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Informationen zum Dokument  BGer 1C_218/2010  Materielle Begründung
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BGer 1C_218/2010 vom 11.01.2011
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
1C_218/2010
 
Urteil vom 11. Januar 2011
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
 
Bundesrichter Raselli,
 
nebenamtliche Bundesrichterin Stamm Hurter,
 
Gerichtsschreiberin Scherrer Reber.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Franz Hess,
 
gegen
 
Ehepaar Y.________, Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. André Britschgi,
 
Gemeinderat Beckenried, Emmetterstrasse 3,
 
Postfach 69, 6375 Beckenried, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Beat Zelger,
 
Regierungsrat des Kantons Nidwalden, Staatskanzlei, Rechtsdienst, Dorfplatz 2, 6371 Stans.
 
Gegenstand
 
Baubewilligung,
 
Beschwerde gegen das Urteil vom 21. Dezember 2009 des Verwaltungsgerichts des Kantons Nidwalden, Verwaltungsabteilung.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Die Parzelle Nr. 1'281, Grundbuch Beckenried, an der Seestrasse aa/bb in Beckenried, steht im Miteigentum von Herr Y.________ (4/10), der Eheleute Y.________ (3/10; Miteigentum zu je 1/2) sowie von X.________ (3/10).
 
Am 18. Januar 2008 reichten die Eheleute Y.________ beim Gemeinderat Beckenried ein Baugesuch für den Umbau und die Sanierung ihres Wohnhauses auf der Parzelle Nr. 1'281, Grundbuch Beckenried, an der Seestrasse aa in Beckenried ein. Während des Auflageverfahrens erhob X.________ Einsprache beim Gemeinderat Beckenried. Der Gemeinderat Beckenried erteilte die anbegehrte Baubewilligung am 9. Juni 2008 unter Bedingungen und Auflagen.
 
B.
 
Gegen diesen Beschluss erhob X.________ Verwaltungsbeschwerde beim Regierungsrat des Kantons Nidwalden. Mit Regierungsratsbeschluss vom 3. März 2009 wurde die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf einzutreten war. Der Regierungsrat erwog unter anderem, der Gemeinderat Beckenried sei zu Recht auf das Baugesuch eingetreten und das Baugesuch sei rechtsgenüglich unterzeichnet worden. Es liege zwar eine Übernutzung des Baugrundstücks vor, der Um- bzw. Neubau bewirke hingegen keine weitere Erhöhung der Ausnützungsziffer im Sinne des Gesetzes. Die bauliche Massnahme sei deshalb durch die Besitzstandsgarantie gemäss Art. 206 des Gesetzes des Kantons Nidwalden über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht vom 24. April 1988 (Baugesetz, BauG/NW; 611.1) geschützt.
 
C.
 
X.________ gelangte daraufhin an das Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden, Verwaltungsabteilung, welches die Beschwerde mit Urteil vom 21. Dezember 2009 abwies, soweit darauf einzutreten war.
 
D.
 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 26. April 2010 beantragt X.________ die Aufhebung des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts. Die Baubewilligung für den Umbau und die Sanierung des bestehenden Wohnhauses auf Grundstück Nr. 1'281, Grundbuch Beckenried, sei aufzuheben. Eventuell sei die Sache im Sinne der Erwägungen des Bundesgerichts zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Gleichzeitig ersucht die Beschwerdeführerin um Gewährung der aufschiebenden Wirkung.
 
Die Eheleute Y.________ sowie der Gemeinderat Beckenried beantragen die Abweisung der Beschwerde. Der Regierungsrat und das Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden verzichten auf eine Stellungnahme.
 
Die Beschwerdeführerin hat zu den Vernehmlassungen Stellung genommen. Sie hält sinngemäss an ihren Anträgen fest.
 
Mit Präsidialverfügung vom 20. Mai 2010 hat das Bundesgericht das Gesuch der Beschwerdeführerin um aufschiebende Wirkung gutgeheissen.
 
Erwägungen:
 
1.
 
