BGer 8C_794/2010 | |||
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BGer 8C_794/2010 vom 09.12.2010 | |
Bundesgericht
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Tribunal fédéral
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Tribunale federale
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{T 0/2}
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8C_794/2010
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Urteil vom 9. Dezember 2010
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I. sozialrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Ursprung, Präsident,
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Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Niquille,
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Gerichtsschreiber Holzer.
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Verfahrensbeteiligte | |
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
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Beschwerdeführerin,
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gegen
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Z.__________,
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vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Stephan Zimmerli,
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Beschwerdegegner.
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Gegenstand
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Unfallversicherung (Integritätsentschädigung),
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Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 11. August 2010.
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Sachverhalt:
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A.
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Der 1966 geborene Z.__________ war als Schreiner der Firma M.________ bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen die Folgen von Unfällen versichert, als er am 11. Januar 1992 in Deutschland einen Autounfall erlitt. Die SUVA anerkannte ihre Leistungspflicht für die Folgen dieses Ereignisses; mit unangefochten gebliebener Verfügung vom 29. Dezember 1995 sprach sie dem Versicherten ab 1. Oktober 1995 eine Invaliditätsrente bei einem Invaliditätsgrad von 15 % und eine Integritätsentschädigung aufgrund einer Integritätseinbusse von 7,5 % zu.
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Nachdem die SUVA eine revisionsweise Erhöhung der Rente mehrmals abgelehnt hatte, ging die Anstalt ab 1. Juni 2004 neu von einem Invaliditätsgrad von 28 % und einer Integritätseinbusse von (gesamthaft) 15 % aus und erhöhte ihre Leistungen mit Verfügung vom 14. Mai 2004 und Einspracheentscheid vom 1. September 2004 entsprechend. Dieser Einspracheentscheid wurde letztinstanzlich vom Eidg. Versicherungsgericht (EVG) mit Urteil U 256/06 vom 24. Oktober 2006 aufgehoben und die SUVA wurde zu weiteren Abklärungen verpflichtet. Aufgrund der Resultate dieser Abklärungen sprach die SUVA dem Versicherten mit Verfügung vom 17. April 2008 und Einspracheentscheid vom 25. Juli 2008 ab 1. Juni 2004 eine Rente aufgrund eines Invaliditätsgrades von 28 % und eine Integritätsentschädigung aufgrund einer Integritätseinbusse von (gesamthaft) 27,5 % zu.
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B.
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Auf Beschwerde des Z.__________ hin holte das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern bei den Dres. med. H.________ und B.________ ein Gerichtsgutachten ein (Gutachten vom 19. November 2009). Daraufhin sprach das kantonale Gericht dem Versicherten mit Entscheid vom 11. August 2010 eine Integritätsentschädigung von (gesamthaft) 50 % zu; betreffend der Höhe der Invalidenrente wies es die Beschwerde des Versicherten ab.
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C.
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Mit Beschwerde beantragt die SUVA, der kantonale Entscheid sei insoweit aufzuheben, als damit eine Integritätsentschädigung von über 40 % zugesprochen wird.
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Während das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung verzichtet, beantragt Z.__________ die Abweisung der Beschwerde, soweit auf sie einzutreten sei. Gleichzeitig stellt er ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren.
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Erwägungen:
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1.
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1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 132 II 257 E. 2.5 S. 262; 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).
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1.2 Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).
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2.
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Es ist unbestritten, dass die mit Verfügung vom 29. Dezember 1995 zugesprochene Integritätsentschädigung aufgrund einer Integritätseinbusse von 7,5 % zu erhöhen ist. Streitig und zu prüfen ist einzig, ob nunmehr von einer Integritätseinbusse von gesamthaft 40 %, oder von 50 % auszugehen ist. Nicht angefochten und in Rechtskraft erwachsen ist demgegenüber die Erhöhung der Invalidenrente per 1. Juni 2004.
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3.
