyndrom nach HWS-Distorsionstrauma und vorbestandenen degenerativen Veränderungen der unteren HWS leichten bis mässigen Grades. In Anbetracht der radiologisch dokumentierten Osteochondrosen und Spondylosen habe die festgestellte Bewegungseinschränkung vermutlich bereits vor dem Unfall bestanden. Neurologische Defizite fanden sich nicht. Angesichts des in einer offensichtlichen Diskrepanz zum Leidensdruck des Patienten stehenden, geringen klinischen Befundes attestierte der Arzt eine vollständige Arbeitsfähigkeit als Taxifahrer ab 9. Juli 2001. Diese konnte jedoch in der Folge wegen Nackenschmerzen bei der Kopfrotation nicht realisiert werden, wobei Dr. med. M.________ laut Bericht vom 10. Juli 2001 von einer deutlichen funktionellen Überlagerung mit Aggravation ausging. Nachdem der Hausarzt im Oktober 2001 auf eine Verschlechterung der Symptome hingewiesen hatte, veranlasste die SUVA zur weiteren Abklärung und Behandlung einen stationären Aufenthalt in der Rehaklinik B.________ vom 28. November 2001 bis 16. Januar 2002. Gemäss Austrittsbericht vom 21. Januar 2002 lautete die Diagnose auf myofasciales Schmerzsyndrom mit Kopfschmerzen (zervikogen und Spannungskopfschmerz), LWS-Syndrom im Sinne einer ligamentären Überlastungssymptomatik und somatoforme Überlagerung der Unfallsymptome bei protrahiertem Verlauf mit Chronifizierungstendenz. Am 25. März und 27. Juni 2002 wurde der Versicherte von Kreisarzt Dr. med. W.________ untersucht. Im Rahmen der weiteren medizinischen Abklärungen berichteten sowohl die Ärzte des Kantonsspitals A.________ (Berichte vom 23. August und 2. September 2002) wie auch der Neurologe Dr. med. O.________ (Bericht vom 20. September 2002), Dr. med. R.________ (Bericht vom 18. Januar 2003) und der Psychosomatiker Dr. med. E.________ (Berichte vom 4. März 2003 und 6. Dezember 2004) über eine psychische Alteration mit Ausweitung der Beschwerden. Zur Prüfung ihrer weiteren Leistungspflicht veranlasste die SUVA das interdisziplinäre Gutachten der Medizinischen Abklärungsstelle (Medas), welches am 2. Februar 2005 erging, und das MRI der Halswirbelsäule vom 25. Mai 2005. Mit Verfügung vom 1. Dezember 2005 stellte sie ihre Leistungen auf den 31. Dezember 2005 ein, weil die noch geklagten Beschwerden organisch als Folge des erlittenen Unfalles nicht mehr erklärbar seien, sondern auf psychischen Gründen beruhten, welche nicht in einem rechtserheblichen Zusammenhang mit dem versicherten Unfallereignis stünden. An diesem Standpunkt hielt sie mit Einspracheentscheid vom 12. April 2006 fest.
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B.
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Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht Basel-Landschaft mit Entscheid vom 7. Februar 2007 ab.
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C.
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C.a Beschwerdeweise lässt Y.________ die Ausrichtung der gesetzlichen Leistungen auch nach dem 31. Dezember 2005 beantragen.
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Die SUVA schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Mit ihrer Vernehmlassung legt sie Überwachungsakten des Haftpflichtversicherers des Unfallverursachers ins Recht und beantragt die Beiladung der Basler-Versicherungen. Überdies ersucht sie um Zusprechung einer Parteientschädigung.
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Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung.
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C.b Y.________ lässt daraufhin die Stellungnahme des Dr. med. D.________ vom 30. Oktober 2007 zum von der SUVA ins Recht gelegten Überwachungsmaterial einreichen. Die Versicherungsanstalt hat sich unter Beilage der neurologischen Beurteilung des Dr. med. C.________ von der SUVA-Abteilung Versicherungsmedizin vom 20. November 2007 dazu geäussert.