1.1 Dem angefochtenen Entscheid liegt ein Beschwerdeverfahren über eine baurechtliche Bewilligung zugrunde. Nach Art. 34 Abs. 1 RPG (SR 700) gelten für die Rechtsmittel an die Bundesbehörden die allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 82 lit. a BGG steht auf dem Gebiet des Raumplanungs- und Baurechts zur Verfügung. Das Bundesgerichtsgesetz enthält keinen Ausschlussgrund (Art. 83 BGG). Angefochten ist ein Entscheid einer letzten kantonalen Instanz, welcher das Verfahren abschliesst (Art. 86 Abs. 1 lit. d, Art. 90 BGG). Die Beschwerdeführerin hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen, ist als Miteigentümerin der Parzelle Nr. 1'281, Grundbuch Beckenried, und als Nachbarin durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung (Art. 89 Abs. 1 BGG). Sie ist daher ohne Weiteres zur Beschwerde legitimiert.
 
1.2 Soweit die Beschwerdeführerin auch die Aufhebung der Baubewilligung für den Umbau und die Sanierung des bestehenden Wohnhauses auf Grundstück Nr. 1'281, Grundbuch Beckenried, beantragt, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG). Dieser Entscheid ist durch das Urteil des Verwaltungsgerichts ersetzt worden (sog. Devolutiveffekt) und gilt als inhaltlich mitangefochten (BGE 134 II 142 E. 1.4 S. 144).
 
1.3 Der angefochtene Entscheid stützt sich in der Sache auf kantonales Planungs- und Baurecht. Dessen Verletzung stellt keinen Beschwerdegrund nach Art. 95 BGG dar. Das Verwaltungsgerichtsurteil kann daher nur darauf überprüft werden, ob es auf willkürlicher Gesetzesanwendung beruht oder sonst wie gegen Verfassungsrecht verstösst (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.2.1 S. 251 f.). Diesbezüglich gilt eine qualifizierte Rügepflicht. Das Bundesgericht prüft solche Rügen nur insofern, als sie in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden sind (Art. 106 Abs. 2 BGG). Wird eine Verletzung des Willkürverbotes geltend gemacht, muss anhand der angefochtenen Subsumtion im Einzelnen dargelegt werden, inwiefern der Entscheid an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet (BGE 135 III 127 E. 1.6 S. 130; 134 II 244 E. 2.1 und 2.2 S. 245 f.; je mit Hinweisen).
 
2.
 
2.1 Die Beschwerdeführerin wirft dem Verwaltungsgericht Willkür vor: Die Rechtsauffassung der Vorinstanz, wonach die Änderung der Ausnützungsziffer an dritter Stelle geringfügig und vernachlässigbar sei, weshalb von keiner Erhöhung der Ausnutzungsziffer im Sinne des Gesetzes auszugehen sei, das geplante Bauvorhaben daher gestützt auf Art. 206 BauG/NW bewilligt werden könne und Art. 36 BauG/NW keine Anwendung finde, sei widersprüchlich und klar rechtswidrig.
 
2.2 Das Verwaltungsgericht hält fest, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine anrechenbare Bruttogeschossfläche der bestehenden Baute von 454.65 m2 bei einer Grundstücksfläche von 184 m2 und einer zulässigen Ausnützung von 0.55 bestehe, was eine tatsächliche Ausnützung von 2.471 und damit eine Überschreitung von 1.921 bedeute. Umstritten sei, ob das vorgesehene Bauprojekt die bereits bestehende Ausnützungsüberschreitung in unzulässigem Mass überschreite. Es bestehe zunächst keine Veranlassung, die Flächen der Wohnungsabschlusstüren (2 Türen 2.35 m x 0.35 m = 0.82 m2) von der anrechenbaren Bruttogeschossfläche in Abzug zu bringen. Aus den vorinstanzlichen Akten gehe hervor, dass die Baugesuchsteller selber eine neue Bruttogeschossfläche von 455.47 m2 ermittelt hätten; auf diesen Wert sei abzustellen. Ausgehend von einer neuen Bruttogeschossfläche von 455.47 m2 bei einer Grundstücksfläche von 184 m2 und einer zulässigen Ausnützungsziffer von 0.55 ergebe sich eine tatsächliche neue Ausnützungsziffer von 2.475 (0.55/101.2 x 455.7) und damit eine Überschreitung der Ausnützung von 1.925. Das geplante Bauprojekt erhöhe demnach die Ausnützungsüberschreitung um 0.004 (bestehende Überschreitung 1.921), was 0.82 m2 entspreche.
 
