BGer 9C_860/2011 | |||
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BGer 9C_860/2011 vom 14.03.2012 | |
Bundesgericht
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Tribunal fédéral
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Tribunale federale
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{T 0/2}
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9C_860/2011
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Urteil vom 14. März 2012
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II. sozialrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
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Bundesrichter Borella, Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
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Gerichtsschreiber Scartazzini.
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Verfahrensbeteiligte | |
Bundesamt für Sozialversicherungen, Effingerstrasse 20, 3003 Bern,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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1. IV-Stelle des Kantons Zürich,
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Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
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2. L.________, vertreten durch
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die Beratungsstelle für Ausländer,
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Beschwerdegegnerinnen.
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Gegenstand
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Invalidenversicherung,
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Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 29. September 2011.
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Sachverhalt:
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A.
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Mit Verfügung vom 15. August 1997 hatte die IV-Stelle des Kantons Zürich den Anspruch von L.________ auf eine Invalidenrente verneint, da sie gemäss ärztlicher Beurteilung ihre Arbeitsfähigkeit durch eine ambulante oder stätionäre psychiatrische Behandlung hätte steigern können. Mit Urteil vom 28. Februar 2000 hatte das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich eine Beschwerde der Versicherten gutgeheissen und für die Zeit ab dem 1. November 1996 ihren Anspruch auf eine ganze Rente (Invaliditätsgrad von 100 %) festgestellt. In den Jahren 2000/2001 und 2004 führte die IV-Stelle Revisionsverfahren durch und bestätigte jeweils den Anspruch auf eine ganze Rente. Auch in den Jahren 2006 und 2008 leitete die IV-Stelle Rentenrevisionen in die Wege und bestätigte den Anspruch auf die bisherige ganze Rente. Gleichzeitig auferlegte sie der Versicherten unter dem Titel der Schadenminderungspflicht am 13. April 2007 die Aufnahme einer Psychotherapie, die Einnahme der vom Psychotherapeuten verordneten Psychopharmaka und eine eventuelle Hospitalisation, am 15. Dezember 2008 die Aufnahme einer intensiven fachärztlichen psychiatrischen Behandlung mit Kontrolle des Medikamentenspiegels, beide Male mit Ankündigung, dass sie den Rentenanspruch im Unterlassungsfall anlässlich der nächsten amtlichen Revision so beurteilen werde, wie wenn die Behandlung erfolgt wäre.
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Im Juni 2009 ging die IV-Stelle davon aus, die Versicherte sei der ihr auferlegten Schadenminderungspflicht nicht nachgekommen, wobei sie bei erfolgreicher Durchführung der psychiatrischen Behandlung eine 50%ige Arbeitsfähigkeit in einer angepassten Tätigkeit erlangt hätte. Mit Vorbescheid vom 6. April 2010 teilte sie ihr mit, dass sie die bisherige ganze auf eine halbe Rente herabzusetzen gedenke. Mit ihren Einwendungen liess die Versicherte einen Bericht von Dr. med. K.________, Fachärztin FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 16. April 2010 einreichen, in dem die Ärztin über die seit dem 15. April 2010 erfolgte Behandlungsaufnahme informierte. Mit Verfügung vom 5. Juli 2010 setzte die IV-Stelle die bisherige Leistung mit Wirkung ab dem 1. September 2010 auf eine halbe Rente bei einem Invaliditätsgrad von 50 % herab.
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B.
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Die dagegen erhobene Beschwerde mit dem Antrag, die Ausrichtung einer ganzen Rente sei auch weiterhin zu gewähren, hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 29. September 2011 gut.
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C.
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Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt, bei Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde sei diese in Aufhebung des kantonalen Entscheides gutzuheissen.
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D.
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Mit Verfügung vom 2. Dezember 2011 hat das Bundesgericht der Beschwerde des Bundesamtes für Sozialversicherungen die Suspensivwirkung zuerkannt.
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Erwägungen:
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1.
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Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zu Grunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
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2.
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Vorinstanz und Beschwerdeführer haben die gesetzlichen Bestimmungen und von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze bezüglich der Zumutbarkeit der Behandlung im Sinne von Art. 21 Abs. 4 ATSG (vgl. SVR 2008 IV Nr. 7 S. 19 ff., I 824/06 E. 3 und 4; Urteile 9C_686/2009 vom 22. Dezember 2009 E. 3 und 8C_128/2007 vom 14. Januar 2008 E. 3.3) richtig dargelegt. Hierauf wird verwiesen.