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3.1 Erleidet der Versicherte durch den Unfall eine dauernde erhebliche Schädigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Integrität, so hat er nach Art. 24 Abs. 1 UVG Anspruch auf eine angemessene Integritätsentschädigung. Die Integritätsentschädigung wird in Form einer Kapitalleistung gewährt. Sie darf gemäss Art. 25 Abs. 1 UVG den am Unfalltag geltenden Höchstbetrag des versicherten Jahresverdienstes nicht übersteigen und wird entsprechend der Schwere des Integritätsschadens abgestuft. Fallen mehrere körperliche, geistige oder psychische Integritätsschäden aus einem oder mehreren Unfällen zusammen, so wird in Anwendung von Art. 36 Abs. 3 UVV in Verbindung mit Art. 25 Abs. 2 UVG die Integritätsentschädigung nach der gesamten Beeinträchtigung festgesetzt.
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3.2 Die Dres. med. H.________ und B.________ äusserten sich in ihrem Gerichtsgutachten vom 19. November 2009 wie folgt zur Integritätseinbusse des Versicherten:
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"Einzeln betrachtet besteht eine schwere Femoropatellararthrose sowie eine mässige Femorotibialarthrose, was einem 30%-igen Integritätsschaden entspricht. Zusätzlich besteht aufgrund der oberen Sprunggelenksarthrose, welche als eher schwer einzustufen ist, ein Integritätsschaden von 20 %.
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Zusammen ergibt dies einen Integritätsschaden von 40 %."
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Das kantonale Gericht hat unter Hinweis auf die höchstrichterliche Praxis (BGE 116 V 156 E. 3b S. 157; SVR 2008 UV Nr. 10 S. 32, U 109/06 E. 6) erwogen, verschiedene, klar unterscheidbare und sich gegenseitig nicht beeinflussende Integritätsschäden seien grundsätzlich zu addieren. Es sprach daher dem Versicherten aufgrund der zitierten Einschätzung der Gutachter eine Integritätsentschädigung in der Höhe von 50 % zu.
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3.3 Entgegen den Vorbringen der Beschwerdeführerin verstösst die von der Vorinstanz angewendete Praxis nicht gegen Art. 36 Abs. 3 Satz 1 UVV. In dieser Bestimmung wird lediglich ausgeführt, dass die Integritätsentschädigung nach der gesamten Beeinträchtigung festgesetzt wird, nicht aber, wie diese gesamte Beeinträchtigung zu ermitteln ist. Auch die von der SUVA zitierte Literatur stellt keinen Grund dar, auf die langjährige Praxis zurückzukommen: So hält MAURER (Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, 2. Aufl. 1989 S. 417) fest, mehrere Schäden seien grundsätzlich zu addieren. Wenn er auf S. 418 als Beispiel, bei dem von diesem Grundsatz abzuweichen sei, den Verlust beider Augen nennt, der höher zu entschädigen sei als die Summe des Verlustes von zweimal einem Auge, so bespricht er damit gerade einen Fall, in dem sich die beiden Integritätsschäden gegenseitig beeinflussen. Auch FREI (Die Integritätsentschädigung nach Art. 24 und 25 des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung, Diss. Fribourg 1998, S. 45) spricht sich ausdrücklich dafür aus, bei zwei voneinander völlig unabhängigen Schäden ohne gegenseitigen Einfluss die Einzelwerte zu addieren.
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3.4 In der Beschwerde wird nicht dargetan, dass und wie sich die beiden vom Versicherten erlittenen Integritätsschäden im rechten Knie und im linken Sprunggelenk beeinflussen würden. Eine solche Beeinflussung lässt sich auch weder aus dem Gerichtsgutachten der Dres. med. H.________ und B.________, vom 19. November 2009 noch aus der ergänzenden Stellungnahme des Dr. med. H.________ vom 14. April 2010 entnehmen. Somit ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz die Einzelwerte, wie sie von den Gerichtsgutachtern festgelegt wurden, addierte und dem Versicherten eine Integritätsentschädigung aufgrund einer Integritätseinbusse von 50 % zusprach. Die Beschwerde der SUVA ist dementsprechend abzuweisen.
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4.
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Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Als unterliegende Partei hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG; BGE 133 V 642 E. 5). Sie hat dem Beschwerdegegner überdies eine Parteientschädigung zu entrichten (Art. 68 Abs. 1 BGG). Damit wird sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2.
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Die Gerichtskosten von Fr. 750.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
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3.
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Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'500.- zu entschädigen.
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4.
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Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
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Luzern, 9. Dezember 2010
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Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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Ursprung Holzer
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