Ausnützungsberechnungen würden im Baubewilligungsverfahren aufgrund der in diesem Planungsstadium vorhandenen Grundrisspläne 1:100 vorgenommen. Derartigen Berechnungen wohne bereits systembedingt ein gewisser Unsicherheitsfaktor inne, indem nämlich die für die exakte Flächenberechnung notwendige Vermassung aller relevanten Bauteile sowie die definitive Materialisierung wie auch allfällige Detaillösungen vom Architekten regelmässig erst im Rahmen der Ausführungsphase erbracht würden (vgl. SIA-Norm 102 Art. 4.3.2 und 4.4.2). Hinzu komme, dass bei der Bauausführung selber übliche Bautoleranzen gälten, welche etwa dem Baumeister erlaubten, in den Fertigmassen bei einer Messdistanz von 20 m bis zu 2 cm von den Planmassen abzuweichen (vgl. SIA-Norm V 414/10, Masstoleranzen im Hochbau, Tabelle 30), welche Ungenauigkeit sich durch die zugunsten weiterer Unternehmer bestehenden Toleranzen noch erhöhe. Aus diesen Umständen ergebe sich, dass minuziöse Korrekturen der Flächenberechnungen aufgrund der Baubewilligungspläne keinen Sinn machen würden, jedenfalls soweit die festgestellten Abweichungen weniger als 1 % betrügen. Dies könne zwar bei grösseren Überbauungen in absoluten Zahlen durchaus gewichtige Flächendifferenzen ausmachen, sei jedoch im Interesse der Rechtsgleichheit als zwangsläufige Folge der Addition vermehrter Kleinstmassabweichungen hinzunehmen. Nach wie vor zu korrigieren seien demgegenüber aber Unzulänglichkeiten, die keine Folge von Massungenauigkeiten seien, sondern davon, dass ganze Räume oder Raumteile entgegen den Vorschriften nicht in die Berechnung miteinbezogen worden seien.
 
Im vorliegenden Fall betrage die Differenz zwischen der bestehenden Ausnützungsziffer in Höhe von 2.471 und der neuen Ausnützungsziffer in Höhe von 2.475 gerade einmal 0.004 oder 0.82 m2. Die Differenz betrage demzufolge gerundet 0.2 % der bisherigen und unter Bestandesgarantie stehenden Ausnützung. Nachdem Ausnützungsziffern üblicherweise mit maximal zwei Stellen nach dem Komma angegeben würden, verstehe es sich von selbst, dass eine geringfügige Änderung der Ausnützungsziffer in der dritten Stelle nach dem Komma als geringfügig und vernachlässigbar zu bezeichnen sei, liege die Erhöhung der Ausnützungsziffer hier mit 0.2 % doch auch deutlich unter dem Messtoleranz-Grenzwert von 1 %. Wenn sich der Regierungsrat daher im vorliegenden Fall auf den Standpunkt gestellt habe, die Zunahme der Ausnützungsziffer durch das geplante Bauprojekt von 0.004 sei nicht als Erhöhung der Ausnützungsziffer im Sinne des Gesetzes an-zusehen, so sei diese Auffassung nicht zu beanstanden. Darin könne jedenfalls weder eine Ermessensüberschreitung noch eine sonstige Rechtsverletzung gesehen werden. Mit dem Regierungsrat sei demzufolge auch darin einig zu gehen, dass die Erhöhung der Ausnützungsziffer um 0.004 mit der Besitzstandsgarantie im Einklang stehe und das Bauprojekt als zeitgemässe Erneuerung des Gebäudes im Sinne von Art. 206 BauG/NW zu gelten habe. Art. 36 BauG/NW komme somit entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht zur Anwendung.
 
