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Informationen zum Dokument  BGer 6B_951/2008  Materielle Begründung
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BGer 6B_951/2008 vom 11.02.2009
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
6B_951/2008/sst
 
Urteil vom 11. Februar 2009
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Favre, Präsident,
 
Bundesrichter Schneider, Wiprächtiger,
 
Gerichtsschreiber Faga.
 
Parteien
 
X.________,
 
Beschwerdeführer, vertreten durch Advokat Dr. Nicolas Roulet,
 
gegen
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt, Binningerstrasse 21, 4001 Basel,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Gewalt gegen Beamte und Diensterschwerung,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 22. Mai 2008.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Am 19. Juli 2003 unterhielten sich X.________ und drei Kollegen vor der Liegenschaft Vogesenstrasse 71 in Basel. Sie wurden von einer Polizeimannschaft einer Ausweiskontrolle unterzogen, weil diese irrtümlicherweise meinte, die vier Männer seien vor dieser Kontrolle in eine Schlägerei miteinbezogen gewesen. Die vier Männer leisteten der Aufforderung keine Folge. Es entstanden dann eine hitzige Diskussion und ein Gerangel. X.________ griff zuerst verbal und hierauf auch tätlich in das Geschehen ein. Schliesslich wurden X.________, welcher sich heftig wehrte, die Handschellen angelegt.
 
B.
 
Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt sprach X.________ am 22. Mai 2008 zweitinstanzlich der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte (Art. 285 Ziff. 1 StGB) und der Diensterschwerung (§ 16 des kantonalen Übertretungsstrafgesetzes) schuldig und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 40.--, abzüglich 9 Tagessätze für 9 Tage Untersuchungshaft, mit bedingtem Strafvollzug bei einer Probezeit von 2 Jahren, sowie zu einer Busse von Fr. 200.--.
 
C.
 
Gegen dieses Urteil richtet sich die Beschwerde X.________. Er beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben, und er sei vom Vorwurf der Gewalt und Drohung gegen Beamte sowie der Diensterschwerung freizusprechen, eventualiter sei die Angelegenheit zur neuen Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. Eventualiter sei ihm die unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung zu bewilligen.
 
Vernehmlassungen wurden keine eingeholt.
 
Erwägungen:
 
1.
 
1.1 Der Beschwerdeführer rügt betreffend den Schuldspruch der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte im Sinne von Art. 285 StGB eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung im Sinne von Art. 97 BGG. Er macht insbesondere geltend, die Feststellungen der Vorinstanz stünden in klarem Widerspruch mit der tatsächlichen Situation, die sich auf Grund der vorinstanzlichen Befragungen von Zeugen und Zeuginnen ergeben habe. Es geht ihm insbesondere um die Aussagen des Hauptbelastungszeugen, des Polizeiwachtmeisters A.________. Es sei insbesondere erstaunlich, dass A.________ anlässlich der Verhaftungsaktion des Kollegen des Beschwerdeführers, B.________, grundsätzlich auf diesen fixiert gewesen sei und dem Beschwerdeführer, welcher von hinten versucht haben soll, ihn von B.________ wegzureissen, immer den Rücken zugedreht habe. Sowohl der Polizeibeamte C.________ wie auch die übrigen befragten Polizeibeamten könnten nicht bestätigen, dass der Beschwerdeführer versucht habe, A.________ von B.________ wegzureissen. Der Beschwerdeführer gibt im Folgenden die verschiedenen Aussagen dieser Polizeibeamten in den verschiedenen Verfahrensstadien wieder. Die Zweifel an der Richtigkeit des angeklagten Sachverhaltes in Bezug auf den Beschwerdeführer würden vollends unüberwindlich, wenn daneben auch die Aussagen der weiteren, vor zweiter Instanz befragten Personen berücksichtigt würden. Der Beschwerdeführer setzt sich akribisch mit den Aussagen verschiedener Personen, so von D.________, E.________, L.F.________, M.F.________ und H.________ auseinander. Er folgert daraus, dass kein anderer Schluss möglich sei, als dass er nie versucht habe, A.________ oder C.________ von B.________ wegzureissen. Es sei somit willkürlich, einzig auf die Angaben von A.________ abzustellen, wenn diese nicht einmal von Polizeikollegen bestätigt würden und sämtliche aussenstehenden Zeuginnen und Zeugen nichts Derartiges beobachtet hätten. Die vorinstanzliche Beweiswürdigung sei somit eindeutig unkorrekt und fehlerhaft.
 
Schliesslich rügt der Beschwerdeführer, die Vorinstanz habe nicht weitestgehend auf die unmittelbar durch sie erhobenen Beweise abgestellt, sondern auf Erkenntnisse aus der Voruntersuchung. Es sei insbesondere zu berücksichtigen, dass er in der Voruntersuchung nicht bei sämtlichen befragten Personen die Möglichkeit gehabt habe, Ergänzungsfragen zu stellen. Das auch durch Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK geschützte Recht auf unmittelbare Konfrontation mit Belastungszeugen und Entlastungszeugen sei erst durch die zweitinstanzliche Befragung der entsprechenden Zeuginnen und Zeugen gewahrt worden. Insofern seien diese unmittelbar vor zweiter Instanz erhobenen Beweiserkenntnisse bei der Würdigung der Beweise von entscheidender Bedeutung.
 
