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Informationen zum Dokument  BGer 8C_755/2009  Materielle Begründung
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BGer 8C_755/2009 vom 08.01.2010
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
8C_755/2009
 
Urteil vom 8. Januar 2010
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
 
Bundesrichterin Niquille, Bundesrichter Maillard,
 
Gerichtsschreiberin Schüpfer.
 
Parteien
 
S.________,
 
vertreten durch Advokat Erich Züblin,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
IV-Stelle Basel-Stadt, Lange Gasse 7, 4052 Basel,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts Basel-Stadt
 
vom 10. Juni 2009.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Die 1962 geborene S.________ führt seit 1999 selbstständigerwerbend das Bekleidungsgeschäft X.________. Am 13. August 2004 meldete sie sich zum Bezug von Leistungen (Hilfsmittel und Rente) bei der Invalidenversicherung an. Sie verwies dabei auf seit einem am 22. Dezember 2002 erlittenen Unfall bestehende gesundheitliche Beschwerden (Schleudertrauma, Tinnitus mit Hörverlust, Schwindel, Schulter- und Nackenschmerzen, Schlaflosigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten und Kopfschmerzen). Die IV-Stelle gewährte Kostengutsprache für zwei Hörgeräte (Verfügung vom 19. August 2005) und holte beim Begutachtungsinstitut ein polydisziplinäres medizinisches Gutachten vom 3. Juli 2006 ein. Ein weiteres Gutachten (internistisch, rheumatologisch, neurologisch, neuropsychologisch, psychiatrisch und HNO) wurde im Auftrag der leistungspflichtigen Haftpflichtversicherung bei der Academy Y.________ an der Universität A.________ in Auftrag gegeben. Es datiert vom 2. Juli 2007. Mit Verfügung vom 25. November 2008 verneinte die IV-Stelle einen Rentenanspruch, da die Arbeitsfähigkeit sich innert kurzer Zeit nach dem Unfall wieder so weit gebessert habe, dass vor Ablauf des gesetzlichen Wartejahres lediglich eine Einschränkung von 30 % verblieb, womit dieses nicht erfüllt sei. Rein vorsorglich ermittelte sie noch einen Invaliditätsgrad von 35 %.
 
B.
 
Das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt hiess die dagegen erhobene Beschwerde, mit welcher ab 1. Dezember 2003 eine halbe, eventuell eine Viertelsrente gefordert wurde, mit Entscheid vom 10. Juni 2009 in dem Sinne teilweise gut, als es S.________ für die Zeit vom 1. Dezember 2003 bis zum 30. Juni 2006 eine halbe Rente zusprach und die Beschwerde im übrigen abwies.
 
C.
 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt S.________ ihre vorinstanzlichen Rechtsbegehren vollumfänglich erneuern, subeventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die IV-Stelle zurückzuweisen.
 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung.
 
Erwägungen:
 
1.
 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG) und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 2 BGG). Es wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG) und ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden. Es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Das Bundesgericht prüft grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen und ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (BGE 8C_652/2008 vom 8. Mai 2009 E. 1 mit Hinweisen).
 
2.
 
Soweit die Beschwerdeführerin eine halbe Rente ab 1. Dezember 2003 beantragt, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten, da diese bereits vom kantonalen Gericht zugesprochen wurde, womit es an der Prozessvoraussetzung des Rechtsschutzinteresses fehlt. Streitig ist indessen die Befristung der halben Rente auf Ende Juni 2006.
 
3.
 
Das kantonale Gericht hat im angefochtenen Entscheid die Bestimmungen und Grundsätze über den Begriff der Invalidität als Erwerbsunfähigkeit (Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 IVG), die Regelung des Rentenanspruchs nach Massgabe des Invaliditätsgrades (Art. 28 Abs. 1 IVG in den vor 2004 und ab Anfang 2004 bis Ende 2007 gültig gewesenen Fassungen; Art. 28a IVG in der seit Anfang 2008 geltenden Fassung), die Invaliditätsbemessung bei Erwerbstätigen mittels Einkommensvergleich (Art. 16 ATSG), die Aufgabe des Arztes bei der Invaliditätsbemessung (BGE 132 V 93 E. 4 S. 99 f. mit Hinweisen) und die Beweiswürdigung in Bezug auf ärztliche Berichte und Gutachten (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352; vgl. auch BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232) zutreffend dargelegt. Zu ergänzen ist, dass die im Rahmen der 5. IV-Revision Anfang 2008 in Kraft getretenen Rechtsänderungen intertemporalrechtlich nicht anwendbar sind.
 
4.
 
Das kantonale Gericht hat in teilweiser Gutheissung der gegen die Verfügung erhobenen Beschwerde der Versicherten mit Wirkung ab 1. Dezember 2003 eine halbe Invalidenrente zugesprochen. Es ging dabei davon aus, ab dem Unfall vom 22. Dezember 2002 habe gesundheitsbedingt zunächst eine volle und ab Mitte Februar 2003 eine 50%ige Arbeitsunfähigkeit bestanden. Im Verlaufe des Jahres 2003 wurden wechselnde Arbeitsfähigkeitsgrade zwischen 50 und 75 % attestiert. Ab dem 1. Dezember 2003 waren es 50 %.
 
