BGer 9C_463/2010 | |||
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BGer 9C_463/2010 vom 24.06.2010 | |
Bundesgericht
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Tribunal fédéral
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Tribunale federale
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{T 0/2}
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9C_463/2010
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Urteil vom 24. Juni 2010
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II. sozialrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
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Bundesrichter Seiler, Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
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Gerichtsschreiber Schmutz.
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Verfahrensbeteiligte | |
L.________,
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Beschwerdeführerin,
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gegen
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IV-Stelle Basel-Landschaft,
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Hauptstrasse 109, 4102 Binningen,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Hilflosenentschädigung,
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Beschwerde gegen den Beschluss des
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Kantonsgerichts Basel-Landschaft
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vom 28. April 2010.
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Sachverhalt:
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A.
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Mit Verfügung vom 11. September 2008 sprach die IV-Stelle Basel-Landschaft der 1956 geborenen L.________ ab 1. August 2003 eine Entschädigung für Hilflosigkeit leichten Grades und wiedererwägungsweise mit Verfügung vom 6. Juli 2009 eine solche für Hilflosigkeit mittleren Grades zu, dies jedoch erst ab 1. Juni 2009.
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B.
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B.a L.________ erhob am 6. August 2009 gegen die Verfügung vom 6. Juli 2009 Beschwerde und beantragte die Vorverlegung des Anspruchsbeginns der Entschädigung für Hilflosigkeit mittleren Grades auf den 1. August 2004 (später korrigiert: 2003).
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B.b Mit Beschluss vom 10. Februar 2010 stellte das Kantonsgericht den Entscheid aus und räumte L.________ die Gelegenheit ein, zur drohenden reformatio in peius Stellung zu nehmen, weil fraglich sei, ob der Anspruch auf Entschädigung für Hilflosigkeit leichten Grades nicht nachträglich teilweise aufzuheben wäre. Am 22. Februar 2010 teilte der Rechtsvertreter von L.________ mit, nach Rücksprache mit seiner Mandantin ziehe er "namens und auftrags der Mandantin die Beschwerde angebrachterweise" zurück.
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B.c Gleichzeitig zeigte L.________ dem Gericht die Auflösung des Vertretungsmandates an; dieses ersuchte sie am 1. März 2010 schriftlich um Mitteilung bis am 19. März 2010, ob sie mit dem Beschwerderückzug einverstanden sei. Am 17. März 2010 ging die Antwort ein, der das Gericht sinngemäss entnahm, dass L.________ die Beschwerde nicht zurückziehen wollte.
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B.d Mit Präsidialverfügung vom 15. April 2010 wurde der Fall dem Gericht erneut zur Beurteilung überwiesen. Mit Schreiben vom 27. April 2010 teilte L.________ unter Hinweis auf diese Verfügung mit, nach Rücksprache mit ihrem Rechtsberater ziehe sie die Beschwerde vom 6. August 2009 offiziell zurück.
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B.e Mit Beschluss vom 28. April 2010 schrieb das Kantonsgericht Basel-Landschaft das Verfahren wegen Rückzugs der Beschwerde ab.
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C.
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L.________ erhebt gegen den erwähnten Beschluss Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie beantragt, er sei aufzuheben und die Beschwerde vom 6. August 2009 "sei zu reaktivieren", "darauf einzutreten" und "gutzuheissen".
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Erwägungen:
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1.
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1.1 Feststellungen über innere oder psychische Tatsachen - wie z.B. was jemand wollte, wusste, beabsichtigte, in Kauf nahm, womit er rechnete, in welcher Absicht und aus welchen Beweggründen er handelte oder hypothetisch gehandelt hätte, ob er volle Einsicht in sein Handeln hatte - sind Sachverhaltsfragen (BGE 130 IV 58 E. 8.5 S. 62). Das Bundesgericht hat seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde zu legen, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG).
