BGer 8C_23/2012 | |||
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BGer 8C_23/2012 vom 05.06.2012 | |
Bundesgericht
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Tribunal fédéral
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Tribunale federale
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{T 0/2}
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8C_23/2012
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Urteil vom 5. Juni 2012
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I. sozialrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Ursprung, Präsident,
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Bundesrichterin Niquille, Bundesrichter Maillard,
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Gerichtsschreiberin Berger Götz.
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Verfahrensbeteiligte | |
E.________, geboren Ende September 2001,
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handelnd durch seine Eltern, und diese
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vertreten durch Rechtsanwalt Hans W. Stössel,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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IV-Stelle Schwyz,
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Rubiswilstrasse 8, 6438 Ibach,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Invalidenversicherung (medizinische Massnahme),
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Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz
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vom 20. Oktober 2011.
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Sachverhalt:
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A.
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Der Ende September 2001 geborene E.________ wurde am 18. Mai 2006 von seinen Eltern zum Bezug von Leistungen (Beiträge an die Sonderschulung in Form einer heilpädagogischen Früherziehung) bei der Invalidenversicherung angemeldet. Der Anmeldung lag ein Schreiben der Stiftung X.________ vom 16. Mai 2006 bei, in welchem auf den vom behandelnden Dr. med. K.________, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, geäusserten Verdacht auf ein Psychoorganisches Syndrom (POS, entsprechend dem Geburtsgebrechen Ziff. 404 des Anhangs zur Verordnung über Geburtsgebrechen [GgV Anhang]) hingewiesen wurde. Die IV-Stelle Schwyz lehnte eine Kostengutsprache für heilpädagogische Früherziehung ab und hielt fest, betreffend POS werde der Anspruch abgeklärt und (das Ergebnis) mit separater Verfügung mitgeteilt (Verfügung vom 13. Juni 2006). Mit Verwaltungsakt vom 11. September 2006 verneinte die IV-Stelle eine Kostenübernahme für medizinische Massnahmen mit der Begründung, aktuell sei infolge der starken Verweigerungshaltung von E.________ eine POS-Beurteilung nicht möglich - falls vor dem vollendeten neunten Altersjahr eine Abklärung und Behandlung durchgeführt werden könnten, so bestehe die Möglichkeit, ein neues schriftliches Gesuch einzureichen. Auf ein erneutes Gesuch um Kostenübernahme für pädagogisch-therapeutische Massnahmen der Stiftung X.________ vom 31. Juli 2007 hin erteilte die IV-Stelle für die Zeit vom 18. April 2007 bis 31. Juli 2008 Kostengutsprache für Sonderschulmassnahmen in Form einer heilpädagogischen Früherziehung (Mitteilung vom 23. Oktober 2007). Am 15. Dezember 2010 stellte Dr. med. K.________ einen Antrag um Wiedererwägung der Verfügung vom 11. September 2006. Nach weiteren Abklärungen und Durchführung des Vorbescheidverfahrens lehnte die IV-Stelle das Wiedererwägungsgesuch ab (Verfügung vom 27. Juni 2011).
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B.
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Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz wies die dagegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 20. Oktober 2011 ab.
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C.
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Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt E.________ beantragen, die Sache sei zur abschliessenden Abklärung und zum Erlass einer neuen Verfügung an die IV-Stelle zurückzuweisen, das Vorliegen des Geburtsgebrechens Ziff. 404 GgV Anhang sei anzuerkennen und die Verwaltung sei zu verpflichten, die gesetzlichen Leistungen zu erbringen; eventualiter sei die Gewährung der gesetzlichen Leistungen direkt durch das Bundesgericht anzuordnen.
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Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.
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Erwägungen:
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1.
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Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG). Die Behebung des Mangels muss für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG).
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2.
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Im angefochtenen Gerichtsentscheid wird festgehalten, dass die IV-Stelle den Antrag des Dr. med. K.________ um Wiedererwägung vom 15. Dezember 2010 zu Recht "auch" als Neuanmeldung behandelt habe, obwohl sie am 27. Juni 2011 explizit die Abweisung des Wiedererwägungsgesuchs verfügt habe. Unter diesen Umständen könne offenbleiben, ob es sich beim genannten Antrag um ein Wiedererwägungsgesuch oder um eine Neuanmeldung gehandelt habe. Im Folgenden prüfte die Vorinstanz allerdings lediglich unter dem Aspekt der Neuanmeldung, ob der Versicherte Anspruch auf die Übernahme der Kosten für medizinische Massnahmen zur Behandlung des Geburtsgebrechens nach Ziff. 404 GgV Anhang hat, was unbestritten geblieben ist und letztinstanzlich auch im Lichte von Art. 106 Abs. 1 BGG zu keinen Weiterungen führt.