4.1 Die Vorinstanz hat erwogen, die Gutachten der Academy Y.________ - in welchem eine Arbeitsfähigkeit in der bisherigen Tätigkeit als Inhaberin eines Kleiderladens von 80 % ermittelt wurde - und dem Begutachtungsinstitut - dessen Experten von einer Arbeitsunfähigkeit in der bisherigen Leistungsfähigkeit von 30 % ausgegangen sind - würden sich in ihrer Bewertung zum grossen Teil decken. Beide Expertisen erfüllten die rechtsprechungsgemässen Anforderungen an beweiskräftige Gutachten, womit für die Einschätzung der Restarbeitsfähigkeit auf diese abzustellen sei (E. 5.2.2). In zeitlicher Hinsicht werde im Gutachten des Begutachtungsinstituts die Arbeitsfähigkeit retrospektiv geschätzt, ohne dass Abweichungen zu echtzeitlichen Attesten begründet würden. Das Gericht datierte den Beginn der 30%igen Einschränkung in der bisherigen Tätigkeit damit auf das Untersuchungsdatum beim Begutachtungsinstitut vom 7. Juni 2006. Ab Juli 2007, dem Datum des Gutachtens der Academy Y.________, sei von einer Arbeitsfähigkeit von 80 % auszugehen.
 
4.2 In der Beschwerde wird nichts vorgebracht, was diese Sachverhaltsfeststellungen als offensichtlich unrichtig oder als rechtsverletzend nach Art. 95 BGG erscheinen liesse. Die von der Vorinstanz für massgeblich erachteten Berichte der Fachärzte zu Gesundheitszustand und Arbeitsfähigkeit weisen keine Widersprüche auf, welche ihre Verlässlichkeit in Frage stellen könnten.
 
4.3
 
4.3.1 Das kantonale Gericht ist im Weiteren zum Ergebnis gelangt, mit der spätestens ab Juni 2006 gegebenen 70%igen Arbeitsfähigkeit in der angestammten Tätigkeit sei es der Beschwerdeführerin möglich, eine rentenausschliessende Erwerbstätigkeit auszuüben. Der angefochtene Entscheid, mit welchem der Anspruch auf eine Invalidenrente verneint wird, beruht auf der Schlussfolgerung, die Beschwerdeführerin sei gemäss - beweistauglicher - interdisziplinärer Einschätzung zu 70 % arbeitsfähig. Ein sogenannter Prozentvergleich (zu dessen Zulässigkeit vgl. BGE 114 V 310 E. 3a S. 312; 104 V 135 E. 2b S. 137) ergebe keinen rentenbegründenden Invaliditätsgrad. Die Beschwerdeführerin verlangt die Zusprechung einer halben Invalidenrente auch über den Juni 2006 hinaus, allenfalls eine neue Prüfung des Rentenanspruchs nach weiteren wirtschaftlichen Abklärungen.
 
4.3.2 Die Beschwerdeführerin rügt insbesondere, im angefochtenen Entscheid sei nicht die richtige Bemessungsmethode angewendet worden. Sie führt namentlich aus, für die Invaliditätsbemessung sei kein Betätigungsvergleich vorgenommen worden, beziehungsweise, Verwaltung und Vorinstanz hätten nicht auf die Ergebnisse des Abklärungsberichts für Selbstständigerwerbende vom 5. Dezember 2005 abgestellt.
 
Das kantonale Gericht hat in tatsächlicher - und damit letztinstanzlich verbindlicher - Hinsicht festgestellt, dass der genannte Abklärungsbericht vorwiegend auf subjektiven Schilderungen der Beschwerdeführerin beruhe, weshalb nicht darauf abgestellt werden könne. Entgegen den Vorbringen in der Beschwerde bedeutet der Umstand, dass die Vorinstanz einen Prozentvergleich vorgenommen und nicht näher geprüft hat, wie sich die gesundheitlich bedingten Einschränkungen in einem ausgeglichenen Arbeitsmarkt auswirken (vgl. Art. 16 ATSG), keinen Rechtsfehler; der ordentliche Einkommensvergleich erübrigt sich, weil sich die Parteien darüber einig sind, dass die Beschwerdeführerin in ihrer angestammten Tätigkeit im eigenen Kleidergeschäft am Besten eingegliedert ist und daher für das Validen- und das Invalideneinkommen dieselbe Bemessungsgrundlage herangezogen werden darf. Das kantonale Gericht hält in tatsächlicher Hinsicht im Weiteren fest, der Verdienst für eine vollzeitliche Arbeit im eigenen Verkaufsgeschäft vor und nach dem Unfall bleibe gleich hoch, weshalb der Grad der invaliditätsbedingten Einschränkung der Arbeitsfähigkeit dem Invaliditätsgrad entspreche. Die Beschwerdeführerin bringt selbst auch nicht vor, inwiefern und in welcher Hinsicht sie konkret in ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit als Inhaberin eines Kleidergeschäfts - über die verbindlich festgestellte 30%ige Einschränkung in der Arbeitsfähigkeit hinaus - beeinträchtigt wäre. Da der Invaliditätsgrad nicht mittels ordentlichem Einkommensvergleich festgestellt wurde, stossen auch die weiteren Argumente hinsichtlich der statistischen Tabellen und des sogenannten leidensbedingten Abzugs ins Leere. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
 
5.
 
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der unterliegenden Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt, der Ausgleichskasse Basel-Stadt und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 8. Januar 2010
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
 
Ursprung Schüpfer
 
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