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Informationen zum Dokument  BGer 4A_401/2010  Materielle Begründung
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BGer 4A_401/2010 vom 01.11.2010
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
4A_401/2010
 
Urteil vom 1. November 2010
 
I. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
 
Bundesrichterinnen Rottenberg Liatowitsch, Kiss,
 
Gerichtsschreiber Luczak.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
1. A.________,
 
2. B.________,
 
beide vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Hess,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
X.________ AG,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Martin Buchli,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Kostenvorschuss,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bezirksgerichtsausschusses Imboden vom 4. Mai 2010.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
A.________ und B.________ (Beschwerdeführer) liessen im Jahre 2005 ein Einfamilienhaus in Hanglage erstellen. Die Baumeisterarbeiten (Betonarbeiten inklusive Abdichtungen) übernahm die X.________ AG (Beschwerdegegnerin), welche für die Ausführung der Abdichtungsarbeiten eine Unterakkordantin hinzuzog. Nach Bezug des Hauses traten im Frühjahr 2006 Feuchtigkeitsschäden auf. Nach von der Beschwerdegegnerin durchgeführten Sanierungsarbeiten, welche keinen Erfolg zeigten, wies diese jegliche Verantwortung für die aufgetretenen Wasserschäden von sich, zumal diese die Ostfassade beträfen, während die von ihr erstellte Nordfassade mittlerweile dicht sei. In der Folge gab die Bauherrschaft ein Gutachten in Auftrag, welches zwei Sanierungsvarianten aufzeigte und deren Kosten mit Fr. 205'000.-- und mit Fr. 116'000.-- bezifferte. Die Verantwortung für die Mängel lag gemäss Gutachten zu 56 % bei der Planung und Bauleitung und zu 44 % beim Baumeister. Nachdem die Beschwerdegegnerin das Ergebnis des Gutachtens nicht akzeptiert hatte, gelangten die Beschwerdeführer nach erfolgloser Schlichtungsverhandlung an das Bezirksgericht Imboden und beantragten, die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, 44 % der Sanierungskosten von insgesamt Fr. 205'000.-- als Kostenvorschuss zu bezahlen, unter Vorbehalt des Nachklagerechts.
 
B.
 
Mit Verfügung vom 23. März 2009 erliess der Bezirksgerichtspräsident eine Beweisverfügung, worin er die Einholung einer von den Beschwerdeführern anbegehrten Expertise ablehnte. Die dagegen erhobene Beschwerde hiess der Bezirksgerichtsausschuss Imboden mit Beiurteil vom 1. September 2009 gut. Er wies seine Vorinstanz an, eine gerichtliche Expertise betreffend Ursache, Verschuldensanteile, Mängelbeseitigungskosten und Kostenvorschusshöhe einzuholen. Nachdem die Parteien ihre Fragen eingereicht und Experten vorgeschlagen hatten, betraute der Bezirksgerichtspräsident in seiner Verfügung vom 22. Januar 2010 vier Gutachter mit der Beantwortung der aufgeworfenen Fragen und auferlegte beiden Parteien, einen Kostenvorschuss von je Fr. 200'000.-- zu leisten.
 
C.
 
Gegen diese Verfügung erhoben die Beschwerdeführer wiederum Beschwerde an den Bezirksgerichtsausschuss. Sie beantragten im Wesentlichen, die Verfügung aufzuheben, soweit darin ein Kostenvorschuss von Fr. 200'000.-- verfügt werde. Es seien nur zwei der vier Gutachter mit dem Gutachten zu betrauen, von diesen Kostenvoranschläge einzuholen und der Vorschuss für die Expertise neu zu verfügen. Der Bezirksgerichtsausschuss wies die Beschwerde mit Urteil vom 4. Mai 2010 ab. Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragen die Beschwerdeführer, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und das Bezirksgericht anzuweisen, die reinen Expertenkosten von den Kosten der baulichen Massnahmen zu trennen, nur zwei Personen (einen Ingenieur und einen Geologen) mit der Expertise zu beauftragen, die reinen Expertenkosten von ca. Fr. 20'000.-- gestützt auf die Kostenvoranschläge der Experten festzulegen und die Beschwerdeführer zu verpflichten, eine Vertröstung für die reinen Expertisekosten (ohne jegliche Baukosten) zu leisten. Die Beschwerdegegnerin hält den Kostenvorschuss angesichts des Streitwerts zwar für unverhältnismässig, ist aber der Auffassung, die Beschwerdeführer selbst hätten den überhöhten Kostenvorschuss durch ihr Prozessverhalten verursacht. Das Bezirksgericht hat auf Vernehmlassung verzichtet.
 
Erwägungen:
 
1.
 