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D.
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In BGE 134 V 109 hat das Bundesgericht seine Praxis zur Kausalitätsprüfung bei Unfällen mit Schleudertrauma, äquivalenter Verletzung der Halswirbelsäule oder Schädel-Hirntrauma ohne organisch objektiv ausgewiesene Beschwerden (so genannte Schleudertrauma-Praxis) präzisiert (Urteil U 394/06 vom 19. Februar 2008). Den Parteien wurde am 12. März 2008 Gelegenheit gegeben, sich zu dieser Praxisänderung der Rechtsprechung und allfälligen Auswirkungen derselben auf die in ihren bisherigen Rechtsschriften eingenommenen Standpunkte zu äussern. Davon haben die SUVA mit Eingabe vom 10. April 2008 und Y.________ am 21. April 2008 Gebrauch gemacht.
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Erwägungen:
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1.
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Nach Art. 102 Abs. 1 BGG stellt das Bundesgericht, soweit erforderlich, die Beschwerde der Vorinstanz sowie den allfälligen anderen Parteien, Beteiligten oder zur Beschwerde berechtigten Behörden zu und setzt ihnen Frist zur Einreichung einer Vernehmlassung an. Die SUVA führt zur Begründung ihres Antrags auf Beiladung des Haftpflichtversicherers an, dieser könne weitere Hintergrundinformationen über die Überwachung des Versicherten und zusätzliche Zeugen beibringen. Nach der auch unter der Herrschaft von Art. 102 BGG weiterhin geltenden Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Art. 110 OG muss der beizuladende Dritte in einer besonders engen Beziehung zum das Prozessthema bildenden Rechtsverhältnis stehen, was mit Bezug auf das Verhältnis zwischen Sozial- und Privatversicherung nicht der Fall ist (vgl. RKUV 2003 Nr. U 485 S. 253 [U 307/01 und U 308/01]; Ulrich Meyer, Basler Kommentar, Basel 2008, N 27 zu Art. 102), weshalb von der beantragten Beiladung der Basler-Versicherungen abzusehen ist. Allfällige Entlastungsgründe hat der Unfallversicherer im Rahmen des Leistungsprozesses vorzubringen.
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2.
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Die SUVA reicht mit ihrer Vernehmlassung umfangreiche Überwachungsakten ein, welche ihr die Basler-Versicherungen im Nachgang an den vorinstanzlichen Entscheid vom 7. Februar 2007 habe zukommen lassen. Sie beantragt, diese seien als Novum im Verfahren zu berücksichtigen. Es handelt sich dabei um Berichte und Videoaufnahmen über Observierungen des Versicherten, welche eine vom Haftpflichtversicherer beauftragte Detektei in der Zeit vom 9. August 2006 bis 14. März 2007 durchgeführt hat. Unabhängig von der Frage, ob es sich bei diesem neuen Beweismaterial um ein zulässiges Novum im Sinne von Art. 99 BGG handelt und die dabei gewonnenen Erkenntnisse überhaupt verwertbar sind (vgl. dazu BGE 132 V 241), was der Beschwerdeführer bestreitet, gilt es festzuhalten, dass für die Prüfung des Sachverhalts die Verhältnisse massgebend sind, wie sie sich bis zum Erlass des Einspracheentscheids vom 12. April 2006 entwickelt haben (BGE 129 V 167 E. 1 S. 169 mit Hinweis auf BGE 121 V 362 E. 1b S. 366; vgl. auch Urteil 8C_661/2007 vom 11. April 2008). Zum - medizinisch umfassend dokumentierten - rechtserheblichen Sachverhalt, wie er sich bis zum die zeitliche Grenze der richterlichen Überprüfungsbefugnis bildenden Erlass des Einspracheentscheids zugetragen hat, enthalten die Ermittlungsakten und die von den Parteien neu aufgelegten, diese kommentierenden ärztlichen Stellungnahmen keine wesentlichen Anhaltspunkte, weshalb darauf nicht weiter einzugehen ist.
