BGer 6B_38/2009 | |||
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BGer 6B_38/2009 vom 05.05.2009 | |
Bundesgericht
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Tribunal fédéral
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Tribunale federale
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{T 0/2}
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6B_38/2009
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Urteil vom 5. Mai 2009
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Strafrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Favre, Präsident,
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Bundesrichter Wiprächtiger, Mathys,
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Gerichtsschreiberin Koch.
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Parteien
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X.________,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Übertretung von Verkehrsregeln,
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Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 9. Dezember 2008.
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Sachverhalt:
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A.
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Das Obergericht des Kantons Zürich sprach X.________ am 9. Dezember 2008 der Übertretung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 93 Ziff. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 29 und Art. 57 Abs. 1 SVG sowie Art. 69 Abs. 1 VTS schuldig. Es verurteilte ihn zu einer Busse von Fr. 40.--.
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B.
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Gegen dieses Urteil erhebt X.________ Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, er sei unter Kosten- und Entschädigungsfolgen freizusprechen und für die erlittene Unbill sowie die Sachbeschädigung seines Fahrzeugs durch den verzeigenden Polizeibeamten zu entschädigen. Eventualiter seien im Falle eines Schuldspruchs die Kosten aller Gerichtsinstanzen zu reduzieren.
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Erwägungen:
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1.
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Die Polizei kontrollierte den Beschwerdeführer am 29. September 2007 als Lenker seines Motorrades Yamaha "ZH YYYYY" an der Leimbachstrasse 56 in Zürich. Dabei stellte sie fest, dass das Motorrad des Beschwerdeführers nebst der normalen Bremsleuchte über eine zusätzliche am Heck montierte Leuchte verfügte, welche bei Betätigung der Bremse in Form des Schriftzuges "STOP" aufleuchtet.
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2.
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2.1 Der Beschwerdeführer macht sinngemäss im Wesentlichen geltend, die Verurteilung verstosse gegen Bundesrecht. Es bestehe keine genügende Rechtsgrundlage für seine Verurteilung. Bei der Leuchte mit dem Schriftzug "STOP" handle es sich um eine einzige Leuchte nach Art. 73 Abs. 3 der Verordnung vom 19. Juni 1995 über die technischen Anforderungen an Strassenfahrzeuge (VTS; SR 741.41) und nicht um eine Matrix-Leuchte, da die Leuchtpunkte nicht einzeln ansteuerbar seien. Art. 69 Abs. 1 VTS sei nicht anzuwenden, da seine Schrift andere Verkehrsteilnehmer nicht ablenke. Das Bremslicht leuchte beim Stoppen ohnehin und es liege in der Natur von Bremslichtern, dass sie plötzlich aufleuchteten. Mit dem Wort "STOP" sende er dasselbe Signal aus wie das Bremslicht selbst. Er fordere das nachfolgende Fahrzeug auf, zu bremsen bzw. Bremsbereitschaft zu erstellen. Art. 111 Abs. 3 lit. c VTS [recte: Art. 110 Abs. 3 lit. c VTS] sei zudem entgegen den vorinstanzlichen Erwägungen nicht so auszulegen, dass leuchtende Anzeigen lediglich Polizeifahrzeugen vorbehalten seien. Es seien zahlreiche andere Fahrzeuge wie Trams und Autobusse mit solchen unterwegs.
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2.2 Die Vorinstanz stellt zum Schriftzug "STOP" am Motorrad des Beschwerdeführers fest, das Schild sei mit Leuchtdioden bzw. Lichtern bestückt, welche in Form des Schriftzuges "STOP" angeordnet seien. Die Lichter seien nicht in einem einzigen Beleuchtungskörper vereinigt, sondern es handle sich um 58 Lichter, welche bei Betätigung der Bremsen rot aufleuchteten. Der Schriftzug "STOP" sei auch in unbeleuchtetem Zustand der Leuchtdioden lesbar.
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In rechtlicher Hinsicht erwägt die Vorinstanz unter Verweis auf das erstinstanzliche Urteil, die Verordnung unterscheide zwischen der Beleuchtung bzw. Lichtern und sogenannten illuminierten (d.h. selbstleuchtenden, beleuchteten, lumineszierenden oder retroreflektierenden) Aufschriften. Bei dem Schriftzug "STOP" am Motorrad des Beschwerdeführers handle es sich nicht um eine Beleuchtung im Sinne von Art. 140 VTS, sondern um einen verbotenen illuminierten Schriftzug nach Art. 69 Abs. 1 VTS. Für die rechtliche Qualifikation als verbotene selbstleuchtende Aufschrift seien sowohl die Anzahl der einzelnen Lichter als auch die Lesbarkeit in unbeleuchtetem Zustand entscheidend.
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2.3 Gemäss Art. 29 SVG dürfen Fahrzeuge nur in betriebssicherem und vorschriftsgemässem Zustand verkehren. Sie müssen so beschaffen und unterhalten sein, dass die Verkehrsregeln befolgt werden können und dass Führer, Mitfahrende und andere Strassenbenützer nicht gefährdet und die Strassen nicht beschädigt werden (Art. 29 Satz 2 SVG). Aufschriften und Bemalungen auf Fahrzeugen dürfen die Aufmerksamkeit anderer Strassenbenützer nicht übermässig ablenken (Art. 69 Abs. 1 Satz 1 VTS). Sie dürfen weder selbstleuchtend, beleuchtet noch lumineszierend sein und retroreflektierend nur, wenn der Nachweis erbracht wird, dass sie den Anforderungen des ECE-Reglementes Nr. 104 entsprechen (Art. 69 Abs. 1 Satz 2 VTS). Wer ein Fahrzeug führt, von dem er weiss oder bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit wissen kann, dass es den Vorschriften nicht entspricht, macht sich strafbar (Art 93 Ziff. 2 Abs. 1 SVG).
