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Informationen zum Dokument  BGer 6B_987/2010  Materielle Begründung
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BGer 6B_987/2010 vom 30.12.2010
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
6B_987/2010
 
Urteil vom 30. Dezember 2010
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Wiprächtiger, als Einzelrichter,
 
Gerichtsschreiber Keller.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
1. Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Schützengasse 1, 9001 St. Gallen,
 
2. Y.________,
 
3. Z.________,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Nichteröffnung einer Strafuntersuchung,
 
Beschwerde gegen das Urteil der Anklagekammer des Kantons St. Gallen vom 19. Oktober 2010.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
A.a Am 16. August 2010 ereignete sich um 18.00 Uhr auf dem Gelände einer Tankstelle in Riethüsli, Stadt St. Gallen, eine leichte Kollision zwischen zwei Personenwagen. X.________ war als Lenker eines der beiden Fahrzeuge daran beteiligt. Da die Unfallbeteiligten sich nicht selber gütlich einigen konnten, telefonierte X.________ der Stadtpolizei St. Gallen, um den Vorfall zu melden. Die beiden Polizeibeamten, Y.________ und Z.________, trafen ihn, wie von diesem bezeichnet, an einer nahegelegenen Bushaltestelle an. X.________ wartete dort auf einen Bus in die Stadt St. Gallen. Den Aufforderungen der Beamten, an die Unfallstelle mitzukommen, kam er nicht nach, worauf sie ihm Handschellen anlegten und mit ihm zum Unfallplatz zurückfuhren. Weil er sich dort weiterhin renitent verhielt, wurde er auf den Polizeiposten überführt und zu Protokoll befragt.
 
A.b X.________ reichte im Zusammenhang mit dem erwähnten Vorfall eine Strafanzeige gegen die Stadtpolizei ein. Die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen übermittelte die Strafanzeige sowie die Akten des Vorfalls der Anklagekammer des Kantons St. Gallen. Diese erachtete mit Entscheid vom 19. Oktober 2010 die Voraussetzungen für die Eröffnung einer Strafuntersuchung gegen die Polizeibeamten als nicht erfüllt.
 
B.
 
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht. Er beantragt sinngemäss, den vorinstanzlichen Entscheid aufzuheben.
 
C.
 
Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt.
 
Erwägungen:
 
1.
 
1.1 Gemäss Art. 81 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde in Strafsachen berechtigt, wer a) vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat; und b) ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat. Die Liste gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG ist, wie sich aus dem Wort "insbesondere" ergibt, als nicht abschliessend zu verstehen (BGE 136 IV 29 E. 1.2).
 
1.2 Nach Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 6 BGG kommt der Person, die den Strafantrag stellt, soweit es um das Strafantragsrecht als solches geht, ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids zu. Dies ist etwa der Fall, wenn ein Beschwerdeführer geltend macht, er habe seinen Strafantrag entgegen der vorinstanzlichen Auffassung innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist von drei Monaten seit Kenntnis der Tat und des Täters eingereicht (so im Urteil 6B_559/2009 vom 3. November 2009 E. 1.2).
 
Der Beschwerdeführer macht bezüglich seiner Beschwerdelegitimation keine Angaben. Seine Beschwerde gegen den angefochtenen Entscheid begründet er mit der einseitigen Beweismittelsicherung, der Interpretation der Aussagen zu seinen Ungunsten, der Parteilichkeit zugunsten der Polizei, ferner wegen unbegründeter selektiver Zeugenauswahl und Nichtberücksichtigung wichtiger Zeugenaussagen sowie wegen der Art der Zeugenbefragung (Beschwerde, S. 1). Die Beschwerde hat somit offensichtlich nicht das Strafantragsrecht als solches zum Gegenstand, weshalb der Beschwerdeführer nicht gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 6 BGG zur Beschwerde in Strafsachen legitimiert ist.
 
1.3 Ein Beschwerderecht steht auch dem Opfer zu, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung seiner Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Opfer ist jede Person, die durch eine Straftat in ihrer körperlichen, sexuellen oder psychischen Integrität unmittelbar beeinträchtigt worden ist (Art. 2 Abs. 1 OHG).
 
Der Beschwerdeführer führt zu Beginn seiner Beschwerdeschrift unter dem Titel "Dispositiv" an, es seien bei ihm nach dem Vorfall in der Notfallaufnahme des Spitals St. Gallen erhebliche Verletzungen festgestellt und dokumentiert worden. Zudem seien am Folgetag schwerwiegende Komplikationen aufgetreten, die eine dreiwöchige Arbeitsunfähigkeit zur Folge gehabt hätten. Er belegt diese Behauptungen nicht. In den vorinstanzlichen Akten findet sich allerdings ein Arztbericht vom 17. August 2010, wonach der Beschwerdeführer durch den Polizeikontakt ein Hämatom am Handrücken links erlitten habe. Die übrigen Befunde werden hingegen auf den am 12. August 2010 mit einem Kickboard erfolgten Sturz zurückgeführt (act. 1a Nr. 3 der Vorakten).
 
