BGer 6B_551/2011 | |||
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BGer 6B_551/2011 vom 25.11.2011 | |
Bundesgericht
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Tribunal fédéral
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Tribunale federale
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{T 0/2}
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6B_551/2011
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Urteil vom 25. November 2011
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Strafrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Mathys, Präsident,
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Bundesrichter Schneider, Denys,
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Gerichtsschreiberin Unseld.
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Verfahrensbeteiligte | |
X.________,
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vertreten durch Rechtsanwalt Beat Hess,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Zentralstrasse 28, 6002 Luzern,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Betrug; Willkür, Grundsatz in dubio pro reo,
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Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern, 4. Abteilung, vom 15. Februar 2011.
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Sachverhalt:
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A.
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A.a Das Kriminalgericht des Kantons Luzern verurteilte X.________ am 29. Januar 2010 wegen Betrugs (Art. 146 Abs. 1 StGB) zu einer bedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je Fr. 150.--.
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Gegen dieses Urteil legten X.________ Appellation und die Staatsanwaltschaft Anschlussappellation ein. Das Obergericht des Kantons Luzern bestätigte am 15. Februar 2011 den erstinstanzlichen Entscheid.
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A.b Der Verurteilung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
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X.________ war Inhaber der A.________-Apotheke in Luzern, welche er seit Jahrzehnten alleine führte. Nach einer Erkrankung im Jahre 1991 zog er sich langsam aus dem aktiven Geschäft zurück und stellte seinen Sohn B.________ als Mitarbeiter und seit Anfang 1993 als Geschäftsführer an. Die Umsätze und Gewinne der Apotheke beruhten unter der Geschäftsführung von B.________ zu einem grossen Teil auf illegalen Geschäftspraktiken, da verschreibungspflichtige Medikamente ohne Rezept und ohne Vorliegen eines Not- bzw. begründeten Ausnahmefalls abgegeben und Medikamente systematisch gestützt auf abgelaufene, mit Tipp-Ex manipulierte Dauerrezepte verrechnet wurden.
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X.________ arbeitete seit der Übernahme der Geschäftsführung durch seinen Sohn ab 1993 bis ca. Ende 1996 als Stellvertreter regelmässig (einen Tag pro Woche) und danach noch sporadisch in der Apotheke. Er hatte von den erwähnten illegalen Praktiken seines Sohnes Kenntnis. Im Jahre 2000 verkaufte er die A.________-Apotheke. Dabei verschwieg er der Käuferschaft, dass die in der Buchhaltung ausgewiesenen Umsätze und Bruttogewinne zu einem grossen Teil auf während Jahren in der Apotheke ausgeübte, illegale Geschäftspraktiken zurückzuführen waren. Umsatz und Gewinn der Apotheke gingen nach der Übernahme massiv zurück. Hätte X.________ die Käuferschaft über die Art und Weise des Zustandekommens der Umsätze und Gewinne nicht getäuscht, hätte diese nicht den zu hohen Kaufpreis von Fr. 547'639.55 bezahlt.
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B.________ wurde vom Amtsstatthalteramt Entlebuch am 14. Januar 2008 wegen gewerbsmässigen Betrugs und mehrfacher Urkundenfälschung im Zusammenhang mit der Verrechnung von Medikamenten aufgrund nicht mehr gültiger Dauerrezepte und der Abgabe von nicht kassenpflichtigen Medikamenten auf Kosten der Krankenkasse verurteilt. Der Entscheid erwuchs in Rechtskraft. Die Verfahren gegen die Pharmaassistentinnen C.________ und D.________ wurden mit Strafverfügungen erledigt.
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B.
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X.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts vom 15. Februar 2011 aufzuheben und ihn vom Vorwurf des Betrugs freizusprechen.
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Erwägungen:
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1.
