BGer 2C_872/2011 | |||
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BGer 2C_872/2011 vom 19.01.2012 | |
Bundesgericht
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Tribunal fédéral
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Tribunale federale
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{T 0/2}
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2C_872/2011
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Urteil vom 19. Januar 2012
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II. öffentlich-rechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Zünd, Präsident,
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Bundesrichter Seiler,
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Bundesrichterin Aubry Girardin,
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Gerichtsschreiber Klopfenstein.
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Verfahrensbeteiligte | |
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Simon Näscher,
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gegen
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Migrationsamt des Kantons St. Gallen, St. Leonhard-Strasse 40, 9001 St. Gallen,
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Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons St. Gallen, Moosbruggstrasse 11, 9001 St. Gallen.
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Gegenstand
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Widerruf der Niederlassungsbewilligung; unentgeltliche Rechtspflege,
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Beschwerde gegen die Verfügung des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 22. September 2011.
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Erwägungen:
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1.
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Der aus Mazedonien stammende X.________ (geb. 1982) gelangte 1990 im Rahmen des Familiennachzugs in die Schweiz, war 2005/06 kinderlos mit einer Landsfrau verheiratet und ist seit 1994 im Besitz der Niederlassungsbewilligung. Seit 2007 wurde er wiederholt straffällig; namentlich erwirkte er mit Entscheid des Kreisgerichts Rheintal vom 21. April 2010 wegen mehrfachen Raubes, versuchten Raubes, mehrfacher versuchter Nötigung, mehrfacher Drohung und mehrfacher Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes eine Gesamtfreiheitsstrafe von 24 Monaten; der Vollzug wurde zugunsten einer stationären therapeutischen Massnahme aufgeschoben.
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Mit Verfügung vom 2. September 2010 widerrief das Migrationsamt des Kantons St. Gallen die Niederlassungsbewilligung von X.________ und wies ihn an, die Schweiz am Tag der Entlassung aus dem Straf- bzw. Massnahmenvollzug zu verlassen. Für dieses Verfahren hatte ihm das Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons St. Gallen am 31. August 2010 die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gewährt. Dasselbe Departement wies am 5. September 2011 den gegen die Verfügung des Migrationsamtes erhobenen Rekurs ab, soweit es darauf eintrat; gleichzeitig gewährte es X.________ für das Rekursverfahren die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.
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Gegen diesen Departementsentscheid gelangte X.________ ans kantonale Verwaltungsgericht und beantragte dort u.a., "an der Niederlassungsbewilligung (...) sei festzuhalten". Gleichzeitig ersuchte er für das Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. Mit Verfügung vom 22. September 2011 wies das Verwaltungsgericht dieses Ersuchen ab und verpflichtete X.________ zur Zahlung eines Kostenvorschusses von Fr. 2'000.--. Das Gericht erwog im Wesentlichen, das bei ihm erhobene Rechtsmittel sei aussichtslos.
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2.
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Mit Eingabe vom 24. Oktober 2011 führt X.________ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht mit den Anträgen, die letztgenannte Verfügung des Verwaltungsgerichts aufzuheben und ihm - dem Beschwerdeführer - im Verfahren vor diesem Gericht die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren. Dasselbe Ersuchen wird für das bundesgerichtliche Verfahren gestellt.
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Das Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons St. Gallen verzichtet auf eine Vernehmlassung und verweist auf die vorangegangenen Entscheide. Das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen beantragt Abweisung der Beschwerde.
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3.
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Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid, mit dem die unentgeltliche Rechtspflege verweigert wurde, mithin ein Zwischenentscheid, der einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG; BGE 129 I 129 E. 1.1 S. 131 mit Hinweis). Von einem nicht wieder gutzumachenden Nachteil ist auszugehen, wenn nicht nur die unentgeltliche Rechtspflege verweigert, sondern - wie hier - zugleich auch die Anhandnahme des Rechtsmittels von der Bezahlung eines Kostenvorschusses durch die gesuchstellende Partei abhängig gemacht wird (BGE 128 V 199 E. 2b S. 202 mit Hinweisen). Bei Zwischenentscheiden folgt der Rechtsweg jenem der Hauptsache (Urteil 5A_145/2010 vom 7. April 2010 E. 1.1). In dieser geht es hier um den Widerruf der Niederlassungsbewilligung, mithin um eine Angelegenheit, die der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht unterliegt (Art. 82 ff. BGG; BGE 135 II 1 E.1.2.1 S. 4). Insoweit steht dasselbe Rechtsmittel auch gegen die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung für das kantonal letztinstanzliche Verfahren offen. Auf die vorliegende Beschwerde ist daher einzutreten.
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4.
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Das Verwaltungsgericht hat das Ersuchen des Beschwerdeführers um unentgleltliche Rechtspflege und Verbeiständung abgewiesen, weil es dessen Rechtsmittel als aussichtslos erachtet.