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3.
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3.1 Im angefochtenen Entscheid werden die vorliegend massgeblichen Bestimmungen: Art. 6 UVG zur Leistungspflicht, Art. 10 Abs. 1 UVG zum Anspruch auf Heilbehandlung, Art. 16 Abs. 1 UVG zum Anspruch auf Taggeld, Art. 18 Abs. 1 UVG zum Anspruch auf Invalidenrente und Art. 19 Abs. 1 UVG zum Beginn des Rentenanspruchs, sowie die Rechtsprechung zu dem für die Leistungspflicht des Unfallversicherers vorausgesetzten natürlichen Kausalzusammenhang zwischen Unfall und dem eingetretenen Schaden (Krankheit, Invalidität, Tod; BGE 119 V 335 E. 1 S. 337, 117 359 E. 4a S. 360; vgl. BGE 129 V 177 E. 3.1 S. 181 mit Hinweisen) und zur im Weiteren erforderlichen Adäquanz des Kausalzusammenhangs im Allgemeinen (BGE 118 V 286 E. 1c S. 290 mit Hinweisen; vgl. auch BGE 129 V 177 E. 3.1 S. 181, 402 E. 2.2 S. 405, je mit Hinweisen) sowie bei psychischen Unfallfolgen (BGE 115 V 133 E. 6 S. 138 ff.), bei Folgen eines Unfalls mit Schleudertrauma der HWS (BGE 117 V 359 E. 6 S. 366 ff.) oder einem diesem äquivalenten Verletzungsmechanismus (SVR 1995 UV Nr. 23 S. 67 E. 2; vgl. auch RKUV 2000 Nr. U 395 S. 316 E. 3, U 160/98) bzw. einem Schädel-Hirntrauma (BGE 117 V 369) ohne organisch nachweisbare Funktionsausfälle im Besonderen zutreffend dargelegt. Gleiches gilt für die Erwägungen zu dem im Sozialversicherungsrecht geltenden Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (vgl. BGE 129 V 177 E. 3.1 S. 181 mit Hinweisen) sowie zum Beweiswert und zur Beweiswürdigung medizinischer Berichte und Gutachten (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352 mit Hinweis). Darauf wird verwiesen.
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3.2 Auch nach der erwähnten Präzisierung der Schleudertrauma-Praxis in BGE 134 V 109 ist am Erfordernis einer besonderen Adäquanzprüfung bei Unfällen mit Schleudertrauma, äquivalenter Verletzung der HWS oder Schädel-Hirntrauma ohne organisch objektiv ausgewiesene Beschwerden festzuhalten (BGE 134 V 109 E. 7 S. 118 f. bis E. 9 S. 121 ff.). Ebenso besteht keine Veranlassung, die bewährten Grundsätze über die bei dieser Prüfung vorzunehmende Einteilung der Unfälle nach deren Schweregrad und den abhängig von der Unfallschwere gegebenenfalls erforderlichen Einbezug weiterer Kriterien in die Adäquanzbeurteilung zu ändern (BGE 134 V 109 E. 10.1 S. 126 f.). Das Bundesgericht hat hingegen die Anforderungen an den Nachweis einer natürlich unfallkausalen Verletzung, welche die Anwendung der Schleudertrauma-Praxis rechtfertigt, erhöht (BGE 134 V 109 E. 9 S. 121 ff.) und die adäquanzrelevanten Kriterien teilweise modifiziert (BGE 134 V 109 E. 10 S. 126 ff.).
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4.