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3.
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Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen zum Anspruch von Personen vor vollendetem 20. Altersjahr auf medizinische Massnahmen bei Geburtsgebrechen (Art. 13 IVG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 ATSG), zum Begriff des Geburtsgebrechens im Allgemeinen (Art. 1 Abs. 1 GgV in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 ATSG) sowie zum angeborenen Psychoorganischen Syndrom im Besonderen (Ziff. 404 GgV Anhang in der bis Ende Februar 2012 in Kraft gestandenen, vorliegend anwendbaren Fassung) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.
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4.
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4.1 Die IV-Stelle geht gestützt auf die Stellungnahmen der Frau Dr. med. S.________, Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, Regionaler Ärztlicher Dienst (RAD), vom 25. Februar und 27. Mai 2011 davon aus, dass beim Versicherten die Hinweise auf eine reaktive Symptomatik bei erheblicher psychosozialer Belastung (im Sinne einer anderen relevanten kinderpsychiatrischen Störung) gegenüber den Anhaltspunkten, welche für das Vorliegen eines Geburtsgebrechens gemäss Ziff. 404 GgV Anhang sprechen, überwiegen. Es werde nicht in Abrede gestellt, dass ein POS bzw. eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) vorliegen könnte. Eine ergänzende Diagnostik erübrige sich jedoch, da eine (zur Anerkennung eines POS zwingend vorausgesetzte) klinisch relevante Störung des Erfassens in eindeutiger Abgrenzung zu den Auswirkungen eines ADHS mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als ausgeschlossen gelten müsse.
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4.2 Das kantonale Gericht schliesst sich dieser Beurteilung an. Darüber hinaus kommt es zum Schluss, dass die Diagnose des Geburtsgebrechens gemäss Ziff. 404 GgV Anhang nicht vor Vollendung des neunten Lebensjahres gestellt worden sei. Dr. med. K.________ habe erstmals mit Eingabe vom 15. Dezember 2010 ein ADHS mit ausgeprägter Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung diagnostiziert. Die Abklärungen seien zwar am 2. September 2010, mithin vor dem neunten Geburtstag des Beschwerdeführers (Ende September 2010) erfolgt, allerdings sei den dazu vorliegenden Unterlagen keine Diagnose zu entnehmen.
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4.3
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4.3.1 Der Beschwerdeführer rügt die vorinstanzliche Feststellung, wonach die Diagnose erst nach Erreichen des neunten Altersjahres gestellt worden sei, als offensichtlich falsch, aktenwidrig und willkürlich. Die im Sinne der Anspruchsvoraussetzungen notwendige Diagnose habe sich beim im September 2008 durchgeführten Test abschliessend ergeben, wobei der von der IV-Stelle bezweifelte Befund anlässlich der erneuten ärztlichen Abklärung vom 2. September 2010 bestätigt worden sei. Es sei überspitzter Formalismus, nicht auf das Untersuchungsdatum, sondern auf die später erfolgte Ausfertigung des Berichts abzustellen. Zudem seien die medikamentöse Behandlung, die psychologische Unterstützung sowie die Ergotherapie bereits früher eingeleitet und nach der erfolgten Diagnosestellung fortgesetzt worden. Somit seien die zeitlichen Voraussetzungen bezüglich Anerkennung als Geburtsgebrechen erfüllt.
