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Informationen zum Dokument  BGer 2C_645/2008  Materielle Begründung
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BGer 2C_645/2008 vom 24.06.2009
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
2C_645/2008
 
Urteil vom 24. Juni 2009
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Müller, Präsident,
 
Bundesrichter Merkli, Donzallaz,
 
Gerichtsschreiber Feller.
 
Parteien
 
X.________,
 
Beschwerdeführer,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bruno Steiner,
 
gegen
 
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich,
 
Regierungsrat des Kantons Zürich.
 
Gegenstand
 
Aufenthaltsbewilligung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4. Kammer, vom 16. Juli 2008.
 
Erwägungen:
 
1.
 
Mit Verfügung vom 25. September 2007 lehnte die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich (Migrationsamt) das Gesuch des seit Mai 2001 in der Schweiz weilenden mazedonischen Staatsangehörigen X.________, geboren 1976, um Verlängerung seiner ihm erstmals am 28. Januar 2002 gestützt auf Art. 17 Abs. 2 ANAG (Ehe mit einer hier niedergelassenen Landsfrau) erteilten Aufenthaltsbewilligung ab, unter Ansetzung einer Ausreisefrist (Wegweisung). Gegen diese Verfügung erhob X.________, vertreten durch einen Rechtsanwalt, am 17. Oktober 2007 Rekurs an den Regierungsrat des Kantons Zürich. Mit Verfügung der Staatskanzlei des Kantons Zürich vom 14. Dezember 2007 wurde er gestützt auf § 15 Abs. 2 lit. b des Zürcher Gesetzes vom 24. Mai 1959 über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen (Verwaltungsrechtspflegegesetz [VRG]) aufgefordert, die Kosten des Rekursverfahrens innert 30 Tagen, vom Empfang der Verfügung an gerechnet, durch einen Barvorschuss von Fr. 2'000.-- sicherzustellen, ansonsten der Regierungsrat den Rekurs durch einen Nichteintretensentscheid erledigen und dafür die Verfahrenskosten erheben müsste. Diese Verfügung wurde vom Rechtsvertreter von X.________ am 17. Dezember 2007 in Empfang genommen, welcher sie am 18. Dezember 2007 mitsamt Einzahlungsschein an den Klienten weiterleitete und ihn bat, "diesen Betrag fristgerecht zu begleichen". Der Vorschuss wurde am 28. Januar 2008, zwölf Tage nach Ablauf der zu dessen Leistung angesetzten Frist von 30 Tagen, geleistet, weshalb der Regierungsrat des Kantons Zürich mit Beschluss vom 27. Februar 2008 androhungsgemäss auf den Rekurs nicht eintrat. Am 1. April 2008 erhob X.________, nach wie vor vertreten durch den schon zuvor für ihn handelnden Rechtsanwalt, gegen diesen Beschluss Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich; er warf dem Regierungsrat überspitzten Formalismus vor. Auch vor dem Verwaltungsgericht wurde er, mit Verfügung vom 3. April 2008, zur Bezahlung eines Kostenvorschusses aufgefordert. Er kam dieser Verpflichtung fristgerecht nach; sein Vertreter hatte ihn in einem Schreiben vom 9. April 2009 dringend darum gebeten, den Vorschuss bis spätestens am 28. April 2008 einzubezahlen, ansonsten das Verwaltungsgericht auf die Beschwerde nicht eintreten würde. Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde am 16. Juli 2008 ab.
 
Mit rechtzeitiger Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 10. September 2008, durch einen neu beigezogenen Rechtsanwalt verfasst, beantragt X.________ dem Bundesgericht, den Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 16. Juli 2008 aufzuheben und den Regierungsrat des Kantons Zürich anzuweisen, auf den Rekurs vom 17. Oktober 2007 einzutreten.
 
Ein Schriftenwechsel ist nicht angeordnet worden.
 
Mit Verfügung vom 3. Oktober 2008 hat der Abteilungspräsident der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt.
 
2.
 
2.1 Der Beschwerdeführer ist mit einer Niedergelassenen verheiratet und hat mithin einen Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, weshalb seine Beschwerde als Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig ist (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG e contrario). Gegenstand des Verfahrens bildet nicht die materielle Bewilligungsfrage, sondern allein die Frage, ob der Regierungsrat trotz verspäteter Leistung des Kostenvorschusses auf den bei ihm anhängig gemachten Rekurs hätte eintreten müssen.
 
