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Informationen zum Dokument  BGer 8C_810/2009  Materielle Begründung
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BGer 8C_810/2009 vom 03.03.2010
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
8C_810/2009
 
Urteil vom 3. März 2010
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
 
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Niquille,
 
Gerichtsschreiber Kathriner.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
M.________,
 
vertreten durch Advokat Dr. Marco Biaggi,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
IV-Stelle Basel-Landschaft,
 
Hauptstrasse 109, 4102 Binningen,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid
 
des Kantonsgerichts Basel-Landschaft
 
vom 18. August 2009.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
A.a Der 1967 geborene M.________ war bei der S.________ AG als Vorarbeiter angestellt. Am 9. Dezember 2002 meldete er sich wegen einer schweren Psoriasis vulgaris im Bereich der Hände, Ellbogen, Kopf und Knie bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die Berufliche Abklärungsstelle (BEFAS) berichtete am 22. September 2003 über eine durchgeführte berufliche Abklärung. In den Arztberichten vom 5. Juli 2004 und 21. September 2005 beurteilten die Fachärzte der Dermatologischen Poliklinik des Spitals X.________ M.________ in einer leidensangepassten Tätigkeit für arbeitsfähig. Mit Verfügung vom 10. März 2006, welche unangefochten in Rechtskraft erwuchs, sprach ihm die IV-Stelle Basel-Landschaft ab 1. April 2003 bei einem Invaliditätsgrad von 50 % eine halbe Invalidenrente und ab 1. August 2003 bei einem Invaliditätsgrad von 100 % eine ganze Invalidenrente zu.
 
A.b Im November 2006 leitete die IV-Stelle die Überprüfung des Rentenanspruchs ein. Die Fachärzte des Spitals X.________ hielten im Arztbericht vom 8. Januar 2007 wiederum fest, M.________ sei in einer angepassten Tätigkeit zu 100 % arbeitsfähig. Mit Vorbescheid vom 19. Februar 2007 stellte die IV-Stelle die Aufhebung der laufenden Invalidenrente in Aussicht. Mit Verfügung vom 12. November 2007 entschied sie im Sinne ihres Vorbescheids und hob die Invalidenrente per Ende Dezember 2007 auf.
 
B.
 
Hiegegen erhob M.________ beim Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, Beschwerde. In der Vernehmlassung vom 22. Februar 2008 führte die IV-Stelle aus, die Verfügung vom 10. März 2006 sei zweifellos unrichtig gewesen, weshalb sie wiedererwägungsweise aufzuheben sei. Mit Entscheid vom 18. August 2009 wies das kantonale Gericht die Beschwerde ab.
 
C.
 
Mit Beschwerde lässt M.________ die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides vom 18. August 2009 und der Verfügung der IV-Stelle vom 12. November 2007 beantragen.
 
Erwägungen:
 
1.
 
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 132 II 257 E. 2.5 S. 262; 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).
 
1.2 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann eine - für den Ausgang des Verfahrens entscheidende (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG) - Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder wenn sie auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Die Beweiswürdigung durch das kantonale Gericht und die darauf beruhenden Sachverhaltsfeststellungen verletzen namentlich dann Bundesrecht, wenn es den Sinn und die Tragweite eines Beweismittels offensichtlich falsch eingeschätzt, ohne sachlichen Grund ein wichtiges und für den Ausgang des Verfahrens entscheidendes Beweismittel nicht beachtet oder aus den abgenommenen Beweisen unhaltbare Schlüsse gezogen hat (BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9; Urteile 8C_727/2009 vom 19. November 2009 E. 1.2 und 9C_689/2008 vom 25. Februar 2009 E. 3.1, je mit Hinweis).
 
2.
 
Der Beschwerdeführer arbeitet unbestrittenermassen seit 1. April 2008 wieder zu 100 % als Vorarbeiter in einem Bauunternehmen. Streitig ist die Aufhebung der ganzen Invalidenrente per Ende Dezember 2007. Zu prüfen ist dabei, ob die Verfügung vom 10. März 2006, mit welcher dem Beschwerdeführer die ganze Invalidenrente zugesprochen wurde, zweifellos unrichtig war und deshalb wiedererwägungsweise aufgehoben werden durfte.
 
2.1 Das kantonale Gericht bejahte die zweifellose Unrichtigkeit der Verfügung vom 10. März 2006 und schützte deren wiedererwägungsweise Aufhebung einerseits mit Verweis auf die Beurteilungen der behandelnden Ärzte der Dermatologischen Poliklinik des Spitals X.________. Andererseits verwies es auf die Grundsätze des hypothetischen ausgeglichenen Arbeitsmarkts und kam zum Schluss, es sei nicht nachvollziehbar, wie die IV-Stelle in Anbetracht der damaligen Sach- und Rechtslage in der Verfügung vom 10. März 2006 zur Auffassung habe gelangen können, der Beschwerdeführer könne seine medizinisch-theoretische Arbeitsfähigkeit auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt nicht mehr verwerten.
 
