VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 4A_228/2010  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 4A_228/2010 vom 06.07.2010
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
4A_228/2010
 
Urteil vom 6. Juli 2010
 
I. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
 
Bundesrichter Corboz, Bundesrichterin Kiss,
 
Gerichtsschreiber Hurni.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________ SRL,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Oliver Habke, Nobel & Hug Rechtsanwälte,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Y.________ AG,
 
vertreten durch Herren Dr. Luka R. Müller-Studer und/oder Dr. Dominik Vock, MME Partners Rechtsanwälte,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Vollstreckung nach Lugano-Übereinkommen,
 
Beschwerde gegen das Urteil vom 18. März 2010
 
des Obergerichts des Kantons Zug, Justizkommission, Zivilrechtliche Kammer.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Mit Urteil vom 15. Oktober 2008 verpflichtete das italienische Tribunale di Brescia die Y.________ AG mit Sitz in Rotkreuz (Beschwerdegegnerin) dazu, der in Italien domizilierten X.________. SRL (Beschwerdeführerin) den Betrag von EUR 959'435.36 nebst Zinsen zu bezahlen. Die Beschwerdegegnerin focht dieses Urteil bei der Corte d'Appello di Brescia an. Gleichzeitig stellte sie ein Gesuch um Aufschiebung der Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils.
 
Die Corte d'Appello hiess mit Verfügung vom 4. März 2009 das Gesuch um Aufschiebung der Vollstreckbarkeit teilweise gut und verfügte, dass die Vollstreckbarkeit des Urteils des Tribunale di Brescia unter die Bedingung gestellt wird, dass die Beschwerdeführerin innerhalb von 45 Tagen eine von einem erstrangigen Kredit- oder Versicherungsinstitut ausgestellte, unbedingte Bürgschaft in der Höhe von EUR 1'300'000.-- vorlegt.
 
Am 25. Mai 2009 reichte die Beschwerdeführerin der Kanzlei der Corte d'Appello eine von der Banca Valsabbina ausgestellte Bankbürgschaft ein. Der zuständige Kanzleibeamte bescheinigte dies mittels einer "nota di deposito" (recte: "verbale di deposito"; Hinterlegungsniederschrift).
 
B.
 
B.a Mit Eingabe vom 2. Dezember 2009 reichte die Beschwerdeführerin beim Einzelrichter des Kantonsgerichts Zug ein Gesuch um Vollstreckbarerklärung des Urteils des Tribunale di Brescia gemäss den Art. 31 ff. LugÜ ein.
 
Mit Verfügung vom 10. Dezember 2009 entsprach der Einzelrichter dem Gesuch und erklärte das Urteil für vollstreckbar.
 
B.b Gegen diese Verfügung erhob die Beschwerdegegnerin am 8. Januar 2010 Beschwerde bei der Justizkommission des Obergerichts des Kantons Zug. Diese hiess die Beschwerde mit Urteil vom 18. März 2010 gut und wies das Gesuch der Beschwerdeführerin um Vollstreckbarerklärung ab.
 
Das Obergericht des Kantons Zug kam zum Schluss, dass die Beschwerdeführerin die Urkunden nicht vorlegen konnte, aus denen sich ergibt, dass das Urteil des Tribunale di Brescia gemäss italienischem Recht (vorläufig) vollstreckbar ist. Nach den einschlägigen Bestimmungen der italienischen Zivilprozessordnung (CPC/I) hätte die Beschwerdeführerin einen Beleg vorweisen müssen, aus welchem sich ergibt, dass die Corte d'Appello bzw. deren Kanzleibeamter die von der Banca Valsabbina ausgestellte Bankbürgschaft als hinreichende Sicherheit im Sinne der Verfügung vom 4. März 2009 qualifiziert hat. Die dem Obergericht vorgelegte "nota di deposito" stelle keine solche Bestätigung dar. Aus diesem Grund könne nicht geschlossen werden, dass die Bedingung eingetreten sei, unter welche die Corte d'Appello die Vollstreckbarkeit des Urteils des Tribunale di Brescia gestellt habe. Der Nachweis der Vollstreckbarkeit im Sinne der Art. 31 i.V.m. Art. 47 Ziff. 1 LugÜ sei damit nicht erbracht.
 
Schliesslich hielt das Obergericht fest, es könne selber nicht nachprüfen, ob die von der Beschwerdeführerin vorgelegte Bürgschaft den Anforderungen gemäss der Verfügung vom 4. März 2009 genüge. Dafür seien die italienischen Gerichte zuständig. Im Sinne einer Eventualbegründung fügte das Obergericht dennoch hinzu, dass die Banca Valsabbina jedenfalls kein erstrangiges Kredit- oder Versicherungsinstitut sei, weshalb die von dieser Bank ausgestellte Bürgschaft ohnehin keine ausreichende Sicherheitsleistung darstelle.
 