2.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, dass der Nichteintretensentscheid des Regierungsrats überspitzt formalistisch gewesen sei; wenn das Verwaltungsgericht dies verneine, sei dies willkürlich und ebenso überspitzt formalistisch; es verletze den Anspruch auf ein faires Verfahren im Sinne von Art. 29 Abs. 1 BV.
 
Wird die Gültigkeit eines Rechtsmittels kraft ausdrücklicher Vorschrift von der rechtzeitigen Leistung eines Kostenvorschusses abhängig gemacht, so kann darin grundsätzlich weder ein überspitzter Formalismus noch eine Verweigerung des rechtlichen Gehörs erblickt werden, sofern die Partei über die Höhe des Vorschusses, die Zahlungsfrist und die Folgen der Nichtleistung in angemessener Weise aufmerksam gemacht worden ist (Urteil 1P.151/2006 vom 31. März 2006); dass diese Voraussetzungen bei der Kostenvorschussverfügung des Regierungsrats nicht erfüllt gewesen seien, macht der Beschwerdeführer nicht geltend. Er verweist auf die Regelung von Art. 62 Abs. 3 BGG, wonach bei Nichtbefolgen der ersten Zahlungsaufforderung eine Nachfrist angesetzt wird und erst deren Nichteinhaltung zum Nichteintreten führt. Dabei handelt es sich um eine neue Regelung für das bundesgerichtliche Verfahren (bis Ende 2006 führte die Nichteinhaltung der ersten Zahlungsfrist zum Nichteintreten auf die Rechtsvorkehr, vgl. Art. 150 Abs. 4 OG). Gleich wie der Gesetzgeber vieler anderer Kantone (nebst dem Kanton Zürich) für ihre Beschwerdeverfahren hat auch der Bundesgesetzgeber davon abgesehen, für das Verfahren vor Bundesverwaltungsgericht das Ansetzen einer Nachfrist vorzuschreiben (vgl. Art. 63 Abs. 4 VwVG in Verbindung mit Art. 37 VGG). Jedenfalls sind die Kantone nicht verpflichtet, die Regelung von Art. 62 Abs. 3 BGG in ihre Verfahrensordnungen zu überführen. Ob das Nichteintreten wegen verspäteter Leistung des Kostenvorschusses, eine leicht zu erfüllende Prozessauflage, überspitzt formalistisch ist, hängt grundsätzlich auch nicht von der Schwere der Folgen für die verspätet handelnde Partei ab (vgl. Urteil 2A.728/2006 vom 18. April 2007, Abweisung eines Fristwiederherstellungsgesuchs im mit dem vorliegenden vergleichbaren Fall der Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung bei einem Ausländer mit Familie in der Schweiz; Urteil 2C_450/2008 vom 1. Juli 2008 E. 2.3.4, Fall einer Ausweisung).
 
Die Rüge, die Nichteintretensfolge bei Verpassen der Frist zur Bezahlung des Kostenvorschusses als solche verletze im vorliegenden Fall Art. 29 Abs. 1 BV, ist offensichtlich unbegründet.
 
2.3 Der Beschwerdeführer erblickt eine Verletzung von Art. 29 Abs. 1 BV (Recht auf faires Verfahren) im Wesentlichen darin, dass sein Vertreter im kantonalen Verfahren ihm nicht fachkundig beigestanden sei; letztlich sei er nur (noch) formal vertreten gewesen, faktisch aber habe er im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht eine ungenügende Rechtsverbeiständung gehabt; schon im Rekursverfahren vor dem Regierungsrat habe sein Vertreter es offensichtlich und unter grober Verletzung seiner Sorgfaltspflicht unterlassen, das für ihn Notwendige vorzukehren.
 
2.3.1 Der Beschwerdeführer zieht eine Parallele zum Strafprozess, indem er auf § 430 Ziff. 4 StPO/ZH verweist; danach liegt unter anderem ein Nichtigkeitsgrund vor "bei Verletzung gesetzlicher Prozessformen zum Nachteil des Nichtigkeitsklägers, insbesondere Unterlassung der Fürsorge für gehörige Verteidigung eines handlungsunfähigen Angeklagten und wesentliche Beeinträchtigung der Parteirechte". Dieser Nichtigkeitsgrund ist zugeschnitten auf die Fälle notwendiger Verteidigung; er liegt vor, wenn kein Verteidiger bestellt wurde oder wenn der bestellte Verteidiger offensichtlich keine Gewähr für ein Minimum an notwendiger Verteidigung bietet, wobei bei dieser zweiten Konstellation zu beurteilen ist, ob das Gericht gestützt auf seine Wahrnehmungen den Verteidiger hätte mahnen oder gar ersetzen müssen; namentlich kommt aber nicht in Frage, im Nachhinein die Qualität der Verteidigung bzw. der Verteidigungsstrategie zu überprüfen (Andreas Donatsch/ Niklaus Schmid, Kommentar zur Strafprozessordnung des Kantons Zürich, 2007, N. 15 zu § 430). Der Hinweis auf diese strafprozessuale Regelung geht jedenfalls im vorliegenden Fall schon darum völlig fehl, weil kein Fall notwendiger Verteidigung gegeben ist.
 
