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Informationen zum Dokument  BGer 4A_591/2011  Materielle Begründung
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BGer 4A_591/2011 vom 17.04.2012
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
4A_591/2011
 
Urteil vom 17. April 2012
 
I. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
 
Bundesrichter Corboz,
 
Bundesrichterin Rottenberg Liatowitsch,
 
Bundesrichter Kolly, Bundesrichterin Kiss,
 
Gerichtsschreiberin Schreier.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________ AG,
 
vertreten durch Advokat Daniel Plüss,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Y.________ AG,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Philipp Dobler,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Kaufvertrag,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Schwyz, 1. Zivilkammer, vom 30. August 2011.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
A.a Die Y.________ AG (Beklagte und Beschwerdegegnerin) lieferte der X.________ AG (Klägerin und Beschwerdeführerin) bzw. deren deutschen Vertriebsgesellschaft ab 2002 bis anfangs 2005 229'000 Warensicherungsetiketten. Danach wurde die Klägerin bzw. die deutsche Vertriebsgesellschaft von der A.________ AG beliefert. Diese lieferte insgesamt 202'000 Warensicherungsetiketten.
 
A.b Am 15. März 2007 schloss die Klägerin anlässlich einer Verhandlung vor dem Landgericht Frankfurt einen Vergleich mit B.________, nachdem dieser Verletzungen seines Geschmacksmusterrechts Z.________ eingeklagt hatte. In diesem Vergleich verpflichtete sich die Klägerin, in ihrem Besitz und/oder Eigentum befindliche Warensicherungsetiketten auf ihre Kosten zu vernichten. Die Klägerin entsorgte in der Folge 317'295 Warensicherungsetiketten.
 
A.c Die Klägerin forderte darauf von der Beklagten die Bezahlung ihres Anteils an den Kosten, welche ihr durch das deutsche Gerichtsverfahren sowie die Vernichtung und Neuanschaffung der Etiketten entstanden sein sollen. Die Beklagte lehnte eine Zahlung ab.
 
B.
 
B.a Mit Klage beim Bezirksgericht March forderte die Klägerin, es sei die Beklagte zur Zahlung von Fr. 210'464.-- zuzüglich 7.6 % MWSt auf Fr. 164'735.55 zu verurteilen.
 
Mit Urteil vom 21. Dezember 2010 wies das Bezirksgericht March die Klage ab.
 
B.b Gegen dieses Urteil reichte die Klägerin beim Kantonsgericht Schwyz Berufung ein mit dem Begehren, es sei das Urteil des Bezirksgerichts March aufzuheben und es sei das Verfahren an das Bezirksgericht zurückzuweisen. Eventualiter stellte sie den Antrag, die Beklagte sei zur Zahlung von Fr. 118'663.-- zu verurteilen.
 
Mit Urteil vom 30. August 2011 wies das Kantonsgericht Schwyz die Berufung ab und bestätigte das angefochtene Urteil, soweit es die Klage nicht als durch Teilrückzug erledigt abschrieb.
 
C.
 
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 29. September 2011 beantragt die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht, es sei das Urteil des Kantonsgerichts Schwyz aufzuheben und das Verfahren zur weiteren Abklärung des Sachverhalts an das Bezirksgericht March zurückzuweisen.
 
Die Beschwerdegegnerin beantragt die Abweisung der Beschwerde. Die Vorinstanz beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist.
 
D.
 
Am 17. April 2012 führte das Bundesgericht eine öffentliche Urteilsberatung durch.
 
Erwägungen:
 
1.
 
Die Beschwerde richtet sich gegen einen verfahrensabschliessenden Entscheid (Art. 90 BGG) einer oberen kantonalen Instanz, die auf ein Rechtsmittel hin kantonal letztinstanzlich in einer Zivilsache entschieden hat (Art. 75 i.V.m. Art. 72 BGG), die Rechtsbegehren der Beschwerdeführerin sind im kantonalen Verfahren nicht geschützt worden (Art. 76 Abs. 1 BGG), der massgebende Streitwert beträgt mehr als Fr. 30'000.-- (Art. 51 i.V.m. Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) und die Beschwerdefrist ist eingehalten (Art. 100 Abs. 1 BGG).
 
2.
 
2.1 Nach Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG müssen Entscheide, die der Beschwerde an das Bundesgericht unterliegen, die massgebenden Gründe tatsächlicher und rechtlicher Art enthalten. Aus dem Entscheid muss klar hervorgehen, von welchem festgestellten Sachverhalt die Vorinstanz ausgegangen ist und welche rechtlichen Überlegungen sie angestellt hat (BGE 135 II 145 E. 8.2 mit Hinweisen). Nur so kann das Bundesgericht die korrekte Rechtsanwendung im Einzelfall überprüfen (BGE 135 II 145 E. 8.2). Einen Entscheid, der diesen Anforderungen nicht genügt, kann das Bundesgericht an die kantonale Behörde zur Verbesserung zurückweisen oder aufheben (Art. 112 Abs. 3 BGG).
 