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4.1 Nach eingehender und umfassender Auseinandersetzung mit der medizinischen Aktenlage gelangte das kantonale Gericht zur Auffassung, aus rheumatologischer Sicht habe kein organisches Korrelat für die geltend gemachten Beschwerden objektiviert werden können. Das Vorliegen einer milden traumatischen Hirnverletzung könne ausgeschlossen werden, da beim Unfall vom 10. Juni 2001 weder ein Kopfanprall stattgefunden habe, noch eine Bewusslosigkeit aufgetreten sei oder der Versicherte eine Amnesie erlitten habe, noch sich eine intrakranielle Läsion oder ein messbarer Defektzustand in Form neurologischer Ausfälle medizinisch habe erheben lassen. Auch neurologisch lasse sich den medizinischen Unterlagen kein Nachweis für unfallkausale Beschwerden organischer Natur entnehmen. Obwohl anlässlich der Erstuntersuchung im Kantonsspital L.________ eine Distorsion der HWS diagnostiziert wurde, kann daraus nach Auffassung der Vorinstanz nicht auf ein erlittenes Schleudertrauma der HWS geschlossen werden, da der Versicherte anfänglich gegenüber den dortigen Ärzten und dem Hausarzt lediglich über Kopfschmerzen geklagt habe, und auch zwei Monate nach dem Unfall keine Häufung von Symptomen festgestellt worden sei, welche dem bei derartigen Verletzungen öfters zu beobachtenden, komplexen und vielschichtigen Beschwerdebild zuzurechnen seien. Da die Beschwerden, soweit sie nicht durch unfallfremde Vorzustände erklärt werden könnten, durch psychische Alterationen bestimmt würden, prüfte das kantonale Gericht die Adäquanz des Kausalzusammenhangs nach den Kriterien der in BGE 115 V 133 publizierten Rechtsprechung und bestätigte den Fallabschluss auf den 31. Dezember 2005.
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4.2 Der Beschwerdeführer rügt eine unrichtige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts mit der Begründung, die Vorinstanz habe den natürlichen Kausalzusammenhang der im Gutachten der Medas vom 2. Februar 2005 festgehaltenen, für ein Schleudertrauma der HWS typischen Beschwerden in Form von Kopfschmerzen, Übelkeit, Nackenschmerzen, Reizbarkeit, Depression und rascher Ermüdbarkeit verneint, obwohl diese gemäss den Schlussfolgerungen der Ärzte der Medas mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis vom 10. Juni 2001 zurückzuführen seien. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz spreche der zeitliche Konnex nicht gegen die natürliche Kausalität, weil funktionelle Ausfälle erfahrungsgemäss auch erst Monate nach dem Unfall auftreten könnten, was namentlich bezüglich der depressiven Entwicklung der Fall sei. Überdies hätten die Ärzte bereits im Juli und August 2001 neben Nacken- und Kopfschmerzen auch anhaltenden Schwindel erwähnt. Im Austrittsbericht der Rehaklinik B.________ vom 21. Januar 2002 würden nebst Kopf- und Nackenbeschwerden, Schlafstörungen, Schwindel, Konzentrationsstörungen und Magenbeschwerden angeführt. Eine depressive Entwicklung sei spätestens mit dem Bericht des Kantonsspitals A.________ vom 26. August 2002 belegt. Eine psychische Problematik liege nicht klar im Vordergrund, weshalb die Adäquanz nach BGE 117 V 359 zu prüfen sei.
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5.