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4.3.2 Überdies wird in der Beschwerde eine Verletzung der Untersuchungsmaxime geltend gemacht. Die Vorinstanz habe sich nicht mit der Aktenbeurteilung des RAD begnügen dürfen. Mit Blick auf die unklare und widersprüchliche Aktenlage hätte sie weitere Abklärungen vornehmen müssen. Indem im angefochtenen Entscheid in antizipierter Beweiswürdigung auf weitere, konkret beantragte Beweismassnahmen verzichtet, aber in keiner Weise begründet werde, weshalb auf die Ausführungen der RAD-Ärztin, wonach die Hinweise auf eine reaktive Symptomatik bei erheblicher psychosozialer Belastung (im Sinne einer relevanten kinderpsychiatrischen Störung) gegenüber den Hinweisen auf das Vorliegen eines POS überwiegen, abzustellen sei, sei das rechtliche Gehör verletzt worden. Die Annahme der Vorinstanz sei aktenwidrig und willkürlich, habe der Kinder- und Jugendpsychiatrische Dienst Y.________ bei einer Untersuchung des Beschwerdeführers im April 2007 mitverursachende psychosoziale Umstände doch gerade ausgeschlossen. Dasselbe treffe auf die Folgerung zu, wonach eine klinisch relevante Störung des Erfassens mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sei, da im Bericht des Dr. med. K.________ vom 15. Dezember 2010 unter anderem ausdrücklich die Mühe, sich Reihen und Abfolgen zu merken, erwähnt werde.
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5.
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5.1
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5.1.1 Nach der von der Rechtsprechung als gesetzmässig anerkannten Ziff. 404 GgV Anhang sind die rechtzeitig vor Vollendung des neunten Altersjahres erhobene Diagnose und der vor demselben Zeitpunkt liegende Behandlungsbeginn Anspruchsvoraussetzungen für medizinische Massnahmen gemäss Art. 13 IVG (BGE 122 V 113; Urteil 9C_932/2010 vom 11. Januar 2011 E. 2.2). Auf diese beiden Voraussetzungen kann nicht verzichtet werden. Sie beruhen auf der empirischen Erfahrung, dass ein erst später diagnostiziertes und behandeltes Leiden nicht mehr auf einem angeborenen, sondern einem erworbenen POS beruht, welches nicht von der Invaliden-, sondern von der Krankenversicherung zu übernehmen ist. Erfolgen Diagnose und Behandlungsbeginn erst nach dem vollendeten neunten Altersjahr, besteht die unwiderlegbare Rechtsvermutung, dass ein erworbenes und kein angeborenes POS vorliegt. Damit entfällt auch der nachträgliche Beweis, dass die Möglichkeit der Diagnosestellung vor Vollendung des neunten Altersjahres bestanden habe. Selbst wenn es, objektiv betrachtet, an sich möglich gewesen wäre, rechtzeitig eine Diagnose zu stellen, dies aber im konkreten Einzelfall - aus welchen Gründen auch immer - nicht geschah, hat die Invalidenversicherung gestützt auf Ziff. 404 GgV Anhang keine medizinischen Massnahmen zu erbringen. Zudem genügt eine Verdachtsdiagnose rechtsprechungsgemäss den Voraussetzungen von Ziff. 404 GgV Anhang nicht (Urteil 8C_300/2007 vom 14. Januar 2008 E. 2.2).
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5.1.2 Dr. med. K.________ führte im September 2008 und im September 2010 eine Abklärung mittels Untersuchung nach Ruf-Bächtiger (Ruf-Test) durch. Am 2. September 2010 unterstrich er auf dem "Anamnesebogen zur neuromotorischen und neuropsychologischen Untersuchung im Kindesalter nach Dr. med. Lislott Ruf-Bächtiger" die anlässlich der Untersuchung festgestellten Störungen, und beim Kriterium "Störungen des Verhaltens" notierte er handschriftlich Beispiele aus dem Alltag des Beschwerdeführers. Der die Diagnose "POS" enthaltende, unter anderem auf den Untersuchungen vom September 2008 und September 2010 basierende Bericht datiert - wie die Vorinstanz richtig dargelegt hat - vom 15. Dezember 2010, wurde somit erst nach dem neunten Geburtstag des Beschwerdeführers erstellt.