Beim angefochtenen Urteil handelt es sich um einen Zwischenentscheid des Bezirksgerichtsausschusses Imboden, der weder die Zuständigkeit noch den Ausstand betrifft (Art. 92 BGG). Dieser kann nur Anfechtungsobjekt bilden, wenn er kantonal letztinstanzlich im Sinne von Art. 75 Abs. 1 BGG ist und einen nicht nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG), wobei der mögliche Nachteil nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes rechtlicher Natur sein muss, also auch durch einen für den Beschwerdeführer günstigen Endentscheid des Bundesgerichts nicht mehr behoben werden könnte (BGE 134 III 188 E. 2.1 S. 190; 133 III 629 E. 2.3 S. 632 mit Hinweisen). Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, braucht nicht näher abgeklärt zu werden. Die Beschwerde erweist sich mangels hinreichender Begründung ohnehin als unzulässig, da die Beschwerdeführer zwischen der Pflicht, die Kosten für die Anordnung der beantragten Beweismittel auszulegen, und der Pflicht des für einen Mangel Verantwortlichen, die Kosten der Mängelbeseitigung im Rahmen der Ersatzvornahme vorzuschiessen, nicht hinreichend unterscheiden. Ihre Argumentation geht damit einerseits über weite Strecken an der Sache vorbei, genügt aber auch insgesamt den Begründungsanforderungen an eine Beschwerde in Zivilsachen nicht.
 
1.1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Feststellung des Sachverhaltes kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 135 III 127 E. 1.5 S. 130, 397 E. 1.5 S. 401; 133 II 249 E. 1.2.2 S. 252). Der Beschwerdeführer, der die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz anfechten will, kann sich nicht damit begnügen, den bestrittenen Feststellungen eigene tatsächliche Behauptungen gegenüberzustellen oder darzulegen, wie die Beweise seiner Ansicht nach zu würdigen gewesen wären. Vielmehr hat er klar und substantiiert aufzuzeigen, inwiefern die gerügten Feststellungen bzw. die Unterlassung von Feststellungen offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen. Auf eine Kritik an den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, die diesen Anforderungen nicht genügt, ist nicht einzutreten (BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 254 f.; 133 III 462 E. 2.4 S. 466 f.).
 
1.2 Die Beschwerdeführer berufen sich auf BGE 128 III 416 und versuchen gestützt darauf, eine Vorschusspflicht der Beschwerdegegnerin für die Sanierungskosten abzuleiten. Im zitierten Entscheid stand indessen die Pflicht der vorschusspflichtigen Partei, den Mangel zu beheben, fest. Das Expertengutachten, für welches die Parteien je Fr. 200'000.-- vorschiessen sollen, ist aber gemäss dem angefochtenen Entscheid gerade notwendig, um festzustellen, ob überhaupt ein Mangel des von der Beschwerdegegnerin erstellten Werks gegeben ist. Die Beschwerdeführer sind zwar der Auffassung, das von ihnen in Auftrag gegebene Gutachten bilde für das Gericht eine genügende Grundlage, um einen Kostenvorschuss auf Ersatzvornahme gegenüber der beklagten Baufirma zu verfügen. Sie zeigen aber nicht rechtsgenüglich auf, inwiefern es offensichtlich unhaltbar sein soll, das von den Beschwerdeführern in Auftrag gegebene Gutachten für sich allein nicht als Beweis genügen zu lassen. Damit gehen ihre Vorbringen zu BGE 128 III 416 an der Sache vorbei, so dass nicht darauf einzutreten ist. Zudem geht es im angefochtenen Urteil nicht um den eingeklagten Vorschuss für die Ersatzvornahme, sondern allein für die Kosten des beantragten Gutachtens.
 
1.3 Sodann monieren die Beschwerdeführer, der Bezirksgerichtsausschuss begebe sich in Widerspruch zu seinem Beiurteil vom 1. September 2009 bezüglich der ersten Beweisverfügung. Es fehlt aber jeglicher Hinweis darauf, woraus sich die Bindung der Vorinstanz an ihren ersten Beschluss ergeben sollte, und auch der behauptete Widerspruch wird nicht rechtsgenüglich aufgezeigt.
 
1.3.1 Die Beschwerdeführer behaupten, der Bezirksgerichtsausschuss habe im Beiurteil vom 1. September 2009 darauf hingewiesen, dass die Beweislast für die Mangelfreiheit bei der Unternehmerin liege und deshalb der Kostenvorschuss für die Ersatzvornahme verfügt werden könne. Mit dem angefochtenen Entscheid auferlege der Bezirksgerichtsausschuss heute den Beweis und das Risiko zu Unrecht wieder der Bauherrschaft.
 