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5.1 Aufgrund der medizinischen Unterlagen ist davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer anlässlich des Auffahrunfalles vom 10. Juni 2001 eine HWS-Distorsion zugezogen hat. Die unmittelbar nach diesem Ereignis durchgeführten medizinischen Untersuchungen ergaben laut den Berichten des Kantonsspitals L.________ vom 10. Juni 2001, des Dr. med. R.________ vom 13. Juni 2001 und des Dr. med. M.________ vom 4. Juli 2001 ausser leichten Irritationszonen der Weichteile parazervikal und einer geringgradigen Einschränkung der Kopfrotation und -extension, welche sich durchaus auch durch die radiologisch dokumentierten leichten bis mässiggradigen degenerativen Veränderungen in Form von Osteochondrosen und Spondylosen erklären liessen, keine pathologischen Befunde. Auffallend war eine Diskrepanz zwischen den klinischen Befunden und dem Leidensdruck des Versicherten. Abgesehen von Physiotherapie wurde zunächst keine Behandlung durchgeführt. Kreisarzt Dr. med. W.________ ging im Bericht vom 26. Juli 2001 von einem wieder abflauenden, rechtsbetonten Zervikalsyndrom ohne neurale Beteiligung aus. In der Folge verschlechterte sich der Gesundheitszustand jedoch. Im Bericht vom 25. März 2002 verwies Dr. med. W.________ auf vom Hausarzt beschriebene refraktäre bis zunehmende Beschwerden und eine laufende Vermehrung sekundärer Probleme hin. Der Kreisarzt stellte eine allgemeine, diskrepante Verschlechterung ohne anatomisches Substrat fest, wobei die stärkere Funktionseinbusse keinem objektiven Messwert, sondern einer verschlechterten Befindlichkeit entspreche. Die Diskrepanz zwischen medizinischem Befund und geklagten Beschwerden nahm gemäss kreisärztlichem Untersuchungsbericht vom 27. Juni 2002 in der Folge noch weiter zu. Laut Bericht des Dr. med. E.________ vom 28. April 2005 stand der Beschwerdeführer seit dem 18. Oktober 2002 bei ihm in psychosomatischer Behandlung.
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5.2 Streitig und zu prüfen ist, ob die vom Beschwerdeführer ab dem 31. Dezember 2005 geklagten Beschwerden noch in einem natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhang mit dem Unfall vom 10. Juni 2001 standen.
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Im Gutachten der Medas vom 2. Februar 2005 diagnostizierten die Ärzte ein klinisch nicht beurteilbares, generalisiertes Schmerzsyndrom mit chronischem Zervikozephalobrachialsyndrom (ICD-10 S13.4) und anamnestischem Panvertebralsyndrom mit fehlendem organischem Korrelat, eine posttraumatische Belastungsstörung (ICD-10 F43.1) bei schwerer depressiver Episode ohne psychotische Symptome (ICD-10 F32.2). Für die Beurteilung des (weiteren) Leistungsanspruchs entscheidend ist die Frage, ob die geklagten Beschwerden glaubhaft sind, und bejahendenfalls, ob für diese Beschwerden trotz Fehlens objektiv ausgewiesener organischer Unfallfolgen ein beim Unfall erlittenes Schleudertrauma (Distorsion) der HWS überwiegend wahrscheinlich zumindest eine Teilursache darstellt (BGE 134 V 109 E. 9.5 S. 125).
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5.3 Im rheumatologischen Teilgutachten vom 29. November 2004 erhob Dr. med. G.________ keine Diagnose mit Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit. Dazu hielt er fest, Anhaltspunkte für eine Erkrankung aus dem entzündlich-rheumatologischen Formenkreis fehlten. Ebensowenig gebe es Zeichen einer relevanten Beeinträchtigung neuromeningealer Strukturen. Überdies bestehe eine erhebliche Inkonsistenz zwischen der gezielten Untersuchung und dem Spontanverhalten, die trotz eingeschränkter Untersuchbarkeit ein relevant die Arbeitsfähigkeit limitierendes organisches Korrelat der Beschwerden unwahrscheinlich erscheinen lasse. Das Schmerz- und Meideverhalten lasse auf eine erhebliche nichtorganische Komponente schliessen. Aus rein rheumatologischer Sicht stehe der Verdacht auf ausserhalb des rheumatologischen Fachgebietes liegende Schmerzursachen im Vordergrund.
