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Informationen zum Dokument  BGer 8C_686/2011  Materielle Begründung
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BGer 8C_686/2011 vom 13.02.2012
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
8C_686/2011
 
Urteil vom 13. Februar 2012
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
 
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Frésard,
 
Gerichtsschreiber Krähenbühl.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________ GmbH,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Rudolf Strehler,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Rechtsabteilung, Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Unfallversicherung (Prämiennachforderung),
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau
 
vom 13. Juli 2011.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Anlässlich einer am 24. September 2010 in der A.________ GmbH durchgeführten Betriebsrevision stellte die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) unter anderem fest, ein von der Steuerverwaltung als verdeckte Gewinnausschüttung qualifizierter Kostenanteil für das dem Gesellschafter und Geschäftsführer mit Einzelunterschrift F.________ auch zur privaten Benutzung zur Verfügung gestellte Geschäftsfahrzeug sei als zum massgebenden Lohn gehöriger Bestandteil zu betrachten, und forderte deshalb am 12. Oktober 2010 für die Jahre 2006, 2008 und 2009 Berufs- und Nichtberufsunfallversicherungsprämien im Gesamtbetrag von Fr. 843.30 nach. Daran hielt sie auf Einsprache hin mit Entscheid vom 9. Februar 2011 fest.
 
B.
 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau als Versicherungsgericht wies die dagegen gerichtete Beschwerde mit Entscheid vom 13. Juli 2011 ab.
 
C.
 
Die A.________ GmbH lässt Beschwerde ans Bundesgericht führen mit dem Antrag, den kantonalen Entscheid und die Nachforderung von Berufs- und Nichtberufsunfallversicherungsprämien für die Jahre 2006, 2008 und 2009 aufzuheben.
 
Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt.
 
Erwägungen:
 
1.
 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Gegenstand des Verfahrens bildet eine Prämiennachforderung der SUVA und damit nicht eine Streitigkeit über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Unfallversicherung. Kognitionsrechtlich kommt daher die Ausnahmeregelung in den Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG, woraus sich ergibt, dass das Bundesgericht in Streitigkeiten über die Bewilligung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder der Unfallversicherung nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden ist, nicht zum Zuge. Vielmehr legt es seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann eine - für den Ausgang des Verfahrens entscheidende (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG) - Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Im Übrigen wendet das Gericht das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft indessen - unter Beachtung der Begründungspflicht in Beschwerdeverfahren (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) - nur die erhobenen Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden Fragen - also auch solche, die vor Bundesgericht nicht (mehr) aufgeworfen werden - zu untersuchen (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).
 
2.
 
Das kantonale Gericht hat die gesetzliche Bestimmung über die Festsetzung der Unfallversicherungsprämien in Promillen des versicherten Verdienstes (Art. 92 Abs. 1 Satz 1 UVG) und den Begriff des diesem gleichgestellten (Art. 22 Abs. 2 UVV), für die Beitragserhebung nach AHV-Gesetzgebung bedeutsamen massgebenden Lohnes (Art. 5 Abs. 2 AHVG und Art. 7 AHVV) einschliesslich der in diesem Zusammenhang ergangenen Rechtsprechung (BGE 133 V 556 E. 4 S. 558 mit Hinweis; vgl. auch Urteil 8C_465/2009 vom 12. Februar 2010 E. 2.2 und 4.2) richtig aufgezeigt. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin enthalten keine Abweichungen hievon, sodass unter Verweis darauf auf eine ausführliche Wiederholung verzichtet wird. Zutreffend dargelegt hat die Vorinstanz auch die zum Verhältnis zwischen steuer- und beitragrechtlicher Qualifikation finanzieller Zuwendungen an mitarbeitende Gesellschafter geltenden Grundsätze (Urteil H 93/06 des seinerzeitigen Eidgenössischen Versicherungsgerichts [seit 1. Januar 2007: I. und II. sozialrechtliche Abteilungen des Bundesgerichts] vom 19. Oktober 2006 E. 3.1 und 3.2, je mit Hinweisen). Hiezu erübrigt sich eine vertiefte Auseinandersetzung ebenfalls, zumal die Beschwerdeführerin auch hier nichts Abweichendes vorbringt. Auf die in der Beschwerdeschrift erfolgte Bezugnahme auf die geltungszeitlich massgebenden Rz. 2010, 2011 und 2012 der Wegleitung des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV) über den massgebenden Lohn in der AHV, IV und EO (WML; gültig ab 1. Januar 2008, Stand 1. Januar 2010) wird in nachstehender E. 3.2 zurückzukommen sein.
 
