VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 5A_708/2009  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 5A_708/2009 vom 15.01.2010
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
5A_708/2009
 
Urteil vom 15. Januar 2010
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter von Werdt
 
Gerichtsschreiber Zingg.
 
Parteien
 
X.________,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Y.________,
 
Beschwerdegegner,
 
vertreten durch Fürsprecher Roland Padrutt.
 
Gegenstand
 
Prozessleitende Verfügung; Verfahrensvereinigung,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Zivilgericht, 3. Kammer, vom 21. September 2009.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Mit Teilurteil vom 30. Juni 1999 schied das Amtsgericht Lörrach die Ehe von X.________ und Y.________, wobei der schuldrechtliche Versorgungsausgleich vorbehalten blieb. In Ergänzung dieses Scheidungsurteils wies das Obergericht des Kantons Aargau am 28. Juni 2005 gestützt auf Art. 124 Abs. 1 ZGB die A.________ an, X.________ den Betrag von Fr. 56'813.50 zuzüglich Zinsen seit 30. Dezember 2000 zu bezahlen. Im Oktober 2005 teilte die A.________ mit, sie könne dieser Anweisung nicht nachkommen, da Y.________ bereits 2003 das 65. Altersjahr erreicht habe und ihm in der Folge das Alterskapital ausbezahlt worden sei.
 
Mit Eingabe vom 3. März 2006 gelangte X.________ an das Bezirksgericht Rheinfelden und beantragte, Y.________ zur Bezahlung von einerseits Fr. 56'813.50 und andererseits von Fr. 58'791.50, je zuzüglich Zinsen, zu verurteilen. Während sich das erste Begehren auf die fehlgeschlagene Zahlungsanweisung bezieht, steht das zweite im Zusammenhang mit einem angeblichen Prozessbetrug des Beklagten im vorangegangenen Ergänzungsprozess. Die Eingabe wurde mit dem Aktenzeichen OZ.2006.19 ins ordentliche Verfahren verwiesen.
 
Am 3. Juni 2006 gelangte X.________ erneut an das Bezirksgericht Rheinfelden und verlangte unter anderem, Y.________ sei umgehend anzuweisen, ihr Fr. 56'813.50 inkl. Zinsen zu überweisen. Diese Eingabe wurde unter Aktenzeichen OF.2006.56 ins ordentliche Verfahren gewiesen.
 
Mit Eingabe vom 1. Juli 2008 stellte X.________ unter dem Titel "neue Fakten zum Revisions-Begehren v. 3. März 2006" unter anderem den Antrag, Y.________ zur Bezahlung von Fr. 58'791.50 zuzüglich Zinsen zu verurteilen. Das Bezirksgericht Rheinfelden wies diese Eingabe ins ordentliche Verfahren OF.2008.76.
 
Durch Verfügung vom 9. März 2009 vereinigte die Gerichtspräsidentin von Rheinfelden die drei Verfahren OZ.2006.19, OF.2006.56 und OF.2008.76 unter dem Verfahren OF.2006.56.
 
B.
 
Gegen diese Verfahrensvereinigung wandte sich X.________ mit Beschwerde vom 6. April 2009, auf welche das Obergericht des Kantons Aargau am 21. September 2009 nicht eintrat.
 
C.
 
Am 21. Oktober 2009 ist X.________ (fortan: Beschwerdeführerin) mit einer als staatsrechtliche Beschwerde bezeichneten Eingabe ans Bundesgericht gelangt. Sie beantragt, den Nichteintretensentscheid aufzuheben und zwei Verfahren - eines über den Betrag von Fr. 56'813.50, das andere über den Betrag von Fr. 58'791.50 - durchzuführen. Zudem verlangt sie für das bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege.
 
Am 26. Oktober 2009 hat die Beschwerdeführerin die Korrektur der Bezeichnung des Beschwerdegegners verlangt und am 2. November 2009 darauf hingewiesen, dass sie den Kostenvorschuss von Fr. 2'500.-- nicht aufbringen könne. Das Bundesgericht hat am 4. November 2009 das Berichtigungsgesuch abgewiesen, hingegen einstweilig auf die Einforderung des Kostenvorschusses verzichtet.
 
Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden.
 
Erwägungen:
 
1.
 
Im Schreiben vom 2. November 2009 erklärt die Beschwerdeführerin, dass sie die staatsrechtliche Beschwerde vom 21. Oktober 2009 zurückziehe.
 
Einem Beschwerdeführer steht es frei, die eingereichte Beschwerde zurückzuziehen (vgl. Art. 32 Abs. 2 BGG). Ein Rückzug muss aber ausdrücklich und unbedingt erfolgen (BGE 119 V 36 E. 1b S. 38; Urteil 9C_864/2007 vom 30. April 2008 E. 4.2).
 