1.4 Für die Opferstellung nach Opferhilfegesetz muss die Beeinträchtigung der körperlichen, sexuellen oder psychischen Integrität durch eine Straftat von einem gewissen Gewicht sein. Bagatelldelikte wie etwa Tätlichkeiten, die nur unerhebliche Beeinträchtigungen bewirken, sind vom Anwendungsbereich des Opferhilfegesetzes grundsätzlich ausgenommen. Entscheidend für die Opferstellung ist allerdings nicht die Schwere einer allfälligen Straftat, sondern der Grad der Betroffenheit der geschädigten Person. So kann etwa eine Tätlichkeit die Opferstellung begründen, wenn sie zu einer nicht unerheblichen psychischen Beeinträchtigung führt (zum Ganzen BGE 125 II 265 E. 2a/aa und 2e/bb je mit Hinweisen; so auch DOMINIK ZEHNTNER, in: Peter Gomm/Dominik Zehntner, Kommentar zum Opferhilfegesetz, 3. Aufl. 2009, Art. 1 N 38). Entscheidend ist, dass die Beeinträchtigung der Integrität des Geschädigten das legitime Bedürfnis begründet, die Hilfsangebote und die Schutzrechte des Opferhilfegesetzes - ganz oder zumindest teilweise - in Anspruch zu nehmen (BGE 125 II 265 E. 2a/aa in fine; ZEHNTNER, a.a.O.).
 
1.5 Die Verletzungen des Beschwerdeführers aufgrund des Vorfalls vom 16. August 2010 sind als leicht einzustufen. Sie erreichen nicht ein Mass, das nach Hilfsangeboten und Schutzrechten des Opferhilfegesetzes verlangen würde, weshalb seine Opferstellung zu verneinen ist. Somit kann offenbleiben, ob überhaupt eine Straftat vorliegt. Da sich der Beschwerdeführer auch nicht in anderer Weise auf ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids berufen kann, ist er zur Beschwerde in Strafsachen nicht legitimiert.
 
1.6 Unabhängig von der fehlenden Legitimation in der Sache kann der Geschädigte die Verletzung von Verfahrensrechten geltend machen, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt. Das nach Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG erforderliche rechtlich geschützte Interesse ergibt sich diesfalls nicht aus einer Berechtigung in der Sache, sondern aus der Berechtigung, am Verfahren teilzunehmen. Ist der Beschwerdeführer in diesem Sinne nach kantonalem Recht Partei, kann er die Verletzung jener Parteirechte rügen, die ihm nach dem kantonalen Verfahrensrecht, der Bundesverfassung oder der EMRK zustehen und deren Missachtung auf eine formelle Rechtsverweigerung hinausläuft ("Star-Praxis"; BGE 133 I 185 E. 6.2 mit Verweis auf BGE 114 Ia 307 E. 3c). Nicht zu hören sind dabei allerdings Rügen, die im Ergebnis auf eine materielle Überprüfung des angefochtenen Entscheides abzielen. Ein in der Sache nicht legitimierter Beschwerdeführer kann deshalb weder die Beweiswürdigung kritisieren noch geltend machen, die Begründung sei materiell unzutreffend (Urteil des Bundesgerichts 6B_627/2007 vom 11. August 2008 E. 2.2.6 mit Hinweisen).
 
1.7 Das Bundesgericht wendet das Recht grundsätzlich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Eine Ausnahme besteht, wenn unter anderem die Verletzung von Grundrechten geltend gemacht wird. Diese Vorbringen prüft das Bundesgericht nicht von Amtes wegen, sondern nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Die Beschwerdeschrift muss die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze inwiefern durch den angefochtenen Erlass oder Entscheid verletzt worden sind. Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen. Auf rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 134 II 244 E. 2.2 mit Hinweisen).
 
Der Beschwerdeführer macht sinngemäss geltend, die Vorinstanz habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem die von ihm genannten Zeugen nicht angehört worden seien (Beschwerde, S. 3 f.). Aus seiner Begründung geht nicht hervor, inwiefern die zusätzlichen Zeugen am Unfallort rechtserhebliche Aussagen machen könnten. Sowohl die Fesselung wie auch die angeblichen Verletzungen fanden ohne Zeugen an der Bushaltestelle statt, an die sich der Beschwerdeführer nach dem Unfall begeben hatte. Von den angerufenen Zeugen sind hierüber somit keine relevanten Informationen erhältlich. Es ist nicht ersichtlich und wird vom Beschwerdeführer auch nicht hinreichend substantiiert, inwiefern hierdurch sein Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden sein soll. Auf die Beschwerde ist auch insoweit nicht einzutreten.
 
1.8 Auf die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 108 BGG nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
Demnach erkennt der Einzelrichter:
 
1.
 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und der Anklagekammer des Kantons St. Gallen schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 30. Dezember 2010
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Einzelrichter: Der Gerichtsschreiber:
 
Wiprächtiger Keller
 
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