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1.2 Rechtsfrage und vom Bundesgericht frei überprüfbar ist hingegen der Schluss aus einem bestimmten Geisteszustand (Tatfrage) auf das Vorhandensein oder Fehlen der Urteilsfähigkeit, soweit dies vom Begriff der Urteilsfähigkeit selbst abhängt bzw. von der allgemeinen Lebenserfahrung oder vom hohen Grad der Wahrscheinlichkeit, der für den Ausschluss dieser Fähigkeit erforderlich ist (BGE 124 III 5 E. 4 Ingress S. 13, 111 V 58 E. 3c S. 62; Urteile 5P.39/2004 vom 6. Oktober 2004, E. 4.3, und K 125/98 vom 3. Mai 1999, E. 3c; ULRICH MEYER, in: Niggli/Uebersatz/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, Basel 2008, Art. 105 N 35d).
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1.3 Nach der Rechtsprechung muss der Rückzug eines Rechtsmittels klar, ausdrücklich und unbedingt erfolgen (BGE 119 V 36 E. 1b S. 38 mit Hinweis). Er ist unwiderruflich, und seine Gültigkeit kann nur auf Willensmängel hin geprüft werden (BGE 111 V 156 E. 3a S. 158, 109 V 234 E. 3 S. 237).
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2.
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Angefochten und zu überprüfen ist der vorinstanzliche Abschreibungsbeschluss vom 28. April 2010. Die Beschwerdeführerin bringt vor, das Schreiben vom 27. April 2010, auf das sich die Vorinstanz abgestützt hat, sei die Folge mehrerer Telefonate gewesen, in welchen ihr Rechtsberater den Rückzug empfohlen habe. Wegen sprachlicher Schwierigkeiten sei sie davon ausgegangen, es sei richtig. Erst nachträglich habe ihr ein Bekannter erörtert, was der Rückzug inhaltlich bedeute. Sie habe feststellen müssen, dass der Beschwerderückzug nicht ihrem Willen entsprochen habe. Sie sei nun ganz und gar nicht damit einverstanden.
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3.
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Die vorinstanzliche Erklärung der Beschwerdeführerin vom 27. April 2010 entspricht den in E. 1.3 genannten Gültigkeitsvoraussetzungen. Sie bekundete darin vorbehaltlos den klaren Willen, das Verfahren abschliessen zu wollen. Sie bringt nichts vor, was ein Rückkommen auf diese Prozesserklärung rechtfertigen würde. Der Rückzug war durch keine missverständliche behördliche Handlung oder Auskunft provoziert worden, und es ist auch nicht erkennbar, inwiefern er auf einen Willensmangel zurückzuführen wäre. Denn dass die Beschwerdeführerin nach einem Gespräch mit einem Bekannten auf ihren Entschluss zurückkommen wollte, zeigt lediglich, dass sie sich die Sache anders überlegt hat. Ebenso fehlen Anhaltspunkte für Urteilsunfähigkeit bei der Abgabe der Erklärung des Beschwerderückzuges. Blosser Wankelmut genügt nicht (MARGRITH BIGLER-EGGENBERGER, in: Honsell/Vogt/ Geiser [Hrsg.], Basler Kommentar ZGB, 3. Aufl., 2006, Art. 16 ZGB N 12). Vielmehr bedarf es einer Willensschwäche, sich kritiklos einen fremden Willen zu eigen zu machen. Eine solche Willensschwäche ist nicht ersichtlich. Insbesondere fehlen ärztliche Berichte, welche eine Urteilsunfähigkeit für den Zeitpunkt des Beschwerderückzugs vom 27. April 2010 bescheinigen. Nach den ärztlichen Unterlagen hatte die Beschwerdeführerin im betreffenden Zeitraum gesundheitliche Probleme, es finden sich jedoch keinerlei Hinweise dafür, dass die Urteils- und Prozessfähigkeit nicht gegeben gewesen wären.
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4.
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Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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5.
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Die Beschwerde hatte keine Aussicht auf Erfolg, weshalb sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG ohne Durchführung des Schriftenwechsels erledigt wird.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2.
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Die Gerichtskosten von Fr. 200.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
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3.
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Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
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Luzern, 24. Juni 2010
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Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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Meyer Schmutz
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