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5.4 Im neurologischen Fachgutachten vom 1. Dezember 2004 führt Frau Dr. med. N.________ aus, in der klinisch-neurologischen Untersuchung sei bei stark eingeschränkter nur zum Teil schmerzbedingter Kooperationsfähigkeit kein sicherer radikulärer sensomotorischer Ausfall festzustellen. Auffallend sei die Diskrepanz zwischen der Verrichtung von Alltagstätigkeiten und der sehr stark eingeschränkten Kooperationsfähigkeit bei der klinischen Untersuchung. Im Nacken seien jedoch deutliche Myogelosen vorhanden, so dass von einem mittelschweren Zervikalsyndrom auszugehen sei. Es liege jedoch eine erhebliche psychiatrische Komponente vor, welche den Heilungsverlauf verlangsame. Weil der Unfall nach Angaben des Versicherten eine Zäsur in seinem Leben darstelle und er vorher angeblich vollkommen beschwerdefrei gewesen sei, ging die Neurologin von einer Unfallkausalität der Beschwerden aus. Der Umstand, dass eine gesundheitliche Schädigung erst nach dem Unfall eingetreten ist, bietet indessen noch keine hinreichende Grundlage, um einen natürlichen Kausalzusammenhang zwischen den geklagten Beschwerden und dem Unfallereignis herzustellen (BGE 119 V 335 E. 2b/bb S. 341). Ebensowenig genügen die vorgebrachten Klagen über sehr starke Schmerzen, deren Intensität der Versicherte gegenüber der Neurologin nicht näher spezifizieren konnte, für den Beweis der Unfallkausalität. Neurologische Ausfälle oder eine Wurzelreizsymptomatik wurden bereits von den Ärzten der Rehaklinik B.________ im Austrittsbericht vom 21. Januar 2002 verneint. Die extreme Druckdolenz und die massivste Einschränkung der Beweglichkeit liessen sich gemäss Bericht des Neurologen Dr. med. O.________ vom 20. September 2002 organisch nicht begründen.
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5.5 Aufgrund der medizinisch-somatischen Feststellungen fällt es somit schwer, ein klar fassbares Leidensbild, welches auf das am 10. Juni 2001 erlittene Distorsionstrauma zurückgeführt werden könnte, herauszukristallisieren. Entsprechend fehlt in den medizinischen Akten hinsichtlich der Kausalität eine eindeutige ärztliche Zuordnung. Vielmehr erscheint der natürliche Kausalzusammenhang zwischen den vorhandenen Beschwerden und dem erlittenen Unfall nicht mehr als eine blosse Möglichkeit, was für die Begründung einer Leistungspflicht der Unfallversicherung nicht genügt. Von einer durch zuverlässige ärztliche Angaben als Unfallfolge gesicherten medizinisch fassbaren gesundheitlichen Beeinträchtigung (vgl. BGE 134 V 109 E. 9.5 S. 125, 119 V 335 E. 2b/aa S. 340) kann mit Blick auf die medizinischen Unterlagen jedenfalls nicht gesprochen werden.
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5.6 Zu prüfen ist weiter, ob die psychische Problematik als Teil des für eine Distorsion der HWS typischen, einer Differenzierung kaum zugänglichen somatisch-psychischen Beschwerdebildes zu betrachten ist, oder ein von diesem zu trennendes, eigenständiges psychisches Leiden darstellt (vgl. BGE 134 V 109 E. 9.5 S. 126). Aus dem psychiatrischen Teilgutachten der Medas vom 1. Dezember 2004 ergibt sich folgendes: anamnestisch persistiere eine schwere depressive Episode. Zudem liege eine posttraumatische Belastungsstörung mit sich unwillkürlich aufdrängenden szenischen Erinnerungen an den Autoauffahrunfall im Jahre 2001 als Ausdruck von Intrusionen, ein Vermeidungsverhalten sowie Zeichen einer erhöhten psychischen Sensibilität und Erregung vor. Für eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung seien die diagnostischen Kriterien gemäss ICD-10 hingegen nicht erfüllt.