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Als aussichtslos sind nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 29 Abs. 3 BV Prozessbegehren anzusehen, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können. Dagegen gilt ein Begehren nicht als aussichtslos, wenn sich Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die Waage halten oder jene nur wenig geringer sind als diese. Massgebend ist, ob eine Partei, die über die nötigen finanziellen Mittel verfügt, sich bei vernünftiger Überlegung zu einem Prozess entschliessen würde; eine Partei soll einen Prozess, den sie auf eigene Rechnung und Gefahr nicht führen würde, nicht deshalb anstrengen können, weil er sie nichts kostet (BGE 133 III 614 E. 5 S. 616 mit Hinweis). Ob im Einzelfall genügende Erfolgsaussichten bestehen, beurteilt sich aufgrund einer summarischen Prüfung nach den Verhältnissen zur Zeit, zu der das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gestellt wird (BGE 133 III 614 E. 5 S. 616 mit Hinweisen).
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Die grundsätzlichen Ausführungen des Beschwerdeführers zur Aussichtslosigkeit - namentlich, dass eine solche zu Prozessbeginn nicht leichthin angenommen werden darf (vgl. S. 5 der Beschwerdeschrift) - sind an sich zutreffend, doch hat die Vorinstanz diesen Kriterien Rechnung getragen. Der Beschwerdeführer hat gemäss dem bei ihr angefochtenen Rekursentscheid (S. 2/3) seit 2007 wiederholt delinquiert und damit seine Unbelehrbarkeit dokumentiert. Anders als etwa in dem vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte beurteilten Fall Boultif gegen die Schweiz (Urteil vom 2. August 2001, publ. in: VPB 65/2001 Nr. 138 S. 1392 Rz. 48 S. 1398 f.) hat sich der Beschwerdeführer gerade nicht bewährt, sondern immer wieder delinquiert. Vor allem die von ihm zuletzt begangenen Delikte (namentlich Raub etc.) wiegen schwer. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer, der im Übrigen nicht als so genannter "Ausländer der zweiten Generation" gilt, nach seiner Scheidung in der Schweiz über keine engeren Familienbande verfügt und auch keine entsprechenden Verpflichtungen wahrnehmen muss.
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Des weiteren kann der Beschwerdeführer aus dem Umstand, dass ihm im Verwaltungsverfahren und im erstinstanzlichen Rekursverfahren das prozessuale Armenrecht gewährt wurde, nicht ableiten, dass auch das Verwaltungsgericht ein entsprechendes Gesuch hätte gutheissen müssen. Art. 29 Abs. 3 BV enthält keinen solchen Anspruch (Urteil 5A.145/2010 vom 7. April 2010, E. 3.3); ausserdem darf und muss die Rechtsmittelinstanz die Aussichtslosigkeit immer auch in Relation zur Ausgangslage betrachten: Liegt bereits - wie hier - ein ausführlich begründeter Rekursentscheid vor, der gemäss der geltenden Rechtslage eine umfassende Würdigung vorgenommen hat, müsste diesem Entscheid Substanzielles entgegengesetzt werden, soll nicht die Gefahr bestehen, dass das Rechtsmittel als aussichtslos bezeichnet wird (genanntes Urteil, E. 3.3, mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer bringt nicht vor, dass er in der Beschwerde an das Verwaltungsgericht wesentliche Aspekte vorgebracht hätte, die im Rekursverfahren nicht gewürdigt worden wären. In solchen Fällen sind aber die Erfolgsaussichten deutlich geringer als die Verlustgefahren, weshalb die Vorinstanz das bei ihr erhobene Rechtsmittel ohne Rechtsverletzung als aussichtslos bezeichnen und das entsprechende Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung abweisen durfte.
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5.
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Dies führt zur Abweisung der Beschwerde.
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Der Beschwerdeführer hat auch für das bundesgerichtliche Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ersucht. Da der Streit um die Aussichtslosigkeit der Gewährung des prozessualen Armenrechts nicht mit dem Streit um die Aussichtslosigkeit in der Hauptsache (Widerruf der Niederlassungsbewilligung) gleichgesetzt werden kann und dem vorliegenden Rechtsmittel die Erfolgsaussichten daher nicht von Vornherein abzusprechen sind, ist diesem Gesuch zu entsprechen (Art. 64 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2.
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Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird gutgeheissen:
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2.1 Es werden keine Gerichtskosten erhoben
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2.2 Rechtsanwalt Simon Näscher wird als unentgeltlicher Rechtsbeistand des Beschwerdeführers bestellt, und es wird ihm für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 1'000.-- ausgerichtet.
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3.
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Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Migrationsamt, dem Sicherheits- und Justizdepartement sowie dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 19. Januar 2012
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Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Zünd
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Der Gerichtsschreiber: Klopfenstein
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