BGer 5A_865/2011 | |||
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BGer 5A_865/2011 vom 24.05.2012 | |
Bundesgericht
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Tribunal fédéral
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Tribunale federale
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{T 0/2}
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5A_865/2011
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Urteil vom 24. Mai 2012
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II. zivilrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
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Bundesrichter L. Meyer, Marazzi, von Werdt, Herrmann,
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Gerichtsschreiber Zbinden.
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Verfahrensbeteiligte | |
Stockwerkeigentümergemeinschaft MFH,
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vertreten durch Rechtsanwalt Viktor Peter,
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Beschwerdeführerin,
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gegen
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X.________,
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vertreten durch Rechtsanwalt Anton Frank,
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Beschwerdegegner.
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Gegenstand
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Anfechtung von Stockwerkeigentümergemeinschaftsbeschlüssen,
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Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern, 1. Abteilung, vom 21. September 2011.
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Sachverhalt:
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A.
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A.a A.________, X.________ sowie die B.________ AG sind Eigentümer des Grundstücks Nr. yyy, GB C.________, und bilden zusammen die Stockwerkeigentümergemeinschaft MFH (nachfolgend Stockwerkeigentümergemeinschaft). Deren Reglement vom 14. März 1997 enthält folgende, hier massgebende Bestimmungen:
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§ 18
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Beschlussfähigkeit und Stimmrecht
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Die Versammlung ist nur beschlussfähig, wenn alle Stockwerkeigentümer anwesend oder vertreten sind. Jede Stockwerkeinheit hat eine Stimme (Art. 712o ZGB). Die Beschlüsse bedürfen der Zustimmung von mindestens zwei Stockwerkeigentümern.
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........
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II. Der Verwalter
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§ 21 Bestellung
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Die Versammlung ernennt einen Verwalter auf die Dauer von zwei Jahren. Im Einverständnis aller Stockwerkeigentümer kann eine Drittperson mit der Verwaltung beauftragt werden.
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§ 30 Verweis auf das Gesetz
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Soweit dieses Reglement keine Regelung enthält, gelten die Vorschriften des Schweizerischen Zivilgesetzbuches über das Miteigentum (Art. 646 ff.) und das Stockwerkeigentum (Art. 712a ff.).
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A.b Am 16. Februar 2010 erfolgte die Einladung zu einer ausserordentlichen Stockwerkeigentümerversammlung auf den 11. März 2010, an welcher über zwei Traktanden, nämlich die Änderung von § 21 des Reglements (Bestellung des Verwalters) beschlossen und die D.________ AG, E.________, als Verwalterin gewählt werden sollte. Mit Schreiben vom 1. März 2010 gab X.________ bekannt, er werde an der Versammlung vom 11. März 2010 nicht teilnehmen; er sei aber bereit, sich zu allen Versammlungen einzufinden, für welche keine Reglementänderung traktandiert werde. Da somit die Versammlung vom 11. März 2010 nicht beschlussfähig war (§ 18 Abs. 1 Satz 1 des Reglements), wurde an diesem Tag eine zweite Versammlung mit den nämlichen Traktanden auf den 25. März 2010 einberufen. Mit Schreiben vom 22. März 2010 liess sich X.________ dahingehend vernehmen, er werde auch an der zweiten Versammlung nicht teilnehmen; mit § 18 des Reglements sei Art. 712p ZGB rechtsgültig abgeändert worden mit der Folge, dass auch die zweite, auf den 25. März 2010 einberufene Versammlung nicht beschlussfähig sei; überdies wiederholte er seine Bereitschaft, sich zu allen Versammlungen einzufinden, die keine Reglementänderung traktandierten. Die in Abwesenheit von X.________ durchgeführte zweite Versammlung änderte § 21 des Reglements und wählte die D.________ AG als Verwalterin der Stockwerkeigentümergemeinschaft.
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B.