C.
 
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 22. April 2010 beantragt die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht, es sei das Urteil der Justizkommission des Obergerichts des Kantons Zug aufzuheben und das Urteil des italienischen Tribunale di Brescia vom 15. Oktober 2008 zu anerkennen und für vollstreckbar zu erklären.
 
Die Beschwerdegegnerin beantragt, es sei auf die Beschwerde nicht einzutreten, eventualiter sei sie abzuweisen. Die Vorinstanz schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden kann.
 
Erwägungen:
 
1.
 
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (BGE 135 III 1 E. 1.1).
 
1.1 Angefochten ist das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug, mit welchem das Gesuch um Vollstreckbarerklärung des Urteils des Tribunale di Brescia vom 15. Oktober 2008 gestützt auf Art. 31 i.V.m. 47 Ziff. 1 LugÜ (SR 0.275.11) abgewiesen wurde. Gegen die Entscheidung, die über den in Art. 37 Abs. 1 LugÜ vorgesehenen Rechtsbehelf ergangen ist, steht in der Schweiz nur eine Beschwerde an das Bundesgericht zur Verfügung (Art. 37 Abs. 2 LugÜ; Erklärung der Schweiz vom 12. Dezember 2006 (AS 2007 1339); BGE 135 III 670 E. 1.1 S. 672); dies ist die Beschwerde in Zivilsachen (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 1 BGG).
 
1.2 Beim angefochtenen Urteil des Obergerichts handelt es sich um einen Entscheid einer Vorinstanz gemäss Art. 37 Abs. 1 LugÜ sowie Art. 75 Abs. 1 BGG, der das Verfahren abschliesst (Art. 90 BGG). In der vorliegenden vermögensrechtlichen Angelegenheit ist die Streitwertgrenze offensichtlich erreicht (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG); die vor der Vorinstanz unterlegene Beschwerdeführerin ist beschwerdeberechtigt (Art. 76 Abs. 1 BGG) und die Beschwerde ist fristgerecht eingereicht worden (Art. 100 Abs. 1 BGG i.V.m. Art. 46 Abs. 1 lit. a BGG). Die Beschwerde in Zivilsachen ist grundsätzlich zulässig.
 
1.3 Mit der Beschwerde in Zivilsachen kann die Verletzung u.a. von Bundesrecht einschliesslich Bundesverfassungsrecht sowie von Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a u. b BGG).
 
Da der vorliegende Entscheid eine vermögensrechtliche Streitsache betrifft, kann hingegen nicht gerügt werden, das nach dem schweizerischen internationalen Privatrecht massgebende ausländische Recht sei nicht richtig angewendet worden (Art. 96 lit. b BGG e contrario). Dies gilt auch im Anwendungsbereich des Lugano-Übereinkommens, soweit dieses für die Frage, ob ein Urteil vollstreckbar ist, auf das Recht des Ursprungsstaats verweist. Das Bundesgericht kann nicht frei überprüfen, ob ein Lugano-Titel nach dem Verfahrensrecht des Ursprungsstaats vollstreckbar ist (vgl. BGE 135 III 670 E. 1.4; Urteil 5A_672/2009 vom 24. Dezember 2009 E. 2.1). Jedoch kann gerügt werden, der angefochtene Entscheid wende ausländisches Recht willkürlich an und verstosse damit gegen das verfassungsmässige Willkürverbot (BGE 133 III 446 E. 3.1) oder er verletze andere verfassungsmässige Rechte.
 
1.4 Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Dies setzt voraus, dass sich die Beschwerdeführerin wenigstens kurz mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids auseinandersetzt. Strengere Anforderungen gelten, wenn die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten geltend gemacht wird. Eine solche Rüge prüft das Bundesgericht nur insoweit, als sie in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Die Beschwerdeführerin muss klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darlegen, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt worden sein sollen (BGE 135 III 232 E. 1.2 S. 234; 133 III 589 E. 2 S. 591 f.; 133 IV 286 E. 1.4).
 
2.
 
Die Beschwerdeführerin rügt die Verletzung von Art. 47 Ziff. 1 LugÜ, indem die Vorinstanz die von ihr eingereichten Urkunden nicht als Nachweis der Vollstreckbarkeit qualifiziert habe.
 
