BGer 1C_343/2010 | |||
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BGer 1C_343/2010 vom 28.09.2010 | |
Bundesgericht
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Tribunal fédéral
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Tribunale federale
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{T 0/2}
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1C_343/2010
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Urteil vom 28. September 2010
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I. öffentlich-rechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Féraud, Präsident,
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Bundesrichter Aemisegger, Raselli,
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Gerichtsschreiber Dold.
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Verfahrensbeteiligte | |
X.________ AG, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gian G. Lüthi,
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gegen
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Gemeinde St. Moritz, Via Maistra 12, 7500 St. Moritz, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Otmar Bänziger.
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Gegenstand
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Vorentscheid in Bausachen,
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Beschwerde gegen das Urteil vom 4. Mai 2010
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des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden,
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5. Kammer.
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Sachverhalt:
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A.
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Die X.________ AG ersuchte mit Schreiben vom 6. November 2009 den Gemeindevorstand von St. Moritz um einen anfechtbaren Entscheid über die beabsichtigte Umnutzung des Restaurants A.________ in St. Moritz-Dorf in eine Bank. Die Einrichtung des Restaurants war im Juli 2009 durch einen Brand zerstört worden.
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Mit Vorentscheid vom 30. November 2009 erklärte der Gemeindevorstand, dass er einem Gesuch um Umnutzung nicht entsprechen würde. Bei der Erteilung der Baubewilligung für den Umbau und die Umnutzung der Hotelbetriebe B.________ und C.________ im Jahre 2004 seien der X.________ AG in einem gewissen Rahmen gewerbliche Nutzungen als Alternative zur Erstwohnungsanteilsverpflichtung zugestanden worden. Wegen der Besonderheiten des Projekts und der damals beabsichtigten Lockerung von Art. 64 des Baugesetzes vom 14. März 1999 für die Gemeinde St. Moritz (im Folgenden: BauG) habe sich dies rechtfertigen lassen. Im Baubescheid vom 2. Februar 2004 sei jedoch mittels Auflage angeordnet worden, dass eine Fläche von 406 m2 durch einen Restaurationsbetrieb zu nutzen sei. Einem Umnutzungs- bzw. Umbaugesuch könne daher nicht entsprochen werden.
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Eine gegen diesen Entscheid erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden mit Urteil vom 4. Mai 2010 ab.
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B.
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Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht vom 16. Juli 2010 beantragt die X.________ AG, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass dem Gesuch um Umwandlung des Restaurationsbetriebs in eine Bank oder um Zuführung zu einer anderen gewerblichen Nutzung zu entsprechen ist. Eventuell sei die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Die Gemeinde St. Moritz schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Verwaltungsgericht beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.
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Erwägungen:
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1.
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Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts ist ein Entscheid einer letzten kantonalen Instanz (Art. 82 lit. a i.V.m. 86 Abs. 1 lit. d BGG). Ihm liegt ein Beschwerdeverfahren über ein Baubegehren und damit eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit zu Grunde. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 82 lit. a BGG steht auf dem Gebiet des Raumplanungs- und Baurechts zur Verfügung. Das Bundesgerichtsgesetz enthält dazu keinen Ausschlussgrund. Die Bestätigung des negativen Vorentscheids durch das Verwaltungsgericht stellt einen Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG dar (Urteil 1C_263/2008 vom 25. November 2008 E. 1.2 mit Hinweisen). Die Beschwerdeführerin ist als Gesuchstellerin gestützt auf Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde legitimiert. Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt und geben zu keinen weiteren Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten.
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2.
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2.1 Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Ihrer Ansicht nach ist die Vorinstanz zu Unrecht nicht auf die Fragen eingegangen, ob ein genügendes öffentliches Interesse an der Aufrechterhaltung der Auflage zur Führung eines Restaurationsbetriebs bestehe und ob der Grundsatz der Verhältnismässigkeit gewahrt sei.
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2.2 Das rechtliche Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV verlangt, dass die Behörde die Vorbringen des vom Entscheid in seiner Rechtsstellung Betroffenen auch tatsächlich hört, prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt. Daraus folgt die Verpflichtung der Behörde, ihren Entscheid zu begründen. Dabei ist es nicht erforderlich, dass sie sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass sich der Betroffene über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (BGE 136 I 229 E. 5.2 S. 236 mit Hinweisen).