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B.a Mit Klage vom 22. Juni 2010 beantragte X.________ dem Bezirksgericht E.________, "die an der ausserordentlichen Stockwerkeigentümerversammlung der Stockwerkeigentümergemeinschaft (betreffend das Stockwerkeigentumsgrundstück Nr. yyy, GB C.________) vom 25. März 2010 zur Änderung von § 21 des Reglements der Stockwerkeigentümergemeinschaft und betreffend die Wahl der D.________ AG als Verwalterin gefassten Beschlüsse seien aufzuheben bzw. für ungültig zu erklären." Der Kläger berief sich insbesondere auf die fehlende Beschlussfähigkeit der Versammlung. Die Stockwerkeigentümergemeinschaft schloss am 1. September 2010 auf Abweisung der Klage.
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B.b Mit Urteil vom 12. April 2011 wies das Bezirksgericht E.________ die Klage ab. Dagegen gelangte X.________ am 9. Mai 2011 mit Berufung an das Obergericht des Kantons Luzern mit dem Begehren um Gutheissung der Klage. Die Stockwerkeigentümergemeinschaft liess am 30. Juni 2011 Abweisung der Berufung beantragen. Mit Urteil vom 21. September 2011 hob das Obergericht des Kantons Luzern die angefochtenen Beschlüsse der ausserordentlichen Stockwerkeigentümerversammlung vom 25. März 2010 auf.
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C.
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Die Stockwerkeigentümergemeinschaft (Beschwerdeführerin) hat gegen das ihr am 10. November 2011 in vollständiger Ausfertigung zugestellte Urteil des Obergerichts vom 21. September 2011 mit Eingabe vom 12. Dezember 2011 (Postaufgabe) beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Sie beantragt, das obergerichtliche Urteil sei aufzuheben und das Urteil des Bezirksgerichts E.________ vom 12. April 2011 sei zu bestätigen.
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X.________ (Beschwerdegegner) beantragt mit Eingabe vom 26. Januar 2012, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Das Obergericht hat auf Vernehmlassung verzichtet.
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D.
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Die Beschwerde wurde an der Sitzung der II. zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts vom 24. Mai 2012 öffentlich beraten und das Urteil anschliessend an die Beratung und Abstimmung mündlich eröffnet.
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Erwägungen:
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1.
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1.1 Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid (Art. 75 Abs. 1 und Art. 90 BGG) betreffend Anfechtung von Beschlüssen der Stockwerkeigentümerversammlung. Dabei handelt es sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit (BGE 108 II 77 E. 1), deren Streitwert nach übereinstimmender Auffassung der Parteien Fr. 60'000.-- beträgt und somit den Betrag von Fr. 30'000.-- gemäss Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG übersteigt. Die begründete Ausfertigung des angefochtenen Urteils ist der Beschwerdeführerin am 10. November 2011 zugestellt worden, womit die dreissigtägige Rechtsmittelfrist (Art. 100 Abs. 1 BGG) infolge des Wochenendes vom 10./11. Dezember 2011 am Montag, 12. Dezember 2011 abgelaufen ist (Art. 45 Abs. 1 BGG). Die an diesem Tag der Post aufgegebene Beschwerde ist somit rechtzeitig erfolgt. Als Partei (Art. 76 Abs. 1 lit. a BGG), die unterlegen ist, hat die Beschwerdeführerin überdies ein schützenswertes Interesse an der Anfechtung des Entscheids (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG). Auf die Beschwerde ist somit einzutreten.
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1.2 Im vorliegenden Fall haben die kantonalen Instanzen die Frage nicht thematisiert, ob im Lichte von § 21 des Reglementes der Stockwerkeigentümergemeinschaft vom 14. März 1997 eine Änderung des Reglements nur mit Zustimmung aller Stockwerkeigentümer gültig beschlossen werden kann und - bejahendenfalls - ob diese Regelung mit dem Bundesrecht vereinbar ist. Von den kantonalen Instanzen nicht überprüft wurde sodann, ob mit Bezug auf die Auslegung des Reglements nicht in erster Linie der wirkliche Wille der Stockwerkeigentümer festzustellen war. Diese Fragen bilden auch nicht Gegenstand der Beschwerde. Auf diese Punkte ist somit im Rahmen des vorliegenden Urteils nicht einzugehen (Art. 106 Abs. 1 BGG; vgl. BGE 132 II 257 E. 2.5 S. 262; BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140).