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Die Beschwerde ist zu begründen (Art. 42 Abs. 1 und 2; Art. 106 Abs. 2 BGG). Die Begründung hat in der Beschwerdeschrift selbst zu erfolgen. Soweit der Beschwerdeführer auf seine kantonalen Eingaben verweist, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten (BGE 133 II 396 E. 3.2; 131 III 384 E. 2.3 mit Hinweis).
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2.
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2.1 Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung. Er bestreitet nicht, dass in der Apotheke unter der Geschäftsführung seines Sohns illegale Praktiken angewandt wurden, will davon jedoch keine Kenntnis gehabt haben. Die Tipp-Ex-Korrekturen auf den Dauerrezepten habe er aufgrund seiner Sehschwäche nicht gesehen. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz habe er lediglich sicherstellen müssen, dass dem Kunden das richtige Medikament abgegeben wurde. Die Gültigkeit der Dauerrezepte habe er nicht prüfen müssen. Dies sei Aufgabe der Pharmaassistentinnen gewesen. Er werde weder von seinem Sohn noch den Angestellten belastet. Die Vorinstanz habe sich mit entlastenden Elementen wie beispielsweise seiner Biografie und seinem Charakter als pflichtbewusster Berufsmann "alter Schule" zu Unrecht nicht auseinandergesetzt.
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2.2 Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann nur gerügt werden, wenn sie willkürlich (Art. 9 BV) ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 134 IV 36 E. 1.4.1). Dem vom Beschwerdeführer angerufenen Grundsatz in dubio pro reo (Beschwerde Ziff. 9 S. 4) kommt in seiner Funktion als Beweiswürdigungsregel im Verfahren vor dem Bundesgericht keine über das Willkürverbot von Art. 9 BV hinausgehende Bedeutung zu (BGE 127 I 38 E. 2a; 124 IV 86 E. 2a; je mit Hinweisen).
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Willkür bei der Beweiswürdigung liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist oder mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht. Dass eine andere Lösung oder Würdigung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre, genügt für die Annahme von Willkür nicht (BGE 134 I 140 E. 5.4 mit Hinweisen). Die Rüge der Willkür muss präzise vorgebracht und begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG). In der Beschwerde muss im Einzelnen dargelegt werden, inwiefern der angefochtene Entscheid an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet. Auf eine rein appellatorische Kritik am angefochtenen Urteil tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 137 IV 1 E. 4.2.3; 136 II 489 E. 2.8; je mit Hinweisen).
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2.3 Die Vorinstanz setzt sich ausführlich mit den Einwänden des Beschwerdeführers auseinander. Sie legt - teilweise mit Hinweis auf die Ausführungen des Kriminalgerichts - dar, weshalb dessen Behauptung, er habe von den illegalen Geschäftspraktiken keine Kenntnis gehabt, nicht glaubhaft ist. Sie führt namentlich aus, zu den Aufgaben des Beschwerdeführers als stellvertretender Geschäftsführer habe auch die Kontrolle der Medikamentenabgabe gehört. Er sei verpflichtet gewesen, die entsprechenden Dauerrezepte persönlich zu überprüfen. Auch wenn er die Tipp-Ex-Korrekturen (Weiss auf Weiss) nicht habe erkennen können, so habe er doch das Fehlen des Datums auf dem Dauerrezept bemerken müssen. Im Übrigen sei die angebliche starke Sehschwäche auch deshalb unglaubwürdig, weil der Beschwerdeführer - wäre sie damals wirklich schon fortgeschritten gewesen - seinen Beruf als Apotheker überhaupt nicht mehr hätte ausüben dürfen (E. 4.5). Der Beschwerdeführer werde von seinem Sohn und den ehemaligen Angestellten der Apotheke belastet (E. 4.6). B.________ habe ausgesagt, der Beschwerdeführer habe die Tipp-Ex-Praxis wohl eingeführt, später die Praxis mitgemacht und nie interveniert (E. 4.6.1). Die Angestellte E.