2.3 Die Beschwerdeführerin hält diesen Ausführungen zunächst entgegen, Art. 36 Abs. 2 BauG/NW regle bezüglich baupolizeiwidriger Bauten speziell den Tatbestand der Ausnützungsüberschreitung für Bauten, welche vor dem 30. Juni 1990 errichtet worden seien. Es handle sich somit im Verhältnis zu Art. 206 BauG/NW um eine bestandesrechtliche lex specialis. Art. 206 BauG/NW regle allgemein den Fall der Bestandesgarantie für Bauten. Art. 36 Abs. 2 BauG/NW hingegen betreffe den speziellen Tatbestand der Bestandesgarantie für Bauten, die bereits am 30. Juni 1990 die Ausnützung überschritten hätten. Aus dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck dieser Gesetzesbestimmung ergebe sich somit klar, dass Bauten, welche in Bezug auf die Ausnützung gesetzeswidrig seien, grundsätzlich keine Volumenvergrösserung erfahren dürften. Art. 36 Abs. 2 BauG/NW lasse für solche Bauten nur ausnahmsweise geringe Volumenvergrösserungen in einem geringfügig, abschliessend umschriebenen, explizit definierten Rahmen zu (Lukarnen, Gauben und dergleichen). Weiter gehende Erweiterungen seien klar rechtswidrig und könnten aufgrund der in Art. 36 Abs. 2 BauG/NW abschliessend umschriebenen Erweiterungsmöglichkeiten auch nicht gestützt auf Art. 206 BauG/NW bewilligt werden, ansonsten Art. 36 Abs. 2 BauG/NW jederzeit über Art. 206 BauG/NW ausser Kraft gesetzt werden könnte. Die beim vorliegenden, am 30. Juni 1990 ausnützungsrechtlich gesetzeswidrigen Bauprojekt geplanten Volumenvergrösserungen würden die von Art. 36 Abs. 2 BauG/NW abschliessend definierten Grenzen sprengen. Sowohl die Treppenhauserweiterung als auch die Anhebung des bestehenden Daches um einen Meter stellten in Bezug auf den klaren Wortlaut als auch den Sinn und Zweck von Art. 36 Abs. 2 BauG/NW unzulässige Volumenvergrösserungen dar. Das angefochtene Urteil erweise sich somit als klar rechtswidrig und damit willkürlich. Entgegen der Rechtsauffassung der Vorinstanz sei es völlig unerheblich, ob mit dem geplanten Projekt effektiv eine Ausnützungsüberschreitung erfolge oder nicht. Unbestritten sei nämlich, dass das fragliche Gebäude bereits am 30. Juni 1990 die Ausnützungsziffer in massivster Weise überschritten habe. Damit sei der speziell bestandesrechtliche Tatbestand von Art. 36 Abs. 2 BauG/NW erfüllt.
 
2.4 Nach der ständigen Praxis des Bundesgerichts liegt Willkür in der Rechtsanwendung vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist. Dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 135 V 2 E. 1.3 S. 4 f. mit Hinweisen).
 
2.5 Gemäss Art. 36 Abs. 2 BauG/NW ist der Ausbau des am 30. Juni 1990 bestehenden umbauten Raumes zulässig, auch wenn dadurch die festgelegte Ausnützungsziffer überschritten wird. Die übrigen Bauvorschriften sind einzuhalten und für die Mieter müssen genügend Nebenräume (Abstellräume, Keller, usw.) bestehen bleiben. Das äussere Volumen der Bauten darf nur durch Lukarnen, Gauben und dergleichen eine Vergrösserung erfahren (Art. 36 Abs. 2 BauG/NW). Demgegenüber sieht Art. 206 BauG/NW vor, dass die innerhalb der Bauzonen bestehenden Bauten- und Anlagen, die den baupolizeilichen Bestimmungen widersprechen, erhalten und zeitgemäss erneuert werden dürfen. Neubauähnliche Umbauten und Erweiterungen können ausnahmsweise gestattet werden, wenn keine wesentlichen öffentlichen und privaten Interessen entgegenstehen.
 