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Hintergrund der vorausgesetzten Diagnosestellung vor dem vollendeten neunten Altersjahres ist die Abgrenzung von angeborenem und erworbenem POS (E. 5.1.1 hiervor). Die Befristung bezweckt, spätere Einflussfaktoren auszuschliessen, die mit dem Geburtsgebrechen nichts zu tun haben, aber dennoch zu den erwähnten Symptomen führen können (BGE 122 V 113 E. 2f S. 118). Folglich muss entscheidend sein, ob die der Diagnose zugrunde liegenden Störungen vor dem massgebenden Zeitpunkt des vollendeten neunten Altersjahres ärztlicherseits zweifelsfrei festgestellt wurden. Davon geht auch Ziff. 404.5 des Kreisschreibens des BSV über medizinische Eingliederungsmassnahmen in der vorliegend anwendbaren, bis Ende Februar 2012 in Kraft gestandenen Fassung (KSME) aus, wonach die Symptome bis zum neunten Geburtstag "ärztlich festgestellt" sein müssen. Im vorliegenden Fall haben nach dem 2. September 2010 bis zur Erstellung des Berichts vom 15. Dezember 2010 keine Untersuchungen mehr stattgefunden. Bei der Berichterstattung hat Dr. med. K.________ folglich einzig auf Untersuchungsergebnisse, die vor dem neunten Geburtstag des Beschwerdeführers liegen, abgestellt. Insgesamt muss daher davon ausgegangen werden, dass Dr. med. K.________ vom Vorliegen eines POS spätestens am 2. September 2010, allenfalls auch schon im September 2008, überzeugt war. In der Tat wäre es somit überspitzt formalistisch, ein POS nur dann als rechtzeitig diagnostiziert zu qualifizieren, wenn auch der entsprechende Untersuchungsbericht vor dem neunten Geburtstag verfasst wurde.
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5.2 Nachdem die Behandlung vor dem vollendeten neunten Altersjahr einsetzte, bleibt zu prüfen, ob die Vorinstanz in antizipierter Beweiswürdigung (BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236; 134 I 140 E. 5.3 S. 148; 124 V 90 E. 4b S. 94) auf die Durchführung der beantragten fachmedizinischen Abklärungen verzichten durfte.
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5.2.1 Das POS ist ein komplexes Leiden. Damit die Voraussetzungen für dessen Diagnose erfüllt sind, müssen kumulativ eine Reihe von Symptomen nachgewiesen sein (BGE 122 V 113 E. 2f S. 117). Nach Rz. 404.5 KSME gehören dazu Störungen des Verhaltens im Sinne krankhafter Beeinträchtigungen der Affektivität oder der Kontaktfähigkeit, des Antriebes, des Erfassens (perzeptive, kognitive oder Wahrnehmungsstörungen), der Konzentrations- sowie der Merkfähigkeit. Bei all diesen Symptomen handelt es sich um nicht leicht fass- und messbare Elemente (Urteil 8C_300/2007 vom 14. Januar 2008 E. 2.3).
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5.2.2 Den diagnostischen Schwierigkeiten kommt die Rechtsprechung insofern entgegen, als die beweisrechtliche Frage, ob die rechtzeitig gestellte Diagnose eines POS zutrifft, auch mit erst nach dem neunten Altersjahr vorgenommenen ergänzenden Abklärungen beantwortet werden darf (BGE 122 V 113 E. 2f S. 117). Nach der Vorinstanz erübrigt sich jedoch vorliegend eine Ergänzung, da eine - zur Anerkennung eines POS zwingend vorausgesetzte - klinisch relevante Störung des Erfassens in eindeutiger Abgrenzung zu den Auswirkungen einer ADHS (als erforderliche, zur Anerkennung eines POS jedoch nicht hinreichende Symptomatik) als mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen gelten müsse. Hierfür stützt sich das kantonale Gericht auf die Ausführungen von Frau Dr. med. S.________ vom 25. Februar und 27. Mai 2011, wonach sich die im Bericht des Dr. med. K.________ unter "Störung des Erfassens" festgehaltenen Beschreibungen keiner klinisch relevanten Störung des Erfassens (mit pädagogischem Förderbedarf) in Abgrenzung zu den Auswirkungen einer ADHS zuordnen lassen würden. Der "Ruf-Test" sei kein Verfahren, mit dem die Kriterien nach Rz. 404.5 KSME mit ausreichender Sicherheit belegt werden könnten; zudem seien die Ergebnisse weit überwiegend mit "gut/rasch" bezeichnet worden, was eine Störung des Erfassens im Sinne des Geburtsgebrechens Ziff. 404 GgV Anhang als noch unwahrscheinlicher erscheinen lasse. Diese Einschätzung widerspricht der Auffassung des Dr. med. K.________, der eine Störung des Erfassens als ausgewiesen erachtet (Anamnesebogen vom 2. September 2010 und Bericht vom 15. Dezember 2010). In seiner Stellungnahme vom 12. Oktober 2011 hält er nochmals ausdrücklich fest, dass sich im Ruf-Test vom 26. September 2009 (recte wohl 2008) deutliche Hinweise für das Vorliegen einer Störung des Erfassens gezeigt hätten und der Umstand, dass im zweiten Ruf-Test vom 2. September 2010 viele der Aufgaben zügig und korrekt gelöst worden seien, nicht gegen das Vorliegen einer Störung des Erfassens spreche. Dies sei vielmehr als Erfolg der durchgeführten Therapien, insbesondere der medikamentösen Behandlung mit Stimulantien, zu werten.