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5.6.1 Zur Diagnose der posttraumatischen Belastungsstörung (ICD-10 F43.1) gilt es festzuhalten, dass nach den Leitlinien der ICD diese Diagnosestellung nur erfolgen soll, wenn sie nach einem traumatisierenden Ereignis von aussergewöhnlicher Schwere auftritt (Dilling/ Mambour/Schmidt [Hrsg.], Weltgesundheitsorganisation, Internationale Klassifikation psychischer Störungen, ICD-10 Kapitel V (F), Klinisch-diagnostische Leitlinien, 5. Aufl., S. 170). Die Rechtsprechung anerkennt eine invalidisierende posttraumatische Belastungsstörung daher nur, wenn sie nach einem solchen Ereignis auftritt, wozu Verkehrsunfälle grundsätzlich nicht gehören (vgl. Urteil I 203/06 vom 28. Dezember 2006 mit Hinweisen). Um ein solch belastendes Ereignis handelt es sich beim Auffahrunfall vom 10. Juni 2001 nicht.
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5.6.2 Mit den Gutachtern ist davon auszugehen, dass die Auffahrkollision vom 10. Juni 2001 eine - rechtsprechungsgemäss für die Bejahung der natürlichen Kausalität genügende (BGE 134 V 109 E. 9.5 S. 125 mit Hinweisen) - Teilkausalität für die psychischen Beschwerden darstellt. Ob die diagnostizierte schwere depressive Episode als Teil des für eine HWS-Distorsion typischen, einer Differenzierung kaum zugänglichen somatisch-psychischen Beschwerdebildes zu betrachten ist, oder aber ein von diesem zu trennendes, eigenständiges psychisches Leiden darstellt, haben die Psychiater der Medas nicht ausdrücklich beurteilt. Die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung erfolgte aufgrund der Angaben des Versicherten, wonach er am meisten durch die bildhaften Erinnerungen an den Hergang des Autounfalles beeinträchtigt sei, die sich ihm, unabhängig von der Situation, in der er sich befinde, aufdrängen würden. Nach Auffassung der Psychiater ist nicht auszuschliessen, dass die posttraumatische Belastungsstörung für das Vorliegen der schweren depressiven Episode einen aufrechterhaltenden Faktor bildet. Angesichts des unklar umschriebenen Beschwerdebildes und im Zeitpunkt der Leistungseinstellung der SUVA Ende 2005 medizinisch nicht (mehr) gesichert fassbaren, für ein Schleudertrauma der HWS charakteristischen Beeinträchtigungen, spricht vieles für ein eigenständiges, durch den Verkehrsunfall ausgelöstes psychisches Leiden und gegen die Annahme eines Symptoms der dabei erlittenen HWS-Distorsion. Aufgrund der medizinischen Unterlagen bildete das Unfallgeschehen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit den Auslöser der psychischen Problematik, wobei die HWS-Distorsion dadurch zusätzlich verstärkt wurde, die aktuelle Ausprägung des psychischen Leidens sich indessen auch nach einem Unfall mit anders gearteter Verletzung in gleicher Weise hätte einstellen können.
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5.7 Bei diesen Gegebenheiten ist das weitere Anspruchserfordernis der adäquaten Kausalität - in Übereinstimmung mit der Vorinstanz - nach der in BGE 115 V 133 dargelegten Methode zu prüfen.
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6.
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Da der erlittene Verkehrsunfall mit SUVA und Vorinstanz praxisgemäss (RKUV 2005 Nr. U 549 S. 236 E. 5.1.2 S. 237 [U 380/04]) zwar im mittleren Bereich, hier aber eher an der Grenze zu den leichteren Unfällen anzusiedeln ist, müssten für eine Bejahung der Adäquanzfrage mehrere der massgebenden Kriterien in gehäufter oder auffallender Weise erfüllt sein, was indessen nicht zutrifft.