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2.
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Das Obergericht hat erwogen, die Auslegung von Bestimmungen des Reglements der Stockwerkeigentümergemeinschaft habe nach dem Vertrauensprinzip zu erfolgen. Auszugehen sei dabei vom Wortlaut von § 18 Abs. 1 Satz 1 des Reglements, wonach die Versammlung nur als beschlussfähig gelte, wenn alle Stockwerkeigentümer anwesend oder vertreten seien. Der klare Wortlaut dieser Bestimmung, die nicht zwischen der ersten Versammlung und allfälligen weiteren Versammlungen unterscheide, habe in guten Treuen nur so verstanden werden dürfen, dass dieses Quorum auch für die zweite Versammlung gelte, womit - entgegen der Auffassung der Stockwerkeigentümergemeinschaft - keine Lücke anzunehmen sei.
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Die Beschwerdeführerin macht geltend, das Reglement der Stockwerkeigentümergemeinschaft äussere sich nicht zu den Folgen der Beschlussunfähigkeit. Mangels einer klaren Bestimmung, die diesen Sachverhalt regle, müsse § 18 des Reglements als lückenhaft bezeichnet werden mit der Folge, dass kraft des in § 30 des Reglements enthaltenen Verweises die Bestimmungen des ZGB zur Anwendung gelangen. Artikel 712p ZGB äussere sich für den Fall der Beschlussunfähigkeit der ersten Versammlung zum weiteren Vorgehen, wobei in Absatz 3 dieser Bestimmung das Quorum für die Beschlussfähigkeit der zweiten Versammlung festgelegt werde. Hätte die Versammlung der Stockwerkeigentümer dieser Bestimmung die Geltung versagen wollen, wäre es ein Leichtes gewesen, dies im Reglement ausdrücklich festzuhalten. Indem auf eine klare, d.h. Art. 712p Abs. 3 ZGB ausschliessende Regelung verzichtet worden sei, müsse das Reglement dahingehend verstanden werden, dass im Fall der Beschlussunfähigkeit der (ersten) Versammlung Art. 712p Abs. 3 ZGB zur Anwendung gelange. Das habe das Obergericht ausser Acht gelassen. Mit der fehlerhaften Anwendung des Vertrauensprinzips habe das Obergericht Bundesrecht verletzt.
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3.
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3.1 Nach Art. 712p Abs. 3 ZGB ist die zweite Versammlung der Stockwerkeigentümer beschlussfähig, wenn der dritte Teil aller Stockwerkeigentümer, mindestens aber zwei, anwesend sind. Der vorherrschenden Rechtsauffassung entsprechend handelt es sich dabei um eine relativ zwingende Bestimmung. Das Beschlussfähigkeitsquorum für die zweite Versammlung kann mit anderen Worten durch das Reglement zwar nicht erleichtert, wohl aber verschärft werden (MEIER-HAYOZ/ REY, Berner Kommentar, 1988, N. 14 zu Art. 712p ZGB; AMÉDÉO WERMELINGER, Zürcher Kommentar, 2010, N. 11 zu Art. 712p ZGB; ROLF H. WEBER, Die Stockwerkeigentümergemeinschaft, Diss. Zürich 1979, S. 376). Ob die Stockwerkeigentümer die Beschlussfähigkeit der zweiten Versammlung erschwert haben, ist hier anhand des Reglements für die Stockwerkeigentümergemeinschaft zu prüfen.