2.1 Gemäss Art. 47 Ziff. 1 LugÜ hat die Partei, welche die Zwangsvollstreckung betreiben will, u.a. die Urkunden vorzulegen, aus denen sich ergibt, dass die Entscheidung nach dem Recht des Ursprungsstaates vollstreckbar ist. Welche Urkunden zum Nachweis der Vollstreckbarkeit geeignet bzw. notwendig sind, ist anhand der einschlägigen Normen des Ursprungsstaates zu prüfen (vgl. GEORG NAEGELI, in: Dasser/Oberhammer [Hrsg.], Kommentar zum Lugano-Übereinkommen, N. 8 zu Art. 47 LugÜ). Ergibt sich die Vollstreckbarkeit nicht bereits direkt aus dem ausländischen Prozessgesetz oder aus der Entscheidung selbst, kann sie nur aus einer nach dem Erlass der Entscheidung ergangenen Erklärung hervorgehen (BGE 127 III 186 E. 4a S. 190).
 
Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, dass sich aus der "nota di deposito" hinreichend ergebe, dass die Bedingung, unter welche die Corte d'Appello die Vollstreckbarkeit des Urteils des Tribunale di Brescia mit Verfügung vom 4. März 2009 gestellt hat, eingetreten ist. Damit habe sie die gemäss den Art. 476 CPC/I sowie Art. 155 der Bestimmungen zur Durchführung der Zivilprozessordnung zum Nachweis der Vollstreckbarkeit notwendigen Urkunden vorgelegt. Wenn die Vorinstanz zu einem gegenteiligen Schluss gelange, handle es sich dabei "klar um eine falsche Anwendung des italienischen Rechts".
 
2.2 Soweit diese Rügen die Auslegung und Anwendung des italienischen Prozessrechts als "Recht des Ursprungsstaates" i.S. des Art. 47 Ziff. 1 LugÜ betreffen, verkennt die Beschwerdeführerin, dass das Bundesgericht die Anwendung des ausländischen Zivilprozessrechts nur unter dem Gesichtspunkt der Verletzung verfassungsmässiger Rechte überprüft (oben E. 1.3). Da sie keine ausdrücklichen Verfassungsrügen erhebt, ist fraglich, ob auf die Beschwerde überhaupt eingetreten werden kann.
 
Immerhin lässt sich der Beschwerde der Vorwurf einer qualifiziert falschen Anwendung des italienischen Rechts entnehmen ("klar ... falsche Anwendung"). Damit rügt die Beschwerdeführerin jedenfalls sinngemäss eine Willkür in der Rechtsanwendung gemäss Art. 9 BV.
 
2.3 Nach der ständigen Praxis des Bundesgerichts liegt Willkür in der Rechtsanwendung vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist. Dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 135 V 2 E. 1.3 S. 4 f. mit Hinweisen).
 
2.4 Die Rügen der Beschwerdeführerin beziehen sich auf die Auslegung und Anwendung der Art. 478 CPC/I und Art. 155 der Durchführungsbestimmungen. Die Auffassung der Vorinstanz, wonach die Hinterlegungsniederschrift ("nota di deposito") keine Bestätigung im Sinne von Art. 155 der Durchführungsbestimmungen darstelle, sei klar falsch.
 
2.4.1 Art. 478 CPC/I sieht folgende Regelung vor:
 
"(Prestazione della cauzione)
 
Se l'efficacia del titolo esecutivo è subordinata a cauzione, non si può iniziare l'esecuzione forzata finché quella non sia stata prestata. Della prestazione si fa constare con annotazione in calce o in margine al titolo spedito in forma esecutiva o con atto separato che deve essere unito al titolo."
 
"(Kautionsleistung)
 
Ist die Wirksamkeit des Vollstreckungstitels von einer Kaution abhängig, so kann die Zwangsvollstreckung nicht begonnen werden, solange die Kaution nicht geleistet worden ist. Ihre Leistung wird durch Anmerkung am Ende oder am Rande des in vollstreckbarer Form ausgefertigten Titels oder durch ein gesondertes Schriftstück, das dem Titel beizufügen ist, ersichtlich gemacht" (Übersetzung nach Bauer et al., Italienische Zivilprozessordnung mit Nebengesetzen und IPR-Gesetz, Bozen 1996).
 
2.4.2 Art. 155 der Durchführungsbestimmungen regelt sodann:
 
"(Certificato di prestata cauzione)
 
Il certificato di prestata cauzione indicato nell'articolo 478 del codice è rilasciato dal cancelliere del giudice che ha pronunciato il provvedimento costituente titolo esecutivo."
 