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2.3 Die Vorinstanz legte dar, gemäss Art. 81 Abs. 1 des Raumplanungsgesetzes vom 6. Dezember 2004 für den Kanton Graubünden (KRG; BR 801.100) dürften rechtmässig erstellte Bauten und Anlagen, die den geltenden Vorschriften nicht mehr entsprechen, erhalten und erneuert werden. Nach Abs. 2 dürften solche Bauten und Anlagen zudem umgebaut, massvoll erweitert oder in ihrer Nutzung geändert werden, wenn dadurch die Abweichung von den geltenden Vorschriften nicht verstärkt werde und keine überwiegenden öffentlichen oder nachbarlichen Interessen entgegenstünden. Diese Besitzstandsgarantie setze mithin voraus, dass Bauten einerseits ursprünglich materiell rechtmässig gewesen seien und andererseits durch den Erlass neuen Rechts materiell vorschriftswidrig geworden seien. Vorliegend könnte sich die Beschwerdeführerin deshalb nicht auf die Besitzstandsgarantie berufen. Eine relevante Rechtsänderung sei nicht eingetreten. Schon die Baubewilligung von 2004 sei wohl inhaltlich fehlerhaft gewesen. Damals wie heute habe Art. 64 BauG als Alternative für die Erfüllung der Erstwohnungsanteilsverpflichtung ausschliesslich die hotelmässige Nutzung vorgesehen. Die Gemeinde habe deshalb eine andere gewerbliche Nutzung nicht bewilligen dürfen. Eine Überprüfung des öffentlichen Interesses an der Auflage und von deren Verhältnismässigkeit erübrige sich deshalb.
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2.4 Mit diesen Ausführungen hat das Verwaltungsgericht seinen Entscheid hinreichend begründet. Es hat nach dem Gesagten auch dargelegt, weshalb es sich erübrige, auf die Aspekte des öffentlichen Interesses und der Verhältnismässigkeit einzugehen. Ob es dies zu Recht tat, ob also die Voraussetzungen der Bestandesgarantie tatsächlich nicht erfüllt waren, ist eine Frage der materiellen Beurteilung. Die Beschwerdeführerin beanstandet indessen die betreffende Erwägung nicht. Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs erweist sich als unbegründet.
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3.
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3.1 Die Beschwerdeführerin macht geltend, der angefochtene Entscheid verletze die Eigentumsgarantie und die Wirtschaftsfreiheit (Art. 26 und 27 BV). Die Pflicht zur Weiterführung des Restaurationsbetriebs stelle einen schwerwiegenden Eingriff in diese Freiheitsrechte dar. Daran bestehe kein öffentliches Interesse, denn im Zentrum von St. Moritz sei das Angebot an kulinarischen Betrieben aller Art genügend gross.
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3.2 Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin kann nicht davon gesprochen werden, sie werde zur Weiterführung des Restaurationsbetriebs verpflichtet. Vielmehr stellte die fragliche Auflage in der Baubewilligung vom 2. Februar 2004 eine Ermächtigung dar, anstelle der gesetzlich vorgeschriebenen anteilsmässigen Nutzung als Erstwohnungen oder Hotel einen Restaurationsbetrieb zu führen. Dass sie gemäss der kantonalrechtlichen Vorschrift zur Besitzstandsgarantie (Art. 81 KRG) einen Anspruch auf Aufrechterhaltung des rechtswidrigen Zustands habe, macht die Beschwerdeführerin nicht geltend. Unter diesen Voraussetzungen könnte nur dann eine Verletzung der Wirtschaftsfreiheit und der Eigentumsgarantie bejaht werden, wenn die kommunale Regelung der Erstwohnungsanteilsverpflichtung gegen diese Freiheitsrechte verstossen würde. Dies macht die Beschwerdeführerin indessen nicht geltend (Art. 106 Abs. 2 BGG). Ein Anspruch, die widerrechtliche Nutzung einer Liegenschaft durch eine andere widerrechtliche Nutzung zu ersetzen, ergibt sich weder aus der Eigentumsgarantie noch aus der Wirtschaftsfreiheit. Die Rüge erweist sich deshalb als unbegründet.
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4.
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Es ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat die Beschwerdeführerin die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sie hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 2 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
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2.
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Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
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3.
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Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
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4.
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Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Gemeinde St. Moritz und dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, 5. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 28. September 2010
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Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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Féraud Dold
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