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3.2 Reglemente sind wie Beschlüsse einer Stockwerkeigentümerversammlung nach dem Vertrauensprinzip auszulegen (vgl. die Urteile 5C.246/2005 vom 6. Februar 2006 E. 3.4 und 5C.254/2006 vom 8. November 2007 E. 3.1). Es ist demnach zu ermitteln, wie die hier infrage stehende Reglementsbestimmung (§ 18 Abs. 1 Satz 1) nach den gesamten Umständen in guten Treuen verstanden werden durfte und musste (BGE 130 III 417 E. 3.2 S. 424 mit Hinweisen). Dabei ist bezüglich vorformulierter Satzungsbestimmungen einer Stockwerkeigentümergemeinschaft, die häufig nicht von den ihrer Anwendung Unterworfenen verfasst worden sind, stets diejenige Auslegung vorzuziehen, die den Text des Reglements gesamthaft erfasst und nicht Teile davon überflüssig werden lässt (vgl. BGE 133 III 406 E. 3.3 S. 412). Im Rahmen der Auslegung zu berücksichtigen ist sodann dass nicht anzunehmen ist, die Stockwerkeigentümer hätten eine unangemessene Lösung gewollt (vgl. BGE 126 III 119 E. 2c S. 121; 117 II 609 E. 6c S. 621; siehe zum Ganzen: Urteil 5A_222/2007 vom 4. Februar 2008 E. 3.3, nicht publiziert in BGE 134 III 237). Von Bedeutung für die Auslegung ist schliesslich allfälliges dispositives Gesetzesrecht. Da das dispositive Recht in der Regel die Interessen der Parteien ausgewogen wahrt, hat die Partei, die davon abweichen will, dies mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck zu bringen (BGE 115 II 264 E. 5a S. 268; 117 II 609 E. 6c S. 621; 119 II 368 E. 4b S. 372; 126 III 388 E. 9d S. 391). Diese für die Auslegung Allgemeiner Vertragsbedingungen (AVB) geschaffene Regel gilt auch für vorformulierte Reglementsbestimmungen einer Stockwerkeigentümergemeinschaft, die - wie erwähnt - häufig nicht von den ihrer Anwendung Unterworfenen verfasst worden sind (Urteil 5A_222/2007 vom 4. Februar 2008 E. 3.3, nicht publiziert in BGE 134 III 237, mit ausdrücklichem Hinweis auf BGE 117 II 609 E. 6c S. 621). Die Anforderungen an die "hinreichende Deutlichkeit" einer Abweichung vom dispositiven Gesetzesrecht sind im Fall des Reglements für die Stockwerkeigentümergemeinschaft umso mehr und strenger zu beachten, als die vereinbarte Nutzungs- und Verwaltungsordnung kraft Gesetzes für jeden Erwerber einer Stockwerkeinheit unabhängig davon verbindlich ist (Art. 649a ZGB), ob der Erwerber die Existenz und den Inhalt des Reglements kennt (vgl. BGE 110 Ia 106 E. 4b S. 108; zuletzt: Urteil 5C.177/2006 vom 19. Dezember 2006 E. 4.1 unklar, WERMELINGER, a.a.O., N. 76 und N. 166 zu Art. 712g ZGB, vgl. dazu auch: N. 23 zu Art. 712h ZGB).
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4.
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Im Folgenden gilt es zunächst zu prüfen, ob durch § 18 des Reglementes der Stockwerkeigentümer für die zweite Versammlung eine vom dispositiven Recht abweichende (erschwerende) Regelung der Beschlussfähigkeit getroffen worden ist.
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4.1 Das hier massgebende Reglement enthält teilweise nur rudimentäre Regelungen. Wichtige und oft konfliktträchtige Themen wie bauliche Massnahmen, denen Musterreglemente mehrere Artikel widmen (z.B. MONIKA SOMMER, Stockwerkeigentum, 2. Aufl. 2003, S. 286 ff. Ziff. VI; REY/MAETZKE, Schweizerisches Stockwerkeigentum, 3. Aufl. 2009, Art. 23-25) erledigt die konkrete Satzung mit einem blossen Hinweis auf die gesetzlichen Bestimmungen (§ 12). Das Reglement schliesst mit einem "Verweis auf das Gesetz", soweit es keine Regelung enthält (§ 30). Im Abschnitt "Stockwerkeigentümergemeinschaft" (§§ 15-20) finden sich Bestimmungen über die "Zuständigkeit der Stockwerkeigentümerversammlung" (§ 15), die "Einberufung der Versammlung" (§ 16), die "Leitung und Protokollierung" (§ 17) sowie Vorschriften über "Beschlussfähigkeit und Stimmrecht" (§ 18), über die "Beschlussfassung ohne Versammlung" (§ 19) und über die "Anfechtung von Beschlüssen" (§ 20).