2.2 Zwischen den Parteien ist umstritten, welche Tatsachen die Beschwerdeführerin zu beweisen hat. Nach deren Ansicht hat die Vorinstanz Art. 42 CISG verletzt, indem sie ihr zu Unrecht die Beweislast dafür überbunden habe, dass die Beschwerdegegnerin nicht vertragsgemässe Ware geliefert habe. Denn der Käufer habe nach Art. 42 CISG in dieser Hinsicht nur nachzuweisen, dass ein Dritter ihm gegenüber ein Schutzrecht beansprucht habe. Nach Ansicht der Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin hingegen zu beweisen, dass die von ihr gelieferte Ware Schutzrechte Dritter effektiv verletzt haben.
 
2.3 Nach Art. 42 Abs. 1 CISG hat der Verkäufer Ware zu liefern, die frei von Rechten oder Ansprüchen Dritter ist, die auf gewerblichem oder anderem geistigen Eigentum beruhen und die der Verkäufer bei Vertragsabschluss kannte oder über die er nicht in Unkenntnis sein konnte, vorausgesetzt, das Recht oder der Anspruch beruht auf gewerblichem oder anderem geistigen Eigentum. Erfüllt der Verkäufer diese Pflicht nicht, so kann der Käufer nach Art. 45 Abs. 1 CISG die in den Art. 46-52 CISG vorgesehenen Rechte ausüben oder Schadenersatz nach der Art. 74-77 CISG verlangen.
 
Den Käufer trifft nach auch in der Lehre unbestrittener Ansicht die Beweislast dafür, dass Schutzrechte oder -ansprüche Dritter geltend gemacht werden (vgl. nur MAGNUS, in: Honsell [Hrsg.], Kommentar zum UN-Kaufrecht, 2. Aufl. 2010, N. 20 zu Art. 42 CISG; SCHWENZER, in: Schlechtriem/Schwenzer, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 5. Aufl. 2008, N. 29 zu Art. 42 CISG). Nicht erforderlich ist demnach, dass die geltend gemachten Schutzansprüche effektiv begründet sind (CHRISTOPH BRUNNER, UN-Kaufrecht - CISG, 2004, N. 4 zu Art. 42 CISG). Wie sich bereits aus dem Wortlaut von Art. 42 CISG ergibt, bestehen Ansprüche aus Rechtsgewährleistung indessen nur gegen jenen Verkäufer, in Bezug auf dessen Ware Ansprüche Dritter geltend gemacht werden. Hat der Käufer mehrere Lieferanten und bestreitet der Verkäufer, dass die Drittansprüche die von ihm gelieferte Ware betreffen, reicht der blosse Nachweis des Käufers, dass Schutzansprüche Dritter geltend gemacht wurden, nicht. Solches lässt sich auch nicht aus den zitierten Kommentaren ableiten. Denn es erscheint selbstverständlich, dass sich diese Ansprüche jeweils auf die Ware des belangten Verkäufers beziehen müssen und nicht etwa auf die Ware eines anderen Verkäufers (vgl. auch deutlich SCHÖNLE/HIGI, Zürcher Kommentar, 3. Aufl. 2005, N. 26 zu Art. 194 OR).
 
2.4 Dem vorinstanzlichen Urteil lässt sich nicht mit der nötigen Klarheit entnehmen, ob die Vorinstanz diese Grundsätze in ihrer Urteilsbegründung rechtskonform angewendet hat. Während zu Beginn in E. 3 zutreffend dargelegt wird, dass es nicht darauf ankomme, ob B.________ das Geschmacksmusterrecht zu Recht oder Unrecht gegen die Beschwerdeführerin geltend mache, führt die Vorinstanz etwa in E. 4a aus, der Beschwerdeführerin obliege der Hauptbeweis dafür, dass die Beschwerdegegnerin unlizenzierte Warensicherungsetiketten verkauft habe. Unklar ist indessen insbesondere, für welche Tatsachen die Vorinstanz den Beweis als gelungen bzw. gescheitert betrachtet hat. Namentlich geht aus dem vorinstanzlichen Urteil nicht hervor, ob die Beschwerdegegnerin bestritten hat, dass sich die von B.________ geltend gemachten Ansprüche auf die von der Beschwerdegegnerin gelieferten Sicherheitsetiketten bezogen hätten. Ohne diese Angaben ist es dem Bundesgericht nicht möglich, den vorliegenden Fall zu beurteilen. Das angefochtene Urteil ist daher mangels hinreichend klarer Angabe der massgebenden Gründe tatsächlicher und rechtlicher Art in Anwendung von Art. 112 Abs. 3 BGG aufzuheben und an die Vorinstanz zu neuer Entscheidung zurückzuweisen.
 
3.
 
Nach dem Gesagten ist das Urteil des Kantonsgerichts Schwyz vom 30. August 2011 aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. Bei diesem Verfahrensausgang wird die Beschwerdegegnerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 sowie Art. 68 Abs. 2 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Das Urteil des Kantonsgerichts Schwyz vom 30. August 2011 wird aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
 
3.
 
Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 6'000.-- zu entschädigen.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Schwyz, 1. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 17. April 2012
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Klett
 
Die Gerichtsschreiberin: Schreier
 
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