3.
 
Während die Steuerverwaltung den Privatanteil der Kosten des dem Geschäftsführer und (Haupt-)Gesellschafter der Beschwerdeführerin auch zu privaten Zwecken zur Verfügung gestellten Geschäftswagens im Sinne einer verdeckten Gewinnausschüttung als steuerbaren Betriebsertrag betrachtete, stufte die SUVA diese Kosten AHV-rechtlich gesehen als massgebenden Lohn und aus unfallversicherungsrechtlicher Sicht demnach als der Prämienberechnung zugrunde zu legenden versicherten Verdienst ein. Laut Angaben in der Beschwerdeschrift erliess auch das Amt für AHV und IV des Kantons Thurgau am 22. Oktober 2010 eine in die gleiche Richtung gehende Verfügung wie die SUVA, gegen welche Einsprache erhoben wurde, wobei diesbezüglich noch kein Entscheid ergangen sei. Damit liegen steuer- und beitragsrechtlich unterschiedliche Qualifikationen dieses Kostenanteiles vor, was nach Ansicht der Beschwerdeführerin nicht zulässig ist und wogegen sie sich zur Wehr setzt.
 
3.1 Zur Begründung ihres Standpunktes wird insoweit eine unvollständige Sachverhaltsfeststellung geltend gemacht, als eine Abklärung des Ausmasses der tatsächlichen privaten Nutzung des fraglichen Fahrzeuges unterblieben sei; dies rechtfertige die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und die Rückweisung an die Vorinstanz oder die Beschwerdegegnerin zu weiteren Erhebungen. Dieser Betrachtungsweise kann nicht beigepflichtet werden. Nachdem die private Nutzung des Geschäftswagens in der der Vorinstanz eingereichten Beschwerde noch ausdrücklich eingeräumt worden ist, durfte von einer regelmässigen privaten Verwendung ausgegangen werden. Dass und gegebenenfalls inwiefern eine solche Nutzung - sei es in zeitlicher Hinsicht oder etwa mittels Limitierung der gefahrenen Kilometer - eingeschränkt gewesen sei, wird jedenfalls nicht dargelegt und ist auch nicht anzunehmen, nachdem der Geschäftsführer und dessen Ehefrau die einzigen Gesellschafter der beschwerdeführerischen Firma sind. Unter diesen Umständen wäre es realitätsfremd, von einer nur beschränkten Verfügbarkeit des zur Diskussion stehenden Wagens auszugehen. Der Wirklichkeit entsprechen dürfte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, dass für den Geschäftsführer zumindest die Möglichkeit bestand, das Fahrzeug - wenn es nicht gerade aus betrieblichen Gründen anderweitig im Einsatz stand - bei Bedarf jederzeit zu benutzen. Auf diese naheliegende und mangels anderweitiger Indizien kaum anders denkbare Sachverhaltsvariante durfte die Vorinstanz abstellen, ohne dass es dazu näherer Abklärungen bedurft hätte. Dass replikweise vorgebrachte, aber durch nichts belegte abweichende Darlegungen im angefochtenen Entscheid als "reine Schutzbehauptung" bezeichnet wurden, ist nicht mangels weiterer Abklärungen als rechtswidrig zu beanstanden. Daran ändert nichts, dass der Geschäftsführer zusätzlich ein eigenes Fahrzeug besitzt und angeblich selten auf den Geschäftswagen zurückgreift. Es genügt, dass er die Möglichkeit dazu hat. Auf die Intensität der effektiven Nutzung kann es nicht ankommen, weshalb insoweit nicht von einem unvollständig abgeklärten Sachverhalt gesprochen werden kann, welcher rechtserheblich und im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG für den Ausgang des Verfahrens entscheidend wäre (E. 1 hievor).
 