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4.2 Zur hier ausschliesslich strittigen Beschlussfähigkeit hält § 18 fest, dass die Versammlung nur beschlussfähig ist, wenn alle Stockwerkeigentümer anwesend oder vertreten sind. Der Wortlaut ist klar. Aufgrund dieser rudimentären Regelung ist aber unklar, ob dieses Beschlussfähigkeits- oder Anwesenheitsquorum sowohl für die erste als auch die zweite Versammlung gilt. Insbesondere sieht das Reglement nicht vor, dass eine Versammlung beschlussunfähig sein könnte, und wie diesfalls vorzugehen wäre. Es wird darin weder geregelt, ob eine zweite Versammlung einzuberufen ist, noch bestimmt, innert welcher Frist diese stattzufinden hat, geschweige denn, mit welchem Beschlussfähigkeits- oder Anwesenheitsquorum die zweite Versammlung beschliessen soll. Da diese entscheidenden Fragen im Reglement keine Antwort finden, kann - entgegen der Auffassung der Vorinstanz - nicht gesagt werden, das Beschlussfähigkeits- oder Anwesenheitsquorum beziehe sich auf die erste ordentliche und die ihr folgende Versammlung. Bei einer derart rudimentären Regelung liegt keine parteiautonome "Abweichung vom dispositiven Recht mit hinreichender Deutlichkeit" vor.
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5.
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Im Weiteren gilt es abzuklären, ob § 18 des Reglementes im Lichte des Erfordernisses einer sachgerechten Lösung und angesichts der gesetzlichen Regelung von Art. 712p Abs. 3 ZGB ausdehnend verstanden werden darf.
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5.1 Die Regelung des herabgesetzten Anwesenheitsquorums in Art. 712p Abs. 3 ZGB verfolgt das Ziel, die Durchführung einer zweiten Versammlung zu erleichtern, wenn die erste beschlussunfähig gewesen ist. Dass die Stockwerkeigentümer miteinander beschliessen und sich weder vor den Gerichten bekämpfen noch eigenmächtig vorgehen sollen, ist Leitgedanke jeder demokratisch verfassten Gemeinschaftsordnung. Die gesetzgeberische Absicht lässt sich freilich nicht stets verwirklichen. In Stockwerkeigentümergemeinschaften mit nur zwei Mitgliedern hilft das gesetzlich abgestufte Anwesenheitsquorum nicht weiter und es bleibt nur mehr der gerichtliche Ausschluss des Mitglieds, das sich einer gemeinschaftskonformen Beschlussfassung hartnäckig entzieht, jede Versammlung beharrlich boykottiert, die gleichwohl gefassten Beschlüsse gerichtlich anficht und auf diese Weise die Entscheidungsfähigkeit der Gemeinschaft lahmgelegt und diese damit in ihrer Existenz bedroht. Das Bundesgericht hat solche Fälle schon beurteilt und dabei die Gutheissung der Ausschlussklage nicht beanstandet (vgl. Urteil 5A_577/2008 vom 23. Oktober 2008 E. 2.5, zusammengefasst bei ROLAND PFÄFFLI, Entwicklungen im Sachenrecht und Bodenrecht, SJZ 106/2010 S. 66, S. 67 f. Ziff. II/1). Dass es nicht zum Ausschluss eines Mitglieds aus der Gemeinschaft als letztes aller Mittel (als "ultima ratio": BGE 113 II 15 E. 3 S. 20) kommt, ist schon bei der Abfassung und erst recht bei der späteren Auslegung des Reglements zu berücksichtigen. Eine Auslegung des Reglements, die über kurz oder lang zu einer Ausschlussklage führt, ist weder sachgerecht noch angemessen.
