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Informationen zum Dokument  BGer 8C_204/2010  Materielle Begründung
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BGer 8C_204/2010 vom 03.12.2010
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
8C_204/2010
 
Urteil vom 3. Dezember 2010
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
 
Bundesrichter Frésard, Maillard,
 
Gerichtsschreiber Grunder.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
L.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Fredy Fässler,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
"Zürich" Versicherungs-Gesellschaft AG,
 
Postfach, 8085 Zürich,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang),
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts von Appenzell Ausserrhoden
 
vom 16. September 2009.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Mit Urteil 8C_260/2008 vom 29. September 2008 hielt das Bundesgericht in Bestätigung des Entscheids des Verwaltungsgerichts von Appenzell Ausserrhoden vom 24. Oktober 2007 fest, dass L.________ (Jg. 1961) über den 1. Dezember 2005 hinaus mangels adäquaten Kausalzusammenhangs keinen Anspruch auf Heilbehandlung aus der obligatorischen Unfallversicherung für die Folgen des Unfalls vom 13. Januar 2003 mehr hatte. Mit Verfügung vom 6. Februar 2009 stellte die "Zürich" Versicherungs-Gesellschaft (im Folgenden: Zürich) die Taggeldleistungen rückwirkend ab 28. März 2003 ein und verneinte einen Anspruch auf Invalidenrente. Daran hielt sie auf Einsprache hin fest (Einspracheentscheid vom 3. März 2009).
 
B.
 
Die hiegegen eingereichte Beschwerde, mit welcher L.________ beantragen liess, es seien ihm ab 1. Dezember 2005 Taggeldleistungen, allenfalls eine Rente der obligatorischen Unfallversicherung auszurichten, wies das Verwaltungsgericht von Appenzell Ausserrhoden ab (Entscheid vom 16. September 2009).
 
C.
 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt L.________ das Rechtsbegehren stellen, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei "die Angelegenheit an die Verwaltung, evtl. die Vorinstanz zur Vornahme einer Entscheidung unter Beachtung der jeweils eingereichten Rechtsmittel zurückzuweisen."
 
Die Zürich beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, respektive es sei darauf nicht einzutreten. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung.
 
Erwägungen:
 
1.
 
1.1 Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 134 V 250 E. 1.2 S. 252 mit Hinweisen). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).
 
1.2 Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).
 
2.
 
Streitig und zu prüfen ist, ob die geltend gemachten psychischen Beeinträchtigungen, die gemäss Verfügung der IV-Stelle Appenzell Ausserrhoden vom 18. Mai 2007 ab Juni 2004 zu einer vollständigen Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit führten, weswegen eine ganze Rente der Invalidenversicherung zuzusprechen war, adäquat kausale Folgen des Unfalls vom 13. Januar 2003 sind und daher auch nach dem 27. März 2003 von der Zürich allenfalls Taggeldleistungen zu erbringen waren. Die Vorinstanz erwog, dass es nach der Rechtsprechung zur Adäquanzbeurteilung nicht zulässig sei, einen je nach der konkret zur Diskussion stehenden Leistung (Heilbehandlung; Taggeld; Invalidenrente; Integritätsentschädigung) unterschiedlichen Massstab anzulegen (vgl. BGE 127 V 102) und wies die kantonale Beschwerde unter Verweis auf das Urteil 8C_260/2008 des Bundesgerichts vom 29. September 2008 ab. Damit übersah sie, dass das Bundesgericht im zitierten Urteil den Sachverhalt nur unter dem eingeschränkten Blickwinkel nach Art. 97 Abs. 1 BGG überprüfen durfte, weil nicht über Geldleistungen der obligatorischen Unfallversicherung, sondern allein über eine Sachleistung (Heilbehandlung) zu befinden war (vgl. E. 1.2 hievor). Insofern verletzte sie, wie der Beschwerdeführer zu Recht geltend macht, den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV). Sie verfügte über volle Kognition (vgl. E. 1.2 hievor) und hätte daher die Sachverhaltsrügen prüfen müssen (vgl. Art. 61 lit. c ATSG).
 
3.
 
Von der beantragten Rückweisung der Sache ist, wie sich aus dem Folgenden ergibt, dennoch abzusehen.
 