3.2 Weiter beruft sich die Beschwerdeführerin - wie schon die SUVA in ihrem Einspracheentscheid vom 9. Februar 2011, nicht aber die Vorinstanz - auf Rz. 2010, 2011 und 2012 WML (gültig ab 1. Januar 2008, Stand 1. Januar 2010). Sie will damit belegen, dass es nicht angehe, Zuwendungen an mitarbeitende Gesellschafter steuerrechtlich als zum Reingewinn einer juristischen Person zählende verdeckte Gewinnausschüttung, beitragsrechtlich aber gleichzeitig als massgebenden Lohn des geschäftsführenden Gesellschafters zu behandeln.
 
3.2.1 Dazu ist zunächst festzuhalten, dass sich Verwaltungsweisungen an die Durchführungsstellen richten, für Sozialversicherungsgerichte aber nicht verbindlich sind. Diese sollen sie bei ihrer Entscheidfindung zwar berücksichtigen, sofern sie eine dem Einzelfall angepasste und gerecht werdende Auslegung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen zulassen. Das Gericht weicht also nicht ohne triftigen Grund von Verwaltungsweisungen ab, wenn diese eine überzeugende Konkretisierung der rechtlichen Vorgaben darstellen. Insofern wird dem Bestreben der Verwaltung, durch interne Weisungen eine rechtsgleiche Gesetzesanwendung zu gewährleisten, Rechnung getragen (BGE 133 V 587 E. 6.1 S. 591; 133 V 257 E. 3.2 S. 258 mit Hinweisen; vgl. BGE 133 II 305 E. 8.1 S. 315). Vor diesem Hintergrund könnte der Vorinstanz aber nicht in grundsätzlicher Weise vorgehalten werden, unzulässigermassen von bestimmten Randziffern der WML abgewichen zu sein, stellen diese doch keine in jedem Fall verbindlichen Rechtssätze dar, von welchen abzuweichen von vornherein ausgeschlossen wäre. Dazu besteht indessen ohnehin kein Grund, da ihr Entscheid mit den von SUVA und Beschwerdeführerin angerufenen Weisungsbestimmungen nicht unvereinbar ist, wie sich aus nachstehenden Erwägungen ergibt.
 
3.2.2 Wohl versehentlich hat die Beschwerdeführerin Rz. 2010 WML falsch wiedergegeben, indem sie schreibt, Zuwendungen aus dem Reingewinn einer juristischen Person an ihre Arbeitnehmenden, die gleichzeitig an der Gesellschaft beteiligt sind, gehörten unbekümmert der verwendeten Bezeichnung zum massgebenden Lohn, wenn das Arbeitsverhältnis nicht den ausschlaggebenden Grund für deren Ausrichtung bildet. Demgegenüber sieht Rz. 2010 WML vor, dass solche Zuwendungen gerade dann zum massgebenden Lohn gehören, wenn der ausschlaggebende Grund für deren Ausrichtung im Arbeitsverhältnis zu sehen ist. Die Argumentation in der Beschwerdeschrift, wonach das Geschäftsfahrzeug nicht aus arbeitsrechtlichen oder -vertraglichen Gründen, sondern ausschliesslich aufgrund der Stellung als Gesellschafter und Geschäftsführer zur Verfügung gestellt werde, deutet darauf hin, dass die Beschwerdeführerin trotz fehlerhafter Wiedergabe korrekt vom effektiven Wortlaut der Rz. 2010 WML ausgegangen ist. Nicht ersichtlich ist indessen, inwiefern nur die Stellung als Gesellschafter, mithin einzig das Gesellschafterverhältnis ausschlaggebender Grund für das Anbieten eines Fahrzeuges sein sollte. Immerhin liegt der Tätigkeit als Geschäftsführer auch ein Arbeitsverhältnis zugrunde, das ebenso gut Anlass für die Gewährung einer Geschäftswagennutzung auch für private Zwecke bilden kann. Tatsächlich dürfte es angesichts der konkreten Struktur der beschwerdeführerischen Firma mit zwei Ehepartnern als einzigen Gesellschaftern unmöglich sein, den effektiven Grund dafür zuverlässig auszumachen, kann doch den Aussagen dieser Gesellschafter über innere und daher nicht überprüfbare Beweggründe keine ernsthafte Beweiskraft beigemessen werden. Aus Rz. 2010 WML lässt sich deshalb weder eine im kantonalen Entscheid enthaltene Rechtswidrigkeit noch ein offensichtlich unrichtig festgestellter Sachverhalt ableiten, der diesem zugrunde liegen würde.
 