1.2 Die Vorinstanz hat bei ihrer Beweiswürdigung in erster Linie auf die Aussagen von Polizeiwachtmeister A.________ abgestellt, diese eingehend gewürdigt und sie insofern als kohärent und glaubhaft bezeichnet, als eine aggressive Kraftentfaltung des Beschwerdeführers geschildert werde. Die Vorinstanz erachtet diese Schilderung durch die Wahrnehmung einer Reihe von Zeugen bestätigt. Sie würdigt in der Folge diese Aussagen der Zeugen B.________, I.________, J.________, K.________, M.F.________, L.F.________, D.________ und H.________ sehr eingehend und differenziert, indem sie zum Beispiel die Aussagen von D.________ als schwankend und in einigen Punkten als widersprüchlich bezeichnet. Die Vorinstanz kommt zum Schluss, dass mit dieser grossen Anzahl glaubhafter, übereinstimmender Darstellungen des Kerngeschehens die Beteuerungen des Beschwerdeführers, er habe einzig verbal auf die Polizisten eingewirkt, widerlegt seien. Auf die wenigen Abweichungen in Einzelheiten sei nicht abzustellen, denn sie lägen im Rahmen der zu erwartenden Abweichungen der Wahrnehmung und Erinnerung einer grossen Anzahl von Zeugen von einem derart hektischen Geschehen. Es sei damit davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer an Wachtmeister A.________ gerissen und ihn damit von B.________ wegzuziehen versucht habe. Damit sei der Tatbestand der Gewalt gegen Beamte erfüllt, wofür er schuldig zu sprechen sei.
 
1.3 Vorab ist auf den Hinweis des Beschwerdeführers auf das Konfrontationsrecht gemäss Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK einzugehen. Er räumt indessen ein, dass die Vorinstanz sein Recht auf unmittelbare Konfrontation mit der Befragung der entsprechenden Zeuginnen und Zeugen gewahrt habe. Es lag am Beschwerdeführer, Aussagen von Zeuginnen und Zeugen in den früheren Verfahrensabschnitten nochmals zu hinterfragen. Damit hat die Vorinstanz Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK nicht verletzt. Die Beschwerde ist somit in diesem Punkt abzuweisen.
 
1.4 Die Feststellung des Sachverhaltes durch die Vorinstanz kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig, das heisst willkürlich im Sinne von Art. 9 BV ist (BGE 133 II 249 E. 1.2.2), oder wenn sie auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 97 Abs. 1 BGG).
 
Was der Beschwerdeführer gegen die Beweiswürdigung der Vorinstanz einwendet, erschöpft sich weitgehend in einer appellatorischen Kritik am angefochtenen Urteil, die auch unter der Geltung des neuen Verfahrensrechts für die Begründung der Rüge einer willkürlichen Feststellung des Sachverhalts nicht genügt. Er beschränkt sich darauf, seinen eigenen Standpunkt darzulegen und in pauschaler Weise Willkür zu rügen. Dies ist jedoch nicht geeignet, offensichtlich erhebliche und schlechterdings nicht zu unterdrückende Zweifel daran darzutun, dass sich der Anklagesachverhalt verwirklicht hat. Denn für die Begründung von Willkür genügt praxisgemäss nicht, dass das angefochtene Urteil mit der Darstellung des Beschwerdeführers nicht übereinstimmt oder eine andere Lösung oder Würdigung vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre (BGE 127 I 54 E. 2b mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer hätte substantiiert darlegen müssen, inwiefern die Feststellungen der Vorinstanz offensichtlich unhaltbar sind und die vorhandenen Beweise andere Schlussfolgerungen geradezu aufdrängen.
 
Dies hat der Beschwerdeführer nicht getan. Vor allem hat er es unterlassen, sich mit der vorinstanzlichen Würdigung der Aussagen des Hauptbelastungszeugen A.________ auseinanderzusetzen. Vielmehr hat er diese mit den Aussagen verschiedener Zeugen entkräften und damit das Zeugnis A.________s als unhaltbar darstellen wollen. Er hätte aber, wie oben erwähnt, sich neben dem Zeugnis A.________s im Einzelnen mit den übrigen Zeugnissen befassen und darlegen müssen, inwieweit und inwiefern sie willkürlich gewürdigt worden seien und alsdann aufzeigen müssen, warum die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz im Gesamten willkürlich sei. Weil der Beschwerdeführer die behauptete Willkür nicht in rechtsgenügender Form dargelegt hat, ist auf die Beschwerde in diesem Punkt nicht einzutreten.
 
2.
 
Der Beschwerdeführer rügt, die Subsumption seines Verhaltens unter den Tatbestand von § 16 des kantonalen Übertretungsstrafrechts sei unrichtig.
 
Auf diese Rüge ist nicht einzutreten. Die Anwendung kantonalen Rechts kann das Bundesgericht nicht frei prüfen, wie sich aus Art. 95 BGG ergibt. Es kann nur prüfen, ob die Vorinstanz das kantonale Recht willkürlich angewendet und dadurch das Willkürverbot (Art. 9 BV) verletzt hat. Dies wird aber vom Beschwerdeführer nicht einmal behauptet.
 
3.
 
Der Beschwerdeführer beantragt die unentgeltliche Rechtspflege. Seine Rechtsbegehren sind indessen als von Anfang an aussichtslos zu bezeichnen, was zur Abweisung des Gesuchs führt.
 
Entsprechend diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die bundesgerichtlichen Kosten zu bezahlen. Seinen finanziellen Verhältnissen ist mit einer reduzierten Gerichtsgebühr Rechnung zu tragen.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
 
3.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 11. Februar 2009
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
Favre Faga
 
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