BGer 6B_351/2009 | |||
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BGer 6B_351/2009 vom 13.08.2009 | |
Bundesgericht
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Tribunal fédéral
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Tribunale federale
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{T 0/2}
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6B_351/2009
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Urteil vom 13. August 2009
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Strafrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Favre, Präsident,
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Bundesrichter Schneider, Mathys,
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Gerichtsschreiber Borner.
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Parteien
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Bezirksamt Münchwilen, 9542 Münchwilen TG,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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W.________,
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Beschwerdegegner.
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Gegenstand
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Friedensbürgschaft (Art. 66 StGB); Verletzung des rechtlichen Gehörs, Willkür,
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Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 6. April 2009.
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Sachverhalt:
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A.
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Gegen W.________ läuft ein Strafverfahren wegen Erpressung und Versuchs dazu. Im Hinblick auf seine Entlassung aus der Untersuchungshaft wurde gegen ihn eine Friedensbürgschaft beantragt.
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B.
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Das Bezirksamt Münchwilen nahm am 19. Dezember 2008 W.________ das Versprechen ab, dem Bedrohten weder etwas anzutun, noch ihn in irgendeiner Art und Weise zur Zahlung von Geldbeträgen zu nötigen, ihn nicht zu belästigen sowie keine Begebenheiten aus dessen Privatbereich zu veröffentlichen. Gleichentags verpflichtete es W.________, als Sicherheit für das abgegebene Versprechen Fr. 5'000.-- zu zahlen.
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Das Obergericht des Kantons Thurgau hiess am 6. April 2009 eine Beschwerde von W.________ gut und erklärte die Verfügung vom 19. Dezember 2008 als nichtig.
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C.
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Das Bezirksamt Münchwilen führt Beschwerde in Strafsachen und beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben, und die Sache allenfalls zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Erwägungen:
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1.
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Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid über den Vollzug einer Massnahme, gegen den die Beschwerde in Strafsachen gegeben ist (Art. 78 und 80 Abs. 1 BGG). Fraglich ist, ob das Bezirksamt Münchwilen berechtigt ist, sie zu erheben.
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1.1 Nach Art. 81 Abs. 1 BGG ist zur Erhebung einer Beschwerde in Strafsachen berechtigt, wer am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a) und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheides hat (lit. b). Die beiden Voraussetzungen von lit. a und b müssen nach klarem Wortlaut und Sinn kumulativ erfüllt sein. Das bedeutet einerseits, dass auch die in Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG beispielhaft aufgeführten Personen, die in der Regel beschwerdebefugt sind, im Einzelfall ein Rechtsschutzinteresse nachzuweisen haben. Anderseits sind auch dort nicht aufgeführte Personen beschwerdebefugt, sofern sie ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids haben (Botschaft zur Totalrevision der Bundesrechtspflege vom 28. Februar 2001, BBl 2001 4318). Art. 81 Abs. 2 BGG regelt die Beschwerdebefugnis der Bundesanwaltschaft, während Abs. 3 die Regelung von Art. 103 lit. b OG übernimmt, wonach das Beschwerderecht auch der Bundeskanzlei, den Departementen des Bundes oder, soweit das Bundesrecht es vorsieht, den ihnen unterstellten Dienststellen zusteht, wenn der angefochtene Entscheid die Bundesgesetzgebung in ihrem Aufgabenbereich verletzen kann. Da sich die Bestimmung nur auf Beschwerden gegen Entscheide über den Vollzug von Strafen und Massnahmen bezieht, ist nach Abs. 3 einzig das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement beschwerdebefugt (BGE 133 IV 121 E. 1.1).
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1.2 Das Bezirksamt Münchwilen leitet seine Beschwerdeberechtigung aus Art. 81 Abs. 1 BGG ab.
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Die Vorinstanz bezeichnet das Bezirksamt Münchwilen im Rubrum zwar als Beschwerdegegner und führt dieses damit als Partei auf. Ob es aber am vorinstanzlichen Verfahren im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. a BGG teilgenommen hat oder nicht, ist eine Frage des Bundesrechts. Es ist daher unerheblich, ob das Thurgauer Verfahrensrecht einen Rollenwechsel des Bezirksamts Münchwilen von der erstinstanzlich verfügenden Behörde zur Partei im vorinstanzlichen Rechtsmittelverfahren vorsieht bzw. zulässt (vgl. BGE 133 IV 121 E. 1.2).
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1.3 Der Bedrohte beantragte im Rahmen eines besonderen selbständigen Verfahrens die Friedensbürgschaft gegen den Beschwerdegegner. Insoweit handelt es sich um einen Zweiparteienprozess, der dem Privatstrafklageverfahren ähnelt (HAUSER/SCHWERI/ HARTMANN, Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Auflage, S. 443 N. 4). Beide Parteien konnten somit einen Entscheid, der sie in ihren rechtlich geschützten Interessen trifft, an obere Instanzen weiterziehen. Sachlich besteht somit kein Grund, das Bezirksamt Münchwilen als Teilnehmer am verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Sinn von Art. 81 Abs. 1 lit. a BGG zu betrachten. Es kann jedenfalls nicht Sinn dieser Bestimmung sein, alle Vorinstanzen auf Grund ihrer Verfahrensteilnahme zur Beschwerde zuzulassen.
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Das Bezirksamt Münchwilen vertritt im vorliegenden Verfahren ausschliesslich öffentliche Interessen. Es fehlen ihm eigene, rechtlich geschützte Interessen, die es nach Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG zur Beschwerde berechtigen könnten. Der Wahrung rein öffentlicher Interessen dient aber die Behördenbeschwerde, welche nach Art. 81 Abs. 3 BGG dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement zusteht. Dieses ist beschwerdebefugt, weil ihm diese Befugnis vom Verfahrensrecht ausdrücklich zuerkannt wird. Das bedeutet umgekehrt, dass allen anderen Behörden, die an der Erhebung einer Beschwerde interessiert sein könnten, aber nicht über eine entsprechende gesetzliche Ermächtigung verfügen, die Beschwerdelegitimation abgeht. Das Bezirksamt Münchwilen ist damit von der Beschwerdeführung ausgeschlossen (Art. 81 Abs. 3 BGG e contrario; vgl. BGE 133 IV 121 E. 1.2).
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1.4 Auf die Beschwerde ist somit mangels Legitimation des beschwerdeführenden Bezirksamtes nicht einzutreten.
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2.
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Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
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2.
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Es werden keine Kosten erhoben.
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3.
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Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 13. August 2009
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Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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Favre Borner
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