"(Bestätigung über die erfolgte Kautionsleistung)
 
Die in Artikel 478 des Gesetzbuches angegebene Bestätigung über die erfolgte Kautionsleistung wird vom Kanzleibeamten des Gerichts ausgestellt, welches die den Vollstreckungstitel bildende Verfügung erlassen hat."
 
2.4.3 Die Vorinstanz leitet aus diesen Normen ab, dass sich eine Bestätigung über die erfolgte Kautionsleistung im Sinne von Art. 155 der Durchführungsbestimmungen nicht nur über die blosse Vorlegung einer Sicherheit zu äussern habe, sondern auch darüber, dass die vorgelegte Sicherheit den vom Gericht verlangten Anforderungen entspreche.
 
Diese Auslegung ist vertretbar. Es ist jedenfalls nicht geradezu abwegig, aus Art. 155 der Durchführungsbestimmungen zu schliessen, dass die Bescheinigung des Kanzleibeamten eine förmliche Bestätigung darüber enthalten muss, dass mit der Vorlage der Bürgschaft die Pflicht zur Sicherheitsleistung auch wirklich erfüllt ("prestata") ist. Eine blosse "nota di deposito" nicht als "certificato di prestata cauzione" gelten zu lassen, ist nicht willkürlich.
 
Legt man die Normen so aus, lässt sich ohne förmliche Bestätigung der erfolgten Kautionsleistung i.S. von Art. 478 CPC/I i.V.m. Art. 155 der Durchführungsbestimmungen nicht schliessen, die Bedingung, unter welche die Vollstreckbarkeit gemäss der Verfügung der Corte d'Appello vom 4. März 2009 gestellt wurde, sei eingetreten. Der Vorinstanz kann damit keine Verletzung von Art. 47 Ziff. 1 LugÜ vorgeworfen werden, wenn sie zum Schluss kommt, dass die gemäss italienischem Recht zum Nachweis der Vollstreckbarkeit notwendigen Urkunden nicht vorlägen.
 
3.
 
An diesem Resultat ändert auch die Tatsache nichts, dass die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht in der Beschwerdebeilage 3 neben der "nota di deposito" vom 21. Mai 2009 auch ein als "Certificato di prestata cauzione ex art. 155 disp att. C.p.c" bezeichnetes Dokument eingereicht hat. Dieses Dokument, das vom Kanzleibeamten der Corte d'Appello di Brescia unterzeichnet wurde, scheint zwar genau jene Bestätigung zu enthalten, welche die Vorinstanz als Nachweis der Vollstreckbarkeit verlangt hat. Es datiert aber erst vom 19. Januar 2010 und wurde damit zu einem Zeitpunkt ausgestellt, in dem das Verfahren vor der Vorinstanz bereits hängig war. Obwohl es in zeitlicher Hinsicht möglich wäre, dass die Beschwerdeführerin dieses Dokument bereits im Verfahren vor der Vorinstanz produziert hätte, geht dies weder aus den Vorakten hervor, noch macht dies die Beschwerdeführerin ausdrücklich geltend. Da auch im angefochtenen Entscheid stets nur die Rede von der "nota di deposito" vom 21. Mai 2009 ist und ein vom 19. Januar 2010 datierendes Dokument an keiner Stelle erwähnt wird, muss davon ausgegangen werden, dass dieses Dokument der Vorinstanz noch nicht vorlag. Auch die Beschwerdegegnerin, welcher die Beilagen der Beschwerdeführerin nicht von Amtes wegen zugestellt wurden, bezieht sich in ihrer Vernehmlassung ausschliesslich auf die "nota di deposito" vom 21. Mai 2009.
 
Beim vom 19. Januar 2010 datierenden Dokument handelt es sich demnach um ein Novum, das gemäss Art. 99 BGG im Verfahren vor Bundesgericht nur vorgebracht werden kann, wenn erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt. Dabei ist in der Beschwerde darzutun, inwiefern die erwähnte Voraussetzung für eine nachträgliche Einreichung von Beweismitteln erfüllt sein soll (BGE 133 III 393 E. 3). Diesen Anforderungen kommt die Beschwerdeführerin freilich in keiner Weise nach. Sie legt nicht einmal offen, dass sich in ihrer Beschwerdebeilage 3 neben der bekannten "nota di deposito" noch ein weiteres Dokument befindet, das vom Kanzleibeamten der Corte d'Appello ausgestellt wurde.
 
4.
 
Die Beschwerdeführerin rügt weiter eine Verletzung von Art. 34 Abs. 2 i.V.m. Art. 27 und 28 LugÜ. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung könne nur aus einem der in Art. 27 und 28 LugÜ genannten Gründe abgelehnt werden. Ein solcher liege indessen nicht vor.
 