Vorliegend kann nicht von einem unbedingten Rückzugswillen ausgegangen werden. Die entsprechende Erklärung findet sich ganz am Schluss eines zweiseitigen Schreibens, in welchem die Beschwerdeführerin mehrfach darauf hinweist, den eingeforderten Kostenvorschuss von Fr. 2'500.-- nicht bezahlen zu können. Des Weiteren schildert sie darin ausführlich angebliche Verfehlungen der involvierten Gerichte und reicht dazu Beilagen ein. Schliesslich erklärt sie ausdrücklich, auf ihre Pensionskassen-Ansprüche keinesfalls zu verzichten und dass sie ihr Recht einfordern werde.
 
Folglich darf in diesem Fall davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführerin die Beschwerde einzig im Hinblick auf den Kostenvorschuss zurückgezogen und sie den Rückzug implizit von der Aufrechterhaltung der entsprechenden Forderung abhängig gemacht hat. Bestätigt wird dies dadurch, dass sie nach der Annullation der Kostenvorschussverfügung am 4. November 2009 nicht ausdrücklich am Rückzug ihrer Beschwerde festgehalten hat. Ihr Rückzug ist folglich bedingt erfolgt und damit unbeachtlich.
 
2.
 
Angefochten ist binnen Frist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid, mit dem auf eine Beschwerde gegen eine verfahrensleitende Verfügung über die Vereinigung mehrerer Verfahren nicht eingetreten wurde (Art. 75, 100 Abs. 1 BGG). Da das angefochtene Urteil das Verfahren nicht abschliesst, liegt ein Zwischenentscheid vor (BGE 133 III 629 E. 2.2 S. 631). Bei Zwischenentscheiden folgt der Rechtsweg jenem der Hauptsache (Urteil 5A_484/2008 vom 16. September 2008 E. 1.2). Die Angelegenheit ist zivilrechtlicher Natur (Art. 72 Abs. 1 BGG) und der erforderliche Streitwert ist erreicht (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG), womit die Beschwerde in Zivilsachen grundsätzlich zur Verfügung steht. Soweit es sich nicht um einen - hier nicht gegebenen - Fall einer Ausstands- oder Zuständigkeitsfrage handelt (Art. 92 BGG), sind Zwischenentscheide vor Bundesgericht allerdings nur eingeschränkt anfechtbar (Art. 93 BGG). Die Variante von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG scheidet vorliegend aus, da die Gutheissung der Beschwerde nicht sofort einen Endentscheid herbeiführen, sondern einzig zu einer Trennung der Verfahren und ihrer separaten Weiterbehandlung führen würde.
 
Es bleibt zu prüfen, ob der angefochtene Zwischenentscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG). Nach konstanter Rechtsprechung des Bundesgerichts muss der Nachteil rechtlicher Natur sein und darf somit auch mit einem für den Beschwerdeführer günstigen Endentscheid nicht oder nicht vollständig behebbar sein (BGE 134 III 188 E. 2.1 S. 190; 133 III 629 E. 2.3.1 S. 632; je mit Hinweisen). Rein tatsächliche Nachteile wie die Verlängerung oder Verteuerung des Verfahrens genügen demgegenüber nicht (BGE 134 III 188 E. 2.2 S. 191; 133 III 629 E. 2.3.1 S. 632 mit Hinweisen). Hintergrund dieser restriktiven Praxis ist, dass sich das Bundesgericht grundsätzlich nur einmal mit einem Fall befassen soll. Dabei liegt es am Beschwerdeführer, die Möglichkeit eines rechtlichen Nachteils darzutun, falls diese nicht klar auf der Hand liegt (BGE 133 III 629 E. 2.3.1 S. 632 mit Hinweis).
 
Ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ist vorliegend nicht ersichtlich und die Beschwerdeführerin behauptet einen solchen auch nicht ausdrücklich. Selbst wenn ihre Ausführungen zum angeblich verletzten § 335 lit. b des aargauischen Zivilrechtspflegegesetzes (ZPO; SAR 221.100), welcher die innerkantonale Anfechtbarkeit von Zwischenentscheiden regelt, sinngemäss auf Art. 93 BGG übertragen werden, ergibt sich kein anderes Resultat. Soweit die Beschwerdeführerin den Nachteil in der behaupteten Verlängerung und Verteuerung des Prozesses sieht, handelt es sich - wie soeben ausgeführt - um rein faktische Nachteile, welche den Anforderungen von Art. 93 Abs 1 lit. a BGG nicht genügen. Sie führt weiter aus, ihr drohe durch die Verfahrenszusammenlegung der endgültige Verlust des geltend gemachten Rechts und die Unmöglichkeit seiner Durchsetzung. Diese Auffassung begründet sie allerdings nicht weiter und die Möglichkeit eines Rechtsverlusts liegt angesichts der im Streite stehenden Ansprüche auch nicht auf der Hand.
 
Somit kann auf die Beschwerde mangels eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG nicht eingetreten werden.
 
3.
 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
4.
 
Das Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege für das Verfahren vor Bundesgericht ist abzuweisen, da ihre Beschwerde - wie sich aus dem vorstehend Gesagten ergibt - von Anfang an aussichtslos war (Art. 64 Abs. 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird abgewiesen.
 
3.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 3. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 15. Januar 2010
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:
 
Hohl Zingg
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).