2.3.2 Ob bzw. unter welchen Voraussetzungen es selbst ausserhalb des Bereichs notwendiger Verteidigung Fälle geben könnte, wo ungeeignete Mandatsführung durch einen Anwalt ausnahmsweise dazu führen müsste, dass die gesetzlichen Folgen einer prozessualen Nachlässigkeit nicht greifen, braucht vorliegend nicht abschliessend geprüft zu werden. Handlungen des Rechtsvertreters sind unbestrittenermassen voll der vertretenen Partei zuzurechnen, und es bedürfte hierzu ganz besonderer Umstände bzw. eines besonders krassen Fehlverhaltens des Anwalts, wovon vorliegend nicht die Rede sein kann:
 
Richtig ist, dass der ehemalige Vertreter des Beschwerdeführers sich nicht vergewissert hat, ob sein Klient die Bezahlung des für das Rekursverfahren vor dem Regierungsrat auferlegten Kostenvorschusses rechtzeitig in die Wege leitete oder ob er finanziell dazu in der Lage war; er hat denn auch kein Fristerstreckungsgesuch gestellt bzw. ein solches gar nicht stellen können. Mit dieser Vorgehensweise ist er seiner Sorgfaltspflicht zwar nicht gebührend nachgekommen; das Bundesgericht hat festgestellt (Urteil 2A.728/2006 vom 18. April 2007 E. 3.2), eine solche Handlungsweise könne ohne Willkür als die Ablehnung eines Fristwiederherstellungsgesuchs rechtfertigende grobe Nachlässigkeit (§ 12 Abs. 2 VRG) des Anwalts gewertet werden. Ein krasser, grundlegender Fehler liegt dabei aber offensichtlich nicht vor, dies umso weniger, als der Beschwerdeführer vom Anwalt im Begleitbrief immerhin spezifisch zu fristgerechter Bezahlung aufgefordert wurde. Angesichts des Urteils 2A.728/2006 darf sodann davon ausgegangen werden, dass ein Fristwiederherstellungsgesuch bei der vorliegenden Konstellation nach zürcherischer Praxis keine reellen Erfolgsaussichten gehabt hätte; dass der frühere Vertreter des Beschwerdeführers innert zehn Tagen nach Erhalt des Nichteintretensentscheids des Regierungsrats kein solches gestellt hat, ist auf eine vertretbare Einschätzung der Rechtslage zurückzuführen und kann nicht als Fehlhandlung betrachtet werden, aus welcher sich etwas zugunsten des Beschwerdeführers ableiten liesse. Aus demselben Grunde ist nicht ersichtlich, inwiefern das besondere Hervorheben der anwaltlichen Nachlässigkeit im Zusammenhang mit der Leistung des Kostenvorschusses in der Beschwerde an das Verwaltungsgericht dem Beschwerdeführer von Nutzen hätte sein können; es ist darum auch ohne Belang, ob der frühere Vertreter durch das Nicht-Thematisieren seiner Nachlässigkeit wirklich eine Sorgfaltspflichtverletzung habe "verwedeln" wollen, um einen allfälligen Haftpflichtprozess zu vermeiden. Schliesslich betrifft die im Zusammenhang mit der Kostenvorschussleistung nur unvollkommene Mandatsausübung eine Prozessauflage, die als solche leicht verständlich und zu erfüllen ist; es würde sich jedenfalls auch die Frage einer Nachlässigkeit des Beschwerdeführers selber stellen.
 
2.4 Die Beschwerde erweist sich als in jeder Hinsicht unbegründet. Sie ist abzuweisen.
 
2.5 Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten (Art. 65 BGG) dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer der Sicherheitsdirektion und dem Regierungsrat des Kantons Zürich, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Kammer, und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 24. Juni 2009
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
Müller Feller
 
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