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6.1 Das Unfallereignis vom 10. Juni 2001 war weder von besonders dramatischen Begleitumständen geprägt noch zeichnete es sich objektiv betrachtet durch besondere Eindrücklichkeit aus. Von besonderer Art oder Schwere der Verletzungen kann angesichts der ärztlich erhobenen Befunde ebenfalls nicht gesprochen werden. Die Diagnose einer HWS-Distorsion vermag die Schwere oder besondere Art der erlittenen Verletzung und insbesondere ihre erfahrungsgemässe Eignung, psychische Beschwerden auszulösen, für sich allein nicht zu begründen. Es bedarf hiezu besonders qualifizierter Beschwerden oder besonderer Umstände, welche das Beschwerdebild beeinflussen können, was mit Bezug auf den Beschwerdeführer jedoch nicht zutrifft. Ebenso wenig kann aus somatischer Sicht - selbst unter Mitberücksichtigung der geltend gemachten Medikamentenunverträglichkeit - von Dauerschmerzen, schwierigem Heilungsverlauf oder gar ärztlicher Fehlbehandlung und dadurch bewirkten Komplikationen gesprochen werden. Vielmehr war es die psychische Symptomatik, welche zu einem protrahierten Heilungsverlauf geführt hat. Zutreffend hat die Vorinstanz auch das Kriterium der ungewöhnlich langen Dauer der ärztlichen Behandlung ausgeschlossen. Die primäre Unfallbehandlung beschränkte sich auf ambulante Physiotherapie. Später wurde psychosomatisch behandelt, wobei diese Therapie die bei der vorliegenden Adäquanzbeurteilung nicht zu berücksichtigende psychische Symptomatik betraf. Soweit eine physisch bedingte Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit bestanden hat, war sie nicht von erheblicher Natur, zumal der Beschwerdeführer seiner Tätigkeit als selbstständiger Taxichauffeur weiterhin nachgehen konnte und die zeitlich eingeschränkte Leistungsfähigkeit auf die depressive Problematik zurückzuführen ist. So hielten die Gutachter der Medas in ihrer Gesamtbeurteilung fest, die zumutbare Arbeitsfähigkeit von 50% als Taxifahrer beruhe hauptsächlich auf der depressiven Störung, insbesondere der verminderten emotionalen Belastbarkeit, der Schlafstörung mit Tagesmüdigkeit und der Antriebsstörung sowie der posttraumatischen Belastungsstörung mit Nachhallerinnerungen und erhöhtem Sensitivitäts- und Erregungsniveau. Eine zusätzliche Einschränkung der Arbeitsfähigkeit aus somatischer Sicht liege nicht vor.
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6.2 Da die massgebenden unfallbezogenen Kriterien somit weder in gehäufter noch in auffallender Weise erfüllt sind, ist die Unfallkausalität der geltend gemachten Beschwerden zu verneinen. Daran vermögen sämtliche in der Beschwerde vorgebrachten Einwände nichts zu ändern, weshalb die SUVA ihre Leistungen zu Recht ab dem 31. Dezember 2005 eingestellt hat.
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7.
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7.1 Das bundesgerichtliche Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 Abs. 1 und Abs. 4 lit. a BGG). Dem Prozessausgang entsprechend werden die Gerichtskosten dem unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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7.2 Als Organisation mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben hat die obsiegende SUVA keinen Anspruch auf Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG; BGE 126 V 143 E. 4a S. 150; Urteil 8C_369/2007 vom 6. Mai 2008). Eine Ausnahme liegt entgegen der Annahme der SUVA nicht vor, zumal sie sich zur Begründung auf die nachgereichten Ermittlungsakten des Haftpflichtversicherers stützt, welche im vorliegenden Verfahren jedoch nicht relevant sind (vgl. E. 2 hievor).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2.
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Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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3.
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Der SUVA wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
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4.
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Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
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Luzern, 4. August 2008
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Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
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Ursprung Hofer
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