2.6 Für das Verwaltungsgericht erlaubt die in Art. 206 BauG/NW verankerte Bestandesgarantie den geplanten Umbau. Es erwog, dass Art. 36 Abs. 2 BauG/NW im vorliegenden Fall nicht anwendbar sei, weil die geplante Erhöhung der Ausnützungsziffer um 0.004 nicht als Erhöhung der Ausnützungsziffer im Sinne des Gesetzes anzusehen sei, weshalb Art. 36 Abs. 2 BauG/NW gar nicht zur Anwendung gelange.
 
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin halten die Ausführungen des Verwaltungsgerichts vor dem Willkürverbot stand. Die Beschwerdeführerin geht mit ihrer Behauptung fehl, dass Art. 36 Abs. 2 BauG/NW den speziellen Tatbestand der Bestandesgarantie von Bauten regle, die bereits am 30. Juni 1990 die Ausnützung überschritten hätten. Vielmehr ist aufgrund des klaren Wortlauts dieser Norm davon auszugehen, dass sie Bauten betrifft, die vor dem 30. Juni 1990 die Ausnützungsziffer nicht überschritten haben und bei denen es erst nachträglich durch einen Ausbau zu einer Überschreitung kommt ("auch wenn dadurch die festgelegte Ausnützungsziffer überschritten wird"). Insofern stösst die Argumentation der Beschwerdeführerin, Art. 36 Abs. 2 BauG/NW sei im Verhältnis zu Art. 206 BauG/NW eine lex specialis ins Leere, weil Art. 36 Abs. 2 BauG/NW nicht bereits übernutzte Bauten betrifft. Wird hingegen die Ausnützungsziffer bereits durch den Altbau selber überschritten, gelangen Art. 36 Abs. 2 BauG/NW und die darin vorgesehene Volumenbegrenzung gar nicht erst zur Anwendung.
 
2.7 Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist es auch nicht willkürlich, wenn das Verwaltungsgericht den Ausbau des Dachgeschosses trotz bestehender Übernutzung der fraglichen Liegenschaft als zulässig erachtet hat, zumal unbestritten ist, dass der geplante Ausbau des Dachgeschosses keinen Einfluss auf die Ausnützungsziffer hat, da das Dachgeschoss kein Vollgeschoss im Sinne von Art. 162 BauG/NW bildet und demnach an die Ausnützung nicht anrechenbar ist (Christoph Fritzsche/Peter Bösch, Zürcher Bau- und Planungsrecht, 3. Auflage, Zürich 2003, N. 17.2.32).
 
Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, die Argumentation der Vorinstanz sei widersprüchlich, indem sie einerseits darauf hinweise, dass eine Ausnützungserhöhung um 0.004 erfolge, anderseits sich auf den Standpunkt stelle, eine Erhöhung der Ausnützungziffer drei Stellen nach dem Komma stelle keine Erhöhung der Ausnützungsziffer im Sinne des Gesetzes dar, genügt die Willkürrüge den Erfordernissen von Art. 106 Abs. 2 BGG nicht; darauf ist nicht einzutreten (vgl. E. 1.3 hiervor)
 
3.
 
3.1 Schliesslich rügt die Beschwerdeführerin in ihrer Replik, mit der Anhebung des Daches um einen Meter sowie dem Anbau eines Treppenhauses liege nicht eine zeitgemässe Erneuerung des Gebäudes im Sinne von Art. 206 BauG/NW vor, sondern eine Erweiterung. Die zeitgemässe Erneuerung beinhalte nämlich nur das Recht auf Anpassung an moderne Komfortansprüche, wie die Verbesserung der sanitären Einrichtungen und der Isolation, nicht aber ein Erweiterungsrecht. Selbst wenn Art. 36 BauG/NW keine Anwendung finden sollte, würde sich das angefochtene Urteil als rechtswidrig und willkürlich erweisen. Einerseits liege keine zeitgemässe Erneuerung im Sinne von Art. 206 BauG/NW vor, sondern eine Erweiterung des Bauvolumens. Andererseits habe es das Verwaltungsgericht unterlassen zu prüfen, ob wesentliche öffentliche oder private Interessen der beantragten Erweiterung des Bauvolumens entgegenstehen würden.
 