2.2 Zur Bestimmung des Invalideneinkommens stellte das kantonale Gericht bei der Frage, ob der massgebliche ausgeglichene Arbeitsmarkt dem Zumutbarkeitsprofil des Beschwerdeführers entsprechende Stellen anbietet, auf die allgemeine Lebenserfahrung ab. Es handelt sich hierbei somit um eine vom Bundesgericht frei überprüfbare Rechtsfrage (vgl. BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399; Urteil 9C_854/2008 vom 17. Dezember 2008 E. 3.2 mit Hinweisen).
 
2.3 Den ärztlichen Beurteilungen, welche der Verfügung vom 10. März 2003 zugrunde lagen, lässt sich Folgendes entnehmen: Im Arztbericht vom 5. Juli 2004 gaben die behandelnden Fachärzte der Dermatologischen Poliklinik des Spitals X.________ an, durch die Psoriasis komme es vor allem an den Extremitäten zu hyperkeratotischem Plaques, die teilweise rhagadiforme Veränderungen aufwiesen. Der ursprüngliche Beruf als Maurer sei dem Beschwerdeführer aufgrund der Psoriasis nicht mehr zumutbar. Zu vermeiden seien alle Formen von mechanischen, chemischen und physikalischen Reizen der Hände. Eine trockene Arbeit ohne besondere Belastung der Hände wäre hingegen die optimale Lösung. Am 21. September 2005 bestätigten die Ärzte des Spitals X.________ ihre Beurteilung vom 5. Juli 2004. Konkret solle der Beschwerdeführer keine Arbeiten ausführen, bei denen man schwere Gegenstände heben müsse (Paketservice, Behindertentransport). Auch solle er keinen chemischen oder physikalischen Belastungen ausgesetzt werden (Berufe mit häufigem Händewaschen, Restaurant, Barkeeper). Mögliche zumutbare Tätigkeiten seien hingegen etwa Arbeiten am Computer, Ablesen von Gas oder Strom in Haushalten, Arbeit an der Kinokasse, Chauffeur etc.
 
2.4 Nach der Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung vom 10. März 2006 (wie auch aktuell) ist der ausgeglichene Arbeitsmarkt gekennzeichnet durch ein gewisses Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage nach Arbeitskräften und weist einen Fächer verschiedenster Tätigkeiten auf (BGE 110 V 273 E. 4b S. 276 und seitherige Entscheide). Das gilt sowohl bezüglich der dafür verlangten beruflichen und intellektuellen Voraussetzungen wie auch hinsichtlich des körperlichen Einsatzes. Dabei ist nicht von realitätsfremden Einsatzmöglichkeiten auszugehen. Es können nur Vorkehren verlangt werden, die unter Berücksichtigung der gesamten objektiven und subjektiven Gegebenheiten des Einzelfalles zumutbar sind (ZAK 1991 S. 318, I 350/89 E. 3b; Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts I 97/00 vom 29. August 2002 E. 1.3.1 mit Hinweisen). Der ausgeglichene Arbeitsmarkt umfasst auch sogenannte Nischenarbeitsplätze, also Stellen- und Arbeitsangebote, bei welchen Behinderte mit einem sozialen Entgegenkommen vonseiten des Arbeitgebers rechnen können (Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts I 180/05 vom 16. Januar 2006 E. 5.2 mit Hinweis). Von einer Arbeitsgelegenheit kann aber dort nicht gesprochen werden, wo die zumutbare Tätigkeit nur in so eingeschränkter Form möglich ist, dass sie der ausgeglichene Arbeitsmarkt praktisch nicht kennt oder sie nur unter nicht realistischem Entgegenkommen eines durchschnittlichen Arbeitgebers möglich und das Finden einer entsprechenden Stelle daher zum vorneherein als ausgeschlossen erscheint (ZAK 1991 S. 318, I 350/89 E. 3b; vgl. aktuell: Urteil 9C_82/2009 vom 9. Oktober 2009 E. 5.5).
 
2.5 Unter Berücksichtigung der von den behandelnden Fachärzten bescheinigten medizinischen Einschränkungen hätte der Beschwerdeführer auf diesem hypothetischen ausgeglichenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung seine Arbeitsfähigkeit verwerten können. Ihm wären sämtliche trockene Tätigkeiten ohne besondere (mechanische, chemische, physikalische) Belastungen der Hände zumutbar gewesen.
 
