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Informationen zum Dokument  BGer 9C_84/2012  Materielle Begründung
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BGer 9C_84/2012 vom 26.03.2012
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
9C_84/2012
 
Urteil vom 26. März 2012
 
II. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
 
Bundesrichter Borella, Bundesrichterin Glanzmann,
 
Gerichtsschreiber R. Widmer.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
B.________,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Ausgleichskasse Schwyz, Rubiswilstrasse 8, 6438 Ibach,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Alters- und Hinterlassenenversicherung (Verzugszinsen),
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz vom 29. November 2011.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Gestützt auf eine Meldung der Steuerverwaltung Schwyz vom 14. April 2010 über das von B.________ im Jahre 2007 als gewerbsmässige Liegenschaftenhändlerin erzielte Einkommen stellte die Ausgleichskasse Schwyz dieser einen Fragebogen zur Abklärung der Beitragspflicht zu. Am 1. Juni 2010 füllte B.________ den Fragebogen aus. Nachdem am 21. Oktober 2010 bei der Ausgleichskasse eine weitere Steuermeldung für 2008 eingegangen war, verfügte die Ausgleichskasse am 10. Mai 2011 die von B.________ für die Jahre 2007 und 2008 als Selbstständigerwerbende geschuldeten Beiträge.
 
Mit Verfügung vom 17. Juni 2011 verpflichtete die Ausgleichskasse B.________ zur Bezahlung eines Verzugszinses von 5 % für die Periode vom 1. Januar 2008 bis 10. Mai 2011 im Betrag von Fr. 12'369.35 sowie für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis 10. Mai 2011 in der Höhe von Fr. 8'025.- (total Fr. 20'394.35) auf den für 2007 und 2008 nachgeforderten Beiträgen.
 
Daran hielt die Ausgleichskasse mit Einspracheentscheid vom 19. September 2011 fest.
 
B.
 
Die von B.________ hiegegen eingereichte Beschwerde, mit welcher sie die Aufhebung der Verzugszinsverfügung beantragt hatte, wies das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz ab (Entscheid vom 21. November 2011).
 
C.
 
B.________ führt Beschwerde in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, der vorinstanzliche Entscheid und die Verzugszinsverfügung seien aufzuheben.
 
Erwägungen:
 
1.
 
Nach Art. 26 Abs. 1 Satz 1 ATSG sind für fällige Beitragsforderungen und Beitragsrückerstattungsansprüche Verzugs- und Vergütungszinsen zu leisten. Die zum früheren Art. 14 Abs. 4 lit. e AHVG erlassene Ausführungsbestimmung des Art. 41bis AHVV, die auch nach Inkrafttreten des ATSG am 1. Januar 2003 anwendbar bleibt (BGE 134 V 202 E. 1 S. 203), haben u.a. Verzugszinsen zu entrichten:
 
a) Beitragspflichtige im Allgemeinen auf Beiträgen, die sie nicht innert 90 Tagen nach Ablauf der Zahlungsperiode bezahlen, ab Ablauf der Zahlungsperiode;
 
b) Beitragspflichtige auf für vergangene Kalenderjahre nachgeforderten Beiträgen, ab dem 1. Januar nach Ablauf des Kalenderjahres, für welches die Beiträge geschuldet sind.
 
2.
 
2.1 Die Vorinstanz hat die Verzugszinspflicht der Beschwerdeführerin sowie die Höhe der von der Ausgleichskasse festgesetzten Verzugszinsen bestätigt. Die Einwände gegen die Verzugszinspflicht hat sie mit zutreffender Begründung entkräftet und insbesondere zu Recht festgehalten, dass ein Verschulden am Verzug nicht vorausgesetzt ist (BGE 134 V 202 E. 3.3.1 S. 206 mit Hinweisen).
 