3.2 Das Verwaltungsgericht hat sich im angefochtenen Entscheid der Auffassung des Regierungsrates angeschlossen, wonach es sich bei den geplanten Arbeiten um eine zeitgemässe Erneuerung im Sinne von Art. 206 BauG/NW handle. Der Regierungsrat hat erwogen, dass die Erweiterung des Treppenhauses als zeitgemässe Erneuerung zu taxieren sei, schliesslich gelte es, feuerpolizeiliche Vorschriften einzuhalten. Der Hinweis sei zudem angebracht, dass auch die kantonale Denkmalpflege den Umbau in der nun vorgesehenen Form unterstütze. Auch der Umbau des Dachgeschosses sei als zeitgemässe Erneuerung im Sinne von Art. 206 BauG/NW zu betrachten; insbesondere habe der Umbau des Dachgeschosses keinerlei Auswirkungen auf die bereits bestehende Überschreitung der Ausnützungsziffer. Der Umbau des Dachgeschosses müsse streng genommen die Besitzstandsgarantie nicht beanspruchen.
 
3.3 Unter zeitgemässer Erneuerung sind bauliche Vorkehren zu verstehen, welche Bauten und Anlagen Instand halten, Instand stellen oder an die Erfordernisse der Zeit angleichen (vgl. Balthasar Heer, St. Gallisches Bau- und Planungsrecht, Bern 2003, S. 216). Dabei ist nicht ausgeschlossen, dass durch solche Massnahmen gleichzeitig in unbedeutender Weise das Volumen der Baute vergrössert oder ihr Erscheinungsbild verändert wird (vgl. BGE 113 la 124; Konrad Willi, Die Besitzstandsgarantie für vorschriftswidrige Bauten und Anlagen innerhalb der Bauzonen, Diss. Zürich 2003, S. 44).
 
Wenn die Vorinstanz die Erweiterung des Treppenhauses als zeitgemässe Erneuerung nach Art. 206 BauG/NW qualifiziert hat, erscheint dies entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin als haltbar, zumal die moderate Erweiterung einzig auf eine Anpassung an strengere Brandschutzvorschriften zurückzuführen ist, mithin also der Beseitigung von erheblichen polizeilichen Missständen, namentlich der Gefahr für die Gesundheit oder für Leib und Leben dient und auf einer objektiven Notwendigkeit beruht (vgl. Willi, a.a.O., S. 47 f.; Fritzsche/Bösch, a.a.O., N. 17.3). Ebenso wenig ist verfassungsrechtlich zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht den Dachausbau auch als zeitgemässe Erneuerung eingestuft hat, da dies der besseren Nutzung des bisher nur mit zwei Mansardenzimmern versehenen Dachgeschosses dient, ohne dass der Umfang oder die Erscheinung des Dachstockes geändert würde oder der geplante Ausbau des Dachgeschosses einen Einfluss auf die Ausnützungsziffer hätte. Soweit die Beschwerdeführerin das Gegenteil behauptet, ist die Willkürrüge nicht rechtsgenüglich begründet (Art. 106 Abs. 2 BGG); darauf ist nicht einzutreten (vgl. E. 1.3 hiervor). Da die Vorinstanz den Umbau als zeitgemässe Erneuerung beurteilte, war sie auch nicht gehalten, zu prüfen, ob dem Vorhaben wesentliche öffentliche oder private Interessen im Sinne von Art. 206 Satz 2 BauG/NW entgegenstehen würden.
 
3.4 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich die Willkürrügen der Beschwerdeführerin gesamthaft als unbegründet erweisen, soweit darauf überhaupt eingetreten werden kann.
 
4.
 
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG), und sie hat den privaten Beschwerdegegnern eine angemessene Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Der Gemeinderat Beckenried obsiegt in seinem amtlichen Wirkungskreis, weshalb ihm keine Parteientschädigung zuzusprechen ist (Art. 68 Abs. 3 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3.
 
Die Beschwerdeführerin hat den privaten Beschwerdegegnern für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 3'000.-- zu bezahlen.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Gemeinderat Beckenried, dem Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden, Verwaltungsabteilung, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 11. Januar 2011
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
 
Fonjallaz Scherrer Reber
 
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