1.3.2 Im Beiurteil vom 1. September 2009 hielt die Vorinstanz fest, sofern, wie im zu beurteilenden Fall, streitig sei, ob der Unternehmer ein mängelbehaftetes Werk abgeliefert und für die Mängel einzustehen habe, könne der Besteller seinen Anspruch auf Bevorschussung der Ersatzvornahme nicht sogleich durchsetzen, sondern es müsse zunächst geklärt werden, ob ein rechtserheblicher Mangel vorliege. Die Beschwerdeführer als Besteller hätten unter anderem den Baumangel als Abweichung vom Geschuldeten nachzuweisen, konkret den Wassereintritt an der Innenseite der Nordfassade im Erdgeschoss. Für eben diesen Nachweis seien die Beschwerdeführer auf die Expertise angewiesen, da die Beschwerdegegnerin geltend mache, die Nordfassade sei nach den durchgeführten Sanierungsmassnahmen an der Probewässerung trocken geblieben. Aber auch die Beschwerdegegnerin benötige das Gutachten, da sie sowohl die Beweislast für die fehlende Verantwortung bezüglich der aufgetretenen Mängel als auch jene für ein nach der massgebenden SIA-Norm den Mangel ausschliessendes Selbstverschulden der Bauherrschaft trage.
 
1.3.3 Dasselbe führt die Vorinstanz im Wesentlichen im angefochtenen Entscheid aus. Worin der Widerspruch liegen soll, ist nicht nachvollziehbar.
 
1.4 Wer für allfällige Mängel aufzukommen hat und ob ein Anspruch auf Bevorschussung der Ersatzvornahme besteht, bestimmt sich nach Bundesrecht (vgl. BGE 128 III 416). Dagegen regelt das kantonale Prozessrecht, wer die Kosten für die Abnahme der notwendigen Beweismittel vorzuschiessen hat.
 
Die Beschwerdeführer machen geltend, die Kosten für die Gutachten seien von den Baukosten zu trennen. In der Tat sind die Kosten für die Abnahme von Beweismitteln von den Kosten für die Mängelbeseitigung zu unterscheiden. Die Beschwerdeführer setzen sich aber nicht hinreichend mit der Begründung der Vorinstanz auseinander, wonach die Durchführung der Expertise die baulichen Massnahmen bedingt, welche der von den Parteien einverlangte Vorschuss decken soll. Dass die Kosten auch bei der Mangelbeseitigung anfallen, ist unerheblich. Die Beschwerdeführer zeigen auch nicht hinreichend auf, inwiefern es Recht verletzen soll, wenn von den Parteien im Prozess verlangt wird, die Kosten für die Beweismittel beziehungsweise für die Abnahme derselben vorzuschiessen, oder dass die Annahme, der Kostenvorschuss entspräche etwa den zu erwartenden Kosten, offensichtlich unhaltbar wäre. Auch diesbezüglich kann mangels hinreichender Begründung nicht auf die Beschwerde eingetreten werden.
 
1.5 Soweit sich die Beschwerdeführer darauf berufen, es fehle ihnen das nötige Geld, um den Kostenvorschuss zu leisten, gehen ihre Vorbringen an der Sache vorbei. Fehlen einer Partei die für die Prozessführung notwendigen Mittel, kann sie in einem für sie nicht aussichtslosen Prozess die unentgeltliche Rechtspflege verlangen (Art. 29 Abs. 3 BV), weshalb die Anspruchsdurchsetzung nicht am fehlenden Vermögen scheitert. Dass die Beschwerdeführer einen entsprechenden Antrag gestellt hätten, machen sie aber nicht geltend und geht aus dem angefochtenen Entscheid nicht hervor, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt nicht auf die Beschwerde eingetreten werden kann.
 
1.6 Schliesslich verlangen die Beschwerdeführer, die Anzahl der Experten sei zu reduzieren. Sie zeigen aber nicht hinreichend auf, dass es offensichtlich unhaltbar ist, davon auszugehen, zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen sei das Fachwissen sämtlicher in der Verfügung vom 22. Januar 2010 aufgeführten Experten notwendig.
 
2.
 
Insgesamt erheben die Beschwerdeführer keine zulässige, hinreichend begründete Rüge. Auf die Beschwerde ist daher insgesamt nicht einzutreten unabhängig davon, ob sie mit Blick auf das Anfechtungsobjekt überhaupt zulässig ist. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend werden die Beschwerdeführer kosten- und entschädigungspflichtig.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden unter solidarischer Haftbarkeit den Beschwerdeführern auferlegt.
 
3.
 
Die Beschwerdeführer haben die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren unter solidarischer Haftbarkeit mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bezirksgerichtsausschuss Imboden schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 1. November 2010
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:
 
Klett Luczak
 
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