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2.4 Nach den verbindlichen, vom Beschwerdeführer nicht angefochtenen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz leuchtet bei Betätigung der Bremse der Schriftzug "STOP", bestehend aus 58 Leuchtdioden, auf, wobei die Aufschrift auch ohne Betätigung der Bremse lesbar ist.
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Das Wort "STOP" ist im vorliegenden Fall als "Aufschrift" im Sinne von Art. 69 VTS zu qualifizieren, da es sowohl in unbeleuchtetem als auch in beleuchtetem Zustand als Schrift lesbar ist und einen Sinn ergibt. Unerheblich für diese Frage ist das vom Beschwerdeführer vorgebrachte Argument, die Lichtpunkte seien nicht einzeln ansteuerbar.
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Für die Frage der Zulässigkeit von selbstleuchtenden oder beleuchteten Aufschriften geht Art. 69 VTS als speziellere Vorschrift den allgemeinen Regeln über die Beleuchtung der Motorräder (Art. 140 f. VTS mit Verweis auf Art. 73 bis Art. 78 VTS) vor. Gemäss Art. 69 Abs. 1 Satz 1 VTS dürfen Aufschriften andere Verkehrsteilnehmer nicht übermässig ablenken. In Konkretisierung dieser Vorschrift hat der Bundesrat in Art. 69 Abs. 1 Satz 2 VTS beleuchtete Aufschriften verboten. Diese Vorschrift hat der Beschwerdeführer verletzt, indem das Wort "STOP" beim Bremsen aufleuchtet. Die Vorinstanz hat den Beschwerdeführer zu Recht der Übertretung von Verkehrsregeln im Sinne von Art. 93 Ziff. 2 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 29 SVG i.V.m. Art. 57 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 69 Abs. 1 VTS für schuldig befunden.
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2.5 Aus dem Umstand, dass öffentliche Verkehrsmittel wie z.B. Autobusse und Trams über beleuchtete Aufschriften verfügen, kann der Beschwerdeführer nichts zu seinen Gunsten ableiten. Für diese Art von Fahrzeugen gelten spezielle Vorschriften (z.B. Art. 193 Abs. 1 lit. g VTS ).
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2.6 Nicht entscheidend für die Frage der Strafbarkeit ist auch der Grund, weshalb der Beschwerdeführer den beleuchteten Schriftzug an seinem Motorrad angebracht hat. Inwieweit Beleuchtungskörper an Verkehrsmitteln zum Schutz farbenblinder Menschen geboten sind, liegt im Entscheid des Gesetzgebers, welcher beleuchtete Aufschriften in Art. 69 VTS ausdrücklich verbietet.
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2.7 Die weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers (z.B. die "Einleitung", Erwägungen zur "Metaebene", die Ausführungen zur Berufsbezeichnung des Beschwerdeführers, zum Strafsystem bzw. zur Selbstjustiz und zum Sinn von Strafen) erschöpfen sich in unzulässiger appellatorischer Kritik. Darauf ist nicht einzutreten.
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3.
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3.1 Der Beschwerdeführer macht die Verletzung seines Anspruchs auf eine wirksame Beschwerde nach Art. 13 EMRK geltend. Die Vorinstanz habe diesen verletzt, indem sie § 412 Abs. 2 der Strafprozessordnung des Kantons Zürich (StPO/ZH, LS 321) angewendet habe, welcher ihre Kognition einschränke.
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3.2 Die Vorinstanz führt in der Urteilsbegründung zu ihrer Kognition aus, § 412 Abs. 2 StPO/ZH schränke ihre Überprüfungsbefugnis bei Übertretungen, für welche lediglich eine Busse ausgefällt werde, ein. Das angefochtene Urteil werde in solchen Fällen nur dahingehend überprüft, ob es auf einem Verfahrensfehler beruhe, ob ein Fehler in der Anwendung des materiellen Rechts vorliege oder ob erhebliche Bedenken an der Richtigkeit der Tatsachenfeststellungen bestehen. Im Umfang, welcher nicht von ihrer Überprüfungsbefugnis gedeckt sei, trete es auf die Berufung nicht ein. In der Folge hat die Vorinstanz erwogen, dass es sich bei der Rüge des Beschwerdeführers, ob ein "Zusatzbremslicht" oder ein "beleuchteter Schriftzug" vorliege, um eine Rechtsfrage handle. Im Urteil ist die Vorinstanz auf sämtliche Rügen eingegangen.
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3.3 Die Rüge des Beschwerdeführers bezüglich der Verletzung seines Anspruchs auf eine wirksame Beschwerde erweist sich demzufolge als unbegründet, da die Vorinstanz auf alle seine Vorbringen eingetreten ist und sie umfassend geprüft hat.
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4.
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Insgesamt ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch des Beschwerdeführers um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ist abzuweisen, da die Beschwerde von vornherein aussichtslos war. Seinen angespannten finanziellen Verhältnissen ist bei der Bemessung der Gerichtskosten Rechnung zu tragen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2.
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Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
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3.
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Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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4.
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Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 5. Mai 2009
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Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
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Favre Koch
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