BGer 2F_8/2010 | |||
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BGer 2F_8/2010 vom 25.10.2010 | |
Bundesgericht
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Tribunal fédéral
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Tribunale federale
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{T 0/2}
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2F_8/2010
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Urteil vom 25. Oktober 2010
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II. öffentlich-rechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Zünd, Präsident,
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Bundesrichter Donzallaz, Stadelmann,
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Gerichtsschreiber Feller.
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Verfahrensbeteiligte | |
1. X.________,
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2. Y.________,
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Gesuchsteller,
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beide vertreten durch Urs Vögele,
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gegen
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Steueramt des Kantons Aargau,
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Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer.
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Gegenstand
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Revisionsgesuch gegen das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts 2C_5/2010 vom 22. April 2010.
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Erwägungen:
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1.
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Bei der Veranlagung zu den Kantons- und Gemeindesteuern 2001 von X.________ und Y.________ war die Festsetzung der im Zusammenhang mit der Beschaffung von landwirtschaftlichen Ersatzgrundstücken zwecks Aufschubs der Einkommenssteuer vorgenommenen kumulierten Abschreibungen streitig. Von Bedeutung war dabei der mit dem neuen, per 1. Januar 2001 in Kraft getretenen aargauischen Steuergesetz vom 15. Januar 1998 (StG) erfolgte Systemwechsel, wonach Gewinne aus der Veräusserung von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken (Geschäftsvermögen) nun der Grundstückgewinnsteuer unterliegen und nur noch teilweise den Einkünften aus selbständiger Erwerbstätigkeit zugerechnet werden. Nach Auffassung der aargauischen Steuerbehörden werden Wertzuwachse im noch vor dem Systemwechsel entstandenen Ausmass auch weiterhin von der Einkommenssteuer erfasst; so namentlich Wertzuwachs, dessen Besteuerung im Zusammenhang mit Ersatzbeschaffungen aufgeschoben worden war; die dabei vorgenommenen Abschreibungen (Sofortabschreibungen) sind aufzurechnen und werden bei der Veräusserung der Liegenschaft als Einkommen betrachtet; nur der um diese Grösse reduzierte buchmässige Gewinn unterliegt der Grundstückgewinnsteuer. Im Falle der Beschwerdeführer setzten die Steuerbehörden diese kumulierten Abschreibungen auf Fr. 328'488.-- fest. Die Steuerpflichtigen wollten unter diesem Titel bloss einen Betrag von Fr. 9'600.-- anerkennen; sie widersetzten sich, unter Berufung auf das neue Steuergesetz und übergangsrechtliche Erwägungen, dass die bei Ersatzbeschaffungen aufgeschobenen (und abgeschriebenen) Gewinne der Einkommensbesteuerung unterliegen. Das Steuergericht und mit Urteil vom 4. November 2009 das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau schützten den Standpunkt der Steuerbehörden; die gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts erhobene Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wies das Bundesgericht mit Urteil 2C_5/2010 vom 22. April 2010 ab, soweit es darauf eintrat.
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Mit Revisionsgesuch vom 16. September 2010 beantragen X.________ und Y.________ dem Bundesgericht, sein Urteil vom 22. April 2010 in Revision zu ziehen und aufzuheben; das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 4. November 2009 sei aufzuheben; es sei festzustellen, dass die Ersatzbeschaffungen aus Wertzuwachsgewinnen, also die Übertragung "stiller Reserven" aus Wertzuwachsgewinn, keine kumulierten oder wiedereingebrachten Abschreibungen darstellten.
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2.
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2.1 Gemäss Art. 61 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG [SR 173.110]) erwachsen Entscheide des Bundesgerichts am Tag ihrer Ausfällung in Rechtskraft. Sie können mit keinem ordentlichen Rechtsmittel angefochten werden, welches auf eine Überprüfung der Rechtsanwendung (in materiell- oder verfahrensrechtlicher Hinsicht) durch das Bundesgericht abzielt. Sie sind hingegen der Revision zugänglich; Voraussetzung ist, dass einer der vom Gesetz vorgesehenen Revisionsgründe vorliegt und frist- sowie formgerecht geltend gemacht wird. Massgeblich für die Revision eines bundesgerichtlichen Urteils ist allein das Bundesgerichtsgesetz; die Bestimmungen des aargauischen Steuergesetzes, worauf sich die Gesuchsteller berufen, sind nicht anwendbar.
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2.2 Gemäss Art. 121 BGG kann die Revision eines Entscheids wegen Verletzung einzelner besonderer Verfahrensvorschriften verlangt werden, so wenn einzelne Anträge unbeurteilt geblieben sind (lit. c) oder das Gericht in den Akten liegende erhebliche Tatsachen aus Versehen nicht berücksichtigt hat (lit. d). Derartige Revisionsgründe sind beim Bundesgericht innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung des Entscheids geltend zu machen (Art. 124 Abs. 1 lit. b BGG).
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Sodann kann gemäss Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten die Revision verlangt werden, wenn die ersuchende Partei nachträglich erhebliche Tatsachen erfährt oder entscheidende Beweismittel auffindet, die sie im früheren Verfahren nicht beibringen konnte, unter Ausschluss der Tatsachen und Beweismittel, die erst nach dem Entscheid entstanden sind. Dieser Revisionsgrund ist beim Bundesgericht innert 90 Tagen nach Entdeckung der neuen Tatsachen und Beweismittel, frühestens jedoch nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung des Entscheids geltend zu machen (Art. 124 Abs. 2 lit. d BGG).