2.2 Die Beschwerdeführerin beruft sich zunächst auf die Antwort des Bundesrates auf ein Postulat von Ständerat Maximilian Reimann vom 18. Dezember 2006; danach könne in Fällen, in welchen die Ausgleichskasse ein Verschulden an der Entstehung der Verzugszinsen trifft, im Rahmen der Rechtsordnung eine einzelfallbezogene Lösung getroffen werden. Eine solche Lösung habe die Ausgleichskasse in ihrem Fall nicht geprüft. Da sie im Zeitpunkt der Forderung noch nicht ahv-pflichtig gewesen, sondern erst am 3. Mai 2011 rückwirkend beitragspflichtig geworden sei, finde Art. 41bis Abs. 1 lit. b AHVV keine Anwendung. Da bis 3. Mai 2011 ihr gegenüber keine Forderung bestanden habe, entfalle die Verzugszinspflicht für Nachforderungen. Die am 10. Mai 2011 verfügten Beiträge habe sie fristgerecht entrichtet. Der Ausgleichskasse sei schon vor dem 10. Juni 2010 bekannt gewesen, dass sie beitragspflichtig ist. Es sei dieser als Verschulden anzulasten, dass sie es versäumt hat, Akonto-Zahlungen zu verlangen.
 
3.
 
3.1 Soweit die Beschwerdeführerin ein Verschulden der Ausgleichskasse behauptet, weil diese die Beiträge erst verspätet eingefordert habe, kann ihr nicht beigepflichtet werden. Die Ausgleichskasse erhielt mit der Meldung der kantonalen Steuerverwaltung Schwyz vom 14. April 2010 Kenntnis von der Erwerbstätigkeit der Beschwerdeführerin im Jahre 2007. Nach Eingang des von der Beschwerdeführerin ausgefüllten Fragebogens am 7. Juni 2010 forderte die Ausgleichskasse die Versicherte am 10. Juni 2010 auf, zusätzliche Unterlagen über ihre Geschäftstätigkeit einzureichen. Da die Beschwerdeführerin dieser Aufforderung nicht nachkam, liess ihr die Verwaltung am 3. August 2010 eine Mahnung zukommen. Am 21. Oktober 2010 ging bei der Ausgleichskasse sodann die Meldung über die Steuerveranlagung 2008 ein. Am 14. Dezember 2010 und 9. Februar 2011 folgten weitere Mahnungen. Am 29. April 2011 sandte ein Treuhandbüro die eingeforderten Unterlagen, worauf die Ausgleichskasse am 10. Mai 2011 die Beiträge für die Jahre 2007 und 2008 verfügte. Aus dieser Chronologie wird ohne weiteres ersichtlich, dass die Verwaltung alles Mögliche und Erforderliche getan hat, um die Beitragsverfügungen innert angemessener Frist zu erlassen. Für eine von der Beschwerdeführerin angestrebte einzelfallbezogene Lösung bestand keinerlei Veranlassung, ohne dass hier geprüft werden müsste, ob eine solche grundsätzlich in Betracht fiele und wie sie gegebenenfalls auszugestalten wäre.
 
3.2 Weiter trifft es nicht zu, dass Art. 41bis Abs. 1 lit. b AHVV nicht auf die Beschwerdeführerin anwendbar sei. Gestützt auf die Meldung der kantonalen Steuerverwaltung für das Jahr 2007 vom 14. April 2010 musste die Ausgleichskasse davon ausgehen, dass die Versicherte im Verlaufe des Jahres 2007 eine selbstständige Erwerbstätigkeit aufgenommen hatte. Entgegen ihren Vorbringen war sie daher für die Jahre 2007/08, für welche die Ausgleichskasse Beiträge auf Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit nachgefordert hat, beitragspflichtig, womit auch die Voraussetzungen für die Verzugszinspflicht im Sinne von Art. 41bis Abs. 1 lit. b AHVV gegeben sind. Dass die Versicherte erst seit 3. Mai 2011 als Selbstständigerwerbende beitragspflichtig sei, wie sie behauptet, trifft offensichtlich nicht zu. Vielmehr begann ihre Beitragspflicht mit Aufnahme der selbstständigen Erwerbstätigkeit im Jahre 2007. Der von zahlreichen, von der Verwaltung nur teilweise bestimmbaren Faktoren abhängige Zeitpunkt des Erlasses der Beitragsverfügungen (10. Mai 2011) ist demgegenüber für den Beginn der Beitragspflicht unerheblich.
 
4.
 
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der unterliegenden Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'600.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 26. März 2012
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Meyer
 
Der Gerichtsschreiber: Widmer
 
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