________ habe die Verwendung von abgelaufenen Dauerrezepten bestätigt und angegeben, dies sei vom Beschwerdeführer gebilligt und von ihm bei seinen eigenen Stammkunden schon früher so gehandhabt worden. Seine Stammkunden hätten praktisch alles erhalten, was sie gewollt hätten (E. 4.6.3). Gemäss D.________ soll der Beschwerdeführer Dauerrezepte missbräuchlich verwendet und Medikamente trotz Fehlens eines Rezepts abgegeben haben (E. 4.6.4). Die Angestellte F.________ habe ausgesagt, sowohl der Beschwerdeführer als auch sein Sohn hätten rezeptpflichtige Medikamente trotz Fehlens eines Rezepts grosszügig abgegeben (E. 4.6.5). Motive für Falschaussagen von B.________ oder den Angestellten seien nicht ersichtlich, da sich diese auch selbst belastet hätten (E. 4.6.1 und 4.6.2). Als belastende Indizien von untergeordneter Bedeutung dürften zudem die polizeilichen Aussagen der Angestellten G.________, H.________ und I.________ gewertet werden. Im Weiteren sei auch aufgrund der grossen Menge von über 2'600 Dauerrezepten, welche fast alle mit Tipp-Ex behandelt worden seien, nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer als Inhaber der Apotheke nichts davon gemerkt haben wolle (E. 4.6.6). Die Aussagen von C.________ und J.________ vermöchten ihn nicht zu entlasten. C.________ habe lediglich erwähnt, der Beschwerdeführer habe seinen Sohn gewähren lassen. Dies schliesse nicht aus, dass er von den illegalen Praktiken gewusst habe. J.________ hätte sich als stellvertretender Geschäftsführer für illegale Praktiken mitzuverantworten gehabt, weshalb seine Aussagen zurückhaltend zu würdigen seien. Da er mit der Buchhaltung und der Abrechnung mit den Krankenkassen nichts zu tun gehabt habe, habe er die generöse Praxis seiner beiden Kollegen auch nicht bemerken können (E. 4.7).
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2.4 Die Einwände des Beschwerdeführers gegen die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung erschöpfen sich in einer unzulässigen appellatorischen Kritik. Der Beschwerdeführer geht von der falschen Annahme aus, ein Freispruch vor Bundesgericht müsse bereits erfolgen, wenn seine Gegenhypothese ebenfalls vertretbar sei bzw. wenn sich diese mit der gleichen Wahrscheinlichkeit wie der Schuldvorwurf begründen lässt (Beschwerde Ziff. 46 S. 11 und Ziff. 57 S. 13). Damit verkennt er, dass das Bundesgericht nur einschreitet, wenn die Beweiswürdigung des kantonalen Gerichts auch im Ergebnis offensichtlich unhaltbar und damit willkürlich ist. Dies tut er nicht dar. Dass auch eine andere Würdigung möglich oder gar vorzuziehen gewesen wäre, genügt nicht.
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Die Vorinstanz gab die Aussagen von B.________ und den Angestellten korrekt wieder. Entgegen dem Einwand des Beschwerdeführers handelt es sich bei den belastenden Aussagen nicht um blosse Vermutungen oder unpräzise Äusserungen. Zwar bestätigten C.________ und J.________ nicht, dass er Kenntnis von den illegalen Praktiken hatte, sie entlasten ihn aber auch nicht. Dieser Umstand kann die klar belastenden Aussagen namentlich von B.________ und E.________ offensichtlich nicht aufwiegen. Nicht zu beanstanden ist der Hinweis der Vorinstanz, der Beschwerdeführer hätte gar nicht mehr als Apotheker tätig sein können, wenn er nicht in der Lage gewesen wäre, die Rezepte zu lesen. Am vorinstanzlichen Beweisergebnis vermögen auch die geltend gemachten, angeblich entlastenden Elemente nichts zu ändern.
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3.
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Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2.
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Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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3.
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Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, 4. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 25. November 2011
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Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Mathys
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Die Gerichtsschreiberin: Unseld
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