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2.3 Die Gesuchsteller machen geltend, das Bundesgericht habe im ursprünglichen Verfahren einzelne ihrer Vorbringen übersehen bzw. nicht richtig wahrgenommen und insbesondere die bekannten Gesetzesmaterialien nicht (zutreffend) beachtet bzw. gewürdigt. Damit sind sie von vornherein nicht zu hören: Abgesehen davon, dass sie insofern die rechtliche Würdigung ihrer Vorbringen im ursprünglichen Verfahren bzw. die (im Lichte der Materialien) vorgenommene Auslegung des kantonalen Rechts durch das Bundesgericht kritisieren, wozu das Revisionsverfahren nicht dient, sind damit - sinngemäss - die Revisionsgründe von Art. 121 lit. c und d BGG angesprochen. Die Frist von 30 Tagen gemäss Art. 124 Abs. 1 lit. b BGG, um gestützt auf diese Bestimmungen ein Revisionsgesuch beim Bundesgericht einzureichen, war am 16. September 2010, Datum des Revisionsgesuchs, bereits abgelaufen. Die vollständige Ausfertigung des Urteils 2C_5/ 2010 vom 22. April 2010 war dem Rechtsvertreter der Gesuchsteller am 9. August 2010 zugestellt worden; gemäss Art. 44 Abs. 1 BGG und in Berücksichtigung des Friststillstandes gemäss Art. 46 Abs.1 lit. b BGG begann die Frist am 16. August 2010 zu laufen, und sie endete am 14. September 2010.
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2.4 Die Gesuchsteller legen ein am 14. Juni 2010 erstattetes Rechtsgutachten vor, das sie im Zusammenhang mit einem weiteren bundesgerichtlichen Verfahren zur gleichen Problematik (2C_223/ 2010) in Auftrag gegeben haben. Sollte damit der Revisionsgrund von Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG angerufen werden (neue Tatsachen, neue Beweismittel), wäre die diesbezüglich geltende Frist von 90 Tagen (Art. 124 Abs. 1 lit. d BGG) eingehalten.
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Gemäss Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG kann sich die um Revision ersuchende Partei nur auf solche neuen Tatsachen und Beweismittel berufen, die sie im früheren Verfahren nicht beibringen konnte. Der Revisionsgrund von Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG dient nicht dazu, bisherige Unterlassungen wieder gutzumachen; was im ursprünglichen Verfahren bekannt war und hätte vorgebracht werden können, kann nicht erst im Revisionsverfahren erstmals vorgetragen werden (PIERRE FERRARI, in: Commentaire de la LTF, Bern 2009, N. 18 und 21, Commentaire; ELISABETH ESCHER, Basler Kommentar BGG, N. 8 zu Art. 123 BGG; YVES DONZALLAZ, Loi sur le Tribunal fédéral, Commentaire, Bern 2008, N. 4706 zu Art. 123 BGG). Nach dem klaren Gesetzeswortlaut sodann sind von vornherein unzulässig Tatsachen und Beweismittel, die erst nach dem Entscheid entstanden sind. "Neu" im Sinne des Gesetzes sind somit (konkret den Einzelfall betreffende) Tatsachen, die sich bis zum Zeitpunkt, da im Hauptverfahren noch tatsächliche Vorbringen prozessual zulässig waren, verwirklicht haben, jedoch dem Revisionsgesuchsteller trotz hinreichender Sorgfalt nicht bekannt waren; neue Beweismittel haben entweder dem Beweis der die Revision begründenden neuen erheblichen Tatsachen oder dem Beweis von Tatsachen zu dienen, die zwar im früheren Verfahren bekannt waren, aber - ohne dass sich ihm diesbezüglich ein prozessuales Versäumnis vorwerfen liesse - zum Nachteil des Gesuchstellers unbewiesen geblieben sind (Urteile 2F_4/2010 vom 16. Juli 2010 E. 2.2; 5F_9/2009 vom 2. Februar 2010 E. 3.1 und 8F_8/2009 vom 3. Dezember 2009 E. 1.2; je mit Hinweisen).
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Das von den Gesuchstellern vorgelegte Gutachten ist ein Rechtsgutachten und behandelt allein Rechtsfragen (Auslegung des kantonalen Rechts, unter Berücksichtigung der Materialien). Es ist kein Beweismittel (Urteil 5A_261/2009 vom 1. September 2009 E. 1.3) und daher nicht geeignet, Korrekturen am dem ursprünglichen Rechtsstreit zugrundeliegenden Sachverhalt zu bewirken. Die Gesuchsteller wollen vielmehr das Bundesgericht anhand dieses Gutachtens zu einer Änderung der im ursprünglichen Verfahren gehandhabten Rechtsanwendung anhalten, wozu das Revisionsverfahren, wie schon ausgeführt (E. 2.3), nicht dient.
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2.5 Soweit auf das Revisionsgesuch eingetreten werden kann, ist es offensichtlich unbegründet und ohne Durchführung eines Schriftenwechsels (vgl. Art. 127 BGG) abzuweisen.
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2.6 Die Gerichtskosten (Art. 65 BGG) sind entsprechend dem Verfahrensausgang den Gesuchstellern zu gleichen Teilen unter solidarischer Haftung aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Das Revisionsgesuch wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2.
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Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden den Gesuchstellern je zur Hälfte unter solidarischer Haftung auferlegt.
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3.
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Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 25. Oktober 2010
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Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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Zünd Feller
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