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5.2 Die Lehre anerkennt denn auch, dass Art. 712p ZGB zwar erschwert werden kann, dass die Rechtsordnung jedoch keine Beschlussfähigkeitsbestimmungen schützt, welche die Beschlussfassung in der Stockwerkeigentümerversammlung und somit die Verwaltung der Stockwerkeigentümergemeinschaft blockieren würde (WERMELINGER, a.a.O., N. 7 zu Art. 712p ZGB). Entspricht es aber gesetzgeberischer Absicht, nach dem Scheitern der ersten Versammlung die Durchführung der zweiten Versammlung zu erleichtern, so sind die Lehrmeinungen zu hinterfragen, die eine parteiautonome Erhöhung des Anwesenheitsquorums an der zweiten Versammlung uneingeschränkt zulassen (so offenbar MEIER-HAYOZ/REY, a.a.O., N. 14 zu Art. 712p ZGB) oder nur ein höheres Anwesenheitsquorum als an der ersten Versammlung verbieten will (so offenbar WERMELINGER, a.a.O., N. 11 zu Art. 712p ZGB). Das Vereinsrecht, auf das für die Versammlung der Stockwerkeigentümer verwiesen wird (Art. 712m Abs. 2 ZGB), sieht für den Fall der beschlussunfähigen ersten Versammlung zweckmässig vor, dass der gleiche Gegenstand in einer späteren Versammlung ohne Rücksicht auf die Zahl der anwesenden Mitglieder gültig behandelt werden kann. Der Zweck einer solchen Bestimmung ist nach Auffassung von EUGEN CURTI-FORRER (Schweizerisches Zivilgesetzbuch mit Erläuterungen, 1911, N. 6 zu Art. 67 ZGB) klar: "Ohne eine solche Vorschrift kann es namentlich bei grossen Vereinen leicht vorkommen, dass ein Gegenstand, der durch einen Beschluss notwendig erledigt werden muss, überhaupt nicht erledigt werden kann; das Funktionieren des Vereins würde dabei auf einen toten Punkt gelangen".
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6.
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Die ungenügend klar wiedergegebene Abweichung von dispositivem Gesetzesrecht, die Orientierung der Auslegung an einer sachgerechten und angemessenen Lösung sowie die Absichten des Gesetzgebers und das Postulat einer funktionierenden Gemeinschaftsordnung verdeutlichen, dass das Beschlussfähigkeits- oder Anwesenheitsquorum in § 18 des Reglements nicht ausdehnend verstanden und deshalb nicht auf die zweite, nach der daran gescheiterten ersten Versammlung bezogen werden darf. Dem Bedürfnis, in kleinen Gemeinschaften von Stockwerkeigentümern alle Mitglieder in die Entscheidfindung einzubinden, wird entsprochen, wenn die erste Versammlung nur in Anwesenheit aller Stockwerkeigentümer beschliessen kann; für die zweite Versammlung hat es aber vor dem ebenso berechtigten Anspruch der Stockwerkeigentümergemeinschaft zurücktreten, die gemeinschaftlichen Teile ohne Intervention von Gerichten zu verwalten und zu benutzen.
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7.
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Nach dem Gesagten ist die Beschwerde gutzuheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern vom 21. September 2011 aufzuheben und die Klage des Beschwerdegegners abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdegegner im bundesgerichtlichen Verfahren kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG und Art. 68 Abs. 2 BGG). Zur Verlegung der Kosten- und Entschädigungen des kantonalen Verfahrens ist die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern, 1. Abteilung, vom 21. September 2011 wird aufgehoben, und die Klage des Beschwerdegegners vom 22. Juni 2010 abgewiesen.
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2.
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Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.
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3.
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Der Beschwerdegegner hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen.
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4.
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Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und Entschädigungen des kantonalen Verfahrens an das Obergericht zurückgewiesen.
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5.
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Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, 1. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 24. Mai 2012
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Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Die Präsidentin: Hohl
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Der Gerichtsschreiber: Zbinden
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