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5.2.3 Nach der Rechtsprechung ist es dem Sozialversicherungsgericht nicht verwehrt, gestützt auf im Wesentlichen oder sogar ausschliesslich vom am Recht stehenden Versicherungsträger intern eingeholte medizinische Unterlagen zu entscheiden. In solchen Fällen sind an die Beweiswürdigung jedoch strenge Anforderungen in dem Sinne zu stellen, dass bei auch nur geringen Zweifeln an der Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit der ärztlichen Feststellungen ergänzende Abklärungen vorzunehmen sind (BGE 135 V 465). Entgegen der Auffassung des kantonalen Gerichts kann mit Blick auf diese Grundsätze nicht gesagt werden, die Beurteilungen der RAD-Ärztin Dr. med. S.________ vom 25. Februar und 27. Mai 2011 seien nachvollziehbar. Dieser Schluss verbietet sich schon deshalb, weil sie darin einerseits festhält, es fehle an einer klar definierten und detaillierten Abklärung mit standardisierten Untersuchungsverfahren, andererseits aber trotz offensichtlich lückenhafter medizinischer Aktenlage darauf schliesst, dass eine Störung des Erfassens ausgeschlossen sei.
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5.2.4 Der Untersuchungsgrundsatz zählt zu den in Art. 95 BGG erwähnten bundesrechtlichen Vorschriften. Die Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes und der Beweiswürdigung nach Art. 61 lit. c ATSG ist eine Rechtsfrage (BGE 132 V 393 E. 3.2 und 4 S. 397 ff.), die das Bundesgericht im Rahmen der den Parteien obliegenden Begründungs- bzw. Rügepflicht (Art. 42 Abs. 2 BGG und Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.1 und 1.4.2 S. 254) frei überprüfen kann (Art. 106 Abs. 1 BGG). Der Verzicht der Vorinstanz auf weitere Abklärungen oder Rückweisung der Sache an die IV-Stelle zu diesem Zwecke verletzt etwa dann Bundesrecht, wenn der festgestellte Sachverhalt unauflösbare Widersprüche enthält oder wenn eine entscheidwesentliche Tatfrage auf unvollständiger Beweisgrundlage beantwortet wird (Urteile 8C_929/2011 vom 7. Mai 2012 E. 2.3 und 8C_392/2011 vom 19. September 2011 E. 2.3). In casu beruht die Beurteilung des kantonalen Gerichts auf einer unvollständigen, teils widersprüchlichen Sachverhaltsfeststellung. Seine antizipierte Beweiswürdigung verletzt folglich Bundesrecht.
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6.
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Die Angelegenheit geht zurück an die IV-Stelle, damit diese gestützt auf das Ergebnis noch zu veranlassender unabhängiger medizinischer Untersuchungen die Frage, ob die - rechtzeitig (E. 5.1 hiervor) - gestellte Diagnose eines POS zutrifft, beantworte. Dabei wird sie namentlich zu klären haben, ob relevante Teilleistungsstörungen perzeptiver Funktionen (Störungen des Erfassens und der Merkfähigkeit) vorliegen und andere differentialdiagnostische kinderpsychiatrische Störungen als hauptsächliche ätiologische Gründe für die vorliegende Pathologie ausgeschlossen werden können. Hernach hat sie erneut über den Anspruch des Beschwerdeführers auf medizinische Massnahmen zu verfügen.
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7.
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Die Gerichtskosten werden der Beschwerdegegnerin als unterliegender Partei auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). Diese hat dem obsiegenden Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 2 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Beschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz vom 20. Oktober 2011 und die Verfügung der IV-Stelle Schwyz vom 27. Juni 2011 aufgehoben werden und die Sache an die IV-Stelle Schwyz zurückgewiesen wird, damit sie, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, über das Leistungsgesuch neu verfüge.
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2.
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Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
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3.
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Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen.
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4.
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Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz zurückgewiesen.
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5.
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Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
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Luzern, 5. Juni 2012
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Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Ursprung
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Die Gerichtsschreiberin: Berger Götz
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