3.2.3 Von Rz. 2011 WML gibt die Beschwerdeführerin lediglich den Wortlaut wieder, ohne anzugeben, wie daraus auf eine der Vorinstanz anzulastende Rechtswidrigkeit oder eine mangelhafte Sachverhaltsfeststellung sollte geschlossen werden können. Darauf ist mangels hinreichender Beschwerdebegründung nicht weiter einzugehen.
 
3.2.4 Rz. 2012 WML schliesslich lautet nicht so eindeutig, wie dies von der Beschwerdeführerin dargestellt wird. Inwiefern die Nutzung eines Geschäftswagens nicht als - wie von der SUVA angenommen - zum massgebenden Lohn gehöriger regelmässiger Naturalbezug im Sinne von Art. 7 lit. f AHVV, sondern als dem Organ einer juristischen Person ausgerichtete Vergütung in Form eines Salärs, eines Verwaltungsratshonorars, einer Gratifikation oder einer Umsatzprovision gelten sollte, weil die Steuerverwaltung diese dem Reingewinn zugerechnet hat, ergibt sich aus Rz. 2012 jedenfalls nicht zwingend, was schon die Verwendung des Ausdrucks "üblicherweise" zeigt. Da Zuwendungen aus dem Reingewinn einer juristischen Person - wie im kantonalen Entscheid richtig festgehalten - unter Umständen tatsächlich massgebenden Lohn bilden können, liegt auch unter diesem Gesichtspunkt keine Bundesrechtsverletzung vor. Dass - wie in der Beschwerde geltend gemacht - das gleichzeitige Vorliegen von Arbeitsentgelt und verdeckter Gewinnausschüttung begriffsnotwendig ausgeschlossen wäre, trifft jedenfalls nicht zu. Dem steht auch das Gebot der Einheit und Widerspruchslosigkeit der Rechtsordnung nicht entgegen. Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden.
 
3.3 Nachdem sich aus den von der Beschwerdeführerin angeführten Randziffern der WML keine Mangelhaftigkeit des kantonalen Entscheids ableiten lässt, welche ein Eingreifen des Bundesgerichts angesichts seiner eingeschränkten Kognitionsbefugnis rechtfertigen liesse, und sich dieser im Rahmen der der Vorinstanz zustehenden Beurteilungskompetenz hält, muss es mit der Qualifikation des Kostenanteils für die Nutzung des beschwerdeführerischen Geschäftsfahrzeuges als der Erhebung von Unfallversicherungsprämien unterliegender massgebender Lohn sein Bewenden haben.
 
4.
 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten (Art. 65 Abs. 1, 2 und 3 lit. a BGG) von der Beschwerdeführerin als unterliegender Partei zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 13. Februar 2012
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Ursprung
 
Der Gerichtsschreiber: Krähenbühl
 
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