2.6
 
2.6.1 Der Beschwerdeführer macht mit Verweis auf den Bericht der BEFAS vom 22. September 2003 sinngemäss geltend, die verbleibende Arbeitsfähigkeit sei auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt nicht mehr verwertbar und die Verfügung vom 22. September 2003 sei daher nicht offensichtlich unrichtig gewesen.
 
2.6.2 Der BEFAS-Bericht vom 22. September 2003 kam zum Schluss, für alle Tätigkeiten in trockenem Milieu, bei denen keine mechanische Dehnung der Haut an den Fingergelenken entstehe, sei eine ganztägige Arbeitsfähigkeit zumutbar. Auf die Frage nach der Eingliederungsfähigkeit wurde als Ergebnis der Abklärungen allerdings angegeben, die einzigen Berufslösungen, welche dem Beschwerdeführer behinderungsbedingt zumutbar seien und ihm neigungs- sowie eignungsmässig entsprächen, seien der Kurier- oder Auslieferungsdienst (Kleintransport) und die Tätigkeit als Taxichauffeur.
 
2.6.3 In Bezug auf die medizinische Einschränkungen kam der BEFAS-Bericht grundsätzlich zur gleichen Beurteilung wie später die Fachärzte der Dermatologischen Poliklinik des Spitals X.________. Darüber hinaus nahm die BEFAS zusätzlich bestimmte neigungs- und eignungsspezifische Abklärungen in gewissen Berufszweigen vor. Diese erweisen sich als berufsberaterische Abklärungsmassnahmen im Sinne von Hilfestellungen bei der Stellensuche. Aus ihnen können hingegen keine Folgerungen zur Verwertbarkeit auf dem hypothetischen ausgeglichenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung gezogen werden.
 
2.6.4 Die Rechtsprechung bejaht etwa bei funktionell einarmigen Personen, welche überdies nur noch leichte Arbeiten verrichten können, genügend realistische Betätigungsmöglichkeiten auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt (Urteil 8C_207/2009 vom 8. September 2009 E. 3.2 mit Hinweis; Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts I 47/00 vom 21. Februar 2001 E. 3a). Dies muss entsprechend auch bei den vorhandenen Einschränkungen des Beschwerdeführers im manuellen Bereich gelten. An die Konkretisierung von Arbeitsgelegenheiten und Verdienstaussichten sind zwar keine übermässigen Anforderungen zu stellen (SVR 2008 IV Nr. 62 S. 203, 9C_830/2007 E. 5.1 mit Hinweis). Als Beispiele für Tätigkeiten auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt könnten allerdings einfache Überwachungs-, Prüf- und Kontrolltätigkeiten sowie die Bedienung und Überwachung von (halb-)automatischen Maschinen oder Produktionseinheiten als Beispiele genannt werden (Urteil 8C_1005/2008 vom 17. April 2009 E. 2.3.2 mit Hinweisen; Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts U 156/04 vom 17. März 2005 E. 8.2).
 
2.6.5 Wenn das kantonale Gericht die Verwertbarkeit der verbleibenden Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers auf dem hypothetischen ausgeglichenen Arbeitsmarkt bejahte, erweist sich dies nach dem Dargelegten als rechtens.
 
3.
 
Soweit der Beschwerdeführer rügt, das kantonale Gericht habe in seinem Entscheid den BEFAS-Bericht nicht berücksichtigt, liegt keine unhaltbare Beweiswürdigung oder eine unvollständige Sachverhaltsfeststellung und damit eine Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG vor (vgl. E. 1.2). Der BEFAS-Bericht vom 22. September 2003 stellt kein für den Ausgang des Verfahrens entscheidendes Beweismittel dar.
 
4.
 
Das kantonale Gericht nahm unter Berücksichtigung der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers in einer behinderungsangepassten Tätigkeit einen Einkommensvergleich vor und ermittelte einen Invaliditätsgrad von 31 %, bzw. 38 % unter Gewährung eines leidensbedingten Abzugs von 10 %. Diese Berechnung ist unbestritten und nicht zu beanstanden. Der rentenbegründende Mindestinvaliditätsgrad von 40 % wird damit nicht erreicht. Zusammenfassend erweist sich somit die Zusprache einer ganzen Invalidenrente durch die Beschwerdegegnerin mit Verfügung vom 10. März 2006 gestützt auf einen Invaliditätsgrad von 100 % nach der damaligen Sach- und Rechtslage als zweifellos unrichtig. Die Vorinstanz hat die wiedererwägungsweise Aufhebung dieser Verfügung und die Einstellung der ganzen Invalidenrente per Ende Dezember 2007 folglich zu Recht bejaht. Die Beschwerde ist demgemäss abzuweisen.
 
5.
 
Die Gerichtskosten werden dem Beschwerdeführer als unterliegende Partei auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, der Ausgleichskasse des Schweizerischen Baumeisterverbandes und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 3. März 2010
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
Ursprung Kathriner
 
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