Bei dieser Argumentation verkennt die Beschwerdeführerin, dass in einem Exequaturverfahren allfällige Ablehnungsgründe gemäss Art. 34 Abs. 2 LugÜ erst eine Rolle spielen, wenn überhaupt ein im Sinne von Art. 31 LugÜ im Ursprungsland vollstreckbarer Titel vorliegt. Die mangelnde Vollstreckbarkeit im Ursprungsland bildet insoweit einen eigenständigen Grund, welcher der Vollstreckbarerklärung eines Lugano-Titels im Wege steht (vgl. auch DANIEL STAEHELIN, in: Dasser/ Oberhammer [Hrsg.], Kommentar zum Lugano-Übereinkommen, N. 11 zu Art. 34 LugÜ, welcher die fehlende Vollstreckbarkeit als weiteren Ablehnungsgrund bezeichnet).
 
5.
 
An der Sache vorbei geht schliesslich der von der Beschwerdeführerin mehrfach erhobene Vorwurf, die Vorinstanz habe gegen das Verbot der "révision au fond" i.S. des Art. 34 Abs. 3 LugÜ verstossen, indem sie nachgeprüft habe, ob das Urteil des Tribunale di Brescia nach dem italienischen Prozessrecht vollstreckbar ist.
 
Das Verbot der "révision au fond" bedeutet, dass der Anerkennungsrichter nicht überprüfen darf, ob die ausländische Entscheidung in der Sache selbst aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen richtig oder falsch ist (GERHARD WALTER, Internationales Zivilprozessrecht der Schweiz, 4. Aufl., 2007, S. 450). Die Entscheidung muss sowohl hinsichtlich ihres Zustandekommens als auch ihres Ergebnisses grundsätzlich so hingenommen werden, wie sie ergangen ist (FRIDOLIN WALTHER, in: Dasser/Oberhammer [Hrsg.], Kommentar zum Lugano-Übereinkommen, N. 5 zu Art. 29 LugÜ).
 
Die Frage der Vollstreckbarkeit betrifft jedoch weder das Zustandekommen noch das Ergebnis des Entscheids. Sie wird erst aktuell, wenn überhaupt ein Entscheid in der Sache ergangen ist, und stellt sich unabhängig davon, ob dieser materiell richtig oder falsch ist. Die von der Vorinstanz überprüften Vorschriften der italienischen Zivilprozessordnung sind denn auch alle rein vollstreckungsrechtlicher Natur. In der Sache selbst hat die Vorinstanz das Urteil des Tribunale di Brescia in keiner Weise überprüft. Der Vorwurf, die Vorinstanz habe Art. 34 Abs. 3 LugÜ verletzt, trifft ins Leere.
 
6.
 
Die Vorinstanz ist ohne Verletzung von Art. 9 BV bzw. Art. 47 Ziff. 1 LugÜ zum Schluss gelangt, dass die Beschwerdeführerin die nach dem italienischen Recht von der zuständigen Behörde ausgestellte und zur Bescheinigung der Vollstreckbarkeit notwendige Urkunde nicht vorgelegt hat.
 
Nach Art. 47 Ziff. 1 LugÜ muss sich die Vollstreckbarkeit aus den vorgelegten Urkunden selbst ergeben. Fehlen solche Urkunden, hat das Anerkennungsgericht nicht selbst zu prüfen, ob nach dem Recht des Ursprungsstaates die Voraussetzungen zur Ausstellung dieser Urkunden gegeben wären. Ob der Kanzleibeamte der Corte d'Appello aufgrund der eingereichten Bürgschaft zur Ausstellung eines "certificato di prestata cauzione" verpflichtet wäre, brauchte die Vorinstanz - wie auch die Beschwerdeführerin sinngemäss anerkennt - nicht zu entscheiden.
 
Wenn die Vorinstanz dennoch Ausführungen zur Frage gemacht hat, ob die Bürgschaft der Banca Valsabbina den Anforderungen gemäss der Verfügung der Corte d'Appello vom 4. März 2009 genügt, handelt es sich dabei lediglich um eine Eventualbegründung. Nachdem sich die Hauptbegründung der Vorinstanz als bundes- bzw. völkerrechtskonform erweist, brauchen die gegen die Eventualbegründung gerichteten Rügen der Beschwerdeführerin nicht geprüft zu werden.
 
7.
 
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
 
Bei diesem Verfahrensausgang wird die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 sowie Art. 68 Abs. 2 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 10'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3.
 
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 12'000.-- zu entschädigen.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug, Justizkommission, Zivilrechtliche Kammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 6. Juli 2010
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Klett
 
Der Gerichtsschreiber: Hurni
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).