3.1 Der als Koch (Souschef) in einem Hotel berufstätig gewesene Beschwerdeführer wurde am 13. Januar 2003 am Arbeitsplatz von einem Küchengehilfen während ungefähr zehn Minuten wiederholt mit zum Teil gefährlichen Gegenständen (Kochkelle, Schraubenzieher, Hackmesser) attackiert und erlitt dabei eine kleine Rissquetschwunde an der Stirn sowie Prellungen im Bereich des rechten und linken Oberarms sowie der Schulter (vgl. Sachverhalt lit. A des erwähnten Urteils 8C_260/2008). Trotz der (geringfügigen) körperlichen Verletzungen stellt dieser Sachverhalt unbestritten ein Schreckereignis dar, weshalb praxisgemäss der Kausalzusammenhang nach der allgemeinen Adäquanzformel (gewöhnlicher Lauf der Dinge und allgemeine Lebenserfahrung) zu beurteilen ist (BGE 129 V 177; Urteil U 390/04 vom 14. April 2005 E. 1.2).
 
3.2 Der Beschwerdeführer bringt vor, bislang sei in unzutreffender Weise angenommen worden, dem Übergriff sei ein Disput vorangegangen, was den Zwischenfall als weniger heftig erscheinen lasse, als er tatsächlich gewesen sei. Auch das heftige Zustechen mit dem Schraubenzieher (der kraftvollste Stich sei nur dank des sich in der Brusttasche befindlichen Teigspachtels abgebremst worden) sei unberücksichtigt geblieben. Er habe in dieser Phase des Übergriffs um sein Leben gefürchtet (der Täter sei auf ihm gekniet), zumal er nicht habe erkennen können, ob es sich beim benutzten Werkzeug um einen Schraubenzieher oder ein Küchenmesser gehandelt habe. Weiter seien Angriffe mit Grillschaufel, Rüstmesser und das Werfen eines über 10 kg schweren Hackstocks sowie das Schwingen eines grossen Hackmessers mit 60 cm langer Klinge unbeachtet gelassen, bzw. ausgeblendet oder verharmlost worden.
 
3.3 Selbst wenn von dieser Sachverhaltsschilderung ausgegangen wird, sind die Anforderungen, die von der Rechtsprechung bei Schreckereignissen hinsichtlich der Beurteilung des adäquaten Kausalzusammenhangs verlangt werden, hier klar nicht erfüllt. Die zwar nicht zu bagatellisierende Situation, in der sich der Beschwerdeführer befand, ist nicht annähernd vergleichbar mit jenen Fällen, in welchen das Bundesgericht die Adäquanz bejahte. Dies zeigt gerade das in der letztinstanzlichen Beschwerde zitierte Urteil U 9/00 vom 28. August 2001 (publ. in: RKUV 2001 U 440 S. 350). Nach dessen E. 6c griff der Sohn des Partners der Versicherten diese an, warf sie zu Boden und versuchte sie zu erwürgen; zudem schlug er mehrere Male ihren Kopf auf den Boden und versetzte ihr Kniestösse in Rücken und Nieren. Dieser beeindruckenden Aggression kam eine besondere Intensität zu, weil der Angriff brutal und unvorhergesehen erfolgte und der Angreifer zum Bekanntenkreis der Versicherten gehörte. In der vorliegenden Angelegenheit ist entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht ersichtlich, dass der Küchengehilfe ihn in eine lebensbedrohliche Lage brachte oder bringen wollte, zumal die Attacken während eines längeren Zeitraums von zehn Minuten erfolgten und er sich diesen zu entziehen vermochte oder hätte entziehen können. Es ist daher nicht von Bedeutung, ob den Angriffen ein verbaler Disput vorausging. Aus diesen Gründen ist der angefochtene Entscheid im Ergebnis zu bestätigen.
 
3.4 Unter diesen Umständen ist auf den Nichteintretensantrag der Zürich nicht näher einzugehen.
 
4.
 
Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer als unterliegender Partei aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 750.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht von Appenzell Ausserrhoden und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 3. Dezember 2010
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
Ursprung Grunder
 
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