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3.
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3.1 Die Vorinstanz anerkennt zu Recht, dass die Voraussetzungen für eine Rentenherabsetzung zufolge ungenügender Kooperation gemäss Art. 21 Abs. 4 ATSG erfüllt sind. Sie fährt dann aber fort, die Versicherte sei der Auflage vom 15. Dezember 2008 doch noch nachgekommen und habe am 15. April 2010 Dr. med. K.________ aufgesucht, wie aus deren Bericht vom 16. April 2010 hervorgehe. Dies sei zwar offensichtlich erst unter dem konkreten Druck der mit Vorbescheid vom 6. April 2010 in Aussicht gestellten Rentenherabsetzung geschehen. Dennoch erscheine eine solche "zu einem Zeitpunkt, in dem sich die Beschwerdeführerin (Versicherte) der ihr auferlegten Therapie nunmehr unterzog, unter den konkreten Umständen nicht als verhältnismässig". Denn die Beschwerdegegnerin (IV-Stelle) habe während vieler Jahre davon abgesehen, die Versicherte zu einer regelmässigen Therapie anzuhalten. Die IV-Stelle habe aufgrund ihrer Erfahrungen mit dem ersten Versuch vom April 2007 nicht ohne weiteres damit rechnen können, dass die Versicherte durch ihre Ärzte genügend Unterstützung erfahren hätte, zumal diese auch keine Behandlungsmöglichkeiten gesehen hätten. Unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismässigkeit erscheine es daher als problematisch, dass die IV-Stelle die Versicherte nach der Aufforderung vom Dezember 2008 bis zur Aufnahme des nächsten Revisionsverfahrens vom Juni 2009 allein gelassen und auf diese Weise eine erneute Schadenminderungspflichtverletzung in Kauf genommen habe. Vielmehr wäre eine solche Verletzung möglicherweise zu vermeiden gewesen, wenn die IV-Stelle der Versicherten die Weisung erteilt hätte, ihr bereits nach einigen Wochen mitzuteilen, ob und bei wem sie sich in die angeordnete Behandlung begeben habe, und wenn sie sich dabei hätte ermächtigen lassen, direkt mit dem behandelnden Psychiater Kontakt aufzunehmen, und die Versicherte auf diese Weise bei ihrem Eingliederungsversuch enger begleitet hätte.
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3.2 Dem kann nicht beigepflichtet werden. Es verletzt Bundesrecht, wenn die Vorinstanz die Schadenminderungslast, welche die versicherte Person trifft, auf die Durchführungsstelle überwälzt. In diesem Sinn hat das Bundesgericht in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass die Obliegenheit zur Schadenminderung sich direkt an die versicherte Person richtet (vgl. Urteil 9C_686/2009 vom 22. Dezember 2009 E. 3 in fine). Davon abgesehen, kann eine so nahe Begleitung der versicherten Person, wie sie der Vorinstanz vorschwebt, im Rahmen der Massenverwaltung realistischerweise nicht verlangt werden. In casu war die Frage der adäquaten Therapie im Verlaufe der Jahre bei verschiedenen Anlässen immer wieder thematisiert worden, weshalb es der urteilsfähigen Versicherten klar sein musste und konnte, dass sie die zumutbaren Therapiemöglichkeiten auszuschöpfen hatte, was sie aber nicht einmal bei der ärztlich verordneten Medikation tat, wie aus einem Gutachten von Dres. med. A.________ und S.________ vom 3. Dezember 2008 klar hervorgeht.
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3.3 Nach dem Gesagten ist der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben, wobei die offensichtlich begründete Beschwerde nach Art. 109 Abs. 2 lit. b BGG im vereinfachten Verfahren und mit summarischer Begründung zu erledigen ist.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 29. September 2011 wird aufgehoben.
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2.
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Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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3.
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Dieses Urteil wird den Parteien und dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.
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Luzern, 14. März 2012
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Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Meyer
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